Anfängerfragen, traut Euch!

  • Ersteller des Themas violetta
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Die Anweisung Rubato bedeutet dann: etwas freier als ohne diese Bezeichnung!

Dann spiele ich anscheinen alles rubato. Denn besonders in der Zeit ohne KL habe ich meiner Wahrnehmung nach deutlich freier gespielt als es der Komponistenwille ist.

Es gehört zu den komplexeren Dingen die ein guter KL über eine längere Zeit verteilt seinen Schülern vermittelt, wo ein Atmen sinnvoll ist.

Von Atmen hat sie beim letzten Unterricht auch gesprochen. Sehr komplex finde ich ihre Herangehensweise an meine Problemtakte Mitte 8 bis Mitte 10. Dieses Hin und Her der Hände verwirrt mich noch immer und wehe ich schaue in die Noten – dann ist es noch schlimmer. Beim letzten Unterricht hat sie mir eine Herangehensweise gezeigt, wie ich da mehr Sicherheit bekomme: „Auseinandernehmen“, rechts nur Oberstimme, links normal spielen. Sie möchte, dass ich auf die Klangfortschreitung achte. Und etwas, das ich leider zuhause nicht richtig umsetzen kann, das muss sie mir nochmal erklären.

Diese Art zu üben ist für mich eine anstrengende kognitive Herausforderung. Sie hat mir freigestellt, es so nicht zu machen, aber ich möchte es umsetzen können, weil ich sicher bin, dass ich dieses Prélude und andere Stücke dann besser verstehen und sicherer spielen kann. Denn diese Art zu üben bringt mich immer wieder aus dem Takt was offenbart, dass ich die Stücke nicht wirklich kenne. Mir ist klar, dass eine der Ursachen das zu häufige Auswendigspielen ist.

Der normale Weg wäre aber wohl der über die/den KL. Die/Der sollte in seiner/ihrer Ausbildung diesem Begriff begegnet sein und sollte ihn auch einem Anfänger erklären können.

Von der Ausbildung her ist sie dazu bestens in der Lage aber einiges kann sie nicht für mich nachvollziehbar erklären. Zum einen wegen eines Sprachfehlers der anscheinend ihren Gedankenfluss durcheinanderbringt. Und zum anderen, weil Deutsch nicht ihre Muttersprache ist. Aber das wird schon, ich fühle mich bei ihr sehr gut aufgehoben.

Scriabin gehört zu den Komponisten, die sehr unterschiedlich gestaltet werden können.

Ein Clavionist hat es - mit einem Augenzwinkern - mal anders ausgedrückt:
„Skrjabin war bekloppt, den kann man spielen wie man will“. Diese Aussage will ich aber nicht als Entschuldigung für meine „alternativen Interpretationen“ gelten lassen.
;-)
 
Zuletzt bearbeitet:
Dann spiele ich anscheinen alles rubato. Denn besonders in der Zeit ohne KL habe ich meiner Wahrnehmung nach deutlich freier gespielt als es der Komponistenwille ist.
Bei meinen ersten kompositorischen Gehversuchen hatte ich massive Probleme, meinen Komponistenwillen überhaupt auszudrücken ... oder auch nur zu erkennen.
Zum Glück gibt es immer Konifären, die einem das dann erklären :lol:
 
Wenn ihr’s nicht fühlt, ihr werdet’s nicht erjagen,
Wenn es nicht aus der Seele dringt,
Und mit urkräftigem Behagen
Die Herzen aller Hörer zwingt.
Dass ausgerechnet Goethe, ein Intellektueller, wenn es je einen gab, mit seinem Wissen und Können diesen - ach so beliebten! - Spruch geprägt hat, ist hochinteressant.
Dazu Bildungsprotz vom Feinsten: http://www.rheton.sbg.ac.at/rheton/...ht man Erklärung, will man,´s auch nicht gehn.

Kleine Nebenbemerkung zur musikalischen Interpretation: da die 'Sprache' der Musik ab ovo künstlich ist (Auswahl der verwendeten Töne, ...) und das Klavierspiel als Ausdrucksmittel im Gegensatz zur Muttersprache in weiten Teilen - und möglicherweise abgesehen von wenigen Wunderkindern - von fast allen bewusst erlernt werden muss, ist die Rhetorik des musikalischen Interpretierens und die Rhetorik eines erfolgreichen Redners nur begrenzt vergleichbar.
 
Kleine Nebenbemerkung zur musikalischen Interpretation: da die 'Sprache' der Musik ab ovo künstlich ist (Auswahl der verwendeten Töne, ...) und das Klavierspiel als Ausdrucksmittel im Gegensatz zur Muttersprache in weiten Teilen - und möglicherweise abgesehen von wenigen Wunderkindern - von fast allen bewusst erlernt werden muss, ist die Rhetorik des musikalischen Interpretierens und die Rhetorik eines erfolgreichen Redners nur begrenzt vergleichbar.
Lieber Alter Tastendrücker,

da bin ich mir nicht sicher! Ich behaupte z.B., dass Melodik keineswegs bewusst erlernt werden muss, wenn man an die Lieder (Volkslieder, Schlaflieder ....) denkt, die nahezu jeder ohne jedes Bewusstsein singt, weil sie von "Mund zu Mund", also ohne Noten mündlich von Generation zu Generation weiter gegeben werden.

Musik ist m.E. vom Grund auf etwas zutiefst Natürliches. Es existiert ein Grundbedürfnis des Menschen, sich in Musik auszudrücken, es gibt keine Völker, die keine Musik machen.

Klassische Musik ist natürlich eine sehr komplexe Musikgattung. Aber auch sie zu hören erfordert nicht zwingend ein Bewusstsein - auch völlig ungeübte Hörer werden von ihr berührt. Je mehr Bewusstsein, Musikverständnis und Erfahrung man allerdings hat, desto mehr profitiert man von ihr, desto mehr nimmt man wahr, desto tiefer ist auch die Empfindung.

Aber auch sie baut auf dem natürlichen Zugang des Menschen zu Musik auf. Deshalb ist es so wichtig, dass man mit (seinen) Kindern von Anfang an singt - dadurch legt man den Grundstein für Musikalität.

Was nun das rubato angeht: Es gibt das gebundene und das freie rubato. Das gebundene rubato bedeutet, dass es einen klaren Puls gibt (beim Klavierspielen oft in der Begleitung verankert), über den sich die Melodie oder melodiöse Passagen frei bewegen (s. Nocturnes).

Das freie rubato meint, dass sich die gesamte Musik im Tempo vor- und zurück bewegt (ver-zieht). Dass also wie beim ritardando eine insgesamte Verzögerung oder wie beim accelerando ein Nach-vorne-gehen stattfindet. Das bedeutet aber leider nicht, dass alles beliebig ist:

Dann spiele ich anscheinen alles rubato. Denn besonders in der Zeit ohne KL habe ich meiner Wahrnehmung nach deutlich freier gespielt als es der Komponistenwille ist.

Rubato bedeutet nicht, dass man den Rhythmus und das rhythmische Verhältnis der Noten unter- und zueinander nicht beachtet! Rubato ist für Anfänger kaum erlernbar, weil sie gar nicht wissen, welchen Freiraum sie wo und wie haben. Ich kann mich noch gut an meinen eigenen Unterricht erinnern und an meine Unsicherheit, wo man wie denn rubato machen könne.

Denn dazu muss man viel erlernt und erfahren haben:
  • den Puls im Gesamten nicht verlieren
  • die harmonischen Zusammenhänge hören
  • die melodischen Linien hören
  • die Melodie zur Harmonik hören
    • höre ich einen Vorhalt, kann ich ggf. den Vorhalt etwas dehnen
    • höre ich Dissonanzen, die sich auflösen wollen (Septimen, Leittöne etc.), kann ich sie dehnen
    • höre ich eine Dominante, die sich in eine Tonika auflöst, kann ich die entsprechenden Melodietöne ggf. etwas dehnen
    • im großen Kontext kann ich wiederum bestimmte Dissonanzen nicht dehnen, weil die Dissonanzen der späteren Harmonien wichtiger sind - ich benötige also einen großen Überblick über die gesamte Phrase in harmonischer, melodischer, rhythmischer, dynamischer ... Hinsicht
Das alles braucht ein geschultes Ohr. Ohne dieses hört man schlicht nicht, welche Möglichkeiten man hat. Daher ist rubato für Anfänger in der Regel nichts.

