Auswendig oder vom Blatt

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sadagio

sadagio

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26. Mai 2015
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Liebe Profis und sonstige Auswendigspieler,
meine Klavierlehrerin fordert mich häufig auf auf die Noten zu schauen, obwohl ich ein Stück schon soweit im Kopf habe, dass ich es auswengig auf die Tasten bringen kann. Freilich gibt es dann immer noch viel zu Üben an besserer Technik, höherem Tempo und Ausdruck. Was ist nach eurer Erfahrung für den langfristigen Erfolg besser, alle diese Dinge immer im Auswendigmodus zu trainieren oder bringt es insgesamt mehr Sicherheit und Festigkeit auch immer wieder in die Noten zu schauen?
VG
sadagio
 
Mhmm, bei mir wars vom Anfang an so, dass ich nur auf die Noten geschaut und auch in der zweiten Stunde mit beiden Händen gespielt habe - konnte das garnicht anders und heute hat sich daran nichts verändert. Im Gegenteil, beim Gesang übe ich meist sogar mental mittlerweile. Das heißt, ich schau auf die Noten und wußte früher nichtmal, was für Töne da stehen. Aber ich konnte die Melodie im Kopf wiederklingen lassen, für jede einzelne Note (hab aber mittlerweile auch 3 Jahre Gesangsunterricht). Das bringt einen auch wesentlich weiter.

Ich würde vielleicht beides kombinieren, du lernst ja nicht nur das Spielen nach Noten, sondern du erlernst auch sie zu lesen.
 
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In meinem "ersten Klavierleben" (also in ferner Kindheit) sollte ich immer nur auf die Noten schauen und nicht auf die Tasten. Sicher hatte das irgendeinen einen Sinn.:denken: Aber es ist auf Dauer kontraproduktiv - ohne Noten geht dann nämlich letztlich gar nichts, bzw. man ist völlig verunsichert, wenn sie nicht dort stehen.

Dieses Nachteils war ich mir auch immer bewusst, und als ich wieder angefangen habe, achtete ich von Anfang an darauf, möglichst rasch auf die Noten verzichten zu können.

Man "kann" ein Stück (meines Erachtens) sowieso erst dann, wenn man sich eingehend damit beschäftigt hat (es also wenigstens im Geist "nachkomponiert" hat) und es auswendig spielen kann.
 
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Man "kann" ein Stück (meines Erachtens) sowieso erst dann, wenn man sich eingehend damit beschäftigt hat (es also wenigstens im Geist "nachkomponiert" hat) und es auswendig spielen kann.

Da stimme ich völlig zu. Der Umkehrschluß, dass man ein Stück schon "kann", wenn man es auswendig spielen kann stimmt aber leider nicht. Zumindest gilt das für mich. Daher kommt auch meine Frage, ob die Verinnerlichung von Ausdrucksmitteln (Akzente, Rubati, Cresc., Decresc. etc.) oder auch die vom KL in die Noten geschriebenen Hinweise incl. Fingersatz, langfristig besser gelingen, wenn man wenigstens gelegentlich wieder in die Noten blickt.
 
In meinem bislang einzigen Klavierleben (kleiner, neidvoller Blick auf @Barratt), das jetzt knapp drei Jahre währt, bin ich ziemlich schnell dazu übergegangen, auswendig zu spielen. Das führte dazu, dass ich jetzt ein sehr fixer Auswendiglerner bin und bis auf allersimpelste Stückchen nix vom Blatt spielen kann. Wenn ich aber bei Simpelstückchen versuche, vom Blatt zu spielen, beschließt meine Auswendiglerneinheit, die Decke über den Kopf zu ziehen und zu Hause zu bleiben, d.h. dann klebe ich ziemlich am Blatt.

So ein Gehirn hat offensichtlich wenig Interesse daran, mehr Energien zu verschwenden, als für einen Vorgang erforderlich sind. Ich bemühe mich, da am Ball zu bleiben und denke, dass es sinnvoll ist, beides zu können, aber es ist halt recht zeitintensiv und es gibt so extrem viele spannende Dinge, die man mit und an einem Klavier so machen kann. :-)
 
Ich finde beides hat seine Berechtigung, es kommt prinzipiell auf die Schwierigkeit des Stückes an. Wenn man das Stück im "Endtempo" sicher und ausdrucksvoll von Blatt spielen kann (ohne es weitreichend auswendig zu können) dann würde ich beim Vom-Blattspiel für dieses Stückes bleiben. Dies wäre bei mir eher bei langsamen leichteren Stücken möglich, z.B. KV 545 2.Satz, (am Limit noch) Pathétique 2.Satz. Bei höheren technischen Anforderungen und Tempo würde/muss ich auf Auswendiglernen setzen.


Wenn ich aber irgendwas, irgendwo vorspielen müsste, dann würde ich (heute) immer und zu 100% auf Auswendigspielen setzen, denn da muss es 1000% sitzen, wenn man Unfälle vermeiden will und diese sind mit (teilweisem) Blattlesen wahrscheinlicher.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Ich finde beides hat seine Berechtigung, es kommt prinzipiell auf die Schwierigkeit des Stückes an. Wenn man das Stück im "Endtempo" sicher und ausdrucksvoll von Blatt spielen kann (ohne es weitreichend auswendig zu können) dann würde ich beim Vom-Blattspiel für dieses Stückes bleiben. Dies wäre bei mir eher bei langsamen leichteren Stücken möglich, z.B. KV 545 2.Satz, (am Limit noch) Pathétique 2.Satz. Bei höheren technischen Anforderungen und Tempo würde/muss ich auf Auswendiglernen setzen.


