Der Klang der einen Taste

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Wu Wei

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Sicher ein unerschöpfliches und nichtentscheidbares Thema wie "Tonartencharakter" oder "Auswendigspielen" (zumindest liest man in der einschlägigen Literatur widersprüchliche Ansichten): Welche Möglichkeiten hat ein Pianist, den Klang eines isolierten Tones zu gestalten?

Ich selbst bin da ziemlich skeptisch, da ich nur davon ausgehe, dass wir als einzigen von uns beeinflussbaren Parameter die Beschleunigung des Hammers haben. (Dazu kommt, dass ich selbst auch etwas Hornhaut auf dem Trommelfell zu haben scheine und die von meinem Klavierlehrer verzweifelt dargebotenen Unterschiede nicht zu hören vermag.:confused: )

Wir hatten in der Folge auf dieses Posting schon mal einen kurzen Meinungsaustausch, aber ich habe in letzter Zeit den Eindruck gewonnen, dass es inzwischen eine kontroversere Debatte geben könnte.
 
Um die Vorgänge beim akustischen Klavier zu isolieren, könnte man das aufteilen in
1) Vorgang beim Drücken einer Taste und
2) Vorgang beim Loslassen einer Taste

Beim Drücken einer Taste ist es ja klar, dass man die Lautstärke beeinflussen kann, je nachdem, wie kräftig die Taste gedrückt wird. Es gibt aber (wie im berühmten Buch von H. Neuhaus "Die Kunst des Klavierspiels" bechrieben), die Möglichkeit, aus einer kurzen Entfernung (z.B. Finger liegt bereits auf der Taste) einen kräftigen Ton zu erzeugen, indem man sich abstößt von der Taste. Eine andere Möglichkeit ist, den Finger auf die Taste fallen zu lassen. Letztere Variante klingt oft harsch und plautzig, erstere Variante runder. D.h., nicht nur eine Frage der Lautstärke, sondern auch der Klangfarbe. Habe irgendwo gelesen, dass dies an der unterschiedlichen Durchbiegung des Hammerstiels liegen soll, wodurch bei ersterer Variante der Hammer eine Winzigkeit länger an den Saiten bleibt. Ich glaube, im Bassbereich ist der Unterschied besonders stark zu spüren.

Beim Loslassen der Taste kann man durch sehr langsames Loslassen erreichen, dass der Dämpferfilz sich partiell wieder auf die Saiten legt. Dies klingt anders, als wenn man die Taste schnell loslässt. Analog eben dem Effekt bei Halb- oder viertelgetretenem Pedal.

Die Nutzung der Doppelrepetitionsmechanik beim Flügel hat dann noch den besonderen Effekt, dass man extrem leise und/oder extrem schnelle Repetitionen hinbekommen kann, da die Taste nur 1-2mm vom Tiefpunkt zurückgenommen werden muss und wieder gedrückt werden muss.

Dazu kommen noch die Effekte, die durch das UnaCordapedal (Leisepedal) und das Sustainpedal in allen Kombinationen und Stärken des Pedaldrückens erzielt werden können sowie Effekte durch manuelle Manipulation der Saiten und Dämpfer während des Spielens. Nehme aber an, es geht hier ausschliesslich darum, was man durch unterschiedliche Art des Tastendrucks erzielen kann?

Das soweit meine 2 Cent dazu.
 
Wenn der Ton schon da ist, kann man den Klang denk ich nur noch durch Pedal verändern (oder vll. durch drücken auf die Saite oder treten gegen das Klavier, aber sowas mach ich lieber nicht)
Höchstens noch wie Mindenblues sagte durchs loslassen (wobei man dann nicht mehr lange was davon hat, weil der Ton ja dann baldig um sein wird)


oli


P.S.: das mag ich an meinen Hölzern so sehr. An denen kann ich aus einem Ton alles machen. Und das ganze 35 sekunden lang (oder mit zirkulasatmung länger, aber die haut noch net richtig hin)
 
