Zunächst mal Hallo im Forum
@Jan S
Ich beschäftige mich selbst mit Komposition, schreibe seit über 20 Jahren eigene Stücke und habe bisher bei Clavio aber nur den Mut gefunden, drei meiner Werke vorzustellen.
Die Kritik der etwas eintönig vor sich hin plätschernden Musik käme von mir ebenfalls ... ich war beim Hören die ganze Zeit auf der Suche nach wiederkehrenden Motiven, nach Struktur.
Ich denke, das Potenzial ist da ... aber vielleicht musst du für dich selbst einfach noch lernen, das aus deinen Stücken herauszukitzeln.
Vielleicht hilft es dir, "Miniaturen" zu komponieren ... also wirklich ganz kurze Stücke, in denen du dich darauf konzentrierst ein Thema klar herauszuarbeiten.
Das mag leicht klingen, aber gerade der darin verlangte Minimalismus birgt Herausforderungen ... gerade wenn man eine Melodie eher "mit großem Orchester" im Kopf hat (ich hoffe du verstehst diese Metapher).
Liegt das nur am Pedal, das ich häufig vergesse loszulassen?
Das sollte nicht passieren. Dein Fuss sollte sich organisch in die Tätigkeit der Hände einfügen. Wenn du es drückst, dann sollte das einen Sinn ergeben ... und wenn du es loslässt ebenfalls.
Für den Anfang könntest du dich drauf konzentrieren, das Pedal auf Harmoniewechseln mal kurz loszulassen, also die Begleitakkorde durch den Pedaleinsatz voneinander abzusetzen.
Oder du hörst dir erstmal ganz genau an, was man mit dem Pedal so alles machen kann. Schon wenn die Harmonie nicht wechselt, kann man mit dem Pedal eine Wirkung erzielen ... hör dir das einfach mal ganz unvoreingenommen an ... eventuell bekommst du dabei gleich die Inspiration, wie du das in deinen Stücken einsetzen könntest.
Ich habe zum Beispiel eine Idee (ein Pattern), und wenn ich das mit Pedal rundspiele, dann entsteht das totale Chaos (weil es alle 12 Töne der Oktave nutzt, entsteht dabei ein Cluster), es ist rhythmisch nichts los (alles 8tel ... selbst wenn Betonungen vorhanden sind, gehen die im Tonmatsch unter).
Wenn man dann das Pedall loslässt, steht sie Plötzlich da ... eine rhythmisierte "12-Ton-Reihe" in einem 12/8 Takt*.
Meist baue ich in das Chaos noch eine Steigerung ein (spiele z.B. das Patternm immer schneller ... oder beginne mit ppp und steigere mich auf mf.
Sobald das Pedall dann oben ist, gesellen sich Akkorde hinzu, die natürlich aus je drei oder vier Tönen des Patterns bestehen und das weiterlaufende Pattern begleiten.
... weiter bin ich noch nicht.
Das Pedal viel zu nutzen, kann den Effekt haben, dass die Musik leicht verwaschen klingt, und das erfordert nochmal mehr Erfahrung und musiktheoretisches Wissen, damit es dennoch bezaubert.
Versuche mal, das Pedal nur an wenigen Stellen zu verwenden ... Musik. die du mit Pedal gewöhnt bist, wird dann erstmal seltsam klingen ... aber eventuell entsteht daraus für dich etwas neues.
Auf jeden Fall solltest du versuchen, deinen Pedalfuss aktiv in dein Musizieren einzubinden, denn der gehört zu deinem Körper ... da wäre es nicht fair ihn einfach abzustellen und stehen zu lassen (egal ob auf, oder neben dem Pedal).
Vielleicht wäre es eine Übung für dich, mit dem berüchtigten "Fingerpedal" zu experimentieren. Damit kann man etwas ähnliches, wie den Pedaleffekt erreichen, ohne das Pedal auch nur zu berühren. Man lässt die Finger auf den Tönen liegen, welche weiter klingen sollen.
Anfangs ist das ungewohnt (zumindest ging mir das so), aber dadurch ergeben sich unglaublich viel mehr Möglichkeiten, als dir das "Alles oder nichts" der Pedallerie bietet.
Gleichzeitig wird das eine Herausforderung für deine Hände ... denn du musst dir überlegen, wie du eine Melodie spielen kannst, während ein oder zwei Finger der Hand auf den Tasten "festkleben" (weil sie Töne halten sollen).
Aber Vorsicht ... ich denke, dabei können sich leicht Haltungsfehler einschleichen ... den Tipp, einen Klavierlehrer zu nehmen, solltest du auf jeden Fall ernst nehmen ... vielleicht findest du ja jemanden, bei dem die Chemie passt und der dich dann richtig weiterbringt, statt dir nur zu zeigen, wie man "andere Komponisten" spielt (damit wird es natürlich anfangen).
Als Tipp für die Strukturierung eigener Stücke empfehle ich dir die Beschäftigung mit den verschiedenen Parametern der Musik.
Also Tonhöhe, Lautstärke (Dynamik), Rhythmus (Zeit), und Harmonie. Stelle dir die Frage, was auf diesen Dimensionen passiert (betrachte sie dabei ruhig isoliert). Auch aus Unterschieden auf diesen Dimensionen kann sich eine Struktur ergeben ... eine Form mit verschiedenen teilen.
Die oben vorgestellten drei Stücke sind recht ruhig ... getragene Klangflächen mit hier und da herausstechenden Melodieelementen.
Es wirkt, als würde die Harmonie die Stücke tragen ... eventell versuchst du es mal von einer Melodie ausgehend und konzentrierst dich darauf, diese Melodie mit einer möglichst minimalen Begleitung zur Geltung zu bringen.
Auch dabei wird dir (wahrscheinlich) auffallen, was mit der Melodie passiert, wenn du sie bei getretenem Pedal durchspielst. Suche dir also Punkte, an denen das Pedal aufgehoben werden muss, damit die Melodie weiterhin als Melodie klingt ... und sich eben nicht in einen Tonmatsch verwandelt, aus dem nur noch wenige Melodietöne als Melodie herausstechen.
Leider hast du dir für deinen Einstieg hier drei Stücke ausgesucht, die mit Stilmitteln arbeiten, die seit Jahrtzehnten so beliebt sind, dass ihr gehäuftes auftreten Musikern schon leicht auf den Sack gehen kann, weil man immer wieder denkt, "oh, was neues, mal reinhören" und dann nach nichtmal 30 Sekunden beginnt, die Zeitleiste abzuscannen, ob eventuell doch noch was anderes passiert.
Vielleicht wird es dir irgendwann mal genauso gehen ... und dann verstehst du eventuell auch die Ablehnung, die dir hier von einigen entgegengeschlagen ist. Zumindest ich habe das Gefühl, Musiker wären sehr gierig auf "neues" ... aber diese Gier wird mit fortschreitendem Alter (Wissen, Erfahrung) immer häufiger einfach enttäuscht.
*)
Das "12-Ton-Reihe" steht in Anführungszeichen, weil das Pattern für eine solche Bezeichnung einem zu einfachen Konstruktionsprinzip folgt ... ich habe nur Quinten geschichtet ... dabei kommt nunmal eine Reihe heraus, die alle 12 Töne der Oktave ein mal besucht ... Arbeit, Kreativität oder Mühe meinerseits war dafür nicht nötig.