Wie bekomme ich das Verhältnis „eine Hand laut, eine Hand leise“ in die Finger?

Wie gesagt: es kommt auf die Anschlagsgeschwindigkeit - und demzufolge auch auf die Beschleunigung an. Jetzt eine Frage an die Physiker: welcher Körper läßt sich mit weniger Aufwand beschleunigen: ein leichter oder ein schwerer...?

Wenn's nicht grad die Gravitation erledigt, ist das eventuell auch so nicht grad so das Problem. Aber: der schwere entwickelt jedenfalls mehr Impuls, mit der Folge, dass die Taste mit größerer Geschwindigkeit runtergedrückt wird. Darum ist es zu kurz gegriffen, nur von Geschwindigkeit zu reden: Ja, es geht um die Geschwindigkeit des Hammers. Aber die lässt sich leider nicht nur durch bloße Geschwindigkeit des Fingers oder der Hand erzielen - man muss immerhin auch noch die Taste runterkriegen.
 
Kleines Cis hat das einzig Richtige gesagt: Impuls ist Masse mal Geschwindigkeit, lieber Haydnspaß. Du kannst einen Tischtennisball mit hoher Geschwindigkeit auf die Tasten schleudern, wirst dann aber trotzdem keinen Ton hören, da die geringe Masse des Tischtennisballs die höhere Masse der zu bewegenden Mechanik-Teile nur sehr wenig beschleunigen kann. Nimmst du statt eines Tischtennisballs einen Ziegelstein, der mit derselben Geschwindigkeit auf die Tasten trifft, darfst du gewiß sein, daß du einen Ton hören wirst. Falls du deine Tastatur mit solchen Experimenten lieber verschonst, kannst du Ball und Ziegelstein mit derselben Geschwindigkeit dir auch auf den Fuß fallen lassen, dann wirst du den Unterschied unvergeßlich spüren ...
Je schneller man die Taste bewegt, umso lauter wird der Ton, ist natürlich trotzdem richtig, aber wie sehr die Taste beschleunigt wird, bzw. der Hammer, hängt von dem IMPULS des spielenden Organs ab, also von Masse UND Geschwindigkeit.

Anfänger, die noch nicht zwei verschiedene Impulse gleichzeitig geben können, mögen sich folgendes klarmachen:

-- Bewegt man eine Taste schnell, gleichzeitig eine andere langsamer, so wird die schneller bewegte in derselben Zeit mehr Weg zurücklegen -- ein triviales physikalisches Gesetz.
-- Man muß also üben, mit zwei Tasten gleichzeitig verschiedene Wege zurückzulegen -- die eine ganz, die andere nur halb hinunterzudrücken, zumindest in der Vorstellung: " ... die anderen Finger kommen nicht ganz zum Tastenboden" (Rolf).

Tatsächlich ist das der ganze Trick der Angelegenheit. Ob man das allein durch Gewichtsverlagerung oder anders hinbekommt, ist eher sekundär und hängt vom spieltechnischen und musikalischen Zusammenhang ab. Rolf spricht hier von Akkorden in einer Hand, und da ist Gewichtsverlagerung sicherlich das Mittel der Wahl.

Der Trick des Übens besteht darin, den Unterschied erst einmal maßlos zu übertreiben, denn sehr große Unterschiede sind leichter als differenziert kleine.
Der größte Unterschied, den man zwecks Übung machen kann, ist, die führende Stimme so laut zu spielen, daß die Nachbarn die Polizei holen, die andere so leise, daß sie gar nicht mehr zu hören ist, sondern man die Tasten nur noch minimal bewegt. Bis die eine Hand (oder die eine Stimme in derselben Hand) sich nicht mehr beeinflussen läßt von der anderen, benötigt man Übezeit. Hat man so aber erst einmal gelernt, zwei verschiedene Impulse gleichzeitig hinzubekommen, wird es allmählich auch nicht mehr allzu schwierig, zu differenzierteren Unterschieden überzugehen. Im Normalfall gehen schließlich beide Tasten annähernd gleich weit hinab, aber mit verschiedener Geschwindigkeit. An ganz diffenzierten Unterschieden arbeitet man zum Schluß sein Leben lang bei jedem Klang, denn es ist die Hauptaufgabe klanglicher Gestaltung.
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Jörg Gedan
http://www.pian-e-forte.de
 
