C(h)orona - Chorsingen in Zeiten von Covid19

Der Livemusikszene droht möglicherweise ein ähnliches Schicksal. Warum? Im Gegensatz zur Situation nach den beiden Weltkriegen in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts kann man heute Musik in exzellenter Bild- und Tonqualität nach Wunsch jederzeit von zu Hause aus konsumieren - bereits ohne Corona-Einschränkungen wurde es schon immer schwieriger, Säle voll zu bekommen oder ausverkaufte Theatervorstellungen zu erreichen. Aufgrund des Lockdowns entstand die neue Situation, Musik nur noch aus der Konserve genießen zu können. Damit dürften sich allerdings große Teile des Publikums schnell arrangiert haben, da bei Veranstaltungen ab Sommer 2020 mit limitierten Zuschauerzahlen die Interessenten nach monatelanger Stille keineswegs in Scharen zurück in die Säle strömten. Man stelle sich also vor, irgendwann im Jahre 2021 oder 2022 oder noch später wird die Durchführung von Theatervorstellungen und Konzerten ohne Auflagen zugelassen - und die Solisten und Ensembles treten vor gähnend leeren Rängen auf, weil praktisch keiner mehr kommt. Vielleicht mal ein Thema für einen neuen Musik- & Corona-Faden?

Ich hoffe darauf, mit diesem Horrorszenario Unrecht zu behalten -

Ich vermute stark, dass Du Unrecht behalten wirst. Wer jemals in einem Theaterstück oder in einem Konzert war, weiß ganz genau, dass "live" etwas anderes ist als "aus der Dose". Die Spannung ist eine ganz andere, als wenn ich eine CD oder Spotify höre oder eine DVD sehe.
Nicht nur das, beim Live-Erlebnis bin ich auch Herr(in) über meine Blicke. Ich bestimme, wo ich hinschaue und wo nicht.
Dazu kommt der "menschliche" Faktor: Man trifft vielleicht Bekannte in der Pause oder davor, tauscht sich aus, trinkt einen Sekt ...

Was mir viel eher Sorge macht: In den Schulen wird unser kulturelles Erbe nur noch ganz bedingt (erfolgreich) vermittelt. Das wird mittelfristig wohl viel heftiger zuschlagen als Covid-19.

Das Konzert, das ich im September hören wollte, war übrigens ausverkauft (natürlich mit limitierten Plätzen). Und es musizierten keinesfalls international bekannte Stars, es war ein lokales Event (allerdings eines mit Tradition).
Meine Vermutung: Es wird in der Nach-Corona-Zeit nicht "explosionsartig" anlaufen, sondern eher langsam. Die Menschen sind nun einmal vorsichtig geworden.

Ein neuer Musik & Corona-Faden? Ohje, ich sehe wieder Probleme am Horizont ... (die nicht meine sind, denn ich nehme gewisse Diskussionen eher amüsiert oder achselzuckend zur Kenntnis; das sind wohl eher die Probleme der Moderation bzw. des Betreibers).
 
Ich vermute stark, dass Du Unrecht behalten wirst. Wer jemals in einem Theaterstück oder in einem Konzert war, weiß ganz genau, dass "live" etwas anderes ist als "aus der Dose".
Ich würde mir wünschen, NICHT recht zu behalten. Aber ich konnte eben auch erschreckend oft beobachten, wie bequem oder auch überängstlich Menschen werden können, wenn "draußen nichts mehr los ist". Der Geschäftsführer eines Chores unter meiner Leitung hat mit Beginn des ersten Lockdowns über drei Monate lang nicht mehr sein Haus verlassen und noch nicht einmal den Garten seines Hauses betreten, als ob gerade ein Atomkrieg begonnen hätte oder die Waffen-SS im Stechschritt durch die Straßen marschieren würde. Verwandte und Nachbarn kümmerten sich um alles, was man vom heimischen Wohnzimmer aus nicht regeln konnte.

