Doppeloktaven Übetipps

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Konkret geht es um diese Stelle am Ende von Vallé d'Obermann:
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Ich habe schon geübt mit Augen zu, nur die äußeren Finger und andere Einzelfinger-Variationen, Betonungswechsel, Rhythmisierungen, rauf/runter, andere Tonarten, freies Doppeloktavspiel.
Vorschläge für Erhöhung der Trefferquote werden dankend entgegengenommen.
 
Lieber virtualcai,

das ist schwer zu sagen ohne dich zu hören oder zu sehen. Es gibt viele Möglichkeiten, warum die Stelle nicht so klappt wie du es dir wünscht. Ein paar nenne ich:
  1. Wohin schaust du? Sinnvoll ist es, in die Mitte zu schauen und die DAUMEN beider Hände zu sehen. Also nicht auf die äußeren Finger o.ä. schauen! Ich weiß nicht, ob es was bringt, aber du könntest statt der äußeren Finger mal nur die Daumen spielen oder auch mal nur die E-Oktaven mit Blick auf die Daumen.
  2. Das Wort "Trefferquote" macht mich stutzig. Das klingt nach "in Sprüngen gedacht". Dabei ist es besser zu gleiten. Die Armführung ist dabei wichtig. Welchen Fingersatz nimmst du? Auf schwarzen Tasten nehme ich zumindest den 4. Finger, dann gleitet es sich besser. Bleibe an den Tasten!
  3. Wie gut kannst du entspannen? Es ist wichtig, nach jeder Oktave blitzschnell zu entspannen. Falls du da Defizite erkennst, könntest du diese Stelle folgendermaßen üben: ab der 2. Triole mit beiden Händen wie notiert die E-Oktave staccato spielen. Dann blitzschnell zur nächsten Oktave gleiten, TOTAL schlapp machen wie ein Waschlappen. Passiv, als wolltest du gar nicht spielen, so schlapp wie möglich. Das Spielen der E-Oktave mit dem blitzschnellen Wechsel zur nächsten Oktave muss EINE Bewegung sein, ein Impuls. So weiter machen, immer die Daumen im Blickfeld haben.
  4. Wie hast du rhythmisiert? Alle Rhythmen, also auch z.B. auf jedem ersten Triolensechzehntel Station machen (in 3ern), auch in 6ern ....). Also immer mehr Töne unter einen Hut/eine Bewegung fassen.
  5. Hast du mal rückwärts" geübt, also hinten angefangen?
Man kann noch mehr Kombinationen erfinden, aber vielleicht sind hier schon Ideen dabei.

Liebe Grüße

chiarina
 
Liebe chiarina,
danke für die individuelle Betreuung.
1. Ja
2. Trefferquote: beim Tippen schon gedacht mißverständlich (fand es aber witzig) auf den schwarzen nehme ich den 4. Gleiten hmm, da muss ich drüber nachdenken/spüren/probieren.
3. Entspannung werde ich so ausprobieren
4. habe vielfältig rhythmisiert
5. auch gemacht.
 
Es ist in solchen Fällen (nach Busoni!) nützlich sozusagen von den schwarz Tasten zu 'fallen', also die Gruppe gis-h-e als zusammen gehörig zu empfinden und mit einer Bewegung, einem Bewegungsimpuls zu spielen.
Außerdem sollte man - auch um sauber zu pedalisieren! - vor dieser Passage etwas Luft holen.
 
Es ist in solchen Fällen (nach Busoni!) nützlich sozusagen von den schwarz Tasten zu 'fallen', also die Gruppe gis-h-e als zusammen gehörig zu empfinden und mit einer Bewegung, einem Bewegungsimpuls zu spielen.
Außerdem sollte man - auch um sauber zu pedalisieren! - vor dieser Passage etwas Luft holen.
Guter Tip.
Man muß nur aufpassen, daß man dabei keine unerwünschte Synkopierung in die Triolengruppen reinkriegt.
 
daß man dabei keine unerwünschte Synkopierung in die Triolengruppen reinkriegt.
Die Akzentuierung erfolgt über die Armbewegung. Man kann in jeder Oktave auf das gis fallen und damit dieses (unerwünscht!) betonen, man kann aber auch den Arm beim e jeweils etwas schieben für einen Akzent auf e (erwünscht!).
Beim Üben ist auch die rhythmische Variante 2 32tel (gis-h) 1 16tel (e) nützlich. Das unterstützt sowohl das Fallen von gis bis e, als auch die Betonung des e.
 