Kleines Cis hat das einzig Richtige gesagt: Impuls ist Masse mal Geschwindigkeit, lieber Haydnspaß. Du kannst einen Tischtennisball mit hoher Geschwindigkeit auf die Tasten schleudern, wirst dann aber trotzdem keinen Ton hören, da die geringe Masse des Tischtennisballs die höhere Masse der zu bewegenden Mechanik-Teile nur sehr wenig beschleunigen kann. Nimmst du statt eines Tischtennisballs einen Ziegelstein, der mit derselben Geschwindigkeit auf die Tasten trifft, darfst du gewiß sein, daß du einen Ton hören wirst.

Oh je, ich hatte es irgendwie befürchtet ;)

Also:

selbstverständlich spielt auch die Masse bei der Beschleunigung eine Rolle. Wenn man sehr viel Zeit hat, kann man natürlich den Arm als Schwungmasse einsetzen. Das geht schätzungsweise bis max 2 Anschläge pro Sekunde. Aber der Kraftaufwand ist enorm.

Bei Läufen, selbst bei ganz gemütlichen, bei Trillern oder Tremoli - keine Chance! So viele Ziegelsteine in so kurzer Zeit kann niemand werfen.

Daß ein Tischtennisball keine Klaviertaste runterkriegt ist klar - ein Minimum an Masse wird benötigt. Die Masse eines Fingers, der an einem ruhigen, trägen Arm befestigt ist und mit Muskelkraft bewegt wird, reicht dafür aber locker aus.
 

Ja, aber du brauchst mehr Muskelkraft als nur die, deren es bedarf, um dem Finger eine gewisse Geschwindigkeit zu versetzen. Sonst müsste ich genauso schnell auf dem Klavier trillern können wie ich es in der Luft kann, was schon bei einer mittelmäßig schwergängigen Mechanik durchaus nicht der Fall ist.
Insofern geht es auch wiederum nicht um die bloße Geschwindigkeit des Fingers.
 
selbstverständlich spielt auch die Masse bei der Beschleunigung eine Rolle. Wenn man sehr viel Zeit hat, kann man natürlich den Arm als Schwungmasse einsetzen. Das geht schätzungsweise bis max 2 Anschläge pro Sekunde. Aber der Kraftaufwand ist enorm.

Bei Läufen, selbst bei ganz gemütlichen, bei Trillern oder Tremoli - keine Chance! So viele Ziegelsteine in so kurzer Zeit kann niemand werfen.

da stellen sich mir zwei Fragen:
1. warum gelingt es, mehr als 2 Oktaven in einer Sekunde zu spielen?
2. warum sind weder Triller noch Tremoli ermüdend, wenn man sie kann?

Muskelkraft - Klavierspiel als "body building"?

ich kann solchen Überlegungen nicht folgen, und ich wiederhole gern, dass sich aus "Geschwindigkeitsmessungen" keine praktikablen Spielanweisungen ableiten lassen. Wer gut und sicher Auto fahren kann, muss dafür nicht notwendig en detail wissen, wie z.B. ein Vergaser oder eine Pleuelstange funktioniert - wer gut Klavier spielen kann, muss kein Klavier konstruieren können (man kann sich dafür interessieren, zweifelsohne, aber wesentlich ist "wie mache ich es" und nicht "wie beschreibst man das im Physiklabor")

Es gibt - bezogen auf Muskelspannung/Muskelarbeit - natürlich den Zwang, den Unteram tragen/halten zu können (denn er pflegt beim Klavierspiel nicht herunter zu hängen) - - diese Grundspannung wird irgendwann gar nicht mehr als eine solche empfunden (Gewöhnung). Trotz des "gehaltenen" Unterarms kann man das Handgelenk locker bewegen, UND man kann im Kontakt mit dem Tastenboden das GEWICHT des Arms (Unterarms) dosieren. Nur in Sekundenbruchteilen messbare Geschwindigkeitsdifferenzen von Bewegungen helfen dem Klavierspielen nicht - wenn man weiss, wie ein Vergaser funktioniert, kann man daraus auch nicht ableiten, wie sehr man bremsen sollte, wenn man um eine enge Kurve fährt!

