Wie übe ich richtig, nutze meine Übungszeit?

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Herr Toteninsel

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Liebe Forenmitglieder,

Seit einiger Zeit frage ich mich, ob die Art, wie ich übe richtig ist. Also ob ich meine Übungszeit gut nutze oder eher verschwende.

Zur Bewertung hier ein ungefährer Ablauf meines Übens:

- Ich spiele zunächst mein Repertoire (ca. 8 Stücke, natürlich nicht alles was ich jemals gespielt habe, sondern Werke, die auf meinem aktuellen Niveau liegen oder nur knapp drunter sind, dabei aufsteigender Schwierigkeitsgrad)

- Dann spiele ich mein aktuelles Übungsstück mehrmals durch, wobei ich bei komplizierten, noch ungekonnten Stellen auch mal mehrmals wiederhole, die Figur/Phrase separat übe.

- Schließlich spiele ich ein wenig vom Blatt (aus dem Album für die Jugend von Schumann) -> keineswegs flüssig, aber zumindest die ersten Dutzend Stücke kann ich einigermaßen PrimaVista spielen.

- Wenn noch genügend Zeit ist (ich schaue nicht gerne auf die Uhr, aber manchmal gehts nicht anders) übe ich noch Skalen über 2 Oktaven, erst rechts, dann links (bisher aber nur c-Dur)


So sieht ein typischer Ablauf aus. Wenn richtig viel Zeit da ist, improvisiere ich danach noch ein bisschen um harmonische Funktionen praktisch zu testen.

Was meint ihr dazu? Wie sollte ich im Idealfall meine Übungszeit einsetzen, wenn ich einen Fortschritt erzielen will. Es geht hier nicht um schnelle Ergebnisse (Klavierspielen braucht seine Zeit) doch will ich meine Übungszeit auch nicht vergeuden.

Mit herzlichen Grüßen und Freude auf konstruktive Kritik und Vorschläge

Herr Toteninsel
 
Hm, also ich würde da ein paar wirklich zeitraubende Dinge ändern und mich viel mehr aufs richtige üben konzentrieren. Ich würde keinesfalls jeden Tag 8 Stücke (8 ist auch viel zu viel) einfach nur durchspielen. Das bringt gar nichts. Beim schlichten Durchspielen achtet man nicht auf die Feinheiten. Dann lieber täglich 2 der Stücke ordentlich üben. :super:

Auch das aktuelle Stück nicht einfach nur durchdudeln, sondern richtig üben. Links-Rechts getrennt, Schneckentempo, Teilgeschwindigkeit, Taktweise oder was auch immer, hauptsache nicht nur durchspielen. Ich bin auch so ein "ich-spiele-gerne-durch" Kansidat. Mir hilft es, mit der letzten Seite des Stückes anzufangen (wenn man denn schon alle Seiten kann) und mich nach vorne vorzuarbeiten, nicht umgekehrt. Das hat außerdem den Vorteil, dass ich die Stellen, die ich weniger kann (also die hinteren Seiten) oft etwas mehr übe, als wenn ich mit dem anfange was ich kann (und das dann ganz oft spiele, weil es so schön läuft:-D) Schwierige Figuren immer extra üben, evtl. auch zuallererst.

Warum übst du immer C Dur-Skalen? Mir erschließt sich der Sinn dahinter nicht :konfus:
Wenn du das unbedingt üben willst, dann nicht nur in C, sondern in allen Tonarten (auch Moll, und wenn du das kannst fängste mit Kirchentonarten an:-D)
 
Danke schonmal für die Antwort.

Ich hatte vermutet, dass ich vielleicht nicht der Effektivste bin ;)

Das Repertoire übe ich, damit es nicht verloren geht. Ist das falsch? Oder sollte ich mich vielleicht auf die Stücke beschränken, die ich zwar schon durchspielen, aber nicht perfekt kann? (Das wären neben aktuellem Stück eine Sonatine und ein Sonatensatz)

Bei den Skalen war mein Gedanke, die Geschwindigkeit zu erhöhen, aber der Einwand leuchtet mir ein. Muss immer bei anderen Tonarten ewig suchen (außer jetzt f-dur oder sowas) und kirchentonarten kann ich zwar theoretisch runterbeten, aber nicht wirklich flüssig spielen.

