Werke und Komponisten, die ihr nicht mögt

  • Ersteller des Themas St. Francois de Paola
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Ich mag keine Orgelmusik und ich mag keine Opern.
CW
Stimmt, Orgelmusik gibts ja auch noch :003:. Obwohl ich als Organist meinen Lebensunterhalt verdiene, kann ich bei zwei der lediglich drei ganz großen Komponisten in dem Fach, nämlich Reger und Messiaen, nur mit ein paar wenigen Stücken wirklich was anfangen.

Und die Bach-Variationen (für Klavier) von Reger haben mir kürzlich eine meiner ödesten Konzerterfahrungen beschert.
 
Bei Bach finde ich einiges aus den Suiten und Partiten stinkelangweilig - und dann muss das auch alles noch dauernd wiederholt werden...

Ob's tatsächlich an den Suiten und Partiten liegt oder eher am Interpreten, ist noch die Frage. Man kann diese Sachen stinklangweilig spielen, aber es nicht notwendig. Wobei ich die frühen (englischen) Suiten auch nicht so prall finde. Aber in den französischen Suiten und Partiten fällt mir kein einziger schwacher Einzelsatz ein.
 
Ob's tatsächlich an den Suiten und Partiten liegt oder eher am Interpreten, ist noch die Frage. Man kann diese Sachen stinklangweilig spielen, aber es nicht notwendig. Wobei ich die frühen (englischen) Suiten auch nicht so prall finde. Aber in den französischen Suiten und Partiten fällt mir kein einziger schwacher Einzelsatz ein.
Das mit dem Interpreten ist ein wichtiger Punkt, der aber nicht nur für diese Werke von Bach gilt, sondern natürlich auch für alle anderen Stücke. Ein mieser Interpret kann einen auch dazu bringen, die Polonaise-Fantaisie von Chopin (oder andere musikalisch stark abwechslungsreiche Stücke) als stinkelangweilig wahrzunehmen.

Abgesehen davon sind in den franz. Suiten und Partiten natürlich alle Einzelsätze musikalisch von sehr hoher Qualität. Das gilt aber für D960 von Schubert oder die Appassionata von Beethoven ebenso. Ich persönlich mag die Dinger trotzdem nicht, unabhängig von der hohen Qualität. Und genau darum gehts doch hier in dem Thread? ;-)
 
Mit Haydn kann ich einfach gar nichts anfangen! Egal ob mit Klaviermusik oder Sinfonien/Oratorien. Ich verstehe seinen Humor einfach nicht. Ich habe genau eine Sonate gespielt, das war glaube ich der größte Graus für mich...

Der oft gelobte und beliebte Witz geht an mir irgendwie vorbei, ich nehme nur langweilige Oberflächlichkeit war.

Nun muss ich mal ganz kurz Haydn - als einen meiner absoluten Lieblingskomponisten - verteidigen.

Ich glaube Haydn hat sich selbst gar nicht so sehr als der notorische Spaßvogel verstanden, zu dem ihn spätere Generationen gemacht haben. Und wenn man es nicht ständig lesen würde, wäre ich nie auf die Idee gekommen, dass seine Musik ausnahmslos besonders witzig sein soll. Vielleicht fällt der Zugang leichter, wenn man sich seiner Musik ganz "normal" nähert.

Diesem Beitrag muss ich zustimmen. Ich persönlich finde Haydn nun nicht witziger als Beethoven oder Mozart. Man denke nur an die Variationen in f-Moll oder die Sonate in h-Moll. In erster Linie finde ich Haydn unheimlich feinsinnig, unprätentiös, "optimistisch", sehr ausdrucksstark und raffiniert. Ich möchte das mal etwas genauer erläutern. Hierzu möchte ich noch kurz betonen: Ich bin kein Musiktheoretiker oder so, sondern lediglich ein Pianist in der Ausbildung. Aus diesem Grund sind ein paar Aussagen durchaus weniger exakt als sie sein könnten und spiegeln in erster Linie meinen Eindruck wieder!