Aus ganz trivial pragmatischen, ja praktischen Gründen halte ich das Erklären von Hebelgesetzen und ähnlichem für wenig nutzbringend - J.Gedan hat da doch das Wesentliche sehr schön formuliert.

Gruß, Rolf
 
da stellen sich mir zwei Fragen:
1. warum gelingt es, mehr als 2 Oktaven in einer Sekunde zu spielen?

Aus einem einfachen Grund: weil man eben nicht mit Gewicht spielt, selbst wenn man sich das einbildet ^_^

2. warum sind weder Triller noch Tremoli ermüdend, wenn man sie kann?

dito

Muskelkraft - Klavierspiel als "body building"?

Es geht dabei doch nur um ganz kleine Muskeltätigkeiten, das hat mit Bodybuilding nichts zu tun, und auch nicht mit Fingerpower :)

ich kann solchen Überlegungen nicht folgen

Das ist jetzt kein wirkliches Problem für mich :)


Viele Pianisten sind sich nicht wirklich darüber im Klaren, wie sie eigentlich spielen. Das macht auch nichts, solange es "funktioniert".

Ich finde nur, daß man als Lehrer eine gewisse Verantwortung gegenüber dem Schüler in bezug auf die Erklärung der Spieltechnik hat. Und wenn ein Lehrer seinem Schüler erklärt "du mußt deinen Arm schwer machen, dann wird es lauter", dann ist das eben in jeder Hinsicht Unsinn.

Natürlich können Gewichtsvorstellungen helfen, einem Stück einen bestimmten Charakter zu geben, z.B. einen schwerfälligen Charakter beim Bydlo oder einen federleichten Charakter bei dem Kükenballett. Das sind aber keine konkreten Handlungsanweiungen wie es gemacht wird, sondern Anweisungen, wie es klingen soll.
 
Das sind aber keine konkreten Handlungsanweiungen wie es gemacht wird, sondern Anweisungen, wie es klingen soll.

Ok, ich gebe mal einfach die konkrete Handlungsanweisung meiner Lehrerin weiter bzgl. "Singen" auf dem Klavier und wie man differenziert und sanglich eine Stimme stärker und die andere(n) schwächer spielt. Der Erfolg der Methode beweist sich dadurch, dass sich die Lehrerin selber danach richtet und und durch wunderschönes Klavierspiel in vielen Konzerten eindrucksvoll unter Beweis stellt.

Die Handlungsanweisung ist ganz einfach: um eine Melodielinie hervorzuheben, wird mehr Druck auf die Tasten ausgeübt, die Tasten werden regelrecht "massiert".

Als Demonstration hat sie mir ihre Finger auf meinen Arm gesetzt und eine Melodie in dieser Art auf dem Arm gespielt. Sie drückt so stark, dass weiße Flecken bleiben. Es geht dabei um reinen Druck aus den Fingern heraus. Je lyrischer und stäker die Melodie herauskommen soll, umso mehr Druck.

Der Trick dabei ist, dass man durch diese Art sehr dosiert die Anschlagstärke - also den dynamischen Verlauf des Melodiebogens - gestalten kann. Also die Vorstellung, die Tasten unterschiedlich schnell runterzudrücken, hilft nicht wirklich dabei. Aber das Vorgehen durch unterschiedlichen Druck schon.

Im übrigen mag ich auch nicht so die Terminologie "laut" und "leise" in diesem Zusammehang. Viel treffender finde ich die Bezeichnungen "weich" und "härter" oder "sanft" und "stark" bzgl. der Aktionen, die sich hinter diesen Begriffen verbergen.
 
Hi,

da ich die dynamische Gestaltung von gleichzeitig gespielten Tönen für eines der wichtigsten Themen des KS halte, nochmal was von mir. ;-)

Wir sind uns einig, dass:
  1. was wirklich passieren muss unterschiedliche Anschlagsgeschwindigkeiten und nicht Gewicht der Finger ist.
  2. man dafür eine entsprechende musikalische Vorstellung benötigt, die die notwendigen Bewegungen automatisch abruft. Die einzelnen Bewegungen, die notwendig sind, sind zu kompliziert, um bewusst gesteuert zu werden.

Die Frage ist also, welche Vorstellung geeignet ist, die richtigen Prozesse/Bewegungen hervorzurufen, bzw. damit zu assoziieren.

