Chopin op. 25/1, Frage zu Übungen von Cortot

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Hi, ich habe eben in der Cortot-Ausgabe die folgende erste Übung zu obiger Etüde entdeckt:
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Soll hier wirklich ausschließlich der kleine Finger eingesetzt werden? Mit welchem Nutzen? Später spielt man unten doch mit 1.

Danke für eure Erleuchtung und frohe Weihnachten!
 
Hi @Marsupilami ,

Cortot selbst sagt dazu ja in etwa Folgendes, es müsste ( auch in der Dt. Ausgabe ) irgendwo über oder unter dem Notenbeispiel stehen, ich hatte kurz in eine engl. Version geschaut:

Zitat aus Cortot-Ausgabe von op. 25-Etüden:

„[...]First of all, practise the melodic line to ensure firmness and quality of touch of the 5th finger of the right hand which – in our edition – plays the vocal and expressive part.“

( Es folgt das Notenbeispiel ) .

„With the exception of the last six bars, practise the whole Study in this way, by fragments of eight bars, first of all mezzo forte throughout steadily sustaining the tone of the crotchets [Viertelnoten].

During this exercise, the 5th finger should keep firm and slightly curved and the wrist very flexible in order to facilitate the successive leaps from one octave to the other, the hand raised high above the keyboard for this movement.

When the student has mastered the neatness of attack dealt with in the above-mentioned exercise, he should then practise the dynamics of the upper part playing the quavers [Achtelnoten] of the lower part piano throughout the exercise.[...]“

Zitat Ende.

Ich denke, Cortots Anliegen ist hier das stabile „Sustaining“ und damit Hervorheben der Viertel, und „neatness of attack“, durch die „leaps“ mit flexible wrist und Hand hoch.

Okay, wer das GLEICH kann, kann das ja überspringen. Weiter hinten in der Etüde sind aber meines Wissens kürzere Bereiche, wo der DAUMEN „sustained“ werden möchte. Also evtl. Obacht.

Allerdings bin ich kein Profi, daher ist's nur subjektiv. Empfehle bei den Cortot-Übungen evtl. auf Profis zu warten hier, die sich auch in der Praxis seiner Übungen auskennen.


LG und Frohe W. ! vom Olli.
 
Die Cortot Vorübungen zu den Chopin Etüden sind mit einiger Vorsicht zu genießen:
Zum Einen sind sie überwiegend von der französischen Schule des (zuweilen extremen und auch einseitigen) Fingerspiels bestimmt;
Zum Anderen spricht sich in vielen dieser Übungen ein ausgesprochener Sadismus aus, der in der Wirkung auch mal kontraproduktiv ausfallen kann.
Dies vorausgeschickt finde ich die angegebene Übung, vor allem wenn die Töne von oben durch Einsenken des Armes gespielt werden, recht nützlich für die Sicherheit und Stabilität des hervorgehoben, melodischen 5. Fingers. Das sichere Treffen - und nicht Abrutschen bei betonten Anschlag - des kleinen Fingers auch auf schwarzen Tasten ist weit über diese Etüde hinaus wichtig.
Margulis nannte den 5. Finger rechts den "Sänger des Pianisten!!"
 
Die Cortot Vorübungen zu den Chopin Etüden sind mit einiger Vorsicht zu genießen: …
Eine sehr kluge Einschätzung. Ich frage mich nur, warum der „Cortot“ immer noch wie eine Bibel hoch und heilig gehalten wird, obwohl die Pianistik (und das Wissen um Bewegungsabläufe) sich seither weiterentwickelt hat. Es wäre an der Zeit, einen „Cortot reloaded“ herauszugeben. Aber das traut sich wohl niemand …
 
