Wirkungsvoll langsam Klavierüben

  • Ersteller des Themas Dreiklang
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Probleme beim Langsamüben auswendig gekonnter Stücke?

  • nein, habe ich nicht

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  • ich werde leider oft langsamer

    Stimmen: 0 0,0%

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Dreiklang

Dreiklang

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14. Nov. 2010
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Hallo beisammen,

langsames Klavierüben ist ja sehr sehr wichtig, wenn man Stücke in ihre Geschwindigkeit bringen will. Vielleicht können wir hier das eine oder andere darüber diskutieren.

Darüberhinaus habe ich kürzlich eine neue Methode gefunden, die ganz ausgezeichnet für mich funktioniert, bei Stücken die man bereits weitgehend auswendig kann. Ich schildere es mal an einem Beispiel.

Ich mache aus dem zu übenden Stück z.B. ein Einschlaflied für Kinder, stelle mir dabei ein Kind vor wie es schon fast schläft, und das Stück soll es nicht aufwecken sondern ganz zum Einschlafen bringen. Der ganze Stil dieses Stückes wird dazu vollkommen umgedeutet, sodaß es zu einem Schlaflied wird: piano/pianissimo, sehr sehr zart, bedächtig, unbeschreiblich behutsam, und natürlich langsam, völlig unaufgeregt.

Was hilft das? Erstens, ich habe keine Probleme mehr mit dem Schnellerwerden und mit dem wirklich langsam-genug-Üben. Zweitens, ich übe vollkommen aus dem inneren Puls (natürlicher innerer Taktgeber) heraus. Drittens, ich übe und trainiere die musikalische Gestaltung von Stücken gleich mit (denn es soll ja in diesem Fall zu einem Wiegenlied werden).

So gelingt mir das Langsamspielen ganz wie von selbst. Und was erstaunlich ist: nimmt man das ganze Üben auf und spielt es ab, dann klingt es bereits wie richtige schöne Musik - trotz des Übestadiums.

Man muß ein wenig seine Phantasie bemühen, um passende Bilder oder Szenen für seine Stücke zu finden (eine ruhige Landschaft, ein sehr langsamer gemütlicher Spaziergang und so fort, die Möglichkeiten sind Legion). Diese Bilder drückt man aus, die Musik soll sie quasi von innen (bildlich) nach außen (akustisch) transportieren.

Üben tut man dann, indem man dieses Bild innerlich ständig vor Augen hat und nie den Kontakt dazu verliert. Weiter sonst füllt nichts das Bewußtsein, als dieses Bild, der Klang den es symbolisieren soll, und das Berührungsempfinden für die Tasten.

Man kann noch weiter gehen: sehr wirksam ist es auch, mehrere Bilder, von ruhig, bis in schneller Bewegung, versuchen, durch sein Übestück nacheinander auszudrücken. Das Übestück wird dadurch stufenweise schneller geübt.

Für die Endgeschwindigkeit wählt man dann ein inneres Bild (oder eine Szene), die das Musikstück gemäß seines Charakters ausdrücken könnte.

All das klappt ausgezeichnet, und seitdem ich so übe, bin ich etliche Probleme los.

Über meine Methode (ich habe sie "imaginiertes Üben" getauft) oder das Langsamüben allgemein können wir hier gern diskutieren. Welche Probleme habt ihr mit dem Langsamüben? Wie habt ihr sie ggf. überwunden?

Viele Grüße! ;)
Dreiklang


P.S.
weil es im Verlauf der Diskussion ein Mißverständnis gab: es geht nur um Stücke, bei denen die Endgeschwindigkeit ein wirkliches Problem ist, an dem man üblicherweise längere Zeit zu arbeiten hat, nachdem man das Stück schon längere Zeit (weitgehend) auswendig kann.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hi :)

Deine Methode ansich ist eigentlich ganz nützlich, so bleibt man im Takt.
Allerdings finde ich, veränderst du damit die Dynamik in dem Stück beim langsam Üben, also du übst die "richtige Gestaltung" gar nicht mit, wenn du aus einem schnellen Stück im Forte ein langsames piano-Stück machst.
Man sollte die Dynamik immer mitüben, auch im langsamen Tempo (hat mir meine Klavierlehrerin eingeschärft, weil man sonst doppelte Arbeit hat, erst langsam üben, dann die Dynamik üben,...wieso nicht beides gleichzeitig ;)).

