Wie erlebt ihr das Erlernen eines neuen Stücks???

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Debbie digitalis

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3. Apr. 2009
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Hallo miteinander,

da ich ja als Anfänger ständig dabei bin, neue Stücke zu erlernen, liegt ja die Frage nahe, wie sich der Prozess "ein neues Stück erlernen" für mich als Anfänger, eigentlich vollzieht.

Meines höchst persönlichen Erachtens nach (ich bin Spätanfänger, lerne seit ca. 5 Jahren Klavierspielen, habe allerdings Vorkenntnisse in Gitarre aus der Jugendzeit und singe in einem Chor) gliedert sich das Erlernen eines neuen Stücks in verschiedene Phasen:

Phase 1:
Erst mal mit der Machete durch den Notenurwald!
D.h. natürlich: erst mal ganz langsam und mit Ruhe begreifen, was da eigentlich notiert ist. Das Ganze braucht Zeit, hat mit dem musikalischen Ergebnis, das am Ende herauskommen soll, aber noch nicht allzu viel zu tun. Ich schlage mich als Anfänger daher erst mal mühevoll - auf den notleidenden Klaviertasten -, erst mit der rechten, dann mit der linken Hand, die Machete angespannt umklammernd, so langsam durch das unübersichtliche Dickicht!

Phase 2:
Habe ich die in Phase 1 beschriebene Übung mehrmals nachvollzogen, so wirkt der Notenurwald weniger bedrohlich. Die Machete kann ich jetzt simultan mit links und rechts einsetzen! Die Tastatur ächzt! Ich erkenne plötzlich, dass dieser scheinbare Urwald aus Bäumen besteht! Zwischen den Bäumen fällt Sonnenlicht in den Wald, ich kann freier atmen und die Schönheit des Waldes so langsam ein wenig geniessen...

Außerdem entdecke ich so langsam, dass der Wald nicht nur aus Bäumen besteht, es gibt hier auch filigrane wunderschöne Sträucher, im Morgentau glitzernde Spinnennetze, über den duftenden Waldboden eilende Ameisen, schnell trillernde flüchtige Vogelstimmen, pochende Spechte, flinke, nahezu lautlose Eichhörnchen ... und auch jede Menge gemeine, von welkendem Laub verdeckte scharkantige Stolpersteine, dorniges Gebüsch, schlammige Tümpel, hinterlistige Stechmücken...

Phase 3:
Da ich diese vielen neuen Eindrücke des Notenurwalds nicht so schnell sortieren und auf meiner "inneren" Wanderkarte vermerken kann, werde ich bei erneuten Wanderungen durch diesen zauberhaften Wald häufig aufs neue überrascht:
Zwar habe ich diese schattenzarten Sträucher zwischen großen Bäumen bereits einmal gesehen, doch beim heutigen Beschreiten des Waldweges werde ich mir ihrer nicht bewusst und laufe blind daran vorbei. Ebenso bin ich nicht darauf gefasst, hinter der Wegesbiegung den von wuchernden Wildbüschen verdeckten sumpfigen Tümpel anzutreffen. Prompt falle ich hinein und die dort ansässigen Frösche quakten höhnisch! ....

Phase 4:
Nachdem ich meine "innere Wanderkarte" für diesen Urwald nun erstellt habe, kann mich auf meinen Wanderungen nichts mehr überraschen! Allerdings: Ich spüre den trillernden Waldvögeln, dem Pochen des Spechts, dem nahezu lautlosen Lauf der Spinne durch ihr in Tauperlen glitzenerndes Netz und auch dem Schmatzen meiner Schritte beim Durchqueren der tückischen Sümpfe nun intensiv nach!...

Nachspürend - auf den Klaviertasten - finde ich so viele Möglichkeiten, die Geschichte genau dieses Urwalds zu erzählen: ich probiere aus, laufe vor, gehe wieder zurück, drehe mich im Kreis, verlasse die Wanderstrecke und kehre wieder zurück. Eines Tages habe ich dann das gefunden, was zu diesem speziellen Notenurwald und meiner persönlichen Wanderkarte für denselben passt.