Eine geeignete Vorstellung ist die Gewichtsvorstellung. Wobei ich durch Überlegung und eigene Tests festgestellt habe, dass man das nicht mit stark in die Tasten/Tastenbett drücken, besonders nach dem Anschlag, verwechseln darf. Es ist mehr eine musikalische Vorstellung, dass dieser Ton jetzt mehr "Gewicht" oder Stärke hat.

Ich habe auch mal das entsprechende Kapitel aus Josef Gat, Die Technik des Klavierspiels "Die dynamische Gestaltung der Akkorde" gelesen. Hier wird bei der "Gewichtstechnik" (hier besser Verlagerung des Schwerpunktes) auch noch die Einstellung der Finger auf unterschiedliche Anschlags-Höhen gefordert.

Im von Rolf genannten Marek, Lehre des Klavierspiels habe ich nichts "gescheites" (anwendbar auf die Übe-Praxis) finden können. (Ich find den Marek übrigens nicht so besonders (regelrecht schecht ;-) ), er geht auf viel zu "wissenschaftliche" Themen ein. Man muss z. B. nicht die einzelnen anatomischen Muskeln des Körpers kennen. Das hilft zum gut KS überhaupt nicht.)

Aber ich bin weiterhin der Meinung, dass es möglich sein sollte, wie Haydnspaß fordert, eine direktere Geschwindigkeitsvorstellung aufzubauen und zu benützen. Es ist nur eine Frage der Assoziierung/Konditionierung der mentalen Vorstellung mit/auf Bewegungsprozesse.

Gruß
 

Ok, ich gebe mal einfach die konkrete Handlungsanweisung meiner Lehrerin weiter bzgl. "Singen" auf dem Klavier und wie man differenziert und sanglich eine Stimme stärker und die andere(n) schwächer spielt. Der Erfolg der Methode beweist sich dadurch, dass sich die Lehrerin selber danach richtet und und durch wunderschönes Klavierspiel in vielen Konzerten eindrucksvoll unter Beweis stellt.

Es ist natürlich immer schwierig, gegen eine Methode zu argumentieren, wenn jemand, der sehr schön und überzeugend spielt, eben diese Methode propagiert. Ob das schöne, überzeugende Spiel tatsächlich ein Ergebnis dieser speziellen Spielweise (welcher auch immer) ist, oder ob es eine Folge des musikalischen Ausdruckswillens ist, der sich auch mit jeder anderen Methode genausogut (vielleicht sogar besser) manifestieren würde - ist in der Praxis kaum entscheidbar.

Auf jeden Fall kann man natürlich sagen: wer heilt hat recht, bzw. wer schön Klavier spielt hat recht! Es beweist aber nicht, daß es die beste oder gar die alleinseligmachende Methode ist.

Die Handlungsanweisung ist ganz einfach: um eine Melodielinie hervorzuheben, wird mehr Druck auf die Tasten ausgeübt, die Tasten werden regelrecht "massiert".

Druck ausüben auf die Taste kann man ja erst, nachdem der Ton erklingt. Auf die Schwingung der Saite kann man so jedenfalls keinen Einfluß ausüben beim Klavier (beim Clavichord schon!). Ich sehe den Einfluß hier indirekt, indem die massierenden Bewegungen eine Auswirkung auf das Timing haben, daß Noten dem musikalischen Ausdruck entsprechend gedehnt und/oder verzögert werden.



Im übrigen mag ich auch nicht so die Terminologie "laut" und "leise" in diesem Zusammehang. Viel treffender finde ich die Bezeichnungen "weich" und "härter" oder "sanft" und "stark" bzgl. der Aktionen, die sich hinter diesen Begriffen verbergen.

Das wäre doch ein gutes Thema für einen neuen Thread:

Harter Anschlag, weicher Anschlag - was ist der Unterschied?
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Die Vorstellung, daß allein die Tasten-, bzw. Hammergeschwindigkeit für die Lautstärke verantwortlich ist, ist physikalisch absolut korrekt, deswegen halte ich sie für das Hilfreichste.
Die Reduzierung auf eine einzige spieltechnische Vorstellung -- NUR Gewichtsverlagerung, NUR freier Fall, NUR Muskelaktivität -- kann dagegen nur falsch sein:

