Erfahrungsaustausch Spätberufene

Wenn man sich die Hände kaputt macht (was aber erst bei fortgeschrittener Literatur und höheren Geschwindigkeiten durch mangelnde Gelöstheit passieren kann), liegt das nicht am Digi, sondern an einer grundsätzlich falschen Herangehensweise.

Weise Worte. Es gibt Klavierspieler und auch -lehrer, die einem erzählen, dass man das Gewicht des ganzen Armes beim Halten einer Taste mit dem Finger tragen soll. Es widerspricht zwar jeglicher Logik und den Grundlagen von ökonomischen Bewegungen des gesamten Spielapparates, wird aber immer wieder gepredigt. Dass dabei Muskeln zwangsläufig angespannt werden, die überhaupt ncht benötigt werden, scheint noch nicht überall angekommen zu sein.

Dieses "Gewichtsspiel" halte ich für eines der schädlichsten Irrtümer beim Lehren von Klavierspiel.
 
Danke für eure Antworten. :-)

Das Musikschul-Klavier besitzt eine Hammer-Auslösung, dein Digi nicht. Deshalb ist eine Digi-Klaviatur auch wesentlich belastender für die Gelenke, da das Hammergewicht durchgehend anliegt. Sprich: Wenn du zu Hause übst, so kräftig wie in der Musikschule zu spielen, machst du dir die Hände kaputt.

Da ich das Digi teilweise genauso zaghaft spiele, sehe ich da noch keine große Gefahr. Also auch dort kommt immermal nur ein Tönchen raus bzw. ist auch mal ganz stumm.


Das ist völliger Unsinn. Auch auf einem Digi ist es für die Hand keine nennenswerte Belastung, eine angeschlagene Taste im Tastengrund zu halten. Selbst auf einer großen Orgel mit mechanischer Koppel kommt eine gesunde Hand nicht an irgendwelche Belastungsgrenzen, jedenfalls nicht bei einfachen Anfängerstückchen.

Das Problem dürfte hier an einer ungünstigen, fingerfixierten Technik liegen. Auf dem Digi wird das möglicherweise durch den Lautstärkeregler übertüncht, auf einem akustischen Instrument eben nicht.

Wenn man versuchweise mal seinen Zeigefinger oder Mittelfinger gegen den Daumen presst (und auf diese Weise stabilisiert und fixiert), dann die Hand 10 cm über die Tastatur bringt und den Arm frei fallen lässt, so dass nur die Schwerkraft dafür sorgt, dass der fixierte Finger eine Taste trifft, dann entsteht - bei vollständig gelöstem Arm - ein Ton mit sehr großer Lautstärke - und zwar ohne jeden Kraftaufwand. Einen ebenso lauten Ton kann man mühelos erzeugen, wenn man den fixierten Finger an die Taste bringt und nun mit einem schnellen Impuls aus dem ganzen Arm die Taste nach unten bringt. Wenn man das ein paarmal macht, auch mit nicht mehr durch den Daumen gestützten Finger, erfährt man, wie wenig Kraft man selbst für sehr lautes Klavierspiel eigentlich benötigt.

Wenn man sich die Hände kaputt macht (was aber erst bei fortgeschrittener Literatur und höheren Geschwindigkeiten durch mangelnde Gelöstheit passieren kann), liegt das nicht am Digi, sondern an einer grundsätzlich falschen Herangehensweise. Wenn dem Klavierlehrer nicht mehr dazu einfällt als die Anweisung zu geben, "mutiger" zu spielen, würde ich tatsächlich über einen Wechsel nachdenken. Hier stimmt etwas Grundsätzliches nicht.

Mein KL arbeitet mit mir daran, dass das besser wird. Der Satz war nur ein kleiner Auschnitt. Ich bin im Grunde recht verspannt und im Unterricht noch mehr. Dass ich da lockerer werde und auch Mental mehr Zuversicht bekomme, ist ein etwas längerfristiges Projekt. (Meine Bogentrainerin rauft sich da immer die Haare, weil ich selbs nach Jahren Training immernoch verspannt bin.)
Für mich natürlich frustrierend, wenn ich was vorspiele und mitten im Stück kommt plötzlich kein Ton beim Anschlag und ich komme aus den Fluss. Aber wie oben beschrieben passiert mir das auch hin und wieder beim Digi bei den schwächeren Fingern.