Die Cortot Vorübungen zu den Chopin Etüden sind mit einiger Vorsicht zu genießen:
...welche Übungen, Studien etc., die diesen Namen verdienen - seien sie von Liszt, Brahms, Busoni, Cortot - sind nicht mit einiger Vorsicht (also verständiger Anleitung) zu genießen? Gibt es welche nach dem Muster Heureka, gleich damit vollte Lotte loslegen, dann funzt die Etüde, die Sonate, das Konzert ??
Zum Einen sind sie überwiegend von der französischen Schule des (zuweilen extremen und auch einseitigen) Fingerspiels bestimmt;
Cortot als Vertreter einer imaginären (sic) "französischen Schule des Fingerspiels"? ...noch dazu die Übungen zu den Chopinetüden?? ...wird das nicht allerallerspätestens bei den Vorübungen zu op.25,10 zu Blödsinn? ((wohlgemerkt, die Übungsmuster von Cortot sind kein Blödsinn)) --- aber überhaupt: diese imaginäre "französische Schule des Fingerspiels": welche französische Klaviermusik setzt die voraus? Saint-Saens Etüden & Konzerte? Debussy feu d´artifice? Ravel Gaspard? ...saperlot, wenn man die Creme der franz. Klaviermusik nur mit den Fingerchen klimpern will ("Fingerspiel"), dann stellt man fest, dass das nicht funktionieren wird... tja, und Cortot selber, hat der seine bis heute brillanten Aufnahmen von Saint-Saens Etude en forme de valse und Liszts Rhapsodien nur per Fingerchen bzw "franz. Fingertechnik" gespielt?

Es gibt keine spieltechnische "französische Schule" - es gibt auch keine spieltechnische russische Schule - - es gibt Interpretationsstile (da gibt es einen Unterschied zwischen meinetwegen franz., dt., russ.) aber keine spieltechnischen. Salopp gesagt: die Franzosen trommeln Oktaven & Akkorde genauso fesch wie die Russen (da gibt es spieltechnisch keinen Unterschied zwischen Entremont und Gilels)

Zum Anderen spricht sich in vielen dieser Übungen ein ausgesprochener Sadismus aus, der in der Wirkung auch mal kontraproduktiv ausfallen kann.
...auch das gilt für einige der "Vorlagen" dieser Übungen ;-) (nicht alle der "Vorlagen" lassen sich einfach so nach paarmal durchfingern von allen spielen... einige haben da sogar recht drastische Schutzmechanismen, um sich die Leute vom Hals zu halten)
(...) finde ich die angegebene Übung, vor allem wenn die Töne von oben durch Einsenken des Armes gespielt werden, recht nützlich für die Sicherheit und Stabilität des hervorgehoben, melodischen 5. Fingers. Das sichere Treffen - und nicht Abrutschen bei betonten Anschlag - des kleinen Fingers auch auf schwarzen Tasten ist weit über diese Etüde hinaus wichtig.
Margulis nannte den 5. Finger rechts den "Sänger des Pianisten!!"
volle Zustimmung!

Ich frage mich nur, warum der „Cortot“ immer noch wie eine Bibel hoch und heilig gehalten wird, obwohl die Pianistik (und das Wissen um Bewegungsabläufe) sich seither weiterentwickelt hat.
@Cheval blanc was für eine Weiterentwicklung meinst du?
spieltechnisch? da ist seit Liszt, Saint-Saens, Rachmaninov, Skrjabin, Ravel, Debussy eigentlich nichts sonderlich "neues" oder anderes hinzugekommen (mal abgesehen von ein paar seinerzeit modischen Absurditäten a la Unterarmcluster)
klavierpädagogisch? wenn das so wäre, hätte z.B. Horowitz schlechteren (veralteten) Unterricht bei Cortot gehabt, hingegen Lang-Lang besseren weil neueren Unterricht gehabt haben müsse - das wäre absonderlich, weil man dann schließen müsste, dass man mit weiterentwickelten neuen Methoden wie Lang-Lang spielen würde, hingegen mit veralteten schlechteren wie Horowitz ;-) was wäre dir lieber?
 

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