Beim Üben ist auch die rhythmische Variante 2 32tel (gis-h) 1 16tel (e) nützlich. Das unterstützt sowohl das Fallen von gis bis e, als auch die Betonung des e.
Lieber Alter Tastendrücker,

ja, genau das meinte ich auch hiermit:
Alle Rhythmen, also auch z.B. auf jedem ersten Triolensechzehntel Station machen (in 3ern), auch in 6ern ....).
Ich habe den Eindruck, lieber virtualcai, dass es an deiner Technik liegt, nach dem, was du schreibst. Du hast viele gute Übestrategien, die aber nicht den entscheidenden Erfolg bringen. Nochmal ein paar Punkte:
  • achte darauf, möglichst nie falsch zu spielen. Lieber langsamer rhythmisieren oder weniger Töne zusammenfassen als falsche Töne. Spielst du bei deinen Übestrategien falsche Töne? Dann übst du, falsche Töne zu spielen. :D
  • sitz weit genug weg vom Klavier. Selbst wenn du normalerweise im richtigen Abstand sitzt, neigt man bei schwierigen Stellen dazu, vor lauter Stress mit dem Oberkörper zum Klavier zu gehen und sich quasi am Klavier festzuhalten. :D Also stabil sitzen, Sitzknochen spüren, Kontakt des linken Fußes mit dem Boden spüren, Kopf aufrecht. Der Tipp von @Alter Tastendrücker mit dem Atmen ist auch sehr gut (vor schwierigen Stellen ein-, bei den Stellen ausatmen). Auch der Ausdruck "schwere Stelle" ist nicht günstig, weil man dann leicht schwer macht. :004:
  • Wo ist dein Handgelenk bei den Oktaven? Es sollte etwas erhöht sein. Manche machen den Fehler, bei weißen Tasten zu niedrig mit dem Handgelenk zu sein, so dass sie zur schwarzen Taste quasi springen müssen.
  • Die Entspannung scheint ein Thema zu sein, wie du schreibst. Manche haben die Vorstellung, sie müssten die Hände festgetackert im entsprechenden Abstand halten und sind dann im ganzen Arm starr. Lockere Arme auch hier sind wichtig.
  • Eine lustige Übeidee, um die Armführung zu spüren, wäre auch, die Töne ohne Oktaven nur mit dem 3. Finger zu spielen, einzeln, auch zusammen.
Mal sehen, ob dir unsere Tipps helfen!

Liebe Grüße

chiarina
 
Danke nochmal an alle. Sehr hilfreich.
Die Oktaven im anderen Abschnitt finde ich deutlich leichter, da die rechte Hand immer nachschlägt, da verspiele ich mich weniger. Beim abwechselnden Spiel fällt es mir auch leichter, locker zu bleiben. Das werde ich dann auch mal am Schluss als Variation üben.
 
Du meinst also, daß die intensive Klangvorstellung die adäquaten technischen Mittel nach sich zieht. Da bin ich konform.

Nachtrag:
:denken::denken: Kann es sein, daß hier nachträglich Beiträge gelöscht wurden ??
Das sollte aber schon erkennbar bleiben .
 
Zuletzt bearbeitet:

Ich habe viele Stellen die man mir in meiner Unizeit mit "Übetips" wie oben denen versah. Seither sind sie stigmatisiert und kamen nie mehr aus dieser Übeschublade raus.
Dann waren entweder die Tipps schlecht oder du hast sie nicht richtig verstanden oder sie nicht konsequent angewendet. Man kann schwierige Oktavpassagen nicht einfach so herbei beten, man muss sich das schon erarbeiten. Und gerade bei Doppelgriffen kann man durch falsches Üben viel Schaden anrichten.