Schlussendlich:
Natürlich schreiten Menschen unterschiedlich aus! Manche haben größere Füße, längere Beine, einen schnelleren Schritt, einen vorinstallierten Kompass im Kopf oder alles zusammen. Einige sehen viel mehr am Wegesrand als ihre Gefährten , andere wiederum können mehr ausblenden und sich den Weg dadurch einfacher machen! So gibt es verschiedene Wege durch äußerst unwegsames Gelände!

Was nun die wahre Kunst ist, vermag der Anfänger jedoch noch nicht zu entscheiden!

LG

Debbie digitalis
 
Hallo Debbie digitalis,

da hast du sehr schön "blumerös" beschrieben.

Ich finde ein neues Stück immer sehr anstrengend. Schwanke zwischen Neugier und Überforderungsgefühl.

Andere Frage, wie lange benennst du dich denn noch Anfänger, du spielst doch schon 5 Jahre? Wer 5 Jahre spielt, kann doch kein Anfänger mehr sein?:):confused:
Wovon machst du das abhängig? Vom Fortschritt? Vom erreichten Level?

LG
VP
 
Liebe DebbyDigitalis,

sicherlich mache ich all diese Phasen ebenfalls durch. Alles, was Du beschreibst, ist nichts Neues. Jeder Pianist hat das durch, jeder, der es ernst meint und getrieben wird von der Leiderschaft, ackert, gräbt um, sät und muß feststellen, daß das gerade Gesäte die falsche Saat war .....

Wenn ich ein neues Stück erlerne, habe ich zunächst immer ein Menge Hoffnung, Frohsinn, Freude und eine unendlich Neugier dabei. Inzwischen habe ich einige Hürden gemeistert, und ich weiß, daß ich beim neuen Stück wieder "ins Loch falle", weil aufs neue Knüller drinn sind. Aber ich will das!!! Der Reiz am neuen Stück steht da drüber.

Mit der Zeit löse ich mich vom Hineinsteigern in ein NonPlusUltra-Spiel. Ich hohle alles heraus, was mir möglich ist. Rest oder Reste bleiben und sind die Hoffnung für die nächste Stufe.
Violapiano: Andere Frage, wie lange benennst du dich denn noch Anfänger, du spielst doch schon 5 Jahre? Wer 5 Jahre spielt, kann doch kein Anfänger mehr sein?
Eine gute Idee die Fragen. 5 Jahre Klavierspielen heißt nicht mehr DER Anfänger zu sein. Man sitzt inzwischen in der Sache drin, man ist eingweiht, man versteht zumindest theoretisch eine ganze Menge von der Materie. Mit meinen Erfahrungen als Spätanfänger komme ich zu der Erkenntnis, daß ich mich von dem Wort Anfänger löse. Wozu auch darauf pochen - es ist wie es ist!

Das Problem sind doch die technischen Hürden. Und da kann man nur üben, üben ... PianoPuppy schreibt als Spätanfänger, daß sie täglich 3 Stunden, jetzt 4 Stunden und mehr üben wird ... Das ist nämlich die Geschichte - das tägliche Üben.

Jeder gute Pianist fängt mit jedem neuen Stück wieder von vorne an, denn mit jedem Stück beginnt etwas Neues - sicherlich stehen die Grundlagen, das Handwerkszeug ... man darf niemals vergessen, daß er von Kind am Klavier saß, sitzt, gelernt hat, lernt, studierte, studiert .... immer weiter, immer weiter .....

Trotz mühseliger Arbeit und Konfrontation mit der eigenen Psyche erlebe ich so unendlich viele wunderbare Momente gibt, die ich selbst erzeugen kann, wenn ich nur einen 4Klang spiele (ich liebe 4Klänge) - da kann ich vor Genuß in die Höhe gehen. Als ich vor 5 Jahren anfing, hatte ich keinen blassen Schimmer davon. Und dann kommt ja auch noch die umfassende Wissensbildung dazu, die sich summiert mit der Zeit - es geht ins Unendliche.

