Der Einstieg in Jazz

Guten Abend!

Das Gespräch in diesem Faden - und parallel dazu der Gesprächsverlauf
in --> "Bues-Einspielungen unserer Forum-Mitglieder" - hat mir viel zu denken gegeben.
Nach etlichen Malen des Versuchs, zum Beispiel Freds Blues-Einspielung so würdigen,
wie er sich das erhofft, und nach mehrmaliger Lektüre der heutigen Diskussion
über Blues oder Jazz als Musikhochschul-Unterrichtsfach, Diplome in Jazz-Pianistik etc.
ist mir endlich und blitzartig aufgegangen, was mich an dieser Musik und dem Gespräch
über die Musik so irritiert: ihre Verlogenheit, ihre Unwahrheit.

Gespräche darüber können nur dann besser sein als der Gesprächsinhalt,
wenn sie die Differenz hervorheben. Mache ich mich verständlich?
Ich habe endlich verstanden, was mich an dem, was mir ein halbes Leben lang als Blues und Jazz
verkauft worden ist, so penetrant stört. Eine große Hilfe waren dabei die Tonbeispiele,
die hier in den letzten Tagen präsentiert worden sind, Howlin' Wolf, Muddy Waters,
Spoonful Willi Dixon, Son House, Albert Ammons, Earl Hines etc., deren Musik ich
passenderweise "zusammengehört" habe mit dem mir seit Kindestagen vertrauten Mahler,
zu dessen hundertstem Todestag die Symphonien rauf- und runtergespielt wurden -,
um nun zweierlei zu verstehen: daß hinter so unterschiedlicher Musik ein- und dieselbe Erfahrung,
ein- und dasselbe Erleben steckt (und es nur aufgrund dieser Erfahrung möglich ist
zu sagen, daß die Musik ein- und dasselbe sei), und daß der größte Teil dessen,
was heute als Blues oder Jazz vermarktet wird, diese Erfahrung und dieses Erleben usurpiert.

Das ist ein in der Soziologie vertrautes Phänomen: die Aneignung von Elementen der Kultur
einer Minderheit durch die Mehrheitsgesellschaft, ferner - mit dem erstgenannten nicht völlig identisch -
der Übergang von Elementen der sogenannten Popularkultur in die (bürgerliche) Hochkultur.
Etwas drittes kommt hinzu, was die Sache so widerwärtig macht: In diesem räuberischen Akt
der Vereinnahmung des Blues und seiner Umverwandlung in Unterhaltungsmusik
wurde der Musik alles genommen, was an ihr ergreift: Klage, Witz, Anmut und Würde.
Hier in Deutschland haben wir dasselbe Phänomen in statu nascendi mitverfolgen können
bei der Adaption der Klezmer-Musik in den letzten zwanzig Jahren - einem gleichfalls usurpatorischen Akt,
bei sich dem die Enkel der Tätergeneration in Schtetl-Romantik gefallen oder politisch korrekt
mit weitaufgerissenen Augen und entsetztem Gesichtsausdruck Mordechai Gebirtigs "S' brent" singen -,
und wir erleben, wie der usurpierte Nachvollzug realen Leidens zur Unterhaltungsgeste erstarrt.

Da kann Fred noch soviele Biere in sich reinkippen und mantra-artig vom Blues
schwadronieren, den man in sich haben und fühlen und in allen Lebenslagen parat haben muß,
seiner Musik ist anzuhören, daß sie von einem saturierten Wohlstandsbürger stammt.
Umgekehrt erklärt es sich, warum pppetc's Musik so gut ist - weil pppetc sich realer Not
stellen mußte und die Erinnerung daran nicht vergißt.

Gruß, Gomez

.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
daß hinter so unterschiedlicher Musik ein- und dieselbe Erfahrung,
ein- und dasselbe Erleben steckt (und es nur aufgrund dieser Erfahrung möglich ist
zu sagen, daß die Musik ein- und dasselbe sei), und daß der größte Teil dessen,
was heute als Blues oder Jazz vermarktet wird, diese Erfahrung und dieses Erleben usurpiert.

Das ist ein in der Soziologie vertrautes Phänomen: die Aneignung von Elementen der Kultur
einer Minderheit durch die Mehrheitsgesellschaft, ferner - mit dem erstgenannten nicht völlig identisch -
der Übergang von Elementen der sogenannten Popularkultur in die (bürgerliche) Hochkultur.