Langer Rede, kurzer Sinn: Du bist nicht allein und das wird schon.

Danke, das macht mir Mut. :-)
 
Das ist völliger Unsinn. Auch auf einem Digi ist es für die Hand keine nennenswerte Belastung, eine angeschlagene Taste im Tastengrund zu halten.
Es sind je nach Hebelverhältnissen (je billiger das Digi, desto schlechter) teilweise über 200 g pro Finger zu halten. Ein vollgriffiger Akkord kommt da schon auf > 1 kg (Stahl-)Hammergewicht. Das ist Vielfaches dessen, was am Flügel fällig ist, wo nur die Tasten (ggf. Dämpfer) in der Balance zu halten sind.

Wenn man sich die Hände kaputt macht (was aber erst bei fortgeschrittener Literatur und höheren Geschwindigkeiten durch mangelnde Gelöstheit passieren kann), liegt das nicht am Digi, sondern an einer grundsätzlich falschen Herangehensweise. Wenn dem Klavierlehrer nicht mehr dazu einfällt als die Anweisung zu geben, "mutiger" zu spielen, würde ich tatsächlich über einen Wechsel nachdenken. Hier stimmt etwas Grundsätzliches nicht.

Viele Klavierlehrer wissen gar nicht ,daß es je nach Zustand der Spielmechanik vier unterschiedliche Tastengewichte gibt, davon mindestens drei am Digi falsch (nämlich viel zu schwer). Deshalb ist auch davon abzuraten, Virtuoses am Digi zu üben. Auch das langsame Fortissimo-Spiel ist nicht ganz ohne, da man am Digi den Hammer-Rebound ungefiltert in die Fingergelenke bekommt. Da hilft einem die perfekteste Gelöstheit nichts, denn sobald man löst, drückt der Digi-Hammer die Taste wieder hoch. Diese Technik kann man am Digi also nicht einsetzen.
 
Es sind je nach Hebelverhältnissen (je billiger das Digi, desto schlechter) teilweise über 200 g pro Finger zu halten. Ein vollgriffiger Akkord kommt da schon auf > 1 kg (Stahl-)Hammergewicht. Das ist Vielfaches dessen, was am Flügel fällig ist, wo nur die Tasten (ggf. Dämpfer) in der Balance zu halten sind.
Ich habe - nicht oft, aber hin und wieder - auch auf unterschiedlichen Digis geübt. Das Problem, das du beschreibst, existiert höchstens auf dem Papier. Wer gelernt hat, seinen Spielapparat blitzartig zu entspannen, der kommt auch mit dem möglicherweise schwereren Tastengewicht eines Digis zurecht. Ob man da 60g passiv unten halten muss oder 200g, spielt keine große Rolle. Diejenigen, die Probleme mit ihrer Hand bekommen, drücken vermutlich mit 500g oder noch viel mehr in den Tastengrund, egal, ob auf einem Konzertflügel oder auf einem Billig-Digi. Ich kenne jedenfalls kein Digi, bei dem es anstrengend ist, die Taste unten zu halten.

Deshalb ist auch davon abzuraten, Virtuoses am Digi zu üben.
Nein. Man kann viele klangliche Finessen am Digi nicht adäquat darstellen, aber technische Grenzen setzt einem ein Digi allenfalls bei sehr schnellen Repetitionen - die kommen aber nur selten vor. Ich kann alle Chopin-Etüden auch am Digi spielen, und ich habe ein paar von denen auch teilweise auf einem Digi geübt. Technisch ist das nicht schwieriger als am Konzertflügel - es macht halt keinen Spaß.
 