"Ein aus normaler Hubhöhe passiv fallender Finger hat ... zuwenig Gewicht und auch zuwenig eigene Fallgeschwindigkeit ... Fallbewegungen der Hände oder Arme kann man ... nicht gänzlich passiv ausführen, will man die Tonstärke genau dosieren. Schon dieser Grund allein sollte genügen, um die Absurdität des sogenannten 'freien Falls' in der Klaviertechnik zu beweisen. Ein reines Gewichtsspiel ist also am Klavier nicht möglich. Manche Pädagogen schienen beinahe vergessen zu haben ..., daß auch der Klavierspieler Muskeln und Muskelkraft besitzt. In Wahrheit besteht die physisch-motorische Seite der Klaviertechnik sowohl aus aktiver Muskeltätigkeit als auch aus passiver Gewichtsbelastung, und zwar in meistens gleichzeitiger, sich gegenseitig ergänzender Funktion dieser beiden Komponenten. ..." (Marek, S. 119)

Was neben Masse (Gewicht) und Geschwindigkeit immer fehlt, ist der Begriff der "Stütze": Damit Muskeln die Tasten bewegen können, brauchen sie einen stützenden Halt, und das ist in der Regel der aus der Schulter getragene Arm und dessen Masse.
Die Bewegungs-Vorgänge sind also ein wenig komplexer, als die einfache physikalische Formel Impuls = Masse mal Geschwindigkeit meinen lassen könnte. Eindeutig klar ist lediglich, daß immer Gewicht beteiligt ist, selbst wenn man außer dem Finger gar nichts bewegt, und immer Muskeln beteiligt sind, selbst wenn man glaubt, nur Armgewicht auf die Tasten fallen zu lassen.

Mit welcher Hilfs-Vorstellung man am besten zu dem Ziel gelangt, der Lautstärke kontrolliert Herr zu werden, mag dabei durchaus unterschiedlich sein (und kann auch abhängig von der Spielfigur unterschiedlich sein), und wahrscheinlich gibt es davon so viele Vorstellungen wie Klavierspieler und so viele Lehrmeinungen wie Lehrer.

Wenn Mindenblues und seiner Lehrerin die Vorstellung des "Druckes" am besten hilft, dann sei das so. Ich halte sie für nicht ganz ungefährlich, denn nichts kann für die Motorik hemmender sein, als Druck auf die längst angeschlagene Taste auszuüben, deswegen gibt es dazu auch Gegenmeinungen: "Klavierspieler, die die Taste hinunterdrücken, berücksichtigen nicht die Gesetzmäßigkeiten des Klaviermechanismus. Da der Anschlagsschwung bereits ungefähr im zweiten Drittel des Tastenganges erfolgt ist, stellt die weitere Bewegung nur eine Ergänzung dar." (Josef Gát)

"Laut" und "leise" sind neutrale Begriffe. "Hart" und "weich" gibt es isoliert betrachtet nicht, der Zusammenhang macht's. Ein einzelner Ton kann mit einer hohen Lautstärke einer Melodie zu blühender Sanglichkeit verhelfen und kann an anderer Stelle mit derselben Lautstärke miserable Phrasierung bedeuten. Ein a' von 30 dB kann als Oberstimme eines Akkordes den Akkord weich werden lassen oder als Mittelstimme plump hölzern. Die nötige Klangvorstellung, wie das im einzelnen zu gestalten ist, erreicht man nicht dadurch, daß man Begriffe gegen andere austauscht.
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Jörg Gedan
http://www.pian-e-forte.de
 
Ich finde nur, daß man als Lehrer eine gewisse Verantwortung gegenüber dem Schüler in bezug auf die Erklärung der Spieltechnik hat. Und wenn ein Lehrer seinem Schüler erklärt "du mußt deinen Arm schwer machen, dann wird es lauter", dann ist das eben in jeder Hinsicht Unsinn.

lieber Haydnspaß,

Dein nicht ganz korrekt formuliertes Zitat in Anführungszeichen ist methodisch fragwürdig, Deine scheibare Folgerung aus diesem ist rundweg falsch.

