eine Frage, die mich beschäftigt...

  • Ersteller des Themas Egoichen
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Das Ergebnis ist natürlich interessant! Der Vorgang an sich aber weit uninteressanter als beim Musizieren. Bei letzterem ist nämlich der Vorgang das Ziel, bei ersterem das Ergebnis.
 
Hätte sich dann überhaupt eine Interpretationskultur entwickelt oder hatten alle Pianisten versucht, so nah wie möglich am Original zu spielen.
In der Popmusik gibt es das. Da ist das Werk primär durch die (Original-)Aufnahme konserviert und weniger durch eine Partitur. Eine Coverband (=Kopist) wird versuchen, das Werk original nachzuspielen. Das ist eigentlich eher Handwerk, auch wenn die Covermusiker in aller Regel auch eine Menge können.

"Echte" Künstler wagen komplette Neuinterpretationen. In der Regel geht das weit über das hinaus, was ein Pianist sich bei der Wiedergabe einer Beethovensonate je trauen würde. Und je weiter sich der Interpret vom Original entfernt, umso größer ist die Emanzipation. Ob es Kunst ist, entscheidet man beim Hören des Ergebnisses.
 
Das Ergebnis ist natürlich interessant! Der Vorgang an sich aber weit uninteressanter als beim Musizieren. Bei letzterem ist nämlich der Vorgang das Ziel, bei ersterem das Ergebnis.

Deine Unterteilung ist so nicht ganz richtig. Auch ein Konzert ist ein Ergebnis und, wenn man so will, die dem Ergebnis vorausgehenden (weniger interessanten) Übeeinheiten der "Vorgang". Reden wir also vielleicht besser von der "Präsentation" und dem "Präsentationsvorfeld". In allen Künsten ist das gemeine Publikum ausschließlich an der Präsentation interessiert, während der Afficionado sehr wohl auch das Vorfeld zu schätzen weiß. Die Entstehung (das Vorfeld) einer Skulptur ist für mich bestimmt ebenso spannend (sogar spannender) als für den Musikfreund eine Wagner-Oper. Für einen Wagner Kenner wiederum können Proben hierzu interessanter sein, während er bei einer Skulptur nur am Ergebnis/Präsentation intersssiert ist.
 
"Echte" Künstler wagen komplette Neuinterpretationen. In der Regel geht das weit über das hinaus, was ein Pianist sich bei der Wiedergabe einer Beethovensonate je trauen würde. Und je weiter sich der Interpret vom Original entfernt, umso größer ist die Emanzipation. Ob es Kunst ist, entscheidet man beim Hören des Ergebnisses.

Ich interpretiere Musik anderer und schaffe eigene Musik - und finde, beides ist Kunst. Dazwischen liegt das weite Feld der Bearbeitungen. Was eine "komplette Neuinterpretation" sein soll und warum nur das "echte" Kunst sein soll, erschließt sich mir nicht.
Interpretation heißt, stumme Zeichen, die z. B. auf Papier gedruckt sind, in Klang zu "übersetzen". Das hat nichts mit Kopieren zu tun. Jedes Mal, wenn das Stück gespielt wird, entsteht ein neues "Original", an dem zwei Künstler beteiligt sind - der Komponist und der Interpret.
Wenn ich ein Stück interpretieren will, werde ich selbstverständlich herauszufinden versuchen, was der Komponist sich dabei gedacht hat. Wenn mich das nicht interessiert, lasse ich am besten die Finger von dem Stück und suche mir lieber eines, das mich wirklich interessiert.
 
Was eine "komplette Neuinterpretation" sein soll und warum nur das "echte" Kunst sein soll, erschließt sich mir nicht.
Interpretation heißt, stumme Zeichen, die z. B. auf Papier gedruckt sind, in Klang zu "übersetzen".
Ich schrieb von Pop-Musik. Welche "stummen Zeichen" wären da zu interpretieren? Glaubst Du, Tom Jones hat sich von Randy Newman die Partitur (*) von "You can leave your hat on" geben lassen, bevor er es aufgenommen hat? Und Coverversionen, die relativ nah am Original bleiben, finde ich fast immer langweilig.
 
Die klassische Musik ist eine Museumsveranstaltung. Das Berufsbild des heutigen Musikers befasst sich schwerpunktmäßig mit der Wiedergabe von Musik vergangener Epochen. Damit einher gehen starre Vorstellungen von Werktreue und historischer Aufführungspraxis. Ich will das keineswegs abwertend verstanden wissen. Aber, um es mal platt auszudrucken: Wie weit komme ich in den Charts mit einer zwölfstimmigen Fuge?

Darum ist es auch in der Popmusik wie schon erwähnt wurde durchlässiger.
 
Das Berufsbild des heutigen Musikers befasst sich schwerpunktmäßig mit der Wiedergabe von Musik vergangener Epochen.
Das kann so sein, muss es aber nicht. Jeder entscheidet das für sich selbst.

Aber, um es mal platt auszudrucken: Wie weit komme ich in den Charts mit einer zwölfstimmigen Fuge?
Ein gutes Beispiel. Wieviele zwölfstimmigen Fugen kennst du denn so?

