Die maßlose Orgelwelt

Den letzten Absatz unterstreiche ich voll: nicht selten höre ich Bach in der Fußgängerzone besser als auf der Prothese am Sonntagmorgen - wo man auch befürchten muss, dass der/die OrganistIn noch nie sein/ihr Instrument aus Zuhörerperspektive gehört hat (Artikulation). Und wenn man dann noch dran denkt, dass dieses Ding vielleicht knapp 1 Mille gekostet haben könnte...
 
Das mit dem Synthesizer verstehe ich nicht. Wo ist da eine große Änderung?

Klingt ein Oberheim wie ein Yamaha DX?


Analog als Schallspeicherung ist auch nur der Haptik wegen wieder in (alles andere ist Einbildung, bzw. Schönempfinden von techn. Unzulänghlichkeiten, die man aber auch simulieren kann, wenn man will). Aber als Klangerzeugung?

Aber Hallo! Schau Dir mal die Liste der analogen an, die aktuell auf dem Markt existieren.

Wobei es was hätte, eine Übeorgel mit Sägezahngeneratoren aufzubauen (zum Klang-Abstrahieren), wollte ich mal machen, aber der Aufwand ist gigantisch.

Hat auch klanglische Nachteile (Frequenzteilerschaltung).


FM-Synthese. Der große Paukenschlag von 1983: Yamaha DX7. Plötzlich klang analog alt, die Kisten wollte keiner mehr haben. Konnte man für'n Appel und'n Ei kaufen. Glücklich, wer das gemacht hat, die Kisten werden heute für ein Vielfaches gehandelt.

Behringer kopiert die alten analogen Synths für wenig Geld, der Markt ist wieder da. Hätte er das vor 30 oder 35 Jahren gemacht, hätte sich keiner dafür interessiert.


Ich wollte nur darauf hinweisen.

Grüße
Häretiker
 
Na klar, Sägezahn klingt grausam, nur so zum Abhärten. Kann man ja auch leicht per SW simulieren. Ok, Synthis sind dann auch voll retro. Physical modelling könnte vielleicht irgendwann Sampling ablösen, im Bereich Orgel gibt es zB Aeolus ,was aber sehr im Schatten der kommerziellen Software steht, für diese Modellierung braucht es wohl richtige Freaks.
Nicht selten bin ich mit den Sampling-Resultaten auch nicht wirklich zufrieden (das Problem hätte man beim Sägezahn nicht, weil er fernab von Vorbildern ist), richtig grausam finde ich zB die Orgel des Konzerthaus Wien von der VSL (ok, schon etwas älter), immerhin machen die das professionell und haben quasi jedes Instrument, hier geht es v.a. um die Pfeifenansprache, also gar nicht mal primär um die unterschiedlichen *Ab*sprachen, eben Töne, die den Raum je nach Tonlänge unterschiedlich anregen.
 
Und Bach, dieser Dreckskerl, hat seiner Gemeinde in Mühlhausen eine Menge Kohle aus dem Kreuz geleiert, um sich einen 32', ein drittes Manual und derlei Schnickschnack in seine Dienstorgel einbauen zu können.

Hätten die ihm mal lieber stattdessen eine gebrauchte Gitarre als Dienstinstrument zur Verfügung gestellt!
Oh, da haben sich die Mühlhausen und Bäche ja rasant vermehrt seitdem. Der Output an zeitgenössischer Orgelmusik aber irgendwie doch nicht so sehr...
 
Na klar, Sägezahn klingt grausam, nur so zum Abhärten. Kann man ja auch leicht per SW simulieren. Ok, Synthis sind dann auch voll retro.

Es gieht mirj a hier nicht um eine Grundsatzdiskussion der geschichtlichen Entwicklung der Synthesizer "unter besonderer Berücksichtigung der höheren Lehranstalten" (frei nach Feuerzangenbowle), sondern um meine empfundene deinerseitige Wissenslücke in #153 ("Na, ich meinte damit, dass ich kein Instrument sonst kenne, das in kurzen Fristen (typische Wellenbewegungen mitsamt Überschwängen) so abhängig ist von Geschmacksfragen und entsprechend verändert wird. Habe ich da eine Wissenslücke?") zu schließen.