Wenn ich aber irgendwas, irgendwo vorspielen müsste, dann würde ich (heute) immer und zu 100% auf Auswendigspielen setzen, denn da muss es 1000% sitzen, wenn man Unfälle vermeiden will und diese sind mit (teilweisem) Blattlesen wahrscheinlicher.

Das klingt einleuchtend. Ich muss noch rausfinden, wie ich effektiv Noten auswendig lernen kann - aber ich bezweifle, das sowas nicht zu schaffen ist.
 
Wer aus Auswendigspielen und/oder nach Noten spielen ein Dogma macht, lässt sich auf einen selbstgebastelten und sowieso überflüssigen Kriegsschauplatz ein. Man kann auswendig spielen, soviel man will und man kann daneben ein Riesenrepertoire notenbasiert aufbauen. Kommt halt darauf an, wieviel Zeit man hat und wieviel Ehrgeiz man in das Eine und in das Andere steckt.

Hauptsache, man spielt schön. Es geht nicht darum, ob einer auswendig oder nach Noten spielt. Es muss gut sein, was man da macht. Der eine eben so und der andere eben so.

CW
 
obwohl ich ein Stück schon soweit im Kopf habe, dass ich es auswengig auf die Tasten bringen kann. Freilich gibt es dann immer noch viel zu Üben an besserer Technik, höherem Tempo und Ausdruck.

Hm, das hört sich aber nicht so an, als würdest Du "sicher" auswendig spielen.
Und wenn Du zwar auswendig spielst, aber eher mechanisch, dann ist die Aufforderung schon nachvollziehbar, da Du die Dynamik visuell noch erfassen und Dir erarbeiten musst.
Wie ist es denn, wenn Du auswendig spielst? Schaust Du dann die ganze Zeit auf Deine Hände?
Auswendigspielen heißt ja nicht nur, dass man ein Stück von Anfang bis Ende "runterrattert". Da gehört auch Verständnis dazu: wie ist das Stück aufgebaut, welchen Charakter hat es, wie ist die Dynamik, etc.pp.

LG Antje
 

@Rastaman
Setzen 6, du hast nichts verstanden. Aber im Interpretieren bekommst du eine 1, das war wirklich fantasievoll.
 
Also den Satz
dann ist die Aufforderung schon nachvollziehbar, da Du die Dynamik visuell noch erfassen ... musst.
verstehe ich auch nicht. Dynamik erfasst man doch nicht visuell? Falls Du damit die Hinweise im Notentext meinst (die ja zum Notentext gehören): Wenn man die nicht weiß, kann man es auch nicht auswendig. Aber das lernst man doch eigentlich als allererstes "auswendig", noch weit vor dem eigentlichen Notentext.
 
Hm, das hört sich aber nicht so an, als würdest Du "sicher" auswendig spielen.
Und wenn Du zwar auswendig spielst, aber eher mechanisch, dann ist die Aufforderung schon nachvollziehbar, da Du die Dynamik visuell noch erfassen und Dir erarbeiten musst.
Wie ist es denn, wenn Du auswendig spielst? Schaust Du dann die ganze Zeit auf Deine Hände?
Auswendigspielen heißt ja nicht nur, dass man ein Stück von Anfang bis Ende "runterrattert". Da gehört auch Verständnis dazu: wie ist das Stück aufgebaut, welchen Charakter hat es, wie ist die Dynamik, etc.pp.
LG Antje

Dein Hinweis ist verständlich und gerechtfertigt, trifft aber in diesem Fall nicht ganz den Kern meiner ursprünglichen Frage. Vielleicht habe ich das auch nicht klar genug formuliert. Ich schaue beim Spielen oft auf die Hände, manchmal sind die Augen aber auch zu und manchmal in der Ferne oder an der Decke, gerade um nicht "runterzurattern", sondern um tief einzusteigen in die Musik und die Emotionen zu liefern, die ich mir vorstelle. Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass ich irgendwann das Notenbild fast vergesse. Wenn dann nach längerer Pause ein ehemals blind spielbares Stück etwas klemmt, dann muss ich in den Noten suchen, wo ich gerade bin. Meine Frage war dahingehend ob sich das vermeiden läßt und das Gedächtnis auch längerfristig besser funktioniert, wenn man zwischendurch freiwillig auch die Noten bemüht, selbst wenn man auswendig durch kommt.
 
wenn man zwischendurch freiwillig auch die Noten bemüht, selbst wenn man auswendig durch kommt.
das solltest Du unbedingt machen! Sonst speicherst du alles nur im Fingergedächtnis und "im Ohr" - und weißt nicht mehr weiter, wenn ein "Hänger" kommt oder das ganze Stück eine Zeitlang nicht gepflegt wurde,

Ich mache diesen Fehler immer noch ;-)
 
Es gibt kein Dogma, und es ist auch nichts verboten. :-)
Aber man kann ja auch - falls man nicht gerade öffentlich auftritt :lol: - kurz (oder länger) nachdenken, wenn man einen "Hänger" hat. Der Blick in die Noten ist ja nur EINE Option, um sich den Text wieder zu vergegenwärtigen.
 
kurz (oder länger) nachdenken, wenn man einen "Hänger" hat.
bringt aber nix, da Sadagio ja auch das Notenbild nicht mehr "intus" hat. Ihm/Ihr bleibt somit nur das Fingergedächtnis - d.h. er muss an einer anderen Stelle - oder gar am Anfang – wieder einsetzen und sich durch den Hänger hindurchspielen. Zumindest hab ichs so verstanden...
 
Versuchen reicht nicht (ich bin das beste Beispiel!) - mach es! Und zwar konsequent! ;-)
 

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