@laufrose in den ersten Wochen war ich auch eher ein Leisetreter und der eine oder andere Ton verschwand ungehört ins Nirwana, aber es wird mit der Zeit besser, ganz bestimmt. :chr03:
So laut wie mein KL kann ich aber immer noch nicht spielen. Im Gegensatz zu mir liebt er es kräftig in die Tasten "zu hauen" und am Anfang sind mir fast die Ohren abgeflogen, so ein Instrument kann doch ganz schön laut sein. :dizzy:
Ich mag es deutlich lieber sanft und leise :lol:. So spiele ich dann oft auch erst einmal, zwar mit Dynamik, aber wohl zu zaghaft, denn auf den Aufnahmen für meinen KL sind die Veränderungen oft nur mit viel gutem Willen wahrzunehmen. :cry2:
 
@laufrose in den ersten Wochen war ich auch eher ein Leisetreter und der eine oder andere Ton verschwand ungehört ins Nirwana, aber es wird mit der Zeit besser, ganz bestimmt. :chr03:
So laut wie mein KL kann ich aber immer noch nicht spielen. Im Gegensatz zu mir liebt er es kräftig in die Tasten "zu hauen" und am Anfang sind mir fast die Ohren abgeflogen, so ein Instrument kann doch ganz schön laut sein. :dizzy:
Ich mag es deutlich lieber sanft und leise :lol:. So spiele ich dann oft auch erst einmal, zwar mit Dynamik, aber wohl zu zaghaft, denn auf den Aufnahmen für meinen KL sind die Veränderungen oft nur mit viel gutem Willen wahrzunehmen. :cry2:

Zur Zeit ist der KL auf seinen Digi lauter als ich am akustischen Klavier. ja, zaghaft ist mein zweiter Name. :-D
 
Zur Zeit ist der KL auf seinen Digi lauter als ich am akustischen Klavier. ja, zaghaft ist mein zweiter Name. :-D

Sei nicht traurig! Für mich wäre gleichmäßig leise spielen ein echter Traum.

Sobald irgendeine besonders hohe oder tiefe Taste kommt, ist Bogenartikulation ein reines Glücksspiel. (Oder auch: Nicht immer, aber immer öfter)
Und je leiser die Lautstärke insgesamt, desto schlimmer ein grobmotorisches: Rummmms.

LG,
Hekse
 

Sei nicht traurig! Für mich wäre gleichmäßig leise spielen ein echter Traum.

Sobald irgendeine besonders hohe oder tiefe Taste kommt, ist Bogenartikulation ein reines Glücksspiel. (Oder auch: Nicht immer, aber immer öfter)
Und je leiser die Lautstärke insgesamt, desto schlimmer ein grobmotorisches: Rummmms.

LG,
Hekse

Danke dir.
Gleichmäßig leise schon, aber auch platt und ausdruckslos. Ein bisschen Rummms täte ab und zu ganz gut. ;-):-D
 
Achtung Laienmeinung: Irgendwo meine ich aufgeschnappt zu haben, dass man am Digi die Lautstärke voll aufdrehen soll. Nicht damit einem die Ohren wegfliegen, sondern damit man übt, die Dynamik über den Anschlag zu regeln. Bei einer zu leisen Grundeinstellung ist das nicht oder nur sehr begrenzt möglich.

Mir ging es so, dass mich zu Anfang schon ein anderes Instrument (bei der KL) so irritiert hat, dass ich glaubte, nicht vernünftig spielen zu können. Schwarze Tasten ein bisschen höher als auf dem eigenen Instrument oder minimal längere Strecke bis eine Taste komplett gedrückt ist. Bei kaum einem Instrument muss man mit ständigem Wechsel leben, weil das beim Üben gespielte Instrument dasselbe wie im Unterricht ist. Mit der Zeit hat sich das aber gegeben und ich kann mich einigermaßen schnell umgewöhnen.
 
Mein größte Herausforderung zur Zeit: Der KL meinte ich soll mutiger spielen. Das ist mir nicht ganz so gegeben. Mein Anschlag ähnelt eher einer Maus, die über die Klaviatur flitzt. Auf dem Digi geht das noch gut. Sitze ich aber am akustischen Klavier in der Musikschule, werde ich immer Wahnsinnig, wenn beim Anschlag so gar kein Ton raus kommt. Auch wenn ich so laut wie möglich spiele kommt vom KL nur ein amüsiertes "Da ist noch Luft nach oben."