VP: Wovon machst du das abhängig? Vom Fortschritt? Vom erreichten Level?
Ich denke nicht über Fortschritt nach, auch nicht über meinen erreichten Level. Ich habe eher die Unzulänglichkeit, das Problem in dem Moment nicht packen zu können. Was tue ich? Ich bastel, ich schreie, gehe wieder ans Klaiver, frage, lese in Clavio, beruhige mich --- und dann fließt es auf einmal, einfach so, als wenn nichts geschehen wäre - so erlebe ich mein Klavierspielen.

herzlicher Gruß
Kulimanauke
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
"Eine gute Idee die Fragen. 5 Jahre Klavierspielen heißt nicht mehr DER Anfänger zu sein. Man sitzt inzwischen in der Sache drin, man ist eingweiht, man versteht zumindest theoretisch eine ganze Menge von der Materie. Mit meinen Erfahrungen als Spätanfänger komme ich zu der Erkenntnis, daß ich mich von dem Wort Anfänger löse. Wozu auch darauf pochen - es ist wie es ist!"

Liebe Kulimanauke,

das ist in meinen Augen eine schöne und weise Beschreibung von jemandem, der spät mit dem Klavierspielen begonnen hat.
Jeder hat als spät Angefangener seine Schwierigkeiten und wird nicht meistens mehr eine höhere Perfektionsstufe erreichen
Und das ist doch auch o.k.

Das Erarbeiten eines neuen Stückes ist aber wirklich ein interessanter Aspekt. Ich möchte noch hinzufügen, dass für mich das Erabreiten eines neuen Werkes eine große Konzentrationsanstrengung ist. Es bereichert mich, es erweitert den Horizont.
Bestimmt kommen ein paar neue Synapsen im Hirn dazu bei jedem neuen Werk! :-)
 
VP: "Das Erarbeiten eines neuen Stückes ist aber wirklich ein interessanter Aspekt."
Oh ja! Aber das Thema durchzieht doch das ganze Clavio. Man bekommt doch viel von der Ackerei der Anderen mit inkl. ihren Höhen und Tiefen .
Clavio als Nachschlagewerk immer wieder gerne ;)


VP: "Ich möchte noch hinzufügen, dass für mich das Erabreiten eines neuen Werkes eine große Konzentrationsanstrengung ist." Sicherlich!

VP: "Es bereichert mich, es erweitert den Horizont." Und wiiiiie! :)

herzlicher Gruß
Kulimanauke
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hallo Debbie,
wie wunderschön hast du dein persönliches Erlebnis im Urwald beschrieben. Man kann fast die Augen schließen und mit auf die Reise gehen, müsste man nicht deinen Text lesen :lol:

Oftmals sieht mein Weg durch den Notenwald ähnlich aus wie deiner. Im Moment jedoch wandere ich eine andere Strecke entlang.

Ich verweile einige Zeit in einem bestimmten Areal, bewege mich nur in einem gewissen Abstand nach vorne und halte auch nur einen bestimmten Radius ein, der nicht überschritten wird. Der Untergrund wird aufs Genaueste analysiert, ich entdecke Tiere, die ich auf die schnelle nicht wahrgenommen hätte. Ich beobachte Pflanzensämlinge, die sich kreuzen und den winzigen Tierchen Nahrung geben. Durch mein genaues Erforschen dieses kleinen Areals prägt sich mir vieles auf eine Art und Weise ein, die mir erlaubt, größere und schnellere Schritte machen zu können.

Das nächste Terrain lockt verführerisch, doch ich wage den Schritt dorthin erst dann, wenn ich mir ein sattes Bild vom Vorgänger gemacht habe.

Erfüllt durch den Notenurwald, Madita
 
gelöscht...
 
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Achwas, auch Buschmesser und Kompass benutzen will gelernt sein, Nica.
Oft muss man ja auch erstmal das GEstrüpp entwirren, nicht wahr? :-)
Pflanzen identifizieren etc.
 