Lieber Gomez,

diesen Aspekt finde ich hochinteressant! Ich kann nicht beurteilen, ob es stimmt, aber mein Gefühl, als ich die alten Aufnahmen hörte (leider konnte ich noch nicht alle hören), die hier und im anderen Faden gepostet worden waren, stimmt mit deinem überein. Diese Aufnahmen haben eine dermaßen große Ausdruckskraft, die ich leider nicht näher beschreiben kann. Ob das heutige Aufnahmen nicht mehr haben bzw. eher nachahmen, kann ich ebenfalls nicht beurteilen.

Bloß weiß ich nicht, ob das wirklich mit existenziellen persönlichen Krisen oder Erlebnissen zu tun hat. Sonst würde es ja bedeuten, dass Ausdruck (auch von klassischen Musikern, Schauspielern....) hauptsächlich von eigenen Erfahrungen abhängt. Natürlich fließen die ein, aber durch das reine Erleben von Musik kann man sicher auch zu solch einem Ausdruck kommen.

Oder?

Liebe Grüße

chiarina
 
Natürlich fließen die ein, aber durch das reine Erleben von Musik kann man sicher auch zu solch einem Ausdruck kommen.
durchaus - nur gewinnt man die Ausdruckskraft nicht vermittels einer pseudowissenschaftlichen und unnötig verkomplizierten Nomenklatur oder "Theorie"!

einer der Aspekte der Verlogenheit, die Gomez angesprochen hat, ist der Anschein des Genialen (a la nur im Jazz wird improvisiert), ein anderer ist das esoterische des kaum je eindeutig deskribierten "nötigen Feelings", ein dritter das Scheinkonstrukt der vermeintlich hochkomplizierten "Theorie / Harmonik" - - und wie alle Glaubenssätze, so findet auch diese quasi Sektiererei ihre treuen Anhänger...

der einzige Trost hierbei ist: wirkliche Jazzmusiker - und die gab und gibt es und sie haben wunderbares komponiert!!! - sind Lichtjahre entfernt von diesem Hokuspokus, und sie zeichne(te)n sich durch eine permanente Neugier und kommunikative Spielfreude aus.
 
Liebe Chiarina,

Bloß weiß ich nicht, ob das wirklich mit existenziellen persönlichen Krisen oder Erlebnissen zu tun hat.
Sonst würde es ja bedeuten, dass Ausdruck (auch von klassischen Musikern, Schauspielern....)
hauptsächlich von eigenen Erfahrungen abhängt.

Du weißt doch, nicht unbedingt von eigenen Erfahrungen, aber zumindest von einem:
rückhaltloser Ehrlichkeit - vorallem sich selbst gegenüber, dann auch allen und allem anderen gegenüber.
Und damit kann man allerdings sehr seltsame Erfahrungen machen...

Herzliche Grüße,

Gomez

.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Guten Abend!

Das Gespräch in diesem Faden - und parallel dazu der Gesprächsverlauf
in --> "Bues-Einspielungen unserer Forum-Mitglieder" - hat mir viel zu denken gegeben.
Nach etlichen Malen des Versuchs, zum Beispiel Freds Blues-Einspielung so würdigen,
wie er sich das erhofft, und nach mehrmaliger Lektüre der heutigen Diskussion
über Blues oder Jazz als Musikhochschul-Unterrichtsfach, Diplome in Jazz-Pianistik etc.
ist mir endlich und blitzartig aufgegangen, was mich an dieser Musik und dem Gespräch
über die Musik so irritiert: ihre Verlogenheit, ihre Unwahrheit.

Gespräche darüber können nur dann besser sein als der Gesprächsinhalt,
wenn sie die Differenz hervorheben. Mache ich mich verständlich?
Ich habe endlich verstanden, was mich an dem, was mir ein halbes Leben lang als Blues und Jazz
verkauft worden ist, so penetrant stört. Eine große Hilfe waren dabei die Tonbeispiele,
die hier in den letzten Tagen präsentiert worden sind, Howlin' Wolf, Muddy Waters,
Spoonful Willi Dixon, Son House, Albert Ammons, Earl Hines etc., deren Musik ich
passenderweise "zusammengehört" habe mit dem mir seit Kindestagen vertrauten Mahler,
zu dessen hundertstem Todestag die Symphonien rauf- und runtergespielt wurden -,
um nun zweierlei zu verstehen: daß hinter so unterschiedlicher Musik ein- und dieselbe Erfahrung,
ein- und dasselbe Erleben steckt (und es nur aufgrund dieser Erfahrung möglich ist
zu sagen, daß die Musik ein- und dasselbe sei), und daß der größte Teil dessen,
was heute als Blues oder Jazz vermarktet wird, diese Erfahrung und dieses Erleben usurpiert.