Ich übe langsam grundsätzlich immer mit Metronom, da merkt man sofort wenn man schneller wird und bleibt automatisch im richtigen Tempo :)

LG
 
Man sollte die Dynamik immer mitüben, auch im langsamen Tempo (hat mir meine Klavierlehrerin eingeschärft, weil man sonst doppelte Arbeit hat, erst langsam üben, dann die Dynamik üben,...wieso nicht beides gleichzeitig ;)).

Liebe pianolove,

das ist ein durchaus bedenkenswerter Punkt!

Ich kann weitere Erläuterungen dazu aus meiner Sicht geben. Wenn ich persönlich ein Allegro-Stück sehr langsam übe, und noch dazu mit dem "Allegro-Ausdruck" im Hinterkopf, und forte dazu, dann klingt es in meinen Ohren einfach furchtbar. Denn: der Charakter des Stückes, seine Noten, seine Partitur, ist ja gerade darauf ausgelegt, etwas schnelles darzustellen. Und dieser wird damit "vergewaltigt" (man verzeihe mir diesen harten Ausdruck, aber ich finde ihn an dieser Stelle angebracht). Man macht also während des Übens keine "schöne Musik" mehr. Das ist für mein eigenes Ohr hochgradig unbefriedigend, richtig schlimm, und eigentlich richtiggehend unerträglich.

Ich persönlich habe keine Probleme damit, Dynamik u.ä. während des Übeprozesses langsam einzuführen und aufzubauen. Aus dem "Wiegenliedchen" ist dann am Ende ein "dynamisch über Felder und Wiesen galoppierender Krieger in Rüstung" geworden.
Nun - daß das natürlich dauert, und daß man viel Geduld dazu braucht, ist sicher kein Diskussionspunkt hier.

Aber ich finde: genauso wie man Verspielfehler beim Üben vermeiden sollte, weil man sie ja auch später nicht haben will, so sollte man unmusikalisches, im Sinne von "völlig gegen die Natur von Musik selbst gehendes" Einüben eines Stückes ebenfalls vermeiden, oder nicht? Was sagen unsere erfahrenen Experten zu dieser Ansicht? Sie werden sicher widersprechen - das sage ich jetzt schon voraus ;) - ganz einfach deswegen, weil ich von einer derartigen Methode im Forum wohl schon gelesen hätte, wenn sie als wichtig und zentral erachtet würde.

Das zweite: der innere Puls. Ein Metronom ist, für sich gesehen, schon eine tolle Sache. Allerdings ersetzt es - grundsätzlich - den inneren Puls. Er wird substituiert! Das heißt aber auch, er wird nicht trainiert. Der innere Puls geleitet einen durch ein Stück, sagt einem, wie schnell, wie langsam man sein soll in jedem Augenblick im Stück.

Wenn man es anders als wie von mir beschrieben macht, dann kann man erst bei Erreichen der Endgeschwindigkeit den Puls "trainieren", den Tönen, und der Partitur, eine stimmige und geschmackvolle Gestaltung geben. Auf dem steinigen Weg dorthin, dem Erwerb der Technik, verstößt man absolut gegen alles, was der Musik heilig ist.

Mir wird allerdings gerade klar: es kommt auf die Verteilung Üben / Spielen an. Wenn jemand weniger "übt" (in dem Sinne, daß er sich neue Stücken erst erarbeitet), sondern mehr "spielt" (in dem Sinne, daß er Stücke, die schon auf Geschwindigkeit sind und ansprechend klingen, immer weiter pflegt und in Schuß hält), dann wird einiges relativ.

Ich bin ganz eindeutig ein "Über" - mein Ziel ist, so schnell wie möglich an mehr Technik zu kommen, und immer mehr technisch schwierigere Stücke meisten können. Musikalität im Spiel (innerer Puls, einem Stück einen schönen Ausdruck geben etc.) sehe ich nicht als mein Problem (wobei das natürlich im Grunde erst mal erfahrene Musiker beurteilen müßten)

Viele Grüße,
Dreiklang

P.S. wenn einen beim Spielen ganz der innere Puls trägt, pianolove, dann ist das ein ganz wunderbares Gefühl... aber ich vermute, das weißt Du auch. Du hattest ja auch nur davon gesprochen, das Metronom beim Üben zu verwenden.
 
