Auswendigspielen im absoluten Anfängerunterricht

Es gibt Millionen von Menschen, die fahren gut Auto ohne den Motor, seine Technik und das gesamte Fahrzeug im Detail verstanden oder durchdrungen zu haben.

Warum sollte nicht jemand, der mit 30 Jahren anfängt, Klavier zu spielen und nur 1 Stunde pro Tag Zeit hat zum Üben, einfach ein Stück in sein motorisches Gedächtnis bekommen um dann anderen Leuten einige Stücke vorzuspielen?

Soll der erst mal 10 Jahre Notenlesen üben und jedes Stück analysieren, bevor er anfängt, Stücke zu spielen?
 
Habe ich nicht gelesen, weil ich nicht verstehe, worauf Du hinaus möchtest.

Es ging Dir mit Deiner Frage doch wohl auch weniger um irgendwelche Vergleiche, mehr um ein allgemeines Verständnis bei Kindern dafür zu wecken, dass Klavier spielen und Noten lesen lernen zusammengehört. Oder? Erwachsene Späteinsteiger sind sich darüber im Klaren, die kannst Du nicht gemeint haben.

Nur, nicht jedes Kind lernt alles gleich schnell in dem einen oder anderen Bereich und darauf zu sehr pochen, würde doch nur im schlimmsten Fall eine aufkommende Abneigung begünstigen. Bei den literarischen Klavierschulen sind letztendlich auch nicht alle gleich. Wie die eine, die ich hier sah, wo ein Schwerpunkt gleich auf dem Blindspielen lag.
Geht es Dir um Deine eigenen Kinder?
Dann sollte es doch keine Probleme bereiten herauszufinden, wie das Kind am einfachsten lernt und womit es sich eher schwerer tut. Wobei schwerer tun ja nicht bedeutet, dass es am Notenlesen und Musiktheorie auf Dauer völlig vorbeigeht, sondern nur etwas länger braucht, dafür aber vielleicht mit mehr Gefühl spielt.

Unter den Späteinsteigern versucht doch letztendlich auch jeder für sich eine Methode zu finden, die ihm für das Erreichen seiner Ziele am günstigsten erscheint.
 
Ich weiß nicht, ob es Dir etwas bringen könnte, doch ich schaue mir ab und an ganz gerne bei YT diese Notenblätter mit mitlaufenden Zeigern an. Davon lernt man nicht Noten besser lesen, doch ab und an bleibt ja doch ein kleinwenig mit der Zeit hängen. Bei mir hat es zumindest ganz nebenbei so viel gebracht, dass ich den einen oder anderen Rhythmus schneller erkenne. Als Suchbegriffe hatte ich gerade die unten stehenden bei YT und da war die Auswahl dann reichlich, so dass es nur ein Beispiel sein soll.

Classic Masterpieces Piano Sheet Music
Classic Piano Sheet Music


View: https://www.youtube.com/watch?v=LYvnc339Xvw


Danke, was ich meinte, wird durch dieses kleine Video präsentiert: das Erkennen von Mustern und das Erfassen von ganzen Sequenzen nach diesen Mustern um diese beim Spiel vom Blatt als Einheit zu nutzen. Und davon bin ich noch sehr weit weg :015:


View: https://www.youtube.com/watch?v=a30fiKOJCCw
 
Ich verstehe schon was Du meinst. Ich weiß nur nicht, wieviel Du weiter bist als ich. Also ich erkenne, in welcher Lage sich ein Dreiklang befindet, muss aber im Bassschlüssel noch oft die Linien zählen. Wenn ich es einmal richtig geübt hätte, würde ich es sicherlich wissen und erkennen, nur ich vergesse das Üben, obwohl ich die Noten für die Basslinien in MuseScore selbst schreibe.

Bei YT, da habe ich nicht nach Klassik gesucht, doch so nach mir bekannten Sachen, wie im unteren Beispiel. Wenn ich mir das jetzt noch 50mal anhöre und anschaue, sollte sich das Muster festgesetzt haben und sich bei anderen Werken mit dem Rhythmus einer Habanera schneller zu erkennen geben. Bei Polka und Walzer klappt es zumindest zusehends besser. So meinte ich das.
Was Du meinst geht noch etwas darüber hinaus, ich würde meinen, so wie Du daran interessiert bist, wirst Du da bis Ende nächsten Jahres auch einen ganzen Schritt weiter sein.


View: https://www.youtube.com/watch?v=-V0iVrYFjts
 
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Soll der erst mal 10 Jahre Notenlesen üben und jedes Stück analysieren, bevor er anfängt, Stücke zu spielen?

Natürlich nicht!
Aber die Grundlagen der Musik sind Recht überschaubar und helfen schon bei bescheidenen Kenntnissen erheblich!
Das Problem mit dem ausschließlich motorischen Gedächtnis ist seine Störanfälligkeit. Wenn Du ein Stück nur am Anfang beginnen kannst und bei kleineren Störungen (falscher FS, falscher Ton, ...) völlig aussteigst, dann ist das durchaus auch für Liebhaber ein Problem, welches den Fortschritt hemmt!
Dazu kommt, dass es einfach interessanter ist, wenn man etwas versteht von dem, was man da vorträgt!
Dass das motorische Gedächtnis hilft wird wohl niemand in Abrede stellen!
 
