"Die Wuth über den verlornen Groschen"

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dussek

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Ich bin z. Zt. an Beethovens o. g. Stück dran und habe mich mal ein bisschen mit dessen Hintergrund beschäftigt. Das ist ja ein recht "kontroverses" Stück, wie ich festgestellt habe. Erstens gehen die Meinungen über die Entstehungszeit auseinander, zweitens auch die über den Charakter des Stücks.

Zu ersterem: Im Vorwort der Henle-Ausgabe wird berichtet, dass sich auf der letzten Seite des 1945 aufgefundenen Autographs Skizzen zu Werken der Jahre 1795-98 befinden. Die hohe Opuszahl (op. 129) hängt also nur mit der posthumen Veröffentlichung zusammen. Dass Wolters es zu den Spätwerken zählt kann da, auch aus stilistischen Gründen, nur verwundern.

Zu 2.: Der Untertitel "Wuth über den verlornen Groschen ausgetobt in einer Kaprize" wurde erst nachträglich von fremder Hand dem Autograph beigefügt und das Stück ist ja zwar sehr temperamnetvoll, aber wütend? Ich finds eher ziemlich witzig. Noch witziger als das Werk selbst sind vielleicht die krampfhaften Versuche von Otto Schumann ("Handbuch der Klaviermusik"), dem Stück einen grimmigen Charakter aufzudrücken: "... jene Wut über die 'Tücke des Objekts', die F. Th. Vischer ... zu einer Art erbitterter, verbitterter Weltanschauung erhoben hat. ... Das Rondo ist nichts weniger als humorvoll. Schon das Hauptthema hat ... nichts Humorvolles an sich; ... spürt man fast in jedem Takt Ausbrüche unwirschen Grimms. Der erste Seitensatz (g-moll) mit seinen erregten Betonungen ... belehrt über die wirkliche Natur des Rondos." Und jetzt kommts: "Und im zweiten Seitensatz (E-Dur) wird der Unvoreingenommene nichts 'Humorvolles' wahrnehmen":D

Ich glaube eher, der "Voreingenommene" wird gerade im E-Dur Abschnitt nichts Humorvolles wahrnehmen.


Weiß von Euch noch jemand was Interessantes über dieses Rondo (ob verbittert oder nicht)?
 
Hallo Dussek,

allein der (nachträglich eingefügte) Titel spricht ja gegen Verbitterung bzw.ernstzunehmende Wut und für augenzwinkernden Humor. Wer wird schon wegen eines verlorenen Groschens in Verbitterung geraten? ;) :p
 
Dazu schreibt Schumann, der übrigens davon ausgeht, dass der Titel von Beethoven stammt:
"Immer wieder wird dieses Rondo als humorvoll ausgegeben. Man verwechselt dabei offenkundig mancherlei: es erscheint unmöglich - und daher heiter, daß B. an einen verlorenen Groschen so viel Geist vertan haben soll, lächelt bei diesem Gedanken und hört nun sein eigenes Lachen in das Stück hinein."
Tja, wir sind halt alle im Irrtum, was will man machen...:-?
 
Na, da würde ich mich doch eher an Robert Schumann halten, der über dieses Capriccio schrieb:

„O es ist die liebenswürdigste, ohnmächtigste Wuth, jener ähnlich, wenn man einen Stiefel nicht von den Sohlen herunterbringen kann und nun schwitzt und stampft, während der ganz phlegmatisch zu dem Inhaber oben hinaufsieht.

:D

Ein schöner Artikel über Finanzkrisen und Beethovens Rechenschwäche:

http://www.musikverein.at/monatszeitung/monatszeitung.asp?idx=1130
 
Hab grade was über O. Schumanns Biographie gelesen, ist auch nicht ganz unproblematisch (und erklärt sicher vieles:D):

http://de.wikipedia.org/wiki/Otto_Schumann_(Publizist))

Ich habe den "großen Konzertführer" von Otto Schumann mal auf einer Bücherbörse für einen Euro erworben. Ziemlicher Müll, muss ich im Nachhinein sagen. Das mit der Wut über den verlorenen Groschen kann ich also voll und ganz nachvollziehen! :D
 

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