Anfängerunterricht mit Kindern

Higgi25

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21. Apr. 2021
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Guten Tag,

ich habe mal wieder eine Frage an die Lehrenden in diesem Forum.

Ich bin keine professionelle Musikerin, gebe dennoch Klavierunterricht. Dass dies Diskussionen auslösen wird ist mir klar. Dennoch möchte ich mich hier anvertrauen um Rat zu bekommen.
Ich hatte heute die 1. Stunde mit einem 7 jährigen Schüler. Dieser war vorher schon 1 Jahr bei einer professionellen Klavierlehrerin. Nun soll er aber wechseln. Notenlesen kann er schon gut, einfache Stücke funktionieren auch gut. Zuletzt hat er das Lied Vogelhochzeit mit einer Akkordbegleitung eingeübt. Seine Körperhaltung ist allerdings ziemlich grausam. Die Schulter wird hochgerissen, das Becken schiefgestellt und der Rest sieht dementsprechend aus. Ich habe auch festgestellt dass die Lehrerin sehr konstant alles was zum Thema Musiktheorie in der Klavierschule zu finden war übersprungen hat. Staccato, Legato, Haltebögen, Tempi, Dynamik, Intervalle, alles Fremdwörter für ihn. Dabei scheint er wirklich begabt zu sein und hatte heute keine Schwierigkeiten dabei meine Erklärungen zu verstehen.
Über seine Körperhaltung haben wir auch gesprochen, ein paar Übungen gelernt und ich denke dass der erste Schritt in die richtige Richtung getan ist.

Eine andere Schülerin von mir (13) War 6 Monate bei einer professionellen Klavierlehrerin und hat Stücke nur nach Gehör und Abgucken gelernt. Es handelt sich um die ersten Stücke aus der Europäischen Klavierschule Band 1. Noten kannte sie nicht wirklich und allgemein gab es eigentlich kaum ein Verständnis für das Spielen.

Bei einer dritten Schülerin (10) war es ähnlich wie bei dem 7 jährigen Jungen. Noten konnte sie gut lesen, alles andere hat nicht funktioniert. Zum Schluss hat ihr die Lehrerin zu Beginn der Stunde neue Noten vor die Nase gelegt und hat gewartet bis etwas schief lief. Dann hat sie es besser vorgespielt und das wars.

Natürlich ist es wichtig auch mal nach Gehör zu spielen und ähnliches. Und es ist auch wirklich schön dass ein 7 jähriger schon am Ende des 2. Bandes der Klavierschule ist. Ich bin aber von beiden Unterrichtsformen negativ überrascht und würde gerne hören wie das Andere sehen?
Da es nun schon die dritte Lehrerin aus der Umgebung ist, frage ich mich ob es üblich ist so zu unterrichten, es vielleicht Gründe dafür gibt auf so vieles zu verzichten? Macht es wirklich Sinn zu warten bis die Schüler älter sind? (Von der falschen Körperhaltung mal abgesehen, dafür gibt es wohl keine Erklärung.)

Ich lege immer viel Wert darauf alles mit einzubeziehen. Dabei habe ich immer die 12 Lernfelder vor den Augen: Zusammenspiel, Interpretation, Improvisation, Komposition, Blattspiel, Auswendigspiel, Spieltechnik, Körperschulung, Musiktheorie, Werkanalyse, Gehörbildung und Musikgeschichte. Schon die kleinsten mit 5 Jahren können meistens von allem etwas verstehen. Gut verpackt können sie sich auch dafür interessieren.
 
Natürlich ist es wichtig auch mal nach Gehör zu spielen und ähnliches. Und es ist auch wirklich schön dass ein 7 jähriger schon am Ende des 2. Bandes der Klavierschule ist. Ich bin aber von beiden Unterrichtsformen negativ überrascht und würde gerne hören wie das Andere sehen?
Da es nun schon die dritte Lehrerin aus der Umgebung ist, frage ich mich ob es üblich ist so zu unterrichten, es vielleicht Gründe dafür gibt auf so vieles zu verzichten? Macht es wirklich Sinn zu warten bis die Schüler älter sind? (Von der falschen Körperhaltung mal abgesehen, dafür gibt es wohl keine Erklärung.)
Liebe Higgi25,

natürlich nicht. :003: Die Frage ist aber, ob das tatsächlich nicht stattgefunden hat, so wie du vermutest.

Ich bin immer sehr vorsichtig mit Urteilen über andere Lehrer, wenn ich ihren Unterricht nicht selbst erlebt habe. Das gilt auch für Schüler, die ich von anderen übernehme. Welche Fähigkeiten oder Un-Fähigkeiten der Schüler in dem Moment zeigt, in dem du ihn kennenlernst, ist nämlich auch von anderen Faktoren abhängig.