Für Freunde physikalischer Erklärungen in diesem Kontext:
1.) man kann vor einem einem Tisch sitzend den Unterrm waagrecht in der Luft halten, die Fingerspitzen sind einen Millimeter über der Tischplatte - hier trägt man mit den eigenen Muskeln das Gewicht des unterarms.
2.) man kann nun die Tischplatte mit einer Fingerkuppe berühren und peu a peu immer mehr des getragenen Gewichtes (des Unterarms) auf den nun beteiligten Finger übertragen - man wird spüren, welche interessanten Folgen das hat (physikalisch tragen/stützen nun nicht mehr allein die Arm- und Rückenmuskeln den an der Schulter aufgehängten Arm, sondern sein Gewicht wird dosiert auf eine weitere Stütze (den Finger, welcher dazu Muskelzug benötigt) abgegeben - ein schön demokratischer Verteilungseffekt)
3.) diese Gewichtdosierung kann jeder lernen, spüren, verstehen - und sie läßt sich als Gefühl zum differenzieren internalisieren: dann hat man eine Möglichkeit, weder angestrengt zu verkrampfen noch pampig alles gleich laut anzuschlagen.
4.) wird das Gewichtdosieren als mentale Grundlage des Differenzierens eingesetzt, vermeidet man nutzlose Muskelspannung - auch wenn es nicht sofort "gegleubt" wird: man kann mühelos (!!!) fortissimo spielen, weder die erste "grandioso fff" Stelle der h-Moll Sonate noch die Akkrode des großen Tors von Kiew strengen an wie eine Mountainbike-Bergfahrt!

Verwendet man NUR diese Bewegungsweise, kann man z.B. den Beginn des 4. Konzerts von Beethoven (Akkorke, kaum Versetzen der Arme) bestens abtönen (((dumme Frage: was will man da mehr?)))

Freilich kommen beim Klavierspiel Tempo und Armbewegungen (seitwärts) hinzu - also ist eine Kombination aus Gewichtdosierung, Schub und Schwung nötig. Die von Mindenblues völlig richtig benannten quasi "massierten" Töne, die spürbar als "Druck" das Gewicht der Melodie, die INTENSITÄT zeigen, sind freilich als STEUERUNG des Anschlags eine Spielanweisung - und diese ist richtig!!! Ich ergänze nur: zum Anschlag hin wird dieser "Druck" spürbar (für die Unterlage), wenn ein Ton einmal angeschlagen ist, bedarf es um ihn klingen zu lassen (halten) keines Intensiven Drucks mehr.

Laute schnelle Oktaven (Liszt, Sonate z.B.) werden bei "gewichtigem" Arm mit sehr kurzen schnellen Muskelimpulsen gespielt - die Muskeln regulieren die Geschwindigkeit (schnelle Handgelenk"feder"), das GEWICHT des in Schwung gebrachten Arms wird die "Lautstärke" regulieren, die automatische Stützfähigkeit (Stützreflex) der Finger wird die Oktaven nicht einknicken lassen.

J.Gedans neuen Beitrag habe ich eben erst gesehen - und stimme zu. Vielleicht sollte man hier folgendes bzgl. des "Drucks" bemerken: für die Unterlage (Tastenboden) ist es Druck (also eine passive Wahrnehmung, die z.B. der Schüler macht, wenn man auf seinem Arm zeigt, wie es geht), für den Ausführenden ist es abgestütztes, federndes Gewicht und quasi "Intensität".

Gruß, Rolf

@Mindenblues: das demonstrieren auf dem Arm im Unterricht setze ich auf gerne ein, ich mache es auch gelegentlich so, dass ich auf den Fingern der Studenten spiele - danach sollen die denselben Klang produzieren (über das fühlen kann man oft schneller "be-GREIFEN", wie es gemacht wird)
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
lieber Haydnspaß,

Dein nicht ganz korrekt formuliertes Zitat in Anführungszeichen ist methodisch fragwürdig,

Das freut mich, daß du das so klar sagst!

Deine schei[n]bare Folgerung aus diesem ist rundweg falsch.


???