Was für einen Übungsablauf schlägst du vor, wie machst du (oder an alle: ihr) das? Wie und in welcher Reihenfolge übt ihr?
 
Ich würde mir gar keinen so genauen Ablaufplan zurechtlegen, den ich dann auch jeden Tag so runterbete. Ist ja ganz löbich, dass du ein großes Repertoire haben willst, aber mit ständigem Durchspielen erreichst du eher das Gegenteil von Perfektion. Dein Spiel stumpft immer weiter ab und wird eintöniger. Hin und wieder mal spielen (und üben!) ist völlig okay, aber jeden Tag alle möglichen Stücke zu üben ist schlicht unmöglich, was du auch noch feststellen wirst, wenn sich dein Repertoire vergrößert. :blöd:

Wenn man die Stücke dann irgendwann tatsälich mal braucht, kann man sie dann immernoch wieder üben! Da achtet man dann auch wieder auf die Feinheiten, die beim Durchspielen untergehen. :super:

Mach dir doch einen ungefähren Plan, wie du deine Stücke (also die, an denen du gerade lernst, nicht alle anderen) jeden Tag üben möchtest. Jeden Tag ein bisschen anders und auch nicht jeden Tag alles durchspielen. Dann schaust du, wie lange das in etwa dauert und dann entscheidest du nach Lust und Laune was du sonst noch üben willst. Das sollte denke ich relativ spontan kommen, worauf man halt gerade Lust hat. Nichts ist schlimmer, als sich mit Harmonien rumzuquälen, wo man doch viel lieber etwas vom Blatt spielen möchte. Da sollte man flexibel sein.:super:
 
Die Antwort empfinde ich als sehr ermutigend, danke.

Ich muss zugeben, dass ich sehr gerne plane und mich in der perfekten Planung dann befreit fühle, weswegen ich nach einem Ablauf gefragt habe.

Weiß jemand etwas über das Übeverhalten von Profis? Wie haben in ihrer Jugend die heutigen Star-Pianisten geübt? Wie übt man am professionellsten?
 
Was ist eigentlich mit klassischen Fingerübungen und Etüden?
 
Weiß jemand etwas über das Übeverhalten von Profis? Wie haben in ihrer Jugend die heutigen Star-Pianisten geübt? Wie übt man am professionellsten?
Das kann man in deren Autobiographien nachlesen und ich bin sicher, da hört man nur eine Riesenmenge an Mythen und Märchen. Da gibt es welche, die tun so, als hätten sie praktisch kaum geübt und es gibt welche, die sprechen von zwölf Stunden täglich.

Profis können auch nur sehr begrenzt Übevorbilder für Amateure sein. Das anvisierte Ziel ist ein ganz anderes.

Wer sich als Amateur ein Stück vornimmt und es nach und nach kann, hat nicht viel falsch gemacht. Wenn man sieht, wo es hakt, kann man zielgerichtet arbeiten und die Dinge bessern sich.

Und man muss bereit sein auch einmal zuzugeben, dass eine Nummer vieleicht auch 'mal etwas zu groß war.

Cw
 
Danke schonmal für die Antwort.
Muss immer bei anderen Tonarten ewig suchen.
Genau deshalb sollte es ja geübt werden, nicht nur bei Skalen sondern z.B. auch beim Improvisieren...oder einfache Stücke in allen Tonarten spielen. Schieb das auch bloß nicht weiter raus, sonst endest Du mal so wie ich. :-D

übe ich noch Skalen über 2 Oktaven, erst rechts, dann links
Würde ich beidhändig üben; in parallele und entgegengesetzter Richtung (das wäre z.B. eine klassische Fingerübung).

Ich gebe Lanka Recht: 8 Stücke runterdudeln (ich mache das auch immer so) ist verbrannte Zeit...oder es macht halt einfach Spaß. Üben ist es jedenfalls nicht.
 
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Wie lange ist denn die von Dir beschriebene Übeeinheit? Dazu sagst Du leider nichts.

Wenn Dir 8 Stücke aus Deinem Repertoire besonders am Herzen liegen, kannst Du doch zum Warmwerden im Turnus eins oder zwei spielen. Jeden Tag ein anderes (oder zwei). Damit hättest Du alle einmal pro Woche durchgespielt.