Sagen wir mal so: Ein Stück, das genau aus einem einzigen Ton besteht, hat auf einem nicht modifizierten Instrument folgende Variationen neben der Tonhöhe, wenn zerstörungsfrei und ohne zusätzliche Werkzeuge auf einer Taste gespielt wird:

- Anschlagstärke
- Einsatz der Pedale
- Zeitpunkt, wann die Taste losgelassen wird
- die Art, wie die Taste losgelassen wird

Je nach Pedaleinsatz würde ich bei einer solchen Komposition möglicherweise sogar die Stimmung des Instrumentes vorschreiben (wegen der mitklingenden Saiten).

Man hat also in einem gewissen Rahmen Einfluß auf die Lautstärke, Abklingzeit, Klangfarbe und Polyphonie. Wenn man die Pedale mehr als einmal betätigen darf, erweitern sich die Möglichkeiten noch, aber das ist glaube ich nicht im Sinne deines Denkansatzes.

Es gibt also tatsächlich fast unendlich viele Möglichkeiten, ein eintöniges Stück für konventionelle Spielweise auf Klavier zu komponieren. Aber ich fürchte, es wäre in mindestens zwei Aspekten etwas eintönig, sich auch nur die schönsten Werke anzuhören :)
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Eine Taste

zu der guten Zusammenfassung von Mindenblues kann ich noch ergänzen, dass auch die Nebengeräusche eine grosse rolle spielen, die sich beim Auftreffen des Fingers aus die Taste ergeben (was wohl schon in der Bezeichnung "Plautzig" gemeint ist) und dann das Auftreffen des Tastenendes auf dem Spielboden, also der Filz, der die Taste dann stoppt auf dem Tastenboden.

Vereinzelt wurde auch berichtet - dies scheint aber immer noch in diskussion zu sein - dass es eine Rolle spielt, in welchem Winkel die Taste getroffen wird, also direkt von oben oder seitlich abweichend. Dies soll eine unkontrolliertere Bewegung des Hammers bewirken, sodass er auch in feinem Masse seitlich schwirren kann.

Bei der flügelmechanik kann man auch den Ton beeinflussen, indem man die Taste nicht mit dem vollen Hub betätigt. Bei der doppelten repetitionsmechanik schiebt sich bereits der Fanger wieder unter den Hammer, sodass die Taste auch aus einer minimal ausgelösten funktion wieder betätigt werden kann.
 
Das Klavier als abstrakes Instrument der Musik hat ja eigentlich nur wenige Tongestaltungsmöglichkeiten. Während bei einem Streichinstrument der Ton lauter oder leiser gezogen werden kann, muss man das beim Klavier "simulieren". Das geschieht dann durch entsprechende Bewegungen der Hand.

Ich gehe jetzt nicht von der Pedalbenutzung aus, aber die einzige Möglichkeit, die man hat, ist die Dynamik eines Tons (nicht die Lautstärke, wie man oft bezeichnet). Beispielsweise kann der "geheimnisvolle" Ton eher schwach, fragend gespielt werden, während ein sehr bestimmender Ton eher stark gespielt wird.

Es kommt eigentlich auf den Gesamtkontext des Stücks an, wie man einen Ton spielt.

Zusätzlich kann man einen Akzent setzen, wie bereits gesagt, indem man das Loslassen der Taste manipuliert.
 
Ich fand die Frage zunächst sehr gut aber sie ist eigentlich zu minimalistisch. Interessanter wäre die Frage, welche Ausdrucksmöglichkeiten man hat, wenn man lediglich eine Taste anschlagen darf, aber so oft wie man will - und mit Pedalbenutzung. Mindenblues und Klavigen haben ja schon erwähnt, daß man Folgetöne vorbereiten kann.