Das ist ein in der Soziologie vertrautes Phänomen: die Aneignung von Elementen der Kultur
einer Minderheit durch die Mehrheitsgesellschaft, ferner - mit dem erstgenannten nicht völlig identisch -
der Übergang von Elementen der sogenannten Popularkultur in die (bürgerliche) Hochkultur.
Etwas drittes kommt hinzu, was die Sache so widerwärtig macht: In diesem räuberischen Akt
der Vereinnahmung des Blues und seiner Umverwandlung in Unterhaltungsmusik
wurde der Musik alles genommen, was an ihr ergreift: Klage, Witz, Anmut und Würde.
Hier in Deutschland haben wir dasselbe Phänomen in statu nascendi mitverfolgen können
bei der Adaption der Klezmer-Musik in den letzten zwanzig Jahren - einem gleichfalls usurpatorischen Akt,
bei sich dem die Enkel der Tätergeneration in Schtetl-Romantik gefallen oder politisch korrekt
mit weitaufgerissenen Augen und entsetztem Gesichtsausdruck Mordechai Gebirtigs "S' brent" singen -,
und wir erleben, wie der usurpierte Nachvollzug realen Leidens zur Unterhaltungsgeste erstarrt.

Da kann Fred noch soviele Biere in sich reinkippen und mantra-artig vom Blues
schwadronieren, den man in sich haben und fühlen und in allen Lebenslagen parat haben muß,
seiner Musik ist anzuhören, daß sie von einem saturierten Wohlstandsbürger stammt.
Umgekehrt erklärt es sich, warum pppetc's Musik so gut ist - weil pppetc sich realer Not
stellen mußte und die Erinnerung daran nicht vergißt.

Gruß, Gomez

.


Hallo Gomez,

Mit Interesse habe ich Deine Erkenntnisse über ehrliche und unehrliche Musik gelesen und werde mich noch mal dazu äußern. Zu Beginn jedoch eine meiner Betrachtungen warum der Kulturk(r)ampf nicht so einfach zu begreifen ist und sehr viel aus der Vergangenheit mit spielt, denn die Kriegsgeneration betrachtete jede Art von Musik, die über den großen Teich kam als Negermusik und abfällig Jazz. Sogar die Beatles mit ihren ungepflegtem Äußeren brachten lumpige "Jazzmusik".

Ich fragte mich lange Zeit warum das so ist und die Abneigung derart groß und kam zu folgendem Ergebnis. Diese Generation hatte viel verloren. Die eigenen Eltern, Brüder und Schwestern erschossen, verschleppt, die Heimat, zerstörte Städte - faktisch alles, mit dem sie sich identifizieren konnten und was ihnen etwas bedeutet hat. Sie waren abgemagert, fast verhungert, krank und besiegt worden. Alle Werte, alles was sie erzeugten, die Städte und alle schönen Dinge welche sie hatte waren dahin. Das Einzige, was ihnen blieb und woran sie sich selbst aufbauten, das ihnen Kraft gab in die Zukunft zu blicken, waren die Reste der einstigen Kultur und ein wiederaufleben dessen, was sie verloren hatten. Und natürlich auch die Musik. Nun kamen die Nachkriegskinder - die Eigenen und sie mussten mit ansehen, wie diese von der Siegermacht kulturell assimiliert wurden. Zu all dem physischen Schmerz mussten sie das mit ansehen, wie sie daran gar nichts ändern konnten und tief, sehr tief getroffen wurden. Die eigenen Kinder wackelten mit dem Kopf und langen Haaren und äfften was ihnen vorgesetzt wurde nach... Was konnten sie wirklich daran ändern? Es gab da doch noch etwas oder nicht?