Ich finde es nicht hilfreich, mit verschiedenen Bildern oder Geschichten zu arbeiten, bzw. ein Musikstück damit zu hinterlegen, im Gegenteil, es lenkt mich vom musikalischen Geschehen eher ab. Mir reicht es schon, das zu erfassen, was schon dasteht :p.

Hallo exe,

da wollte ich gerne nachhaken: redest Du davon, noch mit Partitur spielen zu müssen, weil Du das Stück noch nicht richtig kannst? Man muß das Stück erst mal so gut können, daß man für die Partitur entweder keine wesentliche Konzentration mehr braucht (nur noch als Stütze), oder, viel besser, das Stück gleich auswendig können. Vorher mit Bildern im Kopf arbeiten, macht keinen Sinn.

Übrigens, hast Du schon mal versucht, mit Augen zu zu spielen...? Da kann man sich phantastisch auf den Klang, auf Bilder, auf das Tastgefühl, konzentrieren. Intensiver geht es gar nicht! Man sollte das unbedingt mit sehr einfachen Stücken einmal ausprobiert haben, um dieses Gefühl zu erleben. Aber natürlich bleiben die Augen normalerweise beim Klavierspielen auf.

Alle Motive und Themen, auch einzelne Figuren, die ich zeigen will, in jedem Augenblick mit dem Ohr zu begleiten. Ich hab mir eine Zeitlang sogar in die Noten eine durchgehende "Stimme für das innere Hören" markiert.

Du "arbeitest" mit dem Klang des Stückes innerlich, richtig? Anders gefragt: in Deinem Kopf ist der "Klang", den Du erreichen, umsetzen willst, wenn Du übst, richtig? Das funktioniert auch. Aber auch dieser Klang kann in den Hintergrund treten, und dieses innere Bild, von dem mich sprach, dann innerlich ganz im Vordergrund sein.

Als erstes ist dieses innere Bild da. Aus diesem entsteht während des Übens erst der Wunsch, wie es klingen soll. Das Bild leitet und stützt die innere Klangvorstellung, und den inneren Puls. Das ist wunderbar zu erleben.

Anzumerken bleibt, daß man auch das Üben muß. Man muß schon ein paarmal herumprobieren, und oft wiederholen, bis ein Allegro Stück zum Wiegenlied geworden ist, das geht auch bei mir nicht sofort. Ein Stück "wandert", wenn ich es auf Geschwindigkeit bringe, dann durch unzählige Gestaltungen (legato, staccato, forte, piano, es wird zum Beispiel fordernd, spielend, gehend, stampfend, etc). Diese Gestaltungen muß man erst finden - aber es geht (zumindest bei mir gings), und der Lohn war für mich sehr schön.

Viele Grüße!
Dreiklang
 
Als erstes ist dieses innere Bild da. Aus diesem entsteht während des Übens erst der Wunsch, wie es klingen soll.

Das finde ich eine sehr verwirrende Vorstellung, das erst das Bild da ist und daraus ein Klang entstehen soll.

Es ist doch die Musik, die die Bilder und Emotionen entstehen lässt und nicht umgekehrt.
Anders herum empfinde ich das fast wie eine Vergewaltigung der Musik, denn sie ist nicht mehr das, was sie aussagen möchte, was sie "ist" (sorry für die harte Wortwahl 3klang, ich kann es grad nicht besser ausdrücken, soll keine Beleidigung sein).

Aus dem Mephistowalzer ein Wiegenlied zu machen - da soll der arme Faust schon das Baby schaukeln, ohne überhaupt die leidenschaftliche Nacht im Walde mit ihrem extasischen Höhepunkt verbracht zu haben?
DAS ist wahrlich teuflisch :D

Viele Grüße,
Manha
 
Ich hatte mal das Problem, dass beim Klavierspielen ein starker archaischer Film in meinem Kopf ablief, so dass ich ´ne zeitlang mit Klaviespielen aufgehört habe, da dies mich emotional zu stark mitgenommen hat.