Ein neuer Musik & Corona-Faden? Ohje, ich sehe wieder Probleme am Horizont ... (die nicht meine sind, denn ich nehme gewisse Diskussionen eher amüsiert oder achselzuckend zur Kenntnis; das sind wohl eher die Probleme der Moderation bzw. des Betreibers).
Probleme gab es aber nur dann, sobald die Corona-Thematik ohne Musikbezug erörtert wurde, sonst ging es hier doch immer (auch in diesem Faden) sehr sachlich und unaufgeregt zu. Grundtenor: die bestehenden Corona-Auflagen sind Fakt - wie kann man jetzt noch konzertieren, unterrichten oder mit Ensembles musizieren? Die Moderation musste erst tätig werden, als jemand behauptete, die Hälfte aller Politiker seien Arschlöcher. Die Moderatoren und die Betreiber des Clavio-Forums sind nämlich ganz ihrer Meinung, dass das exakte Gegenteil richtig ist: die Hälfte aller Politiker sind KEINE Arschlöcher!!!

LG von Rheinkultur
 
Der Geschäftsführer eines Chores unter meiner Leitung hat mit Beginn des ersten Lockdowns über drei Monate lang nicht mehr sein Haus verlassen und noch nicht einmal den Garten seines Hauses betreten, als ob gerade ein Atomkrieg begonnen hätte oder die Waffen-SS im Stechschritt durch die Straßen marschieren würde. Verwandte und Nachbarn kümmerten sich um alles, was man vom heimischen Wohnzimmer aus nicht regeln konnte.

Wie alt ist er denn? Meine These ist ja, dass Covid-19 oft nicht die Probleme generiert, sondern eher sichtbar macht. Vielleicht war er zuvor schon überängstlich?
 
Wie alt ist er denn? Meine These ist ja, dass Covid-19 oft nicht die Probleme generiert, sondern eher sichtbar macht. Vielleicht war er zuvor schon überängstlich?
76 Jahre und jahrzehntelang als Beamter in Leitungsfunktionen bei der Finanzverwaltung tätig - durchaus eher die Risiken als die Chancen fokussierend, wenn es mal kritisch wird. Ihn selbst mit sachlichen Argumenten überzeugen ist mühsam, aber machbar. Allerdings ist seine Frau noch komplizierter als er gestrickt. Viele der Sängerfrauen haben in einem später gegründeten Frauenchor mitgesungen, den ich auch geleitet habe und abgeben musste, als ich ein besseres Engagement bekam und der Chor jede Veränderung an der Probezeit aus Prinzip ablehnte. Inzwischen hat sich der Chor aufgelöst - Frauen können mitunter noch altersstarrsinniger als Männer sein, lieber kaputtgehen als sich nur einen Millimeter von der Stelle bewegen. Corona war nicht die Ursache...!

LG von Rheinkultur
 
Falls zum Gottesdienst mehr Besucher kommen als hinein dürfen, wird das Ganze eine Stunde später wiederholt.
So sieht es momentan tatsächlich aus. Wir warten gerade bis 12, ob all die, die vorher zu viele da waren und für die Zwischenzeit nach Hause gegangen sind, gleich wieder kommen. Hoffentlich ja. Es ist so schön, lebendigen Musikklang zu hören (und selber an einem Auftritt beteiligt zu sein).:herz:
 
Wir wollten ja todesmutig noch ein winziges - als "musikalische Andacht" getarntes a capella Kurzkonzert machen. Das ist jetzt gestrichen. Zu riskant in vielerlei Hinsicht und auch mit der im Ländle ab 20 Uhr geltenden Ausgangssperre nicht durchführbar.
 