Es amüsiert mich übrigens immer wieder, zu sehen, wie Pianisten manchmal ausgehaltene Töne mit dem Finger auf der Taste zu modellieren versuchen, wie das ein Gitarrist auf dem Griffbrett macht. Ich mache es selbst auch manchmal. Mich wird niemand davon überzeugen können, daß der bereits angeschlagene Ton dadurch noch beeinflusst wird, mit Sicherheit aber hat es Einfluss auf den Pianisten selbst und darauf, wie er spielt.
 
Es tut mir sehr leid, dass dir die Frage nun nicht mehr so gefällt, aber ich habe mit Absicht so "minimalistisch" gefragt, weil mich eben wirklich nur die Begründungen interessieren für die angeblich so vielfältigen Möglichkeiten, durch Anschlagsvariationen den Klang zu modulieren. Die Hypothesen mit dem Verbiegen des Hammerstiels bzw. des "Schwirrens" der Hämmer in ihrer Flugbahn klingen zumindest schon mal physikalisch plausibel.

Gottseidank bleibt es Dir doch unbenommen, mit deiner interessanteren Frage einen neuen Thread zu eröffnen.
 
Objektiv und eindeutig reproduzierbar wird sich zwischen dem Einzelton eines Stümpers und dem eines Könners kaum ein Unterschied ausmachen lassen. Die einzige Möglichkeit, den Klang eines Klaviertons zu modifizieren, ist nun einmal die Lautstärke:

-- Ein lauter Ton verklingt relativ schneller als ein leiser, hat also einen perkussiveren Charakter.
-- Ein lauter Ton ist obertonreicher.
-- Ein lauter Ton ist geräuschvoller.

Keine der Eigenschaften eines Klaviertons -- Obertongehalt, Nachklang, Geräuschanteil -- läßt sich unabhängig von der Lautstärke beeinflussen. Daß Geräusche bei gleicher Lautstärke theoretisch verschieden stark sein können, erscheint zunächst plausibel, ist aber wahrscheinlich auch vernachlässigbar.
-- Denn das einzige Geräusch, das sich unabhängig von der Lautstärke beeinflussen ließe, ist dasjenige, das beim Auftreffen der Fingerkuppe auf die Tastenoberfläche entsteht. Wenn sich der Spieler hoffentlich die Fingernägel geschnitten hat, dürfte davon allerdings nicht nennenswert etwas zu hören sein.
-- Das Holzgeräusch beim Auftreffen der Taste auf dem Tastenboden läßt sich kaum mindern, denn es dürfte keinem Spieler gegönnt sein, den Hammer maximal zu beschleunigen und 2 Millimeter vor dem Ende des Tastengangs die Bewegung noch irgendwie wieder abzubremsen. Geht die Taste nicht vollständig hinab, ist der Ton immer auch leiser.
-- Das dritte Geräusch, das Klopfen des Hammers beim Auftreffen auf die Saite entzieht sich nicht nur praktisch, sondern auch theoretisch jedweder Kontrolle. Von allen Geräuschen ist es das stärkste und unvermeidbar.

Erklärungsversuche, die trotzdem einen Unterschied begründen wollen, notfalls mit der Elastizität des Hammerstiels oder mit schräg gerichteten Bewegungen (wie groß können diese werden bei waagerecht gelagerten Klavierachsen, die möglichst wenig Spiel haben sollten, und wie sollte ein Hammerkopf schräge Bewegungen auf die Saite mit welchem Klangeffekt übertragen, da der Hammer die Saite nur anschlägt und nicht seitlich auslenken kann?) -- solche Erklärungsversuche erschienen mir selbst dann überflüssig, wenn sie einen Effekt tatsächlich richtig beschreiben würden, wie gering oder beachtenswert auch immer. Denn jeder gute Klavierspieler weiß, daß das Geheimnis nicht im einzelnen Ton liegt, sondern im Zusammenspiel verschiedener Tonstärken. (Daß die Elastizität des Hammerstiels eine Rolle spielt, ist zwar richtig, aber die ist höchstens vom Klavierbauer, nicht vom Spieler kontrollierbar.)