Rudl
 
Hallo Manha,

Anders herum empfinde ich das fast wie eine Vergewaltigung der Musik, denn sie ist nicht mehr das, was sie aussagen möchte, was sie "ist" (sorry für die harte Wortwahl 3klang, ich kann es grad nicht besser ausdrücken, soll keine Beleidigung sein).

dann hast Du das grundsätzliche an allem noch nicht ganz verstanden: ich muss ein Stück zunächst langsam üben - unter Umständen eine lange Zeit hindurch. Oder machst Du das anders? Den Mephisto-Walzer zuerst einmal technisch brillant und fehlerfrei im straffen Endtempo hinlegen - und sich daraufhin die klanglichen Feinheiten und Nuancen überlegen? Dann, muß ich aber sagen, beneide ich Dich glühend! :D

Wenn ich also schon zwingend langsam - und möglichst verspielfehlerfrei! - üben muß, weil es einfach nicht anders geht - wie gestalte ich dieses Langsam-Üben auf eine optimale, möglichst wirkungsvolle, effiziente, nutzbringende, motivierende, einfache, und nicht zuletzt auch Freude bringende Art und Weise? (ohne den letztgenannten Punkt ist bei mir persönlich gleich Schluß mit irgendwas)

Es ist doch die Musik, die die Bilder und Emotionen entstehen lässt und nicht umgekehrt.

Ganz recht! Aber vielleicht ist Dir auch schon aufgefallen, daß Schuhmanns Träumerei, von Horowitz gespielt, irgendwie die Gefühle ein bisschen stärker berührt als die YT Version eines Übestückchens von klein-Fritzchen, der nach dem zehnten Anlauf sein aktuelles Stückchen (beinahe fehlerfrei) hinbekommen hat.

Es gibt also gewisse Unterschiede darin, wie Musik auf Menschen wirkt und wirken kann. Woher kommt's? Was denkt man beim Spielen, wovon läßt man sich leiten? Wovon läßt sich ein Horowitz leiten, was ist denn nur der große Unterschied zu einem anderen Interpreten und zu anderen Interpretationen? Nun, weil er die Musik durch und durch innerlich verstanden hat, er durchdringt die Musik, diese ihn, und - er schafft es, die Musik auf diese Weise Körperlichkeit werden zu lassen, wenn er sich hinsetzt und spielt.

Wie ist er dort hingekommen, wie kann man dahin kommen? Indem man selbst weite Strecken lang Musik so übt, daß man sie nicht versteht, und nicht ausdrückt, sondern - ich habe ein besseres Wort dafür gefunden - sie verzerrt? Und selbst wenn man kein Horowitz werden möchte, oder vielleicht sogar gerade dann - weil man eben nicht sein ganzes Leben der Musik widmen kann, sondern vielmehr zwischen Familie und Job versucht, irgendwie ein bisschen Zeit fürs Musizieren, Klavierspielen, zu finden: sollte man nicht gerade dann falsches vermeiden, und so viel wie möglich richtig und gut dabei machen, wenn man weiterkommen möchte?

Oft wurde hier im Forum von unseren guten Geistern gesagt und betont, daß man ein ganz einfaches Stück einmal lernen, aber wirklich richtig perfekt lernen, sollte, und daß das sehr viel bringen kann. Wieviele tun das? Höher, schneller weiter, ... Citius, altius, fortius... darum geht es uns doch meist. Hat man ein Stückchen gepackt, will man gleich das nächste. Vielleicht tue ich damit vielen auch unrecht - aber mir selbst geht es ja auch so. Was spricht dagegen, sich in ein Stück einmal bis ins letzte hineinzuversenken? Eben Bildlich, einmal passende Bilder, oder Szenen, damit auszudrücken versuchen?
und dazu braucht man nicht den Mephistowalzer, glaub mir - dazu genügt ein Stückchen der Schwierigkeit 1.

Das finde ich eine sehr verwirrende Vorstellung, das erst das Bild da ist und daraus ein Klang entstehen soll.