Es gibt manchmal tatsächlich auch positives in dieser Zeit zu berichten.
Wir sind nur ein kleiner Chor und kämpfen natürlich ums Überleben wie viele andere auch, jedes Mitglied ist extrem wichtig.
Gestern habe ich den jährlichen Bestandsbogen für den Sängerbund, in dem wir Mitglied sind, ausgefüllt und konnte bei den Mitgliedern 2 zusätzliche Mitglieder eintragen. Eine Sängerin kam tatsächlich im Herbst zu uns, trotz Corona und schwierigen Probebedingungen, die andere Anfang letzten Jahres, bevor es zum 1. Lockdown kam. Alle anderen Sängerinnen sind dem Chor bisher treu geblieben.
Zu verdanken ist es sicherlich u.a. unserer sehr engagierten Chorleitung, die versucht über Zoom oder durch eingesungene Aufnahmen jeder Stimme Übemöglichkeiten zu bieten.

In dieser Zeit zeigt sich, dass die Krise, durch die der Chor in den lezten 3 Jahren durch musste, den übriggebliebenen Rest unglaublich zusammen geschweißt hat, die um den Fortbestand des Chores kämpft.
Wir waren vor Corona gerade im Aufwind, was neue Mitglieder anging und umso mehr freue ich mich, das tatsächlich ein Zuwachs zustande gekommen ist.
 

habe ein paar Stellen angehört und finde es recht eindimensional, was Artikulation und Dynamik angeht.

Das Video mit dem Pygmalion-Ensemble ist alleine wegen des ungeheuer farbigen Continuos hörenswert (Thomas Dunford an der Theorbe ist sensationell!), auch die unglaublich sprechende Artikulation der Violinen und die Dynamik des Chores finde ich toll. So ein mitreißendes Bach-Spiel habe ich noch nie gehört. Die Franzosen haben's echt drauf!
 
Mir ist die verlinkte Balthasar-Neumann-Aufnahme auch zu behäbig, auch wenn ich mich dem protestantischen Lager zuordne :019:

Die wenigen Profiensembles, die in den letzten Monaten Konzerte aufführen konnten, sind meiner Meinung nach aber generell nicht repräsentativ für das, was im Laien- bzw Jugendbereich in den letzten Monaten möglich war. Ich gönne jedem professionellen Musiker und Sänger jeden einzelne Auftrittsmöglichkeit in den vergangenen Monaten. Das steht völlig außer Frage. Als Chorsängerin in einem durchaus ambitionierten Laienchor bin derzeit allerding maximal frustriert. Ich habe keine Bock mehr auf Online-Proben, in denen ich zwei Stunden vor dem Bildschirm verbrate, deren Output mit 15min Noten am Klavier anschauen für mich ebenso erreichbar wären. Noch dazu für geplante Konzerttermine (Palmsonntag) von denen schon heute angezweifelt werden darf, ob sie überhaupt stattfinden können.

Im letzten Jahr war ich - der Sache wegen - bei allen Online-Proben dabei. Die erste in diesem Jahr habe ich geschwänzt und ich überlege, es bei der nächsten genauso zu tun. Die angesetzten Stücke habe ich - bis auf eine Ausnahme - alle schon etliche Male aufgeführt. Zum Töne lernen brauche ich das nicht, da kann ich sinnvolleres mit meinem Abend anfangen. U. a. Klavier üben.
 
Geht hier noch irgendwer zu Online-Proben oder hält solche ab?

Bei mir ist so dermaßen die Luft raus, dass ich seit Anfang des Jahres schwänze. Töne lernen finde ich auf diesem Weg unglaublich ineffektiv - eine Stunde am Klavier selbst geübt bringt - zumindest mir - deutlich mehr. Wobei ich natürlich weiß, dass das nicht bei allen der Fall ist. Ich kann die Glotze und den damit verbundenen schlechten Sound nicht mehr ertragen. Selbst zur Sozialpflege taugen solche Veranstaltungen nicht, es reden immer dieselben und das sind nicht unbedingt diejenigen, mit denen ich mich austauschen wollte.
 

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