Das aktuelle Stück ein paar mal von vorn nach hinten durchzuspielen, ist nach meiner Auffassung kein "Üben" im eigentlichen Sinn. Vielleicht sind die Stücke zu einfach? Das würde auch erklären, wieso Du täglich 8 (!) Repertoirestücke spielst.

Ich bin alles andere als ein Profi und kann daher auch keine validen Tipps geben. Aber ein Stück, an dem man auch etwas lernen soll, spielt sich m. M. nicht einfach von vorn bis hinten durch (inkl. ggf. Wiederholung hakeliger Stellen). Wenn es hakelige Stellen gibt (und diese jeden Tag aufs Neue hakeln), würde ich die einfach so lange üben, bis sie gar nicht mehr hakeln, dann in den Kontext einbinden, und erst wenn auch im Kontext nix mehr hakelt, das komplette Stück dazunehmen (das ja offenbar einfach genug ist, dass Du es "durchspielen" kannst).

Die Skalen würde ich nicht am Ende spielen, sondern eher mal zwischendurch, um evtl. Verkrampfungen zu lösen.
 
Wie lange ist denn die von Dir beschriebene Übeeinheit? Dazu sagst Du leider nichts.

Oh, das hatte ich wohl vergessen, entschuldige.

Wochentags in der Regel eine Stunde, selten auch zwei Stunden. (Durchschnitt aber eher eine Stunde, weil ich Montags beruflich bedingt meist nur eine Dreiviertelstunde spiele.)
Samstag, Sonntag sind zwei schon die Regel, gerne auch mal drei oder selten vier Stunden.

Wenn Dir 8 Stücke aus Deinem Repertoire besonders am Herzen liegen, kannst Du doch zum Warmwerden im Turnus eins oder zwei spielen. Jeden Tag ein anderes (oder zwei). Damit hättest Du alle einmal pro Woche durchgespielt.
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Vielleicht sind die Stücke zu einfach? Das würde auch erklären, wieso Du täglich 8 (!) Repertoirestücke spielst.
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Aber ein Stück, an dem man auch etwas lernen soll, spielt sich m. M. nicht einfach von vorn bis hinten durch (inkl. ggf. Wiederholung hakeliger Stellen). Wenn es hakelige Stellen gibt (und diese jeden Tag aufs Neue hakeln), würde ich die einfach so lange üben, bis sie gar nicht mehr hakeln, dann in den Kontext einbinden, und erst wenn auch im Kontext nix mehr hakelt, das komplette Stück dazunehmen (das ja offenbar einfach genug ist, dass Du es "durchspielen" kannst).

Ich glaube du hast recht. Da sind auch Stücke dabei, die laut der G. Henle-Stufen (führe ich jetzt nur als Vergleich an) zwei Stufen unter dem liegen, was ich momentan schon spielen kann. Vielleicht sollte ich mich von den einfachen Stücken lösen, vorspielen würde ich sie sowieso nicht, aber als Fingerübung erschienen sie mir recht porbat. (z.B. eine Clementi-Sonatine. Kann ich zwar durchspielen, es strengt an gewissen Stellen aber noch an.)

Die Idee mit dem Turnus gefällt mir. Es werden ja immer mehr Stücke, die ich im "Repertoire" spielen kann und dann die Einfachen auszusortieren und die anderen im Wechsel zu spielen, hört sich sehr gut an.

Bei den hakeligen Stellen: Einfach diese herausgenommen wie verrückt wiederholen oder gibt es da andere Techniken?

Profis können auch nur sehr begrenzt Übevorbilder für Amateure sein. Das anvisierte Ziel ist ein ganz anderes.

Cw

Vielleicht war meine Frage zu hoch gegriffen, aber wie üben denn zum Beispiel angehende Konzertpianisten, also Klavierstudenten? (Nicht jeder Klavierstudent wird Konzertpianist, aber die Richtung der Frage ist klar.)
 
Genau deswegen frage ich ja. Weil ich in der Zeit eben relativ wenig Detailarbeit mache. Offenbar kann ich mir ja die ganze Durchspielerei größtenteils sparen.

Aber was wäre das Lernen ohne auch mal Fehler zu machen und diese auszumerzen...
 