LG
Michael
 
Ich fragte mich lange Zeit warum das so ist und die Abneigung derart groß und kam zu folgendem Ergebnis.


Lieber Michael,

es ist sehr interessant, was du schilderst. Vor allem, weil es gar nicht mit meinen Erfahrungen übereinstimmt. :p

Ich habe wirklich noch nie in meinem Leben jemanden sich abfällig über Jazz äußern hören! Vielleicht bin ich ja taub oder höre nur das, was ich hören will :p, aber ich habe sogar den gegenteiligen Eindruck.

Ich meine, dass das Interesse an amerikanischen Traditionen nach dem zweiten Weltkrieg sogar recht groß war. Auch Tänze wie der Boogie und Rock'n'Roll wurden meines Wissens begeistert aufgenommen. In den Städten entwickelten sich erste Jazz-Szenen........ .

Natürlich kann es sein, dass dieses hauptsächlich von den Jüngeren der deutschen Bevölkerung so aufgenommen wurde.

Hast du denn so viel Abneigung kennen gelernt?

Liebe Grüße

chiarina
 
Ich fragte mich lange Zeit warum das so ist und die Abneigung derart groß...

Hallo, Klaviermacher,

man darf auch die Nachwirkung der Goebbelsschen "Kulturpolitik" in den Köpfen
der sogenannten Aufbaugeneration nicht unterschätzen. Ein ganzes Nachkriegsgenre
verdankt sich dieser Spätfolgen: der eskapistische Heimatfilm.

Musikalisch war eine dieser Spätfolgen die typisch deutsche Trivialschnulze:
der bis sich heute großer Beliebtheit erfreuende Volksmusik-Schlager.
Der Antiamerikanismus der Aufbau-Generation war übrigens ambivalent;
teilweise hat sich diese Generation in der Konstellation des kalten Krieges
mit den USA identifiziert, weil das vom eigenen Schuldtrauma abgelenkt hat.

Nicht minder ambivalent war der Antiamerikanismus der 68er-Generation,
der Kinder von Marx und Coca-Cola, wie Godard sie bezeichnet hat.

Muß leider weg, später mehr.

HG, Gomez
 
Das ist ein in der Soziologie vertrautes Phänomen: die Aneignung von Elementen der Kultur
einer Minderheit durch die Mehrheitsgesellschaft, ferner - mit dem erstgenannten nicht völlig identisch -
der Übergang von Elementen der sogenannten Popularkultur in die (bürgerliche) Hochkultur.
Etwas drittes kommt hinzu, was die Sache so widerwärtig macht: In diesem räuberischen Akt
der Vereinnahmung des Blues und seiner Umverwandlung in Unterhaltungsmusik
wurde der Musik alles genommen, was an ihr ergreift: Klage, Witz, Anmut und Würde.

Ich sehe es insofern ähnlich, als dass die alten Bluesaufnahmen eine unerreichte Authentizität, Kraft, Direktheit, Ehrlichkeit und Intensität ausstrahlen. Wenn Charley Patton davon singt bzw. eher schreit, dass er für einen Löffel voll Koks einen Mann töten würde, und "doing lifetime in Parchman" dafür in Kauf nehmen würde, dann hört man es ihm an, dass das kein bloßes Gerede ist. Viele Bluesleute hatten diesen Knast auch von innen gesehen, wie z.B. Son House, der 2 Jahre in Parchman absaß, weil er in einer Kneipe jemanden abknallte. Wenn diese schweren Jungs ihren Blues mit solchen Texten ablassen, dann spürt man es sehr genau, dass das ernst gemeint ist und nicht nur so dahergesungen.

Auf der anderen Seite würde ich es aber nun auch nicht räuberischen Akt nennen, wenn Millionäre wie Eric Clapton solche Songs in mehr oder weniger Unterhaltungsmusik transformieren. Clapton erzählt bei jeder Solostrophe auf seiner Strat eine kleine Geschichte, und diese Geschichten höre ich auch sehr gerne.

Außerdem sehe ich gar nicht ein, dass man unbedingt jahrzehntelang Hartz-IV-Empfänger sein muß oder eine Brücke sein Domizil nennen muß, um die Berechtigung zu erwerben, sich dieser Bluesmusik zu nähern in Form von eigenem Musizieren. Letzten Endes finde ich es dann auch schon ehrlicher, selber sich darum zu bemühen, dieser Musik sich durch das eigene Spielen auf Klampfe oder Klavier oder was auch immer, zu nähern, anstatt nur darüber zu schreiben, ohne selber Spieerfahrungen zu haben.
 