Jegliches Üben muss von der Klangvorstellung gesteuert werden, das ist eine Binsenweisheit. Aber das alleine reicht eben nicht. Richtige Bewegungsmuster gehören auch dazu, und die fallen leider nicht vom Himmel.
 
Aber dann habe weiterhin lieber ein Regelbuch und einen Anatomiealmanach und was sonst noch alles im Kopf wenn du dich Sonntags auf einer Wiese mit Kumpels zum kicken triffst. Weil da kann man sehr viel falsch machen!
Wenn ich keinerlei Anspruch an mein Gekicke habe, kann es mir völlig egal sein. Wenn ich aber den Willen habe, mal in einer guten Mannschaft zu spiele, dann wird das ohne gezieltes und fundiertes Training nichts werden. Punkt.

Offensichtlich hast du keinerlei Anspruch an dein Geklimper - da kannst du nach Belieben vor dich hin stümpern. Du könntest aber allmählich mal akzeptieren, dass andere solche Ansprüche eben doch haben. Und als Berufsmusiker kann man es sich unter keinen Umständen leisten, mit mangelhafter bzw. unzuverlässiger Technik aufs Podium zu gehen.
 
@Gefallener
Es geht doch nicht darum, immer alles nachzuschlagen, sondern Strategien zu verinnerlichen, die die Handlungsmöglichkeiten erweitern. Das ist übrigens das Wesentliche einer jeden Ausbildung, egal, in welchem Bereich.
 
Was maßgeblich abhanden gekommen ist, ist der Wunsch es spielen zu können. Die Vision. Der Traum, noch ohne Einsicht in die Matrix des Fingerbrechens. (Wie oft gelingen Dinge beim ersten mal, just, versuchen. Wie ausversehen.)
Diese Erfahrung hat wohl jeder mal gemacht, dass eine schwierige Stelle, ein Abschnitt oder gar ein ganzes Stück vom Blatt (vor allem beim Wiederlernen!) wunderbar klappt und dann anfängt sich widerborstig zu widersetzen. Dieses Gelingen ist aber teilweise der relativen Entspanntheit zu verdanken, weil Körper und Geist in solchen Momenten geradezu übernatürlich zusammen wirken, zum anderen Teil ist es auch Selbsttäuschung, weil das kritische Selbstzuhören gerade Urlaub macht.
Es ist dann Teil der professionellen Resilienz diesen glücklichen Urzustand - mit allen Mitteln, die dazu taugen - wieder herzustellen.
Ähnlich übrigens beim Improvisieren, auch da gelingen zuweilen Dinge, die man eigentlich nicht kann.
 
Ich habe viele Stellen die man mir in meiner Unizeit mit "Übetips" wie oben denen versah. Seither sind sie stigmatisiert und kamen nie mehr aus dieser Übeschublade raus.

Was maßgeblich abhanden gekommen ist, ist der Wunsch es spielen zu können. Die Vision. Der Traum, noch ohne Einsicht in die Matrix des Fingerbrechens. (Wie oft gelingen Dinge beim ersten mal, just, versuchen. Wie ausversehen.)

Stücke die ich mir "ohne Lehrer" erarbeite sind freier von diesen Einsichten.

Es ist schön und gut Strategien zu haben. Aber wie oft kriecht man "topfschlagend" / blind und eingeschüchtert durch die Gegend. Fährt mit dem Finger über die Zeilen eines Kochbuchs wie über Braille und vergisst über all das das Potential was in dem Hunger, in dem fliegenden Brathendel steckt, dass seinem Blick vorschwebt.

Wie oft legt man sich ordentlich alles Material zurecht, plant, kalkuliert und kommt zu welchem Ergebnis? Mein Schaffenswunsch ist dann meist erloschen. Wohingegen, wenn ich unzureichende Mittel habe, aber einen unbändigen Wunsch etwas zu verwirklichen, die Not mich tugendhafter macht als jede Tugend des "braven Übemittel - Kanons".

Man sollte das ( "die Psyche" ) nicht unterschätzen.