Du kannst zur Entspannung zwischendurch natürlich Deine "Repertoire-Stücke" durchspielen, aber ich würde das auch nicht täglich machen. Du kommst dann weiter, wenn Du Deine Kenntnisse ausbaust und Dich nicht auf Vorhandenem zu sehr ausruhst.
 
Repertoire musst du nicht täglich üben (geht auch irgendwann zeitlich gar nicht mehr).

Vielmehr solltest du dem Gedächtnis die Möglichkeit geben, auch mal zu vergessen. Das Auffrischen/Wiederlernen vertieft dann das Gelernte/Vergessene umso besser.

Anfangen würde ich mit Tonleitern zum Aufwärmen (ich selber wärme mich aber mit Repertoire auf, meist Etüden).

Übestücke hab ich immer mehrere, damit es mir nicht zu langweilig wird. Eventuell nach Epochen mischen, oder Etüden nach Art der technischen Schwierigkeit. Barock-Moderne, Geläufigkeit-Terzen u.ä. Ein anderer Weg wäre, sich etwas progressiv geordnetes zu suchen und das abzuarbeiten, da gibt es ja genug Literatur und Hinweise im Netz.

Sobald ich ein Stück halbwegs fehlerfrei kann nehme ich mir ewas neues vor, damit ich nicht auf der Stelle trete. Stücke die ich technisch kann versuche ich dann auch musikalisch zu meistern.

Mehr ist bei mir nicht drin - eine Stunde pro Tag schaffe ich, mehr ist aufgrund von Berufstätigkeit konzentrationsmäßig nicht drin.
 
Ich mache es wohl in eurem Sinne nicht gut, aber bei mir hab ich das Gefühl, dass Spaß und Fortschritt in einem guten Verhältnis stehen. Ich habe heute zum Beispiel 3 1/2 Stunden Klavier gespielt, über den Tag verteilt auf 4 Portionen.
Es waren insgesamt 37 Stücke, viele unter 3 Minuten (etliche empfinde ich als leicht), das längste (WTK1 h-moll-Fuge) 8 Minuten. Es gibt keine Ordnung (außer dass sich die Tonarten nicht zu sehr beißen), es geht kreuz und quer durch die Musikgeschichte.
In 4 Stücken habe ich intensiv Stellen geübt. Jetzt bin ich ziemlich platt, aber ich freu mich schon auf morgen, tastenmäßig.

Grüße
Manfred
 
vom Blatt (aus dem Album für die Jugend von Schumann) -> keineswegs flüssig, aber zumindest die ersten Dutzend Stücke kann ich einigermaßen PrimaVista spielen.

Da brauchst du gar nicht Üben :-) denn "Prima Vista" oder wörtlich auf den ersten Blick bedeutet:
Der Musiker mus ohne vorherige Vorbereitung (Üben) ab Blatt spielen können. Das Prima-Vista Spiel gehört zu Qualifikation eines Berufsmusikers.
 
Da brauchst du gar nicht Üben :-) denn "Prima Vista" oder wörtlich auf den ersten Blick bedeutet:
Der Musiker mus ohne vorherige Vorbereitung (Üben) ab Blatt spielen können. Das Prima-Vista Spiel gehört zu Qualifikation eines Berufsmusikers.
Genau, man nimmt sich das einfachste Stück, dass man hin kriegt, ohne zu stottern, wenn man es vom Blatt spielt. Dann sucht man in der Gegend nach einem schwereren Stück, dass Prima Vista zu spielen geht, ohne irgendwie hängen zu bleiben usf. , und in diesem Bereich findet man dann schwierigere Werke etc.. und daran muss man sich hocharbeiten, bis man eine Sonate "vom Blatt" fehlerfrei runter nudeln kann :-D

LG
Michael
 
Es lohnt sich durchaus auch einmal ein Blick ins Clavio-Archiv zu werfen, @Herr Toteninsel. Das ist thematisch untergliedert, hier der link zu Übemethoden.
Das Archiv ist voller super Tipps, ich habe mich schon einige Stunden durchgewühlt. Es lohnt sich!
 
Welche acht Stücke spielst Du denn jeden Tag durch und welches ist Dein aktuelles Übestück?
 

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