Das Problem habe ich auch. Könnte fast vergehen vor Pein weil ich die Befürchtung habe, verkehrt zu spielen. Wenn die Tonhöhen richtig gespielt sind, habe ich Angst rhythmisch nicht richtig zu sein. Weiter ist es mir peinlich das man mein Rumgestümpere beim zufälligen Vorbeigehen am Zimmer in der Schule belauschen könnte.
Wenn das Gehirn eingeschaltet ist, weiß man daß das alles überflüssiger Quatsch ist. Energie raubt die man besser ins Klavierspielen hineininvestiert. Aber Kopf und Bauch kommunizieren manchmal nicht so gut miteinander, gell?

"das könnte jetzt die falsche Taste sein, die spiele ich lieber leiser, vielleicht hört man es dann ja nicht so"
Das könnte von mir sein. :chr03:


Nun habe ich einen neuen Klavierlehrer der sehr temperamentvoll ist, und man merkt es ihm an, sich kaum vorstellen kann das man Angst vor falschen Tönen haben kann, wenn man als Schüler in seinem Unterricht ist. WARUM nur? Du willst Klavierspielen lernen und das geht nur mit vielen Versuchen. Manche gehen schief, manche nicht. So ist das halt.
Die kleinen Kinder die laufen lernen wollen, fallen unzählige Male zu Boden, stehen unverdrossen wieder auf, versuchen den nächsten Schritt, fallen erneut und so geht es weiter. Aber sie probieren immer und immer wieder einen Schritt nach dem anderen und irgendwann können sie laufen.

Wir sollten uns diesen kindlichen Drang abschauen und ohne innere Kritik oder Bewertung unsere Versuche uns pianistisch aus drücken zu wollen nachgeben. Wir dürfen noch viele Fehler machen, wir sind Anfänger.

(Ich schreibe das so weil ich mich selber damit auch motivieren möchte. Und muß.)
 
Achtung Laienmeinung: Irgendwo meine ich aufgeschnappt zu haben, dass man am Digi die Lautstärke voll aufdrehen soll. Nicht damit einem die Ohren wegfliegen, sondern damit man übt, die Dynamik über den Anschlag zu regeln. Bei einer zu leisen Grundeinstellung ist das nicht oder nur sehr begrenzt möglich.
Ich habe das hier im Forum auch gelesen. Das kann aber, wenn überhaupt, nur für das Spiel ohne Kopfhörer gelten. Mit Kopfhörern entspricht eine mittlere Lautstärke am Digi der Lautstärke beim akustischen Klavierspiel.
 
Weise Worte. Es gibt Klavierspieler und auch -lehrer, die einem erzählen, dass man das Gewicht des ganzen Armes beim Halten einer Taste mit dem Finger tragen soll. Es widerspricht zwar jeglicher Logik und den Grundlagen von ökonomischen Bewegungen des gesamten Spielapparates, wird aber immer wieder gepredigt. Dass dabei Muskeln zwangsläufig angespannt werden, die überhaupt ncht benötigt werden, scheint noch nicht überall angekommen zu sein.

Dieses "Gewichtsspiel" halte ich für eines der schädlichsten Irrtümer beim Lehren von Klavierspiel.
Meine Klavierlehrerin sagte mir am Freitag ich soll mal versuchen, in den Tastengrund zu gehen, so langsam spielen, wie es angenehm und machbar ist und das... fühlte sich wirklich sehr gut an.
 
Meine Klavierlehrerin sagte mir am Freitag ich soll mal versuchen, in den Tastengrund zu gehen, so langsam spielen, wie es angenehm und machbar ist und das... fühlte sich wirklich sehr gut an.

Ich verstehe nicht, was damit gemeint ist. "In den Tastengrund zu gehen". Was ist das? Man benötigt 25g (Aufgewicht), um die Taste unten zu halten. Für mich fühlt es sich gut an, wenn ich genau die Kraft bereitstelle, die nötig ist, um die Taste unten zu halten, denn dann kann ich das mit dem Rest des Bewegungsapparates so koordiniern, dass keine überflüssige Anspannung in anderen Muskeln benötigt wird.
 
Für mich fühlt es sich gut an, wenn ich genau die Kraft bereitstelle, die nötig ist, um die Taste unten zu halten, denn dann kann ich das mit dem Rest des Bewegungsapparates so koordiniern, dass keine überflüssige Anspannung in anderen Muskeln benötigt wird.

Das macht man doch ganz automatisch. Welch Wissenschaft aus den banalsten Dingen gemacht wird.
 

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