...Ich habe auch nicht das Gefühl, dass ich besonders viel mehr kann als vor ein paar Monaten (manches vielleicht schon, aber nicht viel). Deshalb fällt es mir gerade schwer, etwas Neues positiv anzugehen. Ich übe halt, aber wenn ich eh schon weiß, dass dabei nicht viel rauskommt... *seufz* Ich bin einfach nicht für Urwälder gemacht, hoffe aber, dass ich wenigstens einen gewissen Optimismus zurückgewinnen kann.

Viele Grüße aus dem Dickicht,
Nica

Hey Nica,
mir gings nach ein paar Monaten des Klavierspielens ähnlich. Es galt ein gefühltes Plateau durchzuhalten. Aber das wird sich auch wieder geben und dann geht es spürbar weiter. Und rückblickend hab ich in der Zeit doch eine Menge gelernt. Vieles hat sich gefestigt.

Zum Thema: Wenn ich ein neues Stück angehe, habe ich oft das Gefühl, vor einer Hürde zu stehen, von der ich nicht weiß, ob ich sie überwinden werde. Dann mache ich mich an die Arbeit und überrasche mich regelmässig selbst :). Dabei habe ich für mich festgestellt, dass der Weg zum Ziel sehr unterschiedlich verläuft. Mal ist es so, dass an irgendeinem Punkt quasi ein Knoten platzt und es plötzlich läuft. Bei anderen Stücken stellt sich der Fortschritt in kleinen, manchmal kleinsten Schritten aber dafür ganz kontinuierlich ein (insbesondere bei Werken von Bach). Das finde ich immer sehr spannend. Allgemein gilt aber: je mehr Stücke ich erlerne, umso größer wird das Vertrauen in meine Fähigkeiten bzw. das Wissen, die Fähigkeiten zu entwickeln. Das macht einen großen Teil meiner Freude am Klavierspielen aus.

LG,
Rosie
 
das Wunderbare, das Neue, das Überraschende. neue Noten, ein neues Stück - vielleicht ist dieser Zauber heutzutage ein wenig entzaubert worden, denn dank nicht immer und nur glückseliger neuer Medien kann man sich nahezu alles vorher anhören...

...und diese Versuchung, nämlich den Prozess des Kennenlernens teilweise auf passive Art und Weise geschehen zu lassen, ist groß: als ich anfing, gab es zwar kein YT und auch kein Internet, aber Platten, Kassetten, die Musikhochschule und die Uni hatten eine Mediothek - da konnte man viel Kennenlernen "abkürzen" (um den Preis, ertmal einer "offiziellen, weil publizierten" Version zu glauben) ... hm... meine Professoren hatten mir gepredigt: guck erst selber, hör später (ok, bei vielen Sachen ging das - aber bei etlicher ohnedies vorab bekannter Literatur ging das nicht: die war schon im Ohr (man fängt ja kein Klavierstudium an, ohne z.B. Chopin zu kennen)) --- aber die Versuchung ist noch heimtückischer, als man zunächst denken mag: da gibt es auch den inneren Schweinehund, der da sagt "du kannst noch nicht genug, um selber, ohne andere anzuhören, was vernünftiges zu erarbeiten: da könntest du dir falsches angewöhnen, also orientier dich lieber" (der innere Schweinehund ist jener geniale Psychologe, der einen am besten kennt und folglich sämtliche Schwächen perfekt ausnutzt :D:D ...)

Mein Tipp an alle, ob Anfänger oder Fortgeschrittene:
Literatur über Schwierigkeitsgrade etc gibt es genug - sucht euch ein paar Stücke aus, die etwas leichter als eure aktuellen sind, und wählt dabei Sachen, die ihr noch nicht vom hören kennt und hört sie euch auch nicht an --- mal selber auf Entdeckungsreise gehen, und erst dann, wenn man meint, man habe das jetzt drauf, mal zum Vergleich eine Aufnahme anhören. Ja, das ist wie im 19. Jh., als es weder Radio noch Internet, weder Platte noch CD gab: man war damals auf....... Noten angewiesen!
Und ich kann verraten: es ist ein ganz anderes Erlebnis, wenn man etwas von Null und Nichts an kennen zu lernen versucht.