Diese Authentizität vieler alter Aufnahmen gibt es nicht nur im Jazz, sondern auch bei Opernsängern, Dirigenten, Pianisten.... recht häufig.

Eine -etwas plakative- Erklärung: Sie dienten (noch) der Musik , nicht ihrem Ego, ihrem Kontostand....

((In seltenen Fällen vertrug sich das aber auch....:D))
 
Hallo, Mindenblues!

Letzten Endes finde ich es dann auch schon ehrlicher, selber sich darum zu bemühen,
dieser Musik sich durch das eigene Spielen auf Klampfe oder Klavier oder was auch immer,
zu nähern, anstatt nur darüber zu schreiben, ohne selber Spielerfahrungen zu haben.

Könnten wir uns diese Litanei, die hier schon hundertmal nachgebetet worden ist,
sowie den darauf folgenden Antwortpsalm nicht endlich ersparen?
Es gibt keine Forumsregel, die als Vorbedingung für das Rederecht einen Praxisnachweis verlangt.
Wenn Du das gerne so hättest, bitte Fabian um eine Änderung der Forumsregeln.

Die Qualität der jeweiligen Beiträge besteht unabhängig von diesem Praxisnachweis:
Weder steigt noch sinkt sie dadurch, daß jemand ein Tondokument von sich
hier hineinstellt. Falsche Proportionen in der Perspektive auf einem Tafelbild
kann ein Kunstwissenschaftler feststellen, ohne dafür selbst malen zu müssen.
Auch ein Laie oder sogar Nichtmusiker kann hören, ob mit der Musik etwas
nicht stimmt, und es ist sein gutes Recht, das zu sagen.

Ein für allemal: Es gibt Forumsnutzer, denen nicht die künstlerische Betätigung,
wohl aber der Exhibitionismus fremd ist, Menschen, die sich gerne an Diskussionen
beteiligen möchten, ohne daß ihr Status im "real life" Bestandteil des Gesprächs wird.
Das ist meines Erachtens sogar mehr zu respektieren als die naseweise Vorführung
irgendwelcher eigener Leistungen und - schlimmer noch - der penetrante Dauerverweis
auf den eigenen Expertenstatus. Der Ruf nach Legitimierung durch Praxisbeispiele
ist vielmehr, wie bei Fred zu sehen, ein verzweifelter Versuch, nonverbal etwas
von dem zu retten, was ihm argumentativ nicht gelungen ist.

Gruß, Gomez

.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Letzten Endes finde ich es dann auch schon ehrlicher, selber sich darum zu bemühen, dieser Musik sich durch das eigene Spielen auf Klampfe oder Klavier oder was auch immer, zu nähern, anstatt nur darüber zu schreiben, ohne selber Spieerfahrungen zu haben.

Moin Mindenblues!

Ich möchte das nicht so streng sehen wie Du - momentan wähne ich nämlich, beobachten zu können, worauf
ich nach all der Zeit *wirklich* nicht mehr gehofft hatte: Leute sehr verschiedner Couleur machen zur Zeit
etwas Gleiches - einen Lernprozeß! Und das hier, in diesem Forum.

Sogar die threads mischen sich, es geht nicht mehr darum, ob was topic ist oder halt nicht, und auch
sehr unterschiedliche Ansätze scheinen zugelassen, Howlin' Wolf sagt es ganz zum Schluß:


Ich finde das echt erfrischend....
 

Moin Mindenblues!

Ich möchte das nicht so streng sehen wie Du - momentan wähne ich nämlich, beobachten zu können, worauf
ich nach all der Zeit *wirklich* nicht mehr gehofft hatte: Leute sehr verschiedner Couleur machen zur Zeit
etwas Gleiches - einen Lernprozeß! Und das hier, in diesem Forum.

(...).

Und, stell Dir vor, Stephan, selbst ich hatte ihn gestern Abend, den Blues, im Bett :D, ich habe ihn gehört, auf dem Klavier, ziemlich lange sogar :p:eek:, aber ich hätte ihn nicht spielen können....:-(

Viele Grüße
gubu
 
Moin Mindenblues!

