Chopin op 25 Einspielung von Rebecca Penneys

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Ich würde gerne euer Meinung zu unten folgender Einspielung der Chopin Etuden op 25 durch die zum Zeitpunkt der Einspielung (2022) wohl 76 jährigen Pianistin hören.
Für mich ist das eine emotional berührende Aufnahme, die ganz ohne den häufigen (auch durch Einhaltung der Metronomangaben erzeugten) virtuos-perfektionistischen Nebel auskommt, ich würde sagen in einem abgeklärt erzählerischen Duktus gespielt. Passend zum Erzählerischen die kleinen Überleitungen.
 
Ich habe mir die Nr. 1, 11 und 12 angehört. Mir gefällt es sehr gut. Sie beleuchtet feine Nuancen, die bei anderen in der Regel untergehen.

An manchen Stellen allerdings stockt der Fluss der Musik, das fand ich ein wenig irritierend. Aber vielleicht liegt das ja auch an der Hörgewohnheit.
 
Bei allem Respekt für die ältere Dame, aber Eingriffe in den Notentext, Zusätze und Veränderungen der Komposition gehen garnicht!
 
Äh, doch kann man ja im Video hören und sehen. Oder gibt es da auch ein Argument?
EDIT: (haha, bin natürlich selber schuld, wenn ich oben nach der Meinung frage)
 
Zuletzt bearbeitet:
aber Eingriffe in den Notentext, Zusätze und Veränderungen der Komposition gehen garnicht!
Vor gar nicht soo langer Zeit waren kurze improvisierte 'Brücken' zwischen Stücken noch durchaus üblich. (W. Backhaus, Josef Hofman, F. Gulda?)
Bei op. 25,1 stören mich etwas die allzu penetrant herausgemeißelten Nebenstimmen mit dem linken Daumen.
25,2 ist ausgesprochen agil gespielt. Allerdings sind die auch in langsameren Tempi bereits fast unmöglichen 32stel in op. 25,3 kaum probiert, was mich nicht sehr stört. Einige extreme Verlangsamungen an der Grenze zum Stehenbleiben finde ich maniriert, aber z. B. in op. 25,2 auch charmant. Op.25,4 finde ich ausgezeichnet, die verschiedenen Notationen sehr schön charakterisierend umgesetzt. Und wenn meine Linke mit Ende 70 die Dezimen in op. 25,5 noch so geschmeidig greift, bin ich nicht böse. Die kleine FS Trickserei beim einleitenden Terzentriller von op. 25,6 ist doch nett (sie spielt dort im Übrigen was dasteht, wirklich getrickst ist es also gar nicht) Im Weiteren hat sie mit dieser Etüde ziemliche Probleme, was aber auch bei halb so alten Menschen gelegentlich beobachtet werden kann. Op. 25,7 ist ziemlich hölzern gespielt, da merkt man eventuell das nachlassende Gehör. Vielleicht hat man aber auch mit weit über 70 nicht mehr die Geduld für die feinsinnig gefühligen Empfindungen eines um die 45 Jahre jüngeren. Die langen Rouladen der Linken kommt dann aber schön akkurat daher!
Op. 25,8 Respekt für die Sexten-Etüde! Dass die staccato Oktaven der Schmetterlings-Etüde etwas steif daherkommen ist doch eher eine lässliche Sünde, in diesem Alter schon gar. Die Oktaven-Etüde ist gut geplant (ich hätte den Beginn aber gerne noch etwas leichter und mehr legato) und mit der nötigen Energie in die Tasten gerammt. Der Mittelteil hätte allerdings - wie op. 25,7 - etwas mehr poetische Empfindung und eine schöneres piano-legato verdient. Dass sie beim Schlussakkord noch ein tiefes H dazu nimmt und den Beginn von op. 25,11 neu harmonisiert ist schlechte alte Schule. Aber im weiteren Verlauf der anstrengenden a-Moll Eüde ist sie auch nicht gerade in Zeitlupe unterwegs, braucht allerdings für einige Übergänge und Neuansätze viel Zeit; es sei ihr gegönnt. Im Übrigen geradezu vorbildlich, wie sie mit stabiler Hand und gestützten Fingern kraftsparend spielt!!
Der Übergang zur letzten Etüde ist allerdings geschmacklich eher zweifelhaft. Die letzte Etüde hat Charakter, aber die agogischen Maßnahmen sind doch etwas overdone.
Insgesamt (ich weiß natürlich nicht ob und wie viel geschnitten wurde) eine ziemlich perfekte und teilweise geradezu unwirsch-ruppige, aber doch sehr beeindruckende Einspielung, die mit den altmodischen Ein- und Überleitungen noch einen netten besonderen Touch hat.
 
Vielen Dank, ich habe mich ja schon über Demians Rückmeldung gefreut, aber diese Analyse ist beeindruckend, jetzt muss ich das bei Gelegenheit nochmal ganz in Ruhe anhören.
 