Ein anderer Tipp, der in eine ähnliche Richtung geht:
sucht euch für euch irgendwelche ganz ultraleichten Sachen aus (auch wenn ihr sie schon kennt) und versucht, die allein "perfekt" zu machen und spielt sie dann eurer Lehrkraft mal vor - auch das wird interessant sein!
 
Das was Du schreibst, Rolf, gilt für fortgeschrittene Spieler, die bereits detaillierte Klangvorstellungen haben.

Für Anfänger ist es häufig definitiv besser, sich Konzerte und Aufnahmen des zu lernenden Stückes anzuhören (bzw. es sich vorspielen zu lassen), da sie ja erstmal checken müssen, wie das in den Noten Dargestellte in der Realität gemeint ist - denn die Notenschrift ist zwangsläufig nur eine grobe Orientierung, hält aber nicht die "Musik an sich fest", selbst wenn im Laufe der Zeit Komponisten immer detailliertere Vortragsbezeichnungen etc. festgelegt haben.

Es reicht nicht, wenn der Lehrer es 1x pro Woche in der Stunde vormacht, wie es ungefähr klingen soll, das haben normale Schüler doch zu Hause wieder vergessen.

Die von Dir geschilderte Selbständigkeit und Kreativität im Umgang mit Noten kann und sollte dann später kommen.

LG,
Hasenbein
 

Das was Du schreibst, Rolf, gilt für fortgeschrittene Spieler, die bereits detaillierte Klangvorstellungen haben.

einigen wir uns so: Totalanfänger haben anderes zu tun - nach 1-2-3 Jahren (je nachdem, wie weit man gekommen ist) kann man ruhig machen, was ich vorgeschlagen habe - es ist ja auch eine Art Feedback über den jeweiligen Verständnisstand, und das kann nicht schaden.
 
Eine gute Idee die Fragen. 5 Jahre Klavierspielen heißt nicht mehr DER Anfänger zu sein. Man sitzt inzwischen in der Sache drin, man ist eingweiht, man versteht zumindest theoretisch eine ganze Menge von der Materie. Mit meinen Erfahrungen als Spätanfänger komme ich zu der Erkenntnis, daß ich mich von dem Wort Anfänger löse. Wozu auch darauf pochen - es ist wie es ist!

Liebe Kulimanauke,

sicherlich hast du recht mit deiner Aussage! Ich empfinde es in meinem auf das Klavierspielen bezogenen Lernprozess aber häufig eher im Sinne eines "Ich weiss, dass ich nichts weiss". Will sagen: Je weiter ich mit meinem Klavierspielen ich komme, um so deutlicher erkenne ich, was mir zum virtuosen Beherrschen dieses Instruments noch fehlt! Daher bezeichne ich mich nach wie vor als Anfänger!


LG

Debbie digitalis
 
511Oftmals sieht mein Weg durch den Notenwald ähnlich aus wie deiner. Im Moment jedoch wandere ich eine andere Strecke entlang.
Ich verweile einige Zeit in einem bestimmten Areal, bewege mich nur in einem gewissen Abstand nach vorne und halte auch nur einen bestimmten Radius ein, der nicht überschritten wird. Der Untergrund wird aufs Genaueste analysiert, ich entdecke Tiere, die ich auf die schnelle nicht wahrgenommen hätte. Ich beobachte Pflanzensämlinge, die sich kreuzen und den winzigen Tierchen Nahrung geben. Durch mein genaues Erforschen dieses kleinen Areals prägt sich mir vieles auf eine Art und Weise ein, die mir erlaubt, größere und schnellere Schritte machen zu können.

Das nächste Terrain lockt verführerisch, doch ich wage den Schritt dorthin erst dann, wenn ich mir ein sattes Bild vom Vorgänger gemacht habe.