Darum ist es auch in der Popmusik wie schon erwähnt wurde durchlässiger.
Die Popmusik ist noch viel musealer als die klassische Musik. Der allergrößte der Teil der heute komponierten Popmusik geht weder formal noch harmonisch noch rhythmisch über das hinaus, was in der Klassik schon in den ersten Jahren des 19. Jahrhunderts üblich war. Es sind nur ein paar Showeffekte hinzugekommen.

Strawinskys Sacre, Strauss' Elektra, Debussys Pelléas und zahllose weitere über 100 Jahre alte Werke sind auch heute noch in jeder Hinsicht moderner als so ziemlich alles, was die Popmusik zu bieten hat. Von der Neuen Musik nach 1950 müssen wir da noch gar nicht reden.

Sicher gibt es auch in der Popmusik Titel, in denen wirklich Neues gewagt wurde. Aber auf den ganz überwiegenden Teil dieses Genres trifft das nicht zu.
 
Zuletzt bearbeitet:

Strawinskys Sacre, Strauss' Elektra, Debussys Pelléas und zahllose weitere über 100 Jahre alte Werke sind auch heute noch in jeder Hinsicht moderner als so ziemlich alles, was die Popmusik zu bieten hat. Von der Neuen Musik nach 1950 müssen wir da noch gar nicht reden.

Schönberg, 5 Orcherstücke, op. 16 von 1909 fällt mir auch bei sowas ein.

Grüße
Häretiker
 
Hut ab, vor jedem der ein schwieriges Stück von einem Komponisten fehlerfrei nachspielen kann,
doch warum schreiben diese Genies keine eigenen Werke?
Wie wäre es mit: "Ich will nicht"...? (frei nach Austin Powers)

Ein Instrumentalmusiker ist ein Spezialist, genau wie ein Komponist.

Jeder tut, was er kann, bzw. wozu er sich berufen fühlt, bzw. was ihm gefällt.
 
Aber, um es mal platt auszudrucken: Wie weit komme ich in den Charts mit einer zwölfstimmigen Fuge?

Darum ist es auch in der Popmusik wie schon erwähnt wurde durchlässiger.

Ein paar kleine Beobachtungen dazu:

Technisch gesehen ist ein Klavier ja total veraltete Technik. Heute macht man Klangerzeugung auch nicht mehr analog, sondern digital. Mit einer leistungsfähigen DAW, stapelweise Synth und digitale Effekte, mit total recall, non-destructive Editing, hassenichgesehen. Da gibt es tollte Projekte, interessante Klangwelten, viel zu entdecken. Noch in der Menschheitgeschichte hatte man mit einem Laptop und Internetanschluss diese Möglichkeiten Musik zu komponieren, erstellen, produzieren, mastern, verbreiten usw.

Beobachtung 1:
Der Mainstream wird musikalisch deswegen auch nicht besser. Meistens kompositorisch simpel, rhythmisch simpel, musikalisch simpel. Je nach Stilrichtung zählt wohl die Anzahl der Mädles, die im Video mit ihrem Hintern dazu wackeln.

Beobachtung 2:
Was von diesem Standard zu stark abweicht, wird 'Kopfmusik' oder als 'akademisch beschrieben. 'Das will ja keiner hören!' Diese intelligente musik existiert, aber abseits des Mainstreams.

Beobachtung 3:
Eigentlich ist angesichts dessen das Klavier Technik aus dem Vorvorigen Jahrhundert. Je nach Stilrichtung wird Musik aus dem Vorvorigen oder vorigen jahrhundert interpretiert.

Beobachtung 4:
Schon beim Homerecording-Hype der 80er dachte man: Wenn jeder Musik erstellen kann, wird es viele tolle Musik geben. Die meisten Sachen, die ich mir angehört habe von Kumpels, waren Zeitverschwendung für den Zuhörer, leider. Und ich behaupte nicht, dass ich besser gewesen wäre.

Beobachtung 5:
Durch die Möglichkeit eines jeden einzelnen zu Produzieren ist das Monopol der Produktionsmittel von der Bourgeoisie gewandert in die Arbeiterklasse. Macht was draus. :-)


Nur halt so ein paar semi-korrelierte Beobachtungen zu diesem Thema. Mit Schönberg kann man den Leuten auch nach mittlerweile über 100 Jahren nicht kommen. Von daher: Charts!? I couldn't care less. :-)

Grüße
Häretiker
 
Zu der bekl... emmenden Eingangsfrage:

"Genies" hat es im Laufe der Musikgeschichte nicht viele gegeben. Ich gehöre definitiv nicht dazu. Ehe ich so etwas Peinliches wie die "apokalyptische Sonate" komponieren würde, versuch ich lieber das "nachzuspielen", was Genies (oder weniger bombastisch: Meister der Tonkunst) komponiert haben.

Besser, lohnender und schöner. Punkt.

Außerdem heißt mein Hobby "Klavierüben". Das habe ich mir so ausgesucht. Wenn andere andere Steckenpferde satteln, à la bonne heure.
 
dann habe ich die Frage falsch gestellt....
aber egal.
ich dachte halt und bekam Kopfschmerz...
 

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