Vielen Dank für den Hinweis auf diese Einspielung, die mir nicht gefällt. Zu wenig Dynamik, oft zu langsam, stockend, undramatisch.
Ja, die Pianistin ist 76 Jahre alt. Na und? Ist das besonders? Ist das eine Einspielung wert? Ändert das etwas an der Qualität der Musik? Entweder man kann ein Stück geil spielen, dann nimmt man es auf. Oder man kann es eben nicht, dann übt man oder lässt es.
 
Entweder man kann ein Stück geil spielen, dann nimmt man es auf. Oder man kann es eben nicht, dann übt man oder lässt es.
Eine hochmoralische und strenge Einstellung!!
Aber: dann hätte es seit Rachmaninoffs Einspielung des Schumannschen Carnavals oder der Horowitz Aufnahme der Kreisleriana (ich meine die ältere - 1968?) keine weiteren Aufnahmen dieser Werke mehr geben dürfen, da wohl kaum irgendjemand sich einbilden kann, nach diesen Leistungen diese Werke noch hinreichend 'geil' spielen zu können!
Ich könnte noch VIELE weitere Werke und Werkzyklen nennen, die so aus dem verfügbaren Repertoire für öffentlich verfügbares Aufnahme-Repertoire fallen würden. Kann/muss man das wollen??
Dass es zu viele Aufnahmen bestimmter Werke gibt, dass Pianisten dazu tendieren bestimmte Werke unangemessen zu präferieren (aktuell Beethoven op. 106, op. 2,2 ist fast so schwer und für das Publikum möglicherweise angenehmer zu hören!), ist offensichtlich.
Im Übrigen bin ich auch kein Freund davon ganze Etüden-Zyklen en Suite zu spielen, die Pianisten des Golden Age hatten meist 3 bis vielleicht 6 der Chopin Etüden im Repertoire, die sie dann aber wirklich 'geil' spielten (Ignaz Friedman!).
 
Ich muss sagen, ich weiß jetzt, warum es mir gefällt: weil es eben nicht geil ist.
Das Alter der Pianistin habe ich dazu geschrieben, nicht um zu betonen, dass das toll ist, sondern weil ich ja auch die technischen Mängel höre.
 
Wie lauten die Schlagworte der Strategie Artur Rubinsteins im fortgeschrittenen Alter?
Selektion, Optimierung, Kompensation.
 
Ich hatte diese Aufnahme ja jüngst auch verlinkt (in dem unendlich langen "Videos"-Thread) und mir gefällt sie ausgesprochen gut. Vielleicht weil sie etwas eigen ist, und die improvisierten kleinen Übergänge fand ich ganz charmant, zumal das ja Tradition hat. Viele Etüden haben mich richtig aufhorchen lassen (z.B. Nr. 2) und das schätze ich :)

lg marcus
 

Alle Etüden habe ich nicht angehört, aber ich finde es beachtlich, dass die Frau Professorin so viel Mut hat, ihre Einspielung entgegen jedem Mainstream zu veröffentlichen.
Die heute unüblichen Überleitungen nehme ich einfach hin - aber, das macht sie halt so.
Bei manchen Stücken sage ich mir: so habe ich diese Musik noch nie gehört. Es sind auch viele Einzelheiten zu hören, die üblicherweise überhört werden. Die fast lyrische Darbietung der Nr. 11.
Da ich fast auch in dieser Altersliga bin, macht es mir Mut, dieser alten Dame zuzuhören und zuzusehen. Also feste weiter üben! :004:
Für meine Begriffe sitzt sie ziemlich tief, mir drohen schon beim Zuschauen Sehnenscheidenentzündungen in den Handgelenken. - Aber sie macht das gut, sehr gut sogar wie ich finde.

Vielen Dank fürs Eröffnen des Fadens, lieber virtualcai!

Walter
 
.... Beginn von op. 25,11 neu harmonisiert ist schlechte alte Schule.....
Ich habe die ganze Aufnahme mit Interesse angehört. Die Überleitungen waren natürlich erstmal nur ungewohnt. Aber bei op 25/11 habe ich zuerst auch an eine Überleitung gedacht (27:15 im Video) Ich konnte dann nicht fassen, daß es die ersten beiden Takte sein sollten. In welchem Zeitraum war "alte Schule"quasi modern?
 
Zuletzt bearbeitet:
Mir gefällt die Einspielung auch sehr gut. So ähnlich stelle ich mir vor, wie Chopin selbst in seinem Salon gespielt hat. Eine sehr intime Einspielung, die mich ebenfalls anrührt und berührt, obwohl ich nicht recht sagen kann, warum genau.

Etwas schade finde ich, dass der Friseur dieser wirklich attraktiven, intelligenten und sportlichen Dame die Haare so kurz abgesäbelt hat. Wer macht denn so etwas :-( ? Auch Kleider machen Leute... wobei ich zugeben muss, dass ich selbst auf Kleidung wenig Wert lege und im Prinzip fast jeden Tag das Gleiche trage und von daher unqualifiziert bin auf diesem Gebiet.
 

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