Verstehe ich jetzt nicht. Wie machst du es im Detail? Von falsch sei ja keine Rede.
Es ist eine komplexe - und sehr individuelle - Mischung aus kognitiven, emotionalen, auditiven und doppelt visuellen Faktoren. Doppelt visuellen deshalb, weil einerseits das Notenbild und seine Bedeutung (Analyse) und andererseits das Bild der Hände auf den Tasten oder auch das Tastenbild an sich memoriert wird! Leute, die öfters öffentlich spielen bauen immer noch zusätzliche Sicherungen ein! (Einspringstellen, einzelne Stimmen, Weichen, ...)
 
Wenn Du ein Stück nur am Anfang beginnen kannst und bei kleineren Störungen (falscher FS, falscher Ton, ...) völlig aussteigst,
Wer behauptet, dass ich ein Stück nur am Anfang beginnen kann?

Da ich mir die Notenzeilen einzeln vornehme beim Lernen, kann ich natürlich auch jederzeit am Anfang der Zeile wieder einsteigen.

Die Behauptung, dass die Grundlagen der Musik recht überschaubar sind, ist relativ.

Jemand, der seit 40 Jahren Klavier spielt und bereits 10.000-20.000 Übestunden hinter sich hat, mag das so empfinden.
 

Musik ist zunächst ein Erlebnis, das über das Ohr geht und nur darüber. Viele Kinder können in die Musik viel besser eintauchen, wenn sie durch nichts und gar nichts und schon gar nicht durch Punkte auf Papier davon abgelenkt werden. Jede Art von Schrift ist nur ein Hilfsmittel, daß alte Botschaften nicht verloren gehen. Die eigentliche Musik will nur klingen.
Danke dafür!

Ich kann mir Notentexte bis heute nur bedingt merken
Ich versuche, mir die Musik zu merken. Notentexte merke ich mir praktisch gar nicht. Gut Möglich, dass ich das gar nicht kann. Wenn ich die Noten eines Stückes, dass ich auswendig kann, aufschreiben will, dann muss ich die Musik zurück in Noten übersetzen. Das passiert dann auch gerne mithilfe der Klaviatur - und sei es einer gedachten.

Prima vista-Spiel habe ich als Ziel auf unbestimmte Zeit komplett ad acta gelegt.

Aber versteht mich bitte nicht falsch: Ich finde Noten super. Sie helfen mir beim Erarbeiten und dem Verständnis, ich kann meine Anmerkungen reinkritzeln. Solange ein Stück nicht komplett sitzt, habe ich sie auch fast immer vor der Nase. Mir fällt es teilweise schwer, mir bei ähnlichen Stellen in einem Stück zu merken, wann genau welche wie gespielt werden soll. Da hilft ein Blick in die Noten ungemein, ohne dass ich jede Note im Detail lesen müsste (oder könnte oder wollte).

Dazu sollte ich anmerken: Ich spiele noch keine langen Stücke, maximal 4 Seiten. Häufiger 1-2. Gut möglich, dass sich bei langen Stücken auch für mich dann einiges ändert.
 
Stand heute ist es bei mir als Wiedereinsteigerin so, dass ich auch dann, wenn ich die Musik verinnerlicht habe, zum Spielen noch den Blick auf die Noten brauche. Mir ist bewusst, welche Klänge ich erzeugen möchte (Betonung auf möchte ;-)), könnte aber ad hoc nicht die Noten benennen oder spielen, die dafür erforderlich sind.
 
Wusste gar nicht, dass ein Medizinstudium so leicht ist...
Allein diese Vorbildung. Musste mich an dieses eine Video mit Altenmüller erinnern. Wer zu faul war zum Üben, wurde zwar nicht an der Hochschule der Künste aufgenommen, doch es reichte noch für ein Medizinstudium. Er hat es zwar nicht so gemeint, doch man könnte es ja so auslegen, um so zu argumentieren.
 
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Meine Frau und ihre Kollegen (alles Mikro-Biologen und Chemiker in der Forschung an der Uni) fanden die Mediziner wissenschaftlich mehr als 'Überflieger' :)
 
fanden die Mediziner wissenschaftlich mehr als 'Überflieger'
Ja, ich weiß. In der Beschreibung zu einem Buch hieß es, dass es nicht nur für Studenten, sondern auch für interessierte Laien gedacht war. Und dann verstand ich nicht, was mit "MTL" gemeint sein könnte. Die Abkürzung für "Medialer Temporallappen" gehört halt mit zum Allgemeinwissen für interessierte Laien.
 
@Tastatula und @Alter Tastendrücker
Welche Anweisungen/Tipps gebt ihr eurer Schülern zum Auswendig spielen?
Müssen Sie das machen?
Nur Takte oder Zeilen oder gar das ganze Stück?
Oder müssen die Schüler beides können (Blattspiel und Auswendig spielen)?
Was ist wenn der Schüler das auswendig lernen nicht mag?
 
Wenn der Schüler nicht will, gibt's Haue!
 
Die Behauptung, dass die Grundlagen der Musik recht überschaubar sind, ist relativ.

Jemand, der seit 40 Jahren Klavier spielt und bereits 10.000-20.000 Übestunden hinter sich hat, mag das so empfinden.

Aber nein, die Grundlagen sind wirklich simpel und damit ausgestattet, kommt man schon ganz gut über die Runden. Wenn man einen Neapolitaner oder einen 7/9er mit tiefalterierter 5 nicht sofort erkennt, ist das weniger hinderlich als keine Ahnung zu haben von schlichten Kadenzen (T, Mollparallele, S, D, D7, das lernt man in den ersten Stunden) oder vom Quintenzirkel. :-)
 

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