Dein 7-jähriger Schüler kommt zum Beispiel nach den Sommerferien zu dir. Jeder Lehrer und ich selbst machen immer wieder die Erfahrung, dass bei manchen Schülern lange Ferien wie ein Sieb wirken - sehr vieles ist weg. Bei manchen ist es auch umgekehrt. Zudem ist dein neuer Schüler erst 7 (erste oder zweite Klasse machen da schon einen Unterschied) - in dem Alter werden Begrifflichkeiten wie Intervalle, legato, staccato schnell vergessen, auch wenn sie immer wieder im Unterricht vorkommen. Vielleicht meinst du, dass er nicht weiß, was die Zeichen im Notentext bedeuten. Es ist möglich, dass die Lehrerin diese Dinge nicht angesprochen/(auditiv) eingeführt hat, es ist auch möglich, dass er es trotzdem vergessen hat, weil es nur wenige Male vorkam, es kann auch sein, dass die Lehrerin der Meinung ist "erst mal Strecke machen, dann die Feinheiten". Was sehr zu diskutieren wäre ....! :D

Auch was seine Körperhaltung angeht, weißt du nicht, ob er in den Sommerferien nicht wieder in alte Bewegungsmuster zurückgefallen ist und ob oder wie Spieltechnik bisher Inhalt des Unterrichts war.

Auch was sie erzählen, ist immer nur eine Seite der Medaille. Eine subjektive, die man ernst nimmt, aber trotzdem nur eine.

Zusammengefasst: jeder Lehrer kennt es, dass Lücken bei seinen Schülern auftauchen, von denen er höchst überrascht ist. Zum Lernen gehören immer zwei dazu und jeder Lehrer weiß (hoffentlich), dass man Unterrichtsinhalte immer wieder von neuen Perspektiven aus anbietet und vertieft. Wie das genau nun bei den Lehrern deiner drei Schüler war, weiß man nicht - du könntest sie aber tatsächlich selbst fragen.

Was mich sehr stutzig macht, ist der Wunsch deiner Schüler nach einem Wechsel. So früh (der eine nach einem, die andere nach einem halben Jahr) kenne ich das nicht - ich finde das sehr ungewöhnlich. Woher kommt das, das interessiert mich sehr? Womöglich hängt alles zusammen.

Ich wünsche dir aber viel Freude mit den dreien! :)

Liebe Grüße

chiarina
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Chiarina,

vielen Dank für die Antwort. Du hast natürlich vollkommen Recht damit, dass man vorsichtig mit dem Urteil sein sollte. Er sagte aber sehr sicher dass die Lehrerin der Meinung war dass es zu schwierig für ihn sei. Die Noten wurden dann angepasst indem die "schwierigen Sachen" weggestrichen worden sind.

Was mich sehr stutzig macht, ist der Wunsch deiner Schüler nach einem Wechsel. So früh (der eine nach einem, die andere nach einem halben Jahr) kenne ich das nicht - ich finde das sehr ungewöhnlich. Woher kommt das, das interessiert mich sehr? Womöglich hängt alles zusammen.

Die Eltern des Schülers war der Weg zu weit und sie wünschten sich dass er alleine mit Fahrrad zu seinem Unterricht fahren kann. Zumindest ist es das, was sie mir gesagt haben.
Bei der Schülerin war es tatsächlich so, dass alles zusammen hängt. Sie hat selber gemerkt dass sie in dem Unterricht nicht genug lernt. Und den Eltern war es zu viel Geld dafür, dass sie immer das Gleiche macht.

Beide Eltern haben mir im vertrauen erzählt, dass sie der Klavierlehrerin nicht gesagt hätten dass jemand Neues gesucht wird. Beide Kinder wurden dazu gedrängt den Lehrern zu erzählen dass sie kein Klavier mehr spielen möchten.
Auch das fand ich eher seltsam und habe es als ein Zeichen für die schlechte Beziehung zwischen Schüler, Eltern und Lehrer gedeutet. Oder ist es üblich dem Lehrer nichts zu sagen? Ist es ein Lehrerwechsel ein so verpöntes Thema, dass man nicht darüber spricht?
 
Beide Eltern haben mir im vertrauen erzählt, dass sie der Klavierlehrerin nicht gesagt hätten dass jemand Neues gesucht wird. Beide Kinder wurden dazu gedrängt den Lehrern zu erzählen dass sie kein Klavier mehr spielen möchten.
Auch das fand ich eher seltsam und habe es als ein Zeichen für die schlechte Beziehung zwischen Schüler, Eltern und Lehrer gedeutet. Oder ist es üblich dem Lehrer nichts zu sagen? Ist es ein Lehrerwechsel ein so verpöntes Thema, dass man nicht darüber spricht?
Liebe Higgi25,

nein, aber die Eltern wollen offensichtlich den leichten Weg gehen und möchten, dass ihre Kinder lügen anstatt offen und ehrlich zu kommunizieren. Pädagogisch ist das für mich nicht akzeptabel und ein absolut schlechtes Vorbild für die Kinder..

Ich persönlich mache um solche Eltern einen großen Bogen. Nicht ehrlich zu den Ex-Lehrern zu sein und dir das dann auch noch zu erzählen ist für mich ein No-Go. Ich unterrichte auch niemanden, der zu mir kommen möchte, weil es gerade so praktisch um die Ecke ist.

Und noch merkwürdiger finde ich, dass sie als 2. Lehrer jemanden auswählen, der weder Musikstudent ist noch eine fachliche Ausbildung hat und das geht ausdrücklich nicht gegen dich - ich kenne ja deinen Unterricht nicht. Das alles aber stößt mir sehr unangenehm auf und lässt mich an echtem Interesse am Klavierspielen zweifeln. Ich hoffe, dass du keinen Ärger bekommst mit ihnen. Das Verhalten der Eltern scheint mir mit ihnen selbst zu tun zu haben und weniger mit den Lehrern.

Liebe Grüße

chiarina
 

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