Ich möchte das nicht so streng sehen wie Du - momentan wähne ich nämlich, beobachten zu können, worauf
ich nach all der Zeit *wirklich* nicht mehr gehofft hatte: Leute sehr verschiedner Couleur machen zur Zeit
etwas Gleiches - einen Lernprozeß! Und das hier, in diesem Forum.

Sogar die threads mischen sich, es geht nicht mehr darum, ob was topic ist oder halt nicht, und auch
sehr unterschiedliche Ansätze scheinen zugelassen, Howlin' Wolf sagt es ganz zum Schluß:


Ich finde das echt erfrischend....

Ich auch!!!!! Die Wege des Lernens können sehr vielfältig sein. :p Außerdem liest und schreibt man ja nicht nur, sondern vor allem hört man!!!

Danke an alle für die Einstellungen der wundervollen Aufnahmen im Forum und danke auch an dich, Fred, für die Eröffnung des Fadens unten,der den Anstoß gab!

Liebe Grüße

chiarina
 
Und, stell Dir vor, Stephan, selbst ich hatte ihn gestern Abend, den Blues, im Bett :D

Na - es gibt doch kaum was Schöneres....

Die Wege des Lernens können sehr vielfältig sein. :p

Indeed, Lill' gal - Jazz is a Teacher Funk is a Preacher, wobei
man natürlich James Blood Ulmer keinesfalls vergessen sollte.

Herzliche Grüße!

stephan
 
Letzten Endes finde ich es dann auch schon ehrlicher, selber sich darum zu bemühen, dieser Musik sich durch das eigene Spielen auf Klampfe oder Klavier oder was auch immer, zu nähern, anstatt nur darüber zu schreiben, ohne selber Spieerfahrungen zu haben.

Könnten wir uns diese Litanei, die hier schon hundertmal nachgebetet worden ist,
sowie den darauf folgenden Antwortpsalm nicht endlich ersparen?
Es gibt keine Forumsregel, die als Vorbedingung für das Rederecht einen Praxisnachweis verlangt.
Wenn Du das gerne so hättest, bitte Fabian um eine Änderung der Forumsregeln.

Hallo Gomez,

mein Statement oben war eine Erwiderung auf deine Einlassung, in der du die heutige Verlogenheit und Unwahrheit von heutigen Musikausübenden, die sich dem Blues oder Jazz widmen, beklagt hast.

Darauf folgte eben meine Erwiderung, dass es mir immer noch lieber ist, man bemüht sich aufrichtig beim eigenen Spiel um den Blues oder Jazz, als das man statt selber diese Musik auszuüben nur darüber jammert, wie ach so verlogen und unwahr die Jazz- und Bluesmusik von heute sei.

Daraus abzuleiten, dass ich als Vorbedingung für das Rederecht in diesem Forum einen Praxisnachweis der Fähigkeit verlangen würde, sich musikalisch auf einem Instrument ausdrücken zu können, ist absurd. Im Gegenteil, ich will auch nochmal wiederholen, dass ich deine (Gomez) anderweitigen Nachrichten in diesem Forum gerne und mit Interesse lese; mein obiger Einwand bleibt aber bestehen.

Mein Einwand ist und bleibt, dass ich per se erstmal nix Verlogenes oder Unaufrichtiges darin erkennen kann, wenn sich ein heutiger Musiker dem Blues widmen möchte, weil er die Musikrichtung einfach liebt, auch wenn ihn/sie das für die Authentizität der Blueswiedergabe schwere Schicksal eines gutsituierten Bürgers treffen sollte. :D

Und dass ich schon gar keine Verlogenheit und Unaufrichtigkeit darin erkennen kann, wenn man z.B. in diesem Forum seine eigenen musikalischen Machwerke in all ihrer Unvollkommenheit ungeschminkt und frei heraus vorstellt.
Und dass man meiner Meinung nach nicht unbedingt jemanden abgeknallt haben muß oder auf Drogenentzug gewesen sein muß, um sich nicht der Verlogenheit oder Unaufrichtigkeit beim Spielen des Blues bezichtigen lassen zu müssen, auch und gerade nicht von jemandem, der weder selber spielt noch sich beim Blues zu Hause fühlt.