1.) Haydns Melodik: Es gibt zwei Dinge, welche mich an Haydns Melodik sehr beeindrucken. Einerseits empfinde ich seine Melodik als sehr langatmig, wodurch sie in der Lage ist verhältnismäßig große Bögen zu spannen. Andererseits ist seine Melodik auf kleinsten Skalen sehr fein ausgestaltet und auch oft mit einer - meinem Empfinden nach - sehr raffinierten Ornamentik versehen. Ich denke, dass diese Ausgestaltung auf sehr kleinen (Zeit-)skalen diese Musik (für mich) so ausdrucksstark macht, da man dadurch in einem sehr kurzen Zeitraum sehr viel gestalten kann (und muss). Allerdings muss man da erstens als Zuhörer sehr gut hinhören und zweitens muss das wirklich gut gespielt sein, damit es wirkt.

2.) Haydns Reduktion der Mittel: Hier verlasse ich etwas die sicheren Fahrwasser meiner Kenntnisse und ich freue mich sehr über Berufenere, welche hier etwas korrigieren oder ergänzen wollen. Mir kommt es so vor, dass Haydn einerseits manche Charakteristika der "Stilepoche des Spätbarock" sehr kompromisslos weitertreibt, aber sie im Tonsatz auf das wesentlichste konzentriert. So finde ich immer wieder kontrapunktisch sehr cool komponierte Passagen/Kanones/Fugati, welche ich aber in der "Nacktheit" und "Exponiertheit" sonst nirgendswo gesehen habe. Beispiele wären hier z.B. T. 51ff im ersten Satz von Hob XVI:52, T. 30ff im ersten Satz von Hob. XVI: 34.

3.) Transparenz: Hier kann ich gar nicht genau festmachen woran es liegt, aber ich finde gerade seine schnellen Sätze unheimlich transparent und "flirrend". Und zwar nicht nur in seiner Klaviermusik! Als Beispiele können hier die letzten Sätze der Klaviersonaten Hob XVI:52 und Hob XVI:32 dienen.

4.) Haydns "Humor": Musik spielt natürülich immer mit den Erwartungen des Zuhörers. Und gerade was "rhythmische" Erwartungen angeht, ist Haydn - wie ich finde - ziemlich raffiniert. Beispiel: Takt 25-39 des letzten Satzes Hob XVI:24, wo zumindest ich immer kurzzeitig völlig verwirrt bin, wo im Takt wir uns eigentlich gerade befinden.

Abschließend möchte ich noch eine Sache sagen: Ich habe mich mit Haydns "mittleren" Werken wesentlich leichter getan, als ich begonnen habe zu verstehen, dass mein Unmut mit dieser Musik - der auch einst existierte! - davon herrührte, dass ich gewissermaßen "Musik der Hochklassik" erwartet habe und diese Musik diese Erwartungen irgendwie enttäuscht hat. Mit ihrer "Manieriertheit" (und ich empfinde dieses Wort hier als ziemlich passend) passte diese Musik irgendwie gar nicht in die Vorstellung, welche ich von dieser Musik hatte. Manche Leute sagen, dass diese Musik "im empfindsamen Stil" geschrieben wurde. Nunja...man kann es nennen wie man mag. Es ist halt ein bisschen was anderes, als man vielleicht erwartet und diese Wörter können eventuell helfen, sich dieser Andersartigkeit zu öffnen.

Ich hoffe mal, dass ich nicht zu viel Blödsinn geschrieben hab. Falls ja ( @mick :-D ) korrigiert mich gerne.
 
Das mit dem Interpreten ist ein wichtiger Punkt, der aber nicht nur für diese Werke von Bach gilt, sondern natürlich auch für alle anderen Stücke. Ein mieser Interpret kann einen auch dazu bringen, die Polonaise-Fantaisie von Chopin (oder andere musikalisch stark abwechslungsreiche Stücke) als stinkelangweilig wahrzunehmen.

Aber gerade bei Bach liegt es meines Erachtens viel mehr in der Verantwortung des Interpreten, dem Zuhörer die Struktur des Musikstückes zu vermitteln! Polonaisen von Chopin versteht man auch einigermaßen, wenn sie schlecht gespielt sind (würde ich behaupten). Meines Erachtens benötigen bei Bach die zahlreichen "Querbezüge" zwischen den einzