Zögernder, suchender Ausdruck

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Ich spiele zurzeit ein sehr ruhiges Stück, das teilweise einen Ausdruck verlangt, der suchend, bedächtig und zögernd ist. Wenn ich mich selbst in der Aufnahme höre, klingt es so, als würde ich beim Klavierspielen suchen und zögern, weil ich die Tasten nicht finde. Genau das soll es ja nicht sein. Habt ihr vielleicht Ideen, wie man einen Ausdruck erschaffen kann, der die musikalische Idee des Suchens bzw. des Schweifens vermittelt, aber gleichzeitig nicht zu falschen Rückschlüssen führt?

Es geht um die folgende Stelle, v.a. bei 0:22:
 

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Zuletzt bearbeitet:
Ich bin ja nun absoluter Anfänger, trotzdem die Frage:
Hast du deine Interpretation Mal anderen vorgespielt? Und sind die auch der Meinung, dass es klingt, als würdest du die Taste nicht finden?
Oder befürchtest du nur, dass es so klingen könnte wie ein Anfänger?
 
Hast du deine Interpretation Mal anderen vorgespielt? Und sind die auch der Meinung, dass es klingt, als würdest du die Taste nicht finden?
Oder befürchtest du nur, dass es so klingen könnte wie ein Anfänger?
Ich habe es bisher niemandem Fachkundigem vorgespielt. Es stört mich selbst, weil es für mich unbeholfen klingt, zumindest ganz anders, als ich es während des Spielens empfinde.
 
Vielleicht helfen ein paar extra Ohren.
Manchmal hört man seine eigene Aufnahme ganz anders, weil der Fokus viel stärker auf den vermeintlichen Unzulänglichkeiten liegt.
Besonders, wenn man absichtlich etwas macht, was man jahrelang mühsam weggeübt hat.
Anfängerspiel ist eine Kombination aus zögerlich, suchend und unbeholfen. (OK, das war jetzt wohl eher ein Outing von mir, als allgemein gültig) Gar nicht leicht zu unterscheiden, wo zögerlich zu unbeholfen schwenkt, finde ich.
 
Also mal rein vom Höreindruck als eine, die grad lernt, sich selbst beim spielen zuzuhören: vielleicht entsteht der Eindruck des unbeholfenen durch das manchmal etwas abrupte Rubato, das vielleicht manchmal einen Tick zu lange verzögert… so mein erster Eindruck.
 
Ganz schwer hier mit einer Ferndiagnose etwas zu bewirken ohne Stück und Interpretation zu kennen.
Vielleicht ist eine gewisse regelmäßige Verzögerung der Taktschwerpunkte (so es diese gibt?) hilfreich . Zögernd aber nicht zufällig!
 
@Demian
Suchend, bedächtig oder zögernd würde ich auch erstmal mit Schwankungen in Tempo und Lautstärke versuchen umzusetzen (neben der inneren Haltung ... die muss bei mir auch passen, damit das gut klappt). Überlege mal, was die Begriffe für dich ganz emotional bedeuten. Was verbindest du mit ihnen, und wie könntest du das musikalisch ausdrücken? Kennst du Stücke, die deiner Meinung nach suchend, bedächtig und zögernd klingen? Versuche herauszufinden, warum das so ist.

Die Temposchwankungen sollten dabei auf die Stimme ausgerichtet werden, in der viel los ist. In deinem Stück wäre das klar die Melodie.
Ich würde zunächst versuchen, den gewünschten Ausdruck nur mit der Melodie zu realisieren und die Begleitung vielleicht sogar ganz weg lassen, bis ich damit zufrieden bin.
 
Zuletzt bearbeitet:
@agraffentoni
Ja, interessant, in „Der Dichter spricht“ passiert etwas ganz Ähnliches wie in dem Stück, das ich spiele. Gleich die ersten beiden Aufnahmen bei YouTube zeigen zwei verschiedene Lösungswege: Während Demus größer angelegte Rubato-Bögen spielt, lässt Horowitz durchgehend den Puls spüren, der sich gleichmäßig verändert. Das Problem in meiner Aufnahme ist wohl das Abrupte, ungeplant und zufällig Wirkende, danke für eure Hinweise dazu, @Alter Tastendrücker und @Peter.
 
Du hast ja an der beschriebenen Stelle sechs Achtel und dann eine lange Note, die Du als Anfang einer neuen Stelle spielst. Bei Sekunde 29 finde ich es auch gut, weil ein Mollakkord zeigt, dass Du nun in eine andere Farbe kommst.
Bei Sekunde 22 würde ich das nicht machen, sondern die lange Note nicht verzögern.
Das Besondere am Suchen und Zögern kann ja sein, dass man mal irgendwo hingeht, denkt, es ist der richtige Weg und dann feststellt: Nee, war falsch, hm. Dieser Moment ist für mich in Sek.29. Macht man überall das Gleiche, wird es stereotyp.
 

Zwischenfrage zum Dichter und Demus. Höre ich das nicht richtig, oder spielt er die Achtel im Takt 3 tatsächlich zu früh?

Gruß
Manfred
 
Zwischenfrage zum Dichter und Demus. Höre ich das nicht richtig, oder spielt er die Achtel im Takt 3 tatsächlich zu früh?

Gruß
Manfred
Demus verzögert die Zählzeit 2 (eigentlich auch schon die Eins des dritten Taktes). Die Achtel kommt dann im Sinne eines Rubatos, das wieder beschleunigt, etwas früher als vielleicht erwartet.
Horowitz dagegen hat ein anderes Tempoempfinden, er dehnt die vorige Note und setzt die Achtel sehr spät.
 
Darüber kann man wirklich suchend sinnieren.🤔
Um einem gewünschten Ergebnis möglichst nahe zu kommen, könnte man sich beim Spielen eine Situation vorstellen, in der man einer nahestehenden Person etwas schonend beibringen will - stets bemüht, die richtigen Worte zu finden, um es nicht zu kategorisch klingen zu lassen.
Das bedeutet, dass nicht jeweils am Satzende eine Denkpause eingelegt wird, sondern Rubati und Lautstärken (wie hier schon gesagt) verteilt sind.
 
Ich glaube, wenn du die Linie innerlich und auch mal laut singst, wird klar, wie es sein soll bzw. wie du es haben möchtest... ich würde weniger verzögern vor Akkorden, sondern fließend in diese hineingehen.
 

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