Und einen Sägezahn per SW "einfach simulieren" ist ja nur ein Teil der Implementationswahrheit.
Stichworte: Aliasing, Bandlimitation (=> BLIT, "Bandwidth Limited Impulse Train")
Dann auch der Versuch, das leicht erratische Verhalten alter analoger Synths, eine als angenehm empfundene Charakteristik, nachzubilden. Es hat schon Gründe, warum man bei digitalen Oszillatoren mitunter (Prophet 12, Novation Summit?) auf DSPs setzt. Weil es es da verdammt viel zu rechnen gibt, wenn man "richtig" macht.

Das ist nicht ein einfacher Zähler, der von -1 bis +1 hoch zählt und dann wieder bnei -1 anfängt. Kann man auch so machen, dann klingt es halt scheiße. :-)

Und dann sind wir nicht bei FM, Sync, Crossmodulation und was man sonst so noch auf Oszillatorebene macht.
Und vor dem Spaß mit Filtern.


Aber, egal. Ich wollte nur eine meinerseits empfundene Bildungslücke schließen. Was Du mit der Info machst, keine Ahnung. (Die meisten Leute haben ja auch von dem, was in einem Synth passiert keine Ahnung. Obwohl ein verdammt großer Anteil an Leuten Musik konsumiert, in denen Synths vorkommen. (der Anteil ist um ein Vilfaches höher als Kirhcneorgelhörer.) Ist halt verborgene Technologie. Die meisten Leute wissen ja auch nicht, was in ihrem Handy an Mathematik passiert, um das Nutzsignal rauszufiltern. Warum auch!? Tut's doch! Jeder muss seine Ignoranzschwelle irgendwo legen. Ganz normal. Nur haben wir alle nicht dieselben Schwellen. Und jeder Lehrer und Hochschullehrer hät nun mal sein Fach als für als das wichtigste.)
:-)

Grüße
Häretiker
 
Nehme ich dankend an ;) - habe von Synthesizern keine Ahnung (abgesehen davon dachte ich an die als "Instrumente" gar nicht), versuche ich vielleicht mal zu ändern. Auch der Sägezahn erwartet wohl noch bessere Beschäftigung (war auch nur als Beispiel gemeint, dass man auch klangabstrahiert Kirchenorgel üben könnte, und sich dann nicht dem ganzen Gedöns "klingt das wie in echt" aussetzen müsste). Dass man kaum noch die "verborgene Technologie" in allen so unterschiedlichen Bereichen auch nur ansatzweise versteht, ist echt ein Problem, da fühlt man sich regelrecht entmündigt und dumm...
PS Zu einfachen Tongeneratoren fallen mir wieder die schönen Busch-Baukästen ein, waren das Zeiten:
 
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Oh, da haben sich die Mühlhausen und Bäche ja rasant vermehrt seitdem. Der Output an zeitgenössischer Orgelmusik aber irgendwie doch nicht so sehr...

Bach hielt nicht nur seine Mühlhausener Dienstorgel für unzulänglich, nein, er war zeitlebens mit jeder seiner Dienstorgeln unzufrieden und hat bei jeder Gelegenheit seinen Unmut geäußert: "... hat es ihm, wie er oftmals zu bedauren pflegte, doch nie so gut werden können, eine recht grosse und recht schöne Orgel zu seinem beständigen Gebrauche gegenwärtig zu haben." (Nekrolog)

Und natürlich hat schon vor Bachs Zeiten hat jeder Organist so lange an seiner Orgel rumgemeckert - völlig falsch disponiert, völlig veraltet, zu wenige Tasten, zu wenige Pfeifen, zu wenige Töne, zu hoch, zu tief, zu laut (selten), zu leise (häufiger) - bis man ihm sein teures Spielzeug finanziert hat.

Und warum sollte sich nach Bachs Zeiten daran etwas geändert haben?