Dass ein Blues, in dem ein schweres Schicksal beklagt wird, wohl authentischer rüberkommen wird, wenn derjenige dieses Schicksal wirklich durchlitten hat, sehe ich aber auch so - hatte ich ja geschrieben.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Mein Einwand ist und bleibt hingegen, dass ich erstmal nix Verlogenes oder Unaufrichtiges darin erkennen kann, wenn sich ein heutiger Musiker dem Blues widmen möchte.
Da stimme ich Dir vollständig zu!

Aber wenn ich es richtig verstanden hatte, dann meinte Gomez was anderes, als er von Verlogenheit schrieb - ich habe das aufgegriffen:
einer der Aspekte der Verlogenheit, die Gomez angesprochen hat, ist der Anschein des Genialen (a la nur im Jazz wird improvisiert), ein anderer ist das esoterische des kaum je eindeutig deskribierten "nötigen Feelings", ein dritter das Scheinkonstrukt der vermeintlich hochkomplizierten "Theorie / Harmonik" - - und wie alle Glaubenssätze, so findet auch diese quasi Sektiererei ihre treuen Anhänger...

der einzige Trost hierbei ist: wirkliche Jazzmusiker - und die gab und gibt es und sie haben wunderbares komponiert!!! - sind Lichtjahre entfernt von diesem Hokuspokus, und sie zeichne(te)n sich durch eine permanente Neugier und kommunikative Spielfreude aus.
Mit anderen Worten: weder Jazz noch Blues per se sind verlogen oder unaufrichtig!! Aber es gibt eine (modische? doktrinäre? teilkommerzielle?) Szene, die um diese Musiksorten einen Tanz treibt, den sie nicht verdient hat - hierzu gehören die drei erwähnten Angelegenheiten.
 
Hallo, Mindenblues!

Auf Deinen Einwand hin muß ich zwei Dinge nochmal wiederholen:

...auch und gerade nicht von jemandem,
der weder selber spielt noch sich beim Blues zu Hause fühlt.

Es gibt nun mal Forumsnutzer, denen nicht die künstlerische Betätigung,
wohl aber der künstlerische Exhibitionismus fremd ist: Menschen, die sich gerne an Diskussionen
beteiligen möchten, ohne daß ihr Status im "real life" Bestandteil des Gesprächs wird.


Und dass man meiner Meinung nach nicht unbedingt jemanden abgeknallt haben muß
oder auf Drogenentzug gewesen sein muß, um sich nicht der Verlogenheit oder
Unaufrichtigkeit beim Spielen des Blues bezichtigen lassen zu müssen...

Voraussetzung ist nicht unbedingt die eigene Erfahrung von Suchterkrankung oder Delinquenz.
Nur eines ist unverzichtbar: die rückhaltlose Ehrlichkeit sich selbst gegenüber
und dann auch allen/allem anderen gegenüber. Und damit macht man im Leben sehr eigenartige Erfahrungen.

Gruß, Gomez
 
Ok, Rolf, sehe ich auch so, dass von bestimmten Leuten gerne irgendein Hokuspokus veranstaltet wird und Geheimisse hineininterpretiert werden möchten, wenn es um Blues oder Jazz geht. Aber betrifft vielleicht auch andere Musikrichtungen, und betrifft vor allem eben auch nicht die ganze heutige Generation von Musikern dieser Richtung!

Und um beim ursprünglichen Blues eine komplizierte Theorie oder Harmonik hineindichten zu können, bedarf es schon gewaltiger Anstregungen. Viele Blueser konnten keine Noten lesen, manche waren sogar mehr oder weniger Analphabeten. Wer auf der Klampfe 5 Griffe konnte, hatte schon 2 davon optional, und manche haben sich tatsächlich auf die 3 nötigen beschränkt (Lightnin' Hopkins, und ich habe nur minimal übertrieben...). :D

Dass mit dem nötigen Feeling sehe ich insofern allerdings auch so, als dass der Blues meiner Meinung nach eine sehr, sehr gefühlsbetonte expressive Musikrichtung ist. Wenn man sagt, dass man Musik mit dem Kopf und dem Bauch machen sollte, behaupte ich einfach mal, dass der Bauch beim Blues das wichtigere Körperteil von beiden ist, auch wenn es hierzu einen Aufschrei geben sollte. :D
Daraus jedoch eine esoterische Angelegenheit machen zu wollen, finde ich auch doof.
 

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