Dieses Zusammenspiel richtig zu dosieren, dazu bedarf es in erster Linie musikalisch und klanglich der richtigen Vorstellung, in zweiter Linie zweckmäßiger Bewegungen. Zweifellos gibt es unzweckmäßige Bewegungen, die schlechten Klang erzeugen, aber das ist nicht dem Einzelton anzuhören, sondern nur seiner unangemessenen Dynamik im Zusammenhang mit vorherigen, nachfolgenden und gleichzeitig erklingenden Tönen. Ein Ton von einer bestimmten Lautstärke und mit bestimmtem Geräuschanteil kann sehr schroff oder sehr sanglich klingen, abhängig davon, in welchem Zusammenhang er erklingt. Seltsamerweise nämlich läßt sich feststellen, daß sangliches Spiel nicht etwa besonders ausgeglichene Dynamik und weichen Anschlag verlangt, sondern besonders unausgeglichene insofern, als die Dynamik sehr deutliche Unterschiede zeigen muß innerhalb von Linien, um beredt und ausdrucksvoll zu erscheinen. Nur dürfen diese Unterschiede natürlich nicht zufällig sein, sondern die Hebungen und Senkungen wollen sehr kontrolliert gestaltet sein. Weich klingt es nicht, wenn alle Töne möglichst geräuschlos sind, weich klingt es dann, wenn die richtigen hervorgehoben sind und die richtigen im Hintergrund bleiben.

Man kann nämlich mit Klavier-Samples eine MIDI-Datei erzeugen, die in der grafischen Darstellung des Wave-Editors entschieden ausgeglichener aussieht als eine reale Klavieraufnahme. Überraschenderweise aber klingt erstere selbst dann stupide und hart, wenn sie mit einem hervorragenden Sample erzeugt wurde, bei dem der einzelne Ton durchaus angenehm klingen kann. Vergleicht man eine solche Aufnahme mit der grafischen Darstellung einer realen, meisterlich gespielten Klavieraufnahme, wird man feststellen, daß die reale im Wave-Editor viel unregelmäßiger und scheinbar zufälliger aussieht. Die dynamischen Unterschiede sind scheinbar willkürlicher, größer und schroffer, trotzdem klingt es selbst für unbedarfte Ohren tausendmal schöner. Das Geheimnis liegt offensichtlich nicht in der Art, wie die Taste grundsätzlich bewegt wurde, sondern im Zusammenspiel zweckmäßiger Bewegungen und richtiger musikalisch-klanglicher Vorstellung, die allein durch Dynamik realisiert wird. Das ist entschieden komplexer als die Frage, ob sich Klang unabhängig von der Lautstärke beeinflussen läßt. Meiner Meinung nach läßt er sich nur über die Lautstärke (und natürlich über den Pedalgebrauch) beeinflussen. Alles andere erscheint mir mystisch und würde ich gerne im Blindversuch bewiesen sehen, wenn ich dran glauben soll. Messen konnte es bisher niemand.

Als ich in einem Klavier-Verkaufsraum einst einen Kaufinteressierten Instrumente ausprobieren hörte, lobte der Verkäufer seinen "schönen Anschlag". Ich war durchaus seiner Meinung und hätte den Spieler auch gelobt. Ich kann mit der Aussage "schöner Anschlag" aber herzlich wenig anfangen, weil ein einzelner Anschlag nicht schön oder häßlich sein kann. Ich hätte dem Verkäufer aber sehr wohl erklären können, warum es schön klang, allein anhand der Verteilung der Lautstärken. Selbst wenn es noch einen weiteren Effekt geben sollte, dürfte er ziemlich belanglos sein. Und ich bin sicher, der Verkäufer hätte den angeblich "schönen Anschlag" nicht gelobt, wenn der Kunde nur einen einzigen Ton gespielt hätte, mit welcher Bewegung auch immer. Und die Art, wie der Kunde die Taste losließ, hätte ihn wohl auch kaum beeindruckt.
 
Ich habe auch einen schönen Anschlag, ha, ha ha.
Ich war bei Steinway in München.
Da sprang so eine klavierspielende Tante herum, vielleicht eine verkappte Pianistin.
Kein Piano was da so rumstand hat mich überzeugt.
Ich habe da auf einigen Kisten gespielt, und plötzlich wurde es mucksmöschen still.
Was war los, ich bin gut!
Na das sehen wir ja bald.

Gruß Chief
 

Objektiv und eindeutig reproduzierbar wird sich zwischen dem Einzelton eines Stümpers und dem eines Könners kaum ein Unterschied ausmachen lassen. ...
Hallo Jörg,

danke, Du bestätigst so recht meine Verdachtsmomente, die im übrigen auch durch das schon von dir empfohlene Buch von József Gát, "Die Technik des Klavierspiels", genährt sind. Schöner könnte der Abend nicht ausklingen ... ;)
 
Ich bin fest davon überzeugt, dass ein guter Pianist auch auf einem E-Piano, das nicht einmal eine Hammermechanik hat, zaubern und einen "schönen Anschlag" ausführen kann, bei dem man hinterher mit keiner bisher genannten Erklärung irgendein scheinbar mystisches Phänomen erklären könnte, ausgenommen der von J. Gedan.
 
Ich hatte den Gát durchaus im Hinterkopf, als ich das schrieb, Wuwei. Erstens weil du das Thema eröffnet hattest, zweitens weil ich nicht vergessen habe, daß Gát sehr viel über "obere" und "untere" Geräusche spricht, drittens weil ich wußte, daß du ihn deswegen jetzt erwähnen würdest. Ich bin in dieser Hinsicht mit Gát nicht einverstanden und glaube, daß er theoretisiert.
Das tut allerdings dem sonstigen Inhalt des Buches keinen Abbruch, ich halte es für sehr hilfreich; immerhin hat Konrad Wolff ("Interpretation auf dem Klavier"), Schüler von Artur Schnabel, es eines der wenigen genannt, die Schnabel vielleicht für empfehlenswert gehalten hätte, der auch nicht viel vom Theoretisieren hielt. Man sollte sich nicht allzu sehr an Gáts "oberen" und "unteren" Geräuschen festbeißen, zumal er selber schreibt:

"Im Spiel hervorragender Künstler erklingen die verschiedenen Klangfarbeneffekte in solcher Vielfalt und abwechslungsreicher Form, daß dies nicht allein mit der parallel zur Lautstärkeveränderung auftretenden Veränderung der Klangfarbe und den färbenden Eigenschaften der Geräusche erklärt werden kann.
[...]
Die Erklärung hierfür müssen wir in erster Linie im dynamischen Verhältnis der Töne zueinander suchen. Bei einer Folge von mehreren Tönen spielt auch die Agogik eine Rolle."
 
Objektiv und eindeutig reproduzierbar wird sich zwischen dem Einzelton eines Stümpers und dem eines Könners kaum ein Unterschied ausmachen lassen.

Da bin ich im Prinzip mit J. Gedan einverstanden. Allerdings nur bis zu dem Punkt, wo es egal ist, wie der Ton klingt. Man könnte also sagen: wenn es egal ist, wie der Ton klingt, dann ist es egal, wer ihn spielt :D

Im realen Leben ist es aber nicht egal, wie der Ton klingt. In einem komponierten Stück hat jeder Ton eine ihm zugewiesene Lautstärke, Schärfe oder Weichheit, einen "Charakter". Der Könner wird in der Lage sein, dem Ton diesen Charakter zu geben, der weniger Geübte wird dazu nicht in der Lage sein. Und jetzt rede ich von Sachen wie einem weichen forte-Ton oder einem martellato im pp - das sind alles Sachen, die es gibt. Das geht nicht allein durch Veränderung der Lautstärke, da spielt auch Pedal und rubato (und die Klangcharakteristik des Instruments selbst, an die der Pianist seine Spielweise anpassen muß) eine ganz zentrale Rolle.