Ich mutmaße mit weniger Wissen um "wie übe ich das" wärst du an der Stelle weiter. So ist man unfrei und stets fickerig, verkopft.

Und ja, ich glaube, dass der innere Wunsch / die Vorstellung wichtiger ist als die Technik an sich, denn sie ist nur Mittel und nicht Zweck.

Klar sind die Tipps hilfreich. Aber über allem sollte die fast wirklichkeitsverzerrende Klangvorstellung stehen. Der Wunsch Suppe zu kochen. Nicht: "Ich hab schon Leitungswasser, Regenwasser, Bachwasser, Salz, Porree, Zwiebel mit und ohne Schale, Feuer, Herd, Ofen, Mikrowelle probiert, Reime aufgesagt beim rühren, in tausend Büchern nachgeschlagen, ich weiß nicht was ich noch machen soll."
Lieber Gefallener,

natürlich leitet die Klangvorstellung immer. Ich bin bei diesem Stück (kein Anfängerstück) und virtualcais Beschreibung sowie seiner Unzufriedenheit aber davon ausgegangen, dass dies vorhanden ist.

Weißt du, wie ich auf solche Übestrategien komme?

Es gibt eine Differenz zwischen dem, was gerade klingt und dem, wie es klingen sollte. Egal ob bei mir selbst oder bei einem Schüler. Durch feines Hören (wie klingt es gerade und was macht der Schüler /mache ich für Bewegungen) auf den Jetzt-Zustand bin ich in der Lage, zu analysieren, wo genau das Problem liegen könnte.

Und dann wird es sehr kreativ. Ich schlage keinen Regelkatalog auf a la "aha, Oktaven, Seite 10, Abschnitt 5", sondern es ist ein ungeheuer kreatives Probieren, bei dem alle Sinne auf 100% gestellt sind. Eine möglichst klare Klangvorstellung, zu der auch das Wissen gehört, welche Wichtigkeit, welchen musikalischen Sinn, welchen Charakter die Stelle besitzt, ist eine wichtige Komponente. Das "in sich Hineinfühlen" bzw. den Schüler sehr gut beobachten ist die zweite. Die Fähigkeit zu besitzen, ein Problem in seine Einzelschritte zu zerlegen (analytisches und strukturelles Denken) die dritte. Eine möglichst genaue Bewegungsvorstellung generell (welche Bewegungen nutze ich für welchen Klang ....) die vierte. Fähigkeit zur Kreativität, zum spielerischen Ausprobieren und dem Finden immer neuer Übestragien die fünfte. Erfahrung und guter Unterricht kann auch nicht schaden. :D

Ohne dieses geht es nicht. Der Anfänger wird durch das Üben im Unterricht, in dem wir genau so arbeiten, allmählich daran herangeführt, das dauert. Sukzessive lernt er, die kreative Herangehensweise an Probleme zu übernehmen und dabei Probleme nicht als etwas Schweres, sondern als spannende Entdeckungsreise in die Welt der Möglichkeiten zu begreifen. Lieber eine Nuss zu knacken, ein Rätsel, als "das ist schwer".

Das macht eine Menge Spaß und ist das Gegenteil von dem, was du denkst, was es ist. In der Zusammenarbeit mit einem Schüler oder sich selbst kommt man noch auf viel mehr Ideen - leider fehlt hier nur über Beiträge die Resonanz, was das Ganze tatsächlich schwierig macht.

Warum dir bestimmte Übetipps nicht geholfen haben, kann ich nur raten. Es waren entweder nicht die richtigen oder du bist mit der Umsetzung allein gelassen worden. Sowas muss man nämlich im Unterricht gemeinsam erarbeiten und es muss SOFORT besser werden. Es kann durchaus sein, dass bei dir das Problem in der fehlenden Klangvorstellung lag. Es kann auch sein, dass du dich fremdbestimmt gefühlt hast oder unter Druck oder ... oder... .

Um am Klang zu arbeiten, um sein Spiel stetig zu verbessern, um Probleme zu lösen, braucht man eine ganze Menge. Regelkonformität, Anatomieatlasse und Berechnungen braucht man nicht.

Liebe Grüße

chiarina
 

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