Vielleicht ist jetzt alles etwas klarer geworden. Das innere Bild, die innere Szene ist die Quelle von allem, der Ursprung. Aus ihr kommt der innere Klang, den ich realisieren möchte, die Klangvorstellung. Über die Finger und die Tasten kommt dieser Klang von meinem Inneren nach außen, und damit auch das innere Bild, das ich habe. Nun - wenn ich an eine ruhige mittelalterliche Stadt denke, und diese bild-klanglich ganz konsequent umsetze, wenn ich spiele, wird zwar niemand diese Stadt sehen, wenn ich spiele. Es passiert aber etwas anderes: das ganze Stück hört sich auf einmal wunderbar stimmig in sich an, es beginnt die Zuhörer zu - fesseln, es beginnt, schöne Musik zu sein. Es beginnt, ein kleiner Mini-Horowitz zu sein (dieser möge mir verzeihen :kuss:) - und wenn das alles mal kein lohnenswertes Ziel ist ;)

All das hab ich mit "meiner" Methode erlebt, und bitte nicht vergessen: all das ist nicht gleich da, sondern braucht auch etwas Übung, und: all das macht erst Sinn, wenn man das Stück schon so gut wie auswendig kann und nicht mehr mit den Noten kämpft.

Viele Grüße!
Dreiklang
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Ich hatte mal das Problem, dass beim Klavierspielen ein starker archaischer Film in meinem Kopf ablief, so dass ich ´ne zeitlang mit Klavierspielen aufgehört habe, da dies mich emotional zu stark mitgenommen hat.

Rudl

Hallo Rudl,

natürlich setzt Klavierspielen eine Kontrollfähigkeit der eigenen Emotionen voraus. Ich darf mich nicht von ihnen vollkommen "fortspülen" lassen. Aber das innere Gefühl, die innere(n) Emotion(en), sind tatsächlich ein weiterer Bestandteil von allem, was ich beschrieben habe. Neben Bildern, Klängen, und der Tastempfindung ist es das, was von ganz tief innen bzw. unten kommt und so zu allem beiträgt.

Schönen Gruß,
Dreiklang
 
Hallo Manha,



dann hast Du das grundsätzliche an allem noch nicht ganz verstanden: ich muss ein Stück zunächst langsam üben - unter Umständen eine lange Zeit hindurch. Oder machst Du das anders?

Durchaus, ja, ich mache das mittlerweile anders.
Die Erfahrung mit der ersten Invention hat mich veranlasst, anders an Stücke heranzugehen und damit bin ich deutlich zufriedener.

Bevor ich das Stück überhaupt anfange höre ich es sehr intensiv an, lese es mit, etc.
Dadurch kann ich, wenn ich dann mit dem Stück beginne, die einzelnen Hände zumindest Phrasenweise direkt im Tempo spielen.
Die Stellen, an denen das nicht funktioniert, verkleinere ich herunter und isoliere sie und übe auch diese direkt im Tempo.
Mit beiden Händen zusammen funktioniert das leider noch nicht, sobald ich sie zusammen nehme bin ich vielleicht bei so 70 - 80% des Tempos.

Langsam üben - das mache ich mit den Stücken auch, allerdings nur akkordisch, um den Klang, der Stimmung gewahr zu werden.

Das hier:
Wenn ich also schon zwingend langsam - und möglichst verspielfehlerfrei! üben muß
ist für mich also kein Zwang mehr bzw. ein Zwang, dem ich entronnen bin.


Oft wurde hier im Forum von unseren guten Geistern gesagt und betont, daß man ein ganz einfaches Stück einmal lernen, aber wirklich richtig perfekt lernen, sollte, und daß das sehr viel bringen kann. Wieviele tun das? Höher, schneller weiter, ... Citius, altius, fortius... darum geht es uns doch meist. Hat man ein Stückchen gepackt, will man gleich das nächste.
Ist dem wirklich so?
Keine Ahnung wie das bei anderen ist, aber diese Hetz nach neuen Stücken ist zumindest bei mir nicht gegeben.
Ich unterbreche ein Stück nur aus einem Grund: es reifen zu lassen um es etwas später mit mehr Erfahrung wieder aufzunehmen. Aus diesem Grund gibt es bei mir auch keine "gepackten" Stücke und wird es wohl auch nie geben.