Orgeln sind teuer. Orgeln sind scheiße. Und die Organisten sind unzufrieden.
 
Aktuell entdeckter Zugang: Paderborn (wie war das gleich , "erschuf Gott im Zorn...", war da nicht auch was mit Peter E., dem ein CD-Vertrieb gerichtlich untersagt wurde, von einem vertriebenen DO mit vermutl. "unkirchlichem" (bitte Anführungszeichen beachten und aktuelle Ereignisse vergegenwärtigen) Lebenswandel mal abgesehen):
400.000 EUR für eine "Erneuerung der Orgel-Schaltanlage", vulgo Spieltischumbau (noch nicht mal neu). Unvorstellbar. Und das soll man als unabwendbar und notwendig schlucken? Dass ausnahmsweise der Lamentatio-Grund wegfällt, die Kirche ließe ihr Spielzeug (bzw. das eines einsamen Mannes) , wie fast immer von allen möglichen anderen Leuten finanzieren, ist da nur ein schwacher Trost.
War ja vielleicht immer noch zu günstig, schließlich ist Laukhuff insolvent (edit: laut mir vorliegenden belastbaren Informationen, keine Ahnung, warum das nicht auf der HP steht). Da haben also mutmaßlich 2 Leutchen (Kantor und allmächtiger OSV) festgestellt, dass die Schalter neuerdings zu klein sind, am falschen Ort, was weiß ich ("Brandschutz" vielleicht??) kurz mal fast eine halbe Million (!) für dieses Dingens abgerufen, sicher nicht die sparsamste Variante. Einfach unvorstellbar. Aufschlüsselung geht natürlich niemanden was an - interessieren würde mich auch, ob das Orgelspiel dort jetzt millionenfach besser ist...
 
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War ja vielleicht immer noch zu günstig, schließlich ist Laukhuff insolvent (edit: laut mir vorliegenden belastbaren Informationen, keine Ahnung, warum das nicht auf der HP steht).

"...
Im April 2014 beantragte die Aug. Laukhuff GmbH & Co. KG beim Amtsgericht Amtsgericht Crailsheim Insolvenz in Eigenverwaltung. Damit konnte das Unternehmen saniert werden und wurde am 20. November 2014 aus dem Insolvenzverfahren entlassen.
.."

Grüße
Häretiker, 1.Kyu in Gu-Gel-Do
 
Weiß ich, ich meinte aber die aktuelle. Ich dachte, man sei verpflichtet, das auch öffentlich so kundzutun auf der HP....
 
Selbstverständlich, es sollte nur eine Nebenbemerkung sein. Immerhin weiß ich nun von ca. 160 Mitarbeitern, das ist ja richtig groß. Da kann man nur hoffen, dass alles nochmal gut ausgeht, auch für Gläubiger und Gläubige.
Allerdings dachte ich, der Einkauf von Teilen beim Zulieferer wäre eher gestiegen, gerade bei den heute eher kleinen Orgelbaufirmen...
PS Laukhuff baut(e) auch komplette Orgeln, daran musste ich gerade denken. Zeitgemäß alles äußerst einfach - trotzdem, wie so oft bei dem Instrument: sicher massig ungenutzte Möglichkeiten. Interesse an Orgel(klängen) kann man m.E. eh nicht erzwingen durch die heute üblichen Superlativspiralen und salbungsvolle Worte der (Berufsschön-)Redner, sondern da müsste man woanders ansetzen. Ich empfehle Helmut Bornefelds weise Worte in der Satzung der Heidenheimer Orgelstiftung...
 

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..und keiner erklärt mir Neidhammel, dass das ganz normal und bitter nötig war? 400.000 EUR für einen Spieltischumbau - und nichts weiter (oder stimmt der Artikel nicht?)- nicht im Ansatz kann ich mir vorstellen, wo das in Bezug auf Material oder Arbeitszeit (vom Anlass mal ganz abgesehen, das liest sich direkt peinlich) auch nur annähernd gerechtfertigt sein könnte. Und wieso da nun gleich 3 Orgelbaufirmen beteiligt sein müssen...
 

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