Wie gelingt es Ihm eigentlich mich immer wieder zu dieser doch etwas rätselhaften Ausdrucksweise zu verführen, es mangelt in aller Offensichtlichkeit doch etwas an meinem Charakter was zu vergeben ich Ihn mir zu ersuchen erlaube.....:kuss:
Aber ich bitte Euch mein lieber Marcuse,
Ihr solltet Euch keine unnötigen Bürden auferlegen, gar Zweifeln erliegen. Nicht meine Wenigkeit ist es, die Euch zu derartig Korrespondenz ermuntert oder gar verführt. Vielmehr scheinen es die in letzter Zeit immer wieder in Pariser Salons diskutierten Fragen um die Thesen diverser Zeitgenossen wie die von Étienne Bonnot de Condillac zu sein, die, so vermuten wiederum andere, das im Menschen aufzurütteln scheinen, was sie das sogenannte "Unbewusste" nennen.
Nun, da ich derlei Scharlatanie und Kartenlegerei abgeneigt bin, weigere ich mich den Menschen an sich als einen Spielball verborgener Kräfte zu sehen. Derlei eher morgenländischer Aberglaube an ein immanent wärendes fatalistisches Weltgefüge ist mir nicht nur fremd sondern erregt in mir einen unausprechlichen Gemütszustand, den näher zu erläutern ich Euch respektvoll zu ersparen gedenke.
Da wir nun allein unter uns sind, muß ich allerdings gestehen gelegentlich selbst merkwürdiges zu beobachten, dass gemeinhin weder vor mir selbst noch vor anderen Erklärbar zu sein scheint.
Zu erwähnen lohnt ein vor Jahren stattgefundener Vorfall, der nicht nur auf meinen nahe gelegenen Gutshöfen, sondern weit über deren Grenzen hinaus bis nach Genua für großes Aufsehen sorgte.
Die Rede ist von einem bislang als taubstumm geltenden Bauernsohn, der, nachdem er vom Kutschbock herab verunglückte, ein seltsam unbekannte Sprach zu sprechen vermochte.
Es fanden sich alsbald eine nicht geringe Anzahl von Leut die sich als berufen bezeichneten diesem teuflischen Phänomen ein schnelles Ende per Selbstjustiz bereiten zu wollen.
Dies konnte im letzten Moment ausgerechnet von denjenigen verhindert werden, die aus der Ferne zu solch einer Lösung anstachelten, jedoch bei Eintreffen zur Hinrichtung im letzten Moment erkannten, dass es sich bei der Sprache des Jungen um Latein handelte.
Nach wenigen Tagen jedoch entschied ein Tribunal die gesamte Sippe des Jungen wegen einem betrügerischem Pakt mit dem Teufel anzuklagen. Zweifel und Einlassungen einzelner Mitglieder des Tribunals, man möge anhand der fehlenden Beweise zumindest die Frauen und Kinder verschonen blieben mit dem Hinweis, der Herr würde die seinen schon richten, ungewürdigt.
Ich kann Euch getrost versichern, dass weibisches Mitgefühl durch Lapalien dieser Art in keiner Weise weder einem Souverain de C.B. noch einem anderen Mitglied der Aristokratie jemals als Makel anzuhängen ist. Jedoch muss ich gestehen, dass es bei der bis dahin gut organisierten Urteilsvollstreckung von erzieherischem Wert, zu einem kleinen, wenn auch nicht allzu dramatischen Fehler kam. Man hätte es beim Ausstechen der Augen aller Familienmitglieder belassen können anstatt dem Jungen noch zusätzlich die Zunge abzuglühen. Wenigstens hat das arme Geschöpf diese zugegebenermaßen nicht unerhebliche Tortur überlebt.
Dennoch gibt mir, und dies habt Ihr mit Euren Selbstzweifeln genährt, ein für mich wesentlich wichtigerer Aspekt dieses Vorfalls zu denken.
Wie, warum und unter welchen Umständen finden wir zu einer bestimmten Sprache und in der Folge davon zu unserem Geschick?
Wo und welchen Stand nehmen wir hierdurch ein und welche Auswirkungen hat unsre Sprache auf unseren geistigen, sozialen und materiellen Besitz?
Diese Fragen wird ein jeder für sich selbst zu beantworten verstehen und bitte Euch daher Eure Zeit nicht damit zu verschwenden, diese Fragen beantworten zu wollen.
Es existieren Gerüchte wonach Ihr seit Monaten an einem ausserordentlich unterhaltsamen Klavierkonzert arbeitet. Ihr werdet sicher all Eure Kräfte und Zeit für die Vollendung dieses Werkes benötigen.
Ich kann es kaum erwarten dieser Premiere der besonderen Art beizuwohnen und wünsche Euch allerbestes Gelingen für Bayreuth.
Hochachtungsvoll
Euer C.B.