Gut, es war die Rede vom Einzelton. Auch dort gibt es einen großen Unterschied: der Könner kann den Ton so klingen lassen, wie er will, daß er klingen soll, der weniger Geübte drückt eben eine Taste und ist dann vom klanglichen Ergebnis überrascht (je nachdem angenehm oder unangenehm)
 
Ein Einwand zu dem Vortrag von J. Gedan:

Lautstärke verbindet man mit decibel, also einer messbaren Größe. Ich würde es lieber Dynamik nennen, denn es gibt keine Formel, die beschreibt, wie feste man eine Taste drücken soll, um eine Lautstärke zu erreichen. Und es ist auch nicht festgelegt wieviel dB piano, wieviel dB forte ist. Deswegen: Dynamik.
 
Ich bin fest davon überzeugt, dass ein guter Pianist auch auf einem E-Piano, das nicht einmal eine Hammermechanik hat, zaubern und einen "schönen Anschlag" ausführen kann, bei dem man hinterher mit keiner bisher genannten Erklärung irgendein scheinbar mystisches Phänomen erklären könnte, ausgenommen der von J. Gedan.

Nein, das geht nicht! Die Klangerzeugung wird durch die Tasten lediglich ausgelöst, und zwar mit den gemessenen Parametern Geschwindigkeit, Tonhöhe und Zeitpunkt. Ob man nun noch mit der Taste wackelt oder sein rechtes Achselchakra aktiviert, wird von der Elektronik nicht registriert und auch nicht umgesetzt.

Es gibt aber Leute, die nicht auf den Tasten sondern direkt auf den Platinen spielen, die haben möglicherweise bessere Möglichkeiten (Link zu Youtube folgt, falls ich es noch finde).
 
Dann hat mad83 wahrscheinlich noch nie auf einem richtigen Klavier gespielt... oder?
 
Haydnspaß, es ist alles richtig, was du sagst. Es hat auch nie jemand etwas Gegenteiliges behauptet. Die ursprüngliche Frage war jedoch nicht, ob ein Könner besser Klavier spielt (weswegen man ihn denn wohl einen Könner nennt), sondern ob es eine Klangkomponente des Einzeltons gibt, die unabhängig von Dynamik, Pedal, Artikulation etc. etc. gestaltet werden könnte. Daß ein Stümper irgendeinen bestimmten Klang nur zufällig erzeugt (und dann natürlich den falschen an der falschen Stelle), während ein Könner ihn bewußt erzeugt, hat mit der Frage herzlich wenig zu tun, die praktisch-physikalischer Natur ist und sich nicht darauf bezieht, wie kontrolliert man Gestaltungsmöglichkeiten einsetzt, und ob ein Klang zufällig oder absichtlich entstand.

Ein Einzelton, Ubik, hat keine "Dynamik". Ein Einzelton hat neben meßbarem Dezibel-Wert ein bestimmtes meßbares Obertonspektrum, einen bestimmten meßbaren Geräuschanteil und ein bestimmtes meßbares Abklingverhalten. "Dynamik" bezeichnet die ÄNDERUNG von Lautstärken, den Wechsel zwischen verschiedenen Lautstärken. Zweifellos hast du Recht, daß darin ein wesentliches Moment der Gestaltung liegt. Aber daß ein Ton eine bestimmte Lautstärke hätte, darf man wohl genauso zweifellos behaupten.

Wenn hier schon ein Wettbewerb in Spitzfindigkeit stattfindet, dann hätte ich als Mitstreiter ihn an meiner blödsinngen Formulierung festgemacht: "Man kann nämlich mit Klavier-Samples eine MIDI-Datei erzeugen...". Man kann nämlich mit Klavier-Samples keine MIDI-Datei erzeugen, höchsten per MIDI-Player, der Samples abspielt, aus einer MIDI-Datei eine Wave-Datei.
 

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