Vielleicht ist jetzt alles etwas klarer geworden. Das innere Bild, die innere Szene ist die Quelle von allem, der Ursprung. Aus ihr kommt der innere Klang, den ich realisieren möchte, die Klangvorstellung.
Sorry aber eben das kann ich immer noch nicht nachvollziehen und bei dem Gedanken sträubt sich mir innerlich immer noch alles.
Und gerade das
all das macht erst Sinn, wenn man das Stück schon so gut wie auswendig kann und nicht mehr mit den Noten kämpft.
ist für mich völlig unverständlich, denn gerade wenn man ein Stück auswendig kann und nicht mehr mit den Noten kämpft erzeugt die Musik Bilder, gerade dann empfinde ich es als völlig verkehrt der Musik eigene Bilder aufzuzwängen.

All das macht aber nix, wir sind eben zwei völlig unterschiedliche Lernende mit sehr wenig Schnittstellen, wie ich fürchte und wir werden da auch keine Schnittstellen finden.

Deine Methode funktioniert für dich, meine für dich - beide sind glücklich :)

Viele Grüße,
Manha
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Es ging nicht um das Darstellen der Emotionen, sondern (...)

Hallo Rudl,

wenn Du allein durch das Klavierspiel in völlig unkontrollierbare Seelenzustände gerätst, dann ist das wohl bei dem Großteil der Klavierspielenden nicht der Normalfall und hat m.E. irgendwelche andere - vielleicht psychische - Ursachen. Ich fürchte, viel mehr sinnvolles kann ich an dieser Stelle wohl nicht dazu sagen...

Gruß, Dreiklang
 

Der Normalfall ist es bei mir auch nicht. Aber es war mal der Fall, und es war faszinierend und schon über 20 Jahre her.

Für mich ist es seitdem klar, das Musik nicht nur ein Hörerlebinss sein kann, sondern auch tief in die Psyche einwirken kann. Gerade bei Beethoven ist ja bekannt, dass er Zeit seines Leben ein Sucher war. Inzwischen weiss ich auch, dass er auf seinem Schreibtisch die ägyptischen Hyroglyphen übersetzt für : Ich war, ich bin und ich werde sein, standen.

Ich würde sogar soweit gehen, und sagen, dass in vielen seinen Werken nach der Dramatik sogenannte Healing Musik ( Wie mans es heutzutage so schön sagt ) einsetzt.

RUdl
 
Dadurch kann ich, wenn ich dann mit dem Stück beginne, die einzelnen Hände zumindest Phrasenweise direkt im Tempo spielen. Die Stellen, an denen das nicht funktioniert, verkleinere ich herunter und isoliere sie und übe auch diese direkt im Tempo.

Liebe Manha,

also bei Mozart, Beethoven, Schubert etc. kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, das Stück in 60 kleine Häppchen aufzuteilen, mich so lange theoretisch vorbereiten, daß ich - beim ersten Anlauf - jedes dieser Häppchen, schön säuberlich getrennt, sofort fehlerfrei im Endtempo spiele. Und wenn das mit allen Häppchen erfolgreich funktioniert hat, diese Häppchen dann zum fertigen Stück zusammenzusetzen. Ist nicht böse gemeint, nur auf meine Situation übertragen.

ist für mich völlig unverständlich, denn gerade wenn man ein Stück auswendig kann und nicht mehr mit den Noten kämpft erzeugt die Musik Bilder, gerade dann empfinde ich es als völlig verkehrt der Musik eigene Bilder aufzuzwängen.

Das ist bei mir überhaupt nicht so... ich spiele, genieße den schönen Klang, das Gefühl, und freue mich. Daß da Bilder von selbst hochkämen, passiert mir nicht. Aber auch Rudl hat beschrieben, daß so etwas offenbar passieren kann. Mir ist das nur eben völlig fremd. Bei mir gibt's nur den schönen Klang - um dessentwillen spiele ich Klavier.
Und wenn ich an ein Bild dann bewußt denke, erreiche ich eben all das schöne, das ich beschrieben habe.
Wie geht es denn den anderen Clavianern damit...?

Eine Bitte: bitte laß uns versuchen, verschiedene Dinge zu trennen. Das eine ist:

(1) "Wie lerne ich ein Stück soweit, daß ich es in einem langsamen Tempo ohne größere Mühe (Fingersatz, Noten) realisieren kann" (natürlich mit beiden Händen...)

und

(2) "wie schaffe ich es, dieses Stück auf seine Endgeschwindigkeit zu bringen?"

mir geht es ausschließlich um (2), und nur dafür ist meine "Methode" gedacht! Und für (1) wäre sie gelinde gesagt eine Katastrophe!