Liebe Madita,

du bist mir auf der abenteuerlichen Wanderung durch den Urwald offenbar schon um einiges voraus!
Ich hoffe in ferner Zukunft an einer der wenigen Wegkreuzungen im Urwald einmal mit dir zusammenzutreffen!

LG

Debbie digitalis
 
Liebe Nica,

ich antworte dir morgen auf deinen post, heute ist es schon viel zu spät!

LG

Debbie digitalis
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
"Ich weiss, dass ich nichts weiss"

Ihr Lieben, ist das nicht eine Erfahrung, die man mit zunehmendem Lebensalter immer öfter macht?

Mir geht das so, je mehr ich erfahre und kennenlerne, umso besser weiß ich, dass ich wenig weiß.
 
Tolle Beiträge!

Jetzt weiss ich, dass meine Stücke wohl doch passen. Ich hatte den Eindruck gewonnen, dass sie zu schwer seien, weil ich richtig viel und lange dafür arbeiten muss.

Was das Spielen unbekannter Stücke angeht: das mache ich als blutige Anfängerin auch!
Ich suche mir die allereinfachsten Stücke raus (z.B. von G. Benedetti), manchmal kenne ich die Melodie, manchmal nicht. Damit übe ich genau das, was hier besprochen wurde: Klangvorstellung schulen (ich versuche mir die Melodie vorzustellen und höre dann, ob ich arg daneben lag), Vom-Blatt-Spielen, Bass-Schlüssel-lesen vertiefen. Das hab ich mir vom Unterricht meines Kindes abgeguckt.

Ein Plateau (oder Tief) liegt gerade hinter mir, ich freue mich darauf Neues zu entdecken und zu lernen.
 
mit weniger als einem Jahr kann ich vielleicht noch die Perspektive eines 'echten' Anfängers beitragen. Um in Deinem Bild zu bleiben: Im Moment ist der Urwald für mich ein eher frustrierender Ort. Am Anfang habe ich mich bei jedem neuen Stück gefreut - im Moment bin ich schon frustriert, bevor ich anfange, weil ich weiß, dass ich beim Durchkämpfen den Urwald ziemlich zerstöre.

Liebe Nica,

der Urwald kann natürlich stellenweise sehr unwegsam sein, aber das bedeutet nicht, dass auf dem eingeschlagenen Weg kein Weiterkommen mehr möglich ist. Häufig lichtet sich das Dickicht bereits nach wenigen Metern wieder. Wenn du auf deiner Wanderung hin und wieder auf einer Anhöhe innehältst und auf die bereits zurückgelegte Strecke zurückblickst , dann wirst du sehen wie weit du schon gekommen bist und freudig weiter voranschreiten.

Außerdem solltest du nicht befürchten, den Urwald auf deiner Wanderung zu zerstören, denn mit dieser Sorge im Hinterkopf kannst du den zwar mühsamen, aber auch äußerst spannenden und beeindruckenden Weg, den du dir durch das Dickicht bahnst, gar nicht genießen!

So schreibt Rudolph Kratzert in seinem sehr lesenswerten Buch und Nachschlagewerk "Technik des Klavierspiels" z.B. im Kapitel "Die Technik des Klavierübens"

"... ist es aber gerade das unbedingte Vermeiden-Wollen von Fehlern, was uns am sinnvollen Üben, an unserer Freiheit, ja an unserer Freude am Üben hindert - und sogar am fehlerfreien Spiel selbst!....... Solange wir Fehler als 'Sünden' begreifen, ja solange wir überhaupt noch Angst vor Fehlern haben, kann unser Üben nicht methodisch richtig sein "

Gerade zum Thema "sinnvolles Üben" und "mit Freude üben" ist dieses Kapitel im Buch von R. Kratzert m.E. sehr aufschlussreich.

Ich wünsche dir, liebe Nica, viel Freude bei deinen zukünftigen Urwaldwanderungen und wirf die Machete bloß nicht ins Dickicht!

LG

Debbie digitalis
 
gelöscht...
 
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