Was du trotzdem machen kannst, liebe Marlene:
  • nimm dir eine nicht zu komplexe Phrase exemplarisch heraus
  • analysiere im Unterricht mit Hilfe deiner Klavierlehrerin die Harmonik dieser Phrase. Dabei ist es zunächst nicht nötig, jeden Akkord zu benennen, sondern zu hören. Was hörst du? Hat dieser Akkord, diese Harmonie Dissonanzen? Welche? Was genau, welche Töne genau reiben sich, wodurch entsteht diese Dissonanz? Will sie sich auflösen? Wohin? Nach oben, nach unten, zu welcher Harmonie? Macht sie das auch oder gibt es eine Überraschung?
  • Als Übung kannst du dich mit Kadenzen in D-Dur beschäftigen (aussetzen, spielen, damit improvisieren ...).
  • Wie klingen nun die Töne der linken Hand zu den erfahrenen Akkorden? Ich nenne das vertikales Hören: du hörst z.B. jeden Ton der linken Hand am Anfang zu dem Akkord der rechten Hand. Wie klingt das a zum Akkord, wie das e, wie das h? Höre Unterschiede!
  • Fasse die linke Hand auch als eine Art Melodie auf, die phrasiert und strukturiert wird. Welche Motive findest du, was gehört zusammen? Tipp: gegen die Balkung denken! Oft denkt man, dass die Töne zusammengehören, die durch den Balken der Achtelnoten zusammengefasst werden, um die Taktschwerpunkte deutlich zu machen. Melodisch ist das aber oft nicht so. Man kann z.B. der Meinung sein, dass das zweite, dritte, vierte und erste Achtel des Anfangs eine musikalische Einheit bilden. Und schon phrasiert man ganz anders und diese Phrasierung kann man wiederum mit Agogik unterstützen, wozu auch das rubato gehört.
Es ist komplex, wie du merkst! Über die genannten Höraufgaben, die ruhig ohne Rhythmus gemacht werden können, damit du Zeit hast zum Hören, kannst du herausfinden, welche Töne etwas Besonderes sind und ggf. durch Dehnung etwas hervorgehoben werden können. Das Üben wird so sehr flexibel und einem Experimentierfeld ähnlich.

Wenn du das Stück von so vielen Seiten durchdringst und durchhörst, wirst du daraus Gewinn ziehen. Das wird hörbar werden, auch wenn du evtl. immer noch nicht weißt, wie rubato nun geht.

Liebe Grüße

chiarina
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich behaupte z.B., dass Melodik keineswegs bewusst erlernt werden muss, wenn man an die Lieder (Volkslieder, Schlaflieder ....) denkt, die nahezu jeder ohne jedes Bewusstsein singt, weil sie von "Mund zu Mund", also ohne Noten mündlich von Generation zu Generation weiter gegeben werden.
Temperiert und sauber gesungen existiert diese aber auch erst seit Musik aufgeschrieben wird. Welche Tonsysteme (oder überhaupt eine Ordnung) den Gesängen unserer Vorfahren vor 10 000 Jahren zugrundelagen weiß ich nicht. Ich gehe aber wie Du davon aus, dass sowohl gesungen wurde als auch rhythmische Elemente eine Rolle spielten.
Frage an die Wissenden unter uns: kann man aus der Bauweise der bei archäologischen Grabungen gefundenen Instrumente auf deren Stimmsysteme schließen?
 
Bin kein Wissender, sondern ein Suchender, mit Google:
"...
Found by archeologist Ivan Turk in a Neanderthal campsite at Divje Babe in northwestern Slovenia, this instrument (above) is estimated to be over 43,000 years old and perhaps as much as 80,000 years old. According to musicologist Bob Fink, the flute’s four finger holes match four notes of a diatonic (Do, Re, Mi…) scale. “Unless we deny it is a flute at all,” Fink argues, the notes of the flute “are inescapably diatonic and will sound like a near-perfect fit within ANY kind of standard diatonic scale, modern or antique.”
..."

Grüße
Häretiker
 
Bin kein Wissender, sondern ein Suchender, mit Google:
"...
Found by archeologist Ivan Turk in a Neanderthal campsite at Divje Babe in northwestern Slovenia, this instrument (above) is estimated to be over 43,000 years old and perhaps as much as 80,000 years old. According to musicologist Bob Fink, the flute’s four finger holes match four notes of a diatonic (Do, Re, Mi…) scale. “Unless we deny it is a flute at all,” Fink argues, the notes of the flute “are inescapably diatonic and will sound like a near-perfect fit within ANY kind of standard diatonic scale, modern or antique.”
..."

Grüße
Häretiker
"Kunst der Fuge" ist möglich: ;-)

 
Bin kein Wissender, sondern ein Suchender, mit Google:
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Found by archeologist Ivan Turk in a Neanderthal campsite at Divje Babe in northwestern Slovenia, this instrument (above) is estimated to be over 43,000 years old and perhaps as much as 80,000 years old. According to musicologist Bob Fink, the flute’s four finger holes match four notes of a diatonic (Do, Re, Mi…) scale. “Unless we deny it is a flute at all,” Fink argues, the notes of the flute “are inescapably diatonic and will sound like a near-perfect fit within ANY kind of standard diatonic scale, modern or antique.”
..."

Grüße
Häretiker
Ich frage mich bei dieser "Flöte" (so es denn eine ist) immer, woher die wissen wollen, wie lang die war. Das wäre das entscheidende Kriterium, um zu beurteilen, welchen Tonabstand die Löcher markieren. Fehlt ja die Hälfte...
 

Ich frage mich bei dieser "Flöte" (so es denn eine ist) immer, woher die wissen wollen, wie lang die war. Das wäre das entscheidende Kriterium, um zu beurteilen, welchen Tonabstand die Löcher markieren. Fehlt ja die Hälfte...
Ich denke, ab drei Löchern kannst du schon aus dem Verhältnis der Lochabstände auf die Tonabstände schließen, zumindest theoretisch.

Da kommt dann aber auch noch dazu, dass der Knochen innen weder konisch noch zylindrisch, sondern unregelmäßig ist. Ohne das komplette Instrument stelle ich mir das auch kompliziert vor.
 
Danke für die Rückmeldungen und besonders für Deinen langen Beitrag, liebe @chiarina.

Mir drängen sich mal wieder einige Gedanken auf:
  • Finger ganz vom Klavier lassen, anstelle immer wieder Frust zu haben.
  • Einfach "alternativ" spielen wie die letzten Jahre ohne Unterricht (und diesen kündigen).
  • Mich vielleicht wieder der Malerei widmen, weil ich die Farben und Nuancen anscheinend besser auf Leinwand als an den Tasten umsetzen kann.
:-(

Ja, ich weiß, Skrjabin ist nicht der richtige Komponist, wenn man eh Probleme mit fast allem hat.
 
Das sieht mehr nach Harmonisierungsübungen aus.
Damit kannst du das aber auch machen. Tonart aussuchen und eine Kadenz zusammenbasteln, die z.B. immer zur Melodie passt, oder die Melodie "interessanter" bzw. "farbiger" erscheinen lässt.

Wahrscheinlich war eher ein Basslauf gemeint (z.B. in ganzen Noten die Töne, H, E Fis, H) ... und dann mögliche Akkorde (idf aus H-Dur) hinzufügen.

Grundgerüst einer Kadenz ist immer I - IV - V - I.
Es geht auch das was Marius Müller Westernhagen in Freiheit tut (wenn ichs richtig im Kopf hab "I - V - II - VI - IV - I - V mit Quartvorhalt - V ... da capo"), aber schon die Grundform oben kann mit verschiedenen Klängen sinnvoll begleitet oder gefüllt werden. "Tonika - Subdominante - Dominante, Tonika" ist nur eine Möglichkeit ... sicherlich die zunächst naheliegendste.

Wenn was unklar ist, einfach nachhaken.
 

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