Für Freunde physikalischer Erklärungen in diesem Kontext:

Ja, hier, sehr gerne :)

1.) man kann vor einem einem Tisch sitzend den Unterrm waagrecht in der Luft halten, die Fingerspitzen sind einen Millimeter über der Tischplatte - hier trägt man mit den eigenen Muskeln das Gewicht des unterarms.

einverstanden

2.) man kann nun die Tischplatte mit einer Fingerkuppe berühren und peu a peu immer mehr des getragenen Gewichtes (des Unterarms) auf den nun beteiligten Finger übertragen - man wird spüren, welche interessanten Folgen das hat (physikalisch tragen/stützen nun nicht mehr allein die Arm- und Rückenmuskeln den an der Schulter aufgehängten Arm, sondern sein Gewicht wird dosiert auf eine weitere Stütze (den Finger, welcher dazu Muskelzug benötigt) abgegeben - ein schön demokratischer Verteilungseffekt)

einverstanden

3.) diese Gewichtdosierung kann jeder lernen, spüren, verstehen - und sie läßt sich als Gefühl zum differenzieren internalisieren: dann hat man eine Möglichkeit, weder angestrengt zu verkrampfen noch pampig alles gleich laut anzuschlagen.

Als Mittel zum Differenzieren? Gewichtsdosierung soll was bewirken? Zu welchem Zweck soll das gut sein?

4.) wird das Gewichtdosieren als mentale Grundlage des Differenzierens eingesetzt, vermeidet man nutzlose Muskelspannung - auch wenn es nicht sofort "gegleubt" wird: man kann mühelos (!!!) fortissimo spielen, weder die erste "grandioso fff" Stelle der h-Moll Sonate noch die Akkrode des großen Tors von Kiew strengen an wie eine Mountainbike-Bergfahrt!

Ich kann auch mühelos (!!!) fortissimo spielen, ohne das Armgewicht einzusetzen. Mit Armgewicht muß ich aber den schweren Arm im Rhythmus der Musik auf und abbewegen, das erfordert wesentlich mehr Kraft. Zugegeben kein Vergleich zu einer Mountainbike-Bergfahrt :D


Verwendet man NUR diese Bewegungsweise, kann man z.B. den Beginn des 4. Konzerts von Beethoven (Akkorke, kaum Versetzen der Arme) bestens abtönen (((dumme Frage: was will man da mehr?)))

Du meinst jetzt aber nicht mit schweren Armen und in den Tasten hängend...?
Mit leichten Armen ist das kein Problem. Und immerhin schreibt Beethoven staccato vor.

Freilich kommen beim Klavierspiel Tempo und Armbewegungen (seitwärts) hinzu - also ist eine Kombination aus Gewichtdosierung, Schub und Schwung nötig. Die von Mindenblues völlig richtig benannten quasi "massierten" Töne, die spürbar als "Druck" das Gewicht der Melodie, die INTENSITÄT zeigen, sind freilich als STEUERUNG des Anschlags eine Spielanweisung - und diese ist richtig!!! Ich ergänze nur: zum Anschlag hin wird dieser "Druck" spürbar (für die Unterlage), wenn ein Ton einmal angeschlagen ist, bedarf es um ihn klingen zu lassen (halten) keines Intensiven Drucks mehr.

Das ist aber ein wichtiger Unterschied!
Es ist doch etwas völlig anderes, ob ich die Taste mit einem Impuls (einem Muskelreflex) anschlage, oder ob ich die Muskelspannung während der ganzen Tondauer halte oder sogar noch verstärke.

Laute schnelle Oktaven (Liszt, Sonate z.B.) werden bei "gewichtigem" Arm mit sehr kurzen schnellen Muskelimpulsen gespielt - die Muskeln regulieren die Geschwindigkeit (schnelle Handgelenk"feder"), das GEWICHT des in Schwung gebrachten Arms wird die "Lautstärke" regulieren, die automatische Stützfähigkeit (Stützreflex) der Finger wird die Oktaven nicht einknicken lassen.

Diese Beschreibung gefällt mir schon viel besser - aber noch nicht ganz.

Bei schnellen Oktaven/Akkorden kommt bei mir der Anschlag aus der Hand (dem Handgelenk), nicht aus dem Arm (der Arm ist zu schwer für so schnelle Bewegungen).