Glaube mir - eine Pathétique kann man lange vorher auswendig mit Fingersatz und allem, bevor man die Oktavtremoli - und diverse andere schwere Stellen - einmal in einem flotten Beethoven-Tempo hat. Es geht also um einen sehr weiten - anderen - Weg, den Du im Moment wohl noch nicht siehst, wenn Du eine Invention - die man technisch, na ja, ich sag mal: es geht schon, so wie Du beschrieben hast, "direkt" auf Anhieb teilchenweise zusammensetzen kann, allein schon deswegen weil es keine eklatanten manuellen (technischen) Hürden zu bewältigen gilt.

Viele Grüße
Dreiklang
 
und dazu braucht man nicht den Mephistowalzer, glaub mir - dazu genügt ein Stückchen der Schwierigkeit 1.


Lieber Dreiklang,
bisher hast du nicht davon gesprochen, das deine wirkungsvoll langsames Klavierüben nur auf schwere Literatur anzuwenden sei, ich dachte es sei allgemeingültig gemeint, so hatte ich z.B. auch obiges Zitat gedeutet.

Das hatte ich dann wohl falsch verstanden und du hast Recht: auf dem Niveau von Pathiquen etc. kann ich da sicherlich nicht mitdiskutieren und werde mich hüten, das zu tun.

Von daher bin ich jetzt raus aus diesem Faden und übergebe an diejenigen, die auf diesem Niveau mitdiskutieren können :)

Viele Grüße,
Manha
 
Lieber Dreiklang,
bisher hast du nicht davon gesprochen, das deine wirkungsvoll langsames Klavierüben nur auf schwere Literatur anzuwenden sei, ich dachte es sei allgemeingültig gemeint, so hatte ich z.B. auch obiges Zitat gedeutet.

Liebe Manha,

Du hast vollkommen recht: das hatte ich in keinster Weise hingeschrieben, und da hatte ich dermaßene innere Scheuklappen auf :roll::oops:

Ich hoffe, ich habe nicht arrogant auf Dich gewirkt. Vorsichtshalber entschuldige ich mich mal.
Mal sehen, was die anderen so zu meinen ganzen "Ideen" sagen werden...
Ich werde wohl noch "mein Fett abkriegen" :D

Viele liebe Grüße
Dreiklang
 
Hallöchen,

es gibt übrigens auch einen Faden von chiarina zum Problembereich des Langsamspielens:

https://www.clavio.de/forum/klavierlehrer-forum/11668-langsam-spielen.html

und zwar tauscht sie sich dort mit anderen Klavierlehrern aus, wie man Schülern im Unterricht wohl begreiflich machen kann, was "langsames Spielen" wirklich ist bzw. wie langsam das sein kann und auch sein soll. Es ist sehr interessant, denn auch dort wird mit bildhaften Vergleichen gearbeitet wie "Schnecke, Zeitlupe beim Sport" u.ä., aber seht selbst.

Viele Grüße, Dreiklang
 
Hallo nochmal,

noch ein paar kurze Anmerkungen von meiner Seite. Wie immer gilt, bei allen Sachen, die ich schreibe, natürlich: ohne Gewähr! ;) Und wenn ihr Lehrer habt, die euch etwas anderes sagen, dann macht das auch erstmal so wie die es sagen. Ich bin mehr oder weniger ein einfacher Amateur in Sachen Klavierspiel. Und auch wenn ich selbst gute Fortschritte erziele mit solchen "Methoden", muß das nicht auch unbedingt für andere gelten. Bestes Beispiel: wenn das Klavierspiel Bilder in den Kopf bringt, wenn Menschen also auf die Weise Verbindung zu ihrem "Inneren" aufnehmen können, dann wäre es m.E. falsch, künstliche Bilder darüberzustülpen. Siehe auch meine Umfrage dazu.

Zweitens, ein Fehler ist in meinen Beispielen: wenn ich den Mephistowalzer auf Trab bringen möchte, sollte man als erstes Bild sich nicht ein Wiegenlied wählen, sondern etwas angepaßteres: vielleicht einen fiesen dösenden Beelzebub etc., d.h. immer am Charakter des Stückes bleiben (aber im Grunde schrieb ich das auch).

So, ich glaube das wars,
Dreiklang
 

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