...und noch ein bißchen Werbung für mein Idol :D

http://www.youtube.com/watch?v=vdfpaMpRvpo
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
lieber Haydnspaß,

ist es gar so unverständlich, dass das mit-Einsetzen des Armgewichtes (welches man problemlos dosieren kann) die anstrengende "Muskelarbeit" etwas reduziert, weil man nicht mehr nur diese einsetzt?

bzgl des Beginns von Beethovens 4. Konzert: ein G-Dur-Akkord am Anfang möchte klingen, und zwar differenziert (ja, da steckt schon der erste Melodieton drin) - das erreicht man mit der nun wahrlich oft genug erklärten Anweisung der Dosierung innerhalb eines Akkords und wie man diese ausführt.

dergleichen denen zu erklären, die das erlernen wollen, ist kein Unsinn - es sei denn, die bislang vorliegenden Erklärungen der Klavierdidaktik (Marek, Werner, Kratzert u.v.a) sowie die beobachtbare Praxis in Konzerten sei Täuschung oder Humbug...

nebenbei: bzgl der Intensität im Differenzieren erklärt T. Barto sehr schön, dass man sich jeden Melodieton wie mit einem Gummiband gezogen vorstellen kann (Anschlag mit Gewicht, Übertragung der Dosierung vom einen zum nächsten Ton mit der Vorstellung des "ziehens" - wohlgemerkt: "Vorstellung", es wird also wenig nützen, darauf herumzureiten, dass man nicht an den Tasten ziehen soll: das tut sicher niemand; was da sehr schön in übertragenem Sinn erklärt wird, ist eine körperlich erfahrbares Gefühl für die musikalische Spannung von Melodieton zu Melodieton)

sehr schnelle sehr laute Oktaven allein aus dem Handgelenk? ... das würde ja heissen, der von den Muskeln in der Luft gehaltene Arm schwebt über den Tasten, und das Handgelenk hackt auf die Klaviatur... sichtbar müsste das wie eine "winke-winke"-Bewegung von kleinen Kindern sein... Natürlich ist das Handgelenk mit seiner Federung in winzigen schnellen Bewegungen beteiligt, aber unser Speilapparat verfügt über mehr Hebel und Muskeln und Schwungmasse, und das alles gemeinsam wird eingesetzt!

Gruß, Rolf
 
@ Haydnspaß & J. Gedan:
bzgl. Druck auf die Taste will ich nur ein Mißverständnis ausräumen: es geht nicht darum, Druck auf der Taste zu erzeugen, nachdem man sie bereits gedrückt ist - das wäre ja sinnlos, oder sogar kontraproduktiv (man will ja trotzdem mgl. entspannt spielen, also muß die Spannung losgelassen werden). Vielmehr geht des darum, Druck während des Tastendrückens aufzubauen.

Weiterhin, vertritt eben diese Lehrerin den Standpunkt, solche lyrischen Passagen nicht mit stark gekrümmten Fingern, sondern mit mehr gestreckten Fingern zu spielen (mit Druck) (im Gegensatz zu schnellen perlenden Stellen, die dann lieber mit gekrümmten Fingern, was sowieso meine "default"-Haltung ist).

Vielleicht ist es ja so, dass man durch diesen Druck sehr dosiert die Melodiephrase hinbekommt, da man Druck besser nuancieren kann.

Es kann und wird dann wohl so sein, dass sich dieser Druck in stärkere Tastendrückgeschwindigkeit auswirkt, denn ich gebe ja Haydnspaß recht, das letztlich nur die Tastendrückgeschwindigkeit zählt. Das beweist ja auch die Tatsache, das der Mechanismus auch auf E-Pianos funktioniert, wo die Elektronik nichts weiter als die Geschwindigkeit mißt.

Die Frage ist nur, wie bekommt man eine wohldosierte Geschwindigkeitsänderung hin - da kann die Vorstellung und Durchführung von mehr oder weniger Druck beim Tastendrücken helfen.
 
Ich kann auch mühelos (!!!) fortissimo spielen, ohne das Armgewicht einzusetzen. Mit Armgewicht muß ich aber den schweren Arm im Rhythmus der Musik auf und abbewegen, das erfordert wesentlich mehr Kraft.

Mach doch mal folgendes Experiment:
Halte den schweren Arm schwebend über der Tastatur in der Luft,ohne die Tasten zu berühren. Schau auf die Uhr, wie lange Du das durchhältst.
 
lieber Haydnspaß,

ist es gar so unverständlich, dass das mit-Einsetzen des Armgewichtes (welches man problemlos dosieren kann) die anstrengende "Muskelarbeit" etwas reduziert, weil man nicht mehr nur diese einsetzt?

Ich hab mich viel zu lange mit diesem Gewichtskram herumgequält.
Du bist bei mir an der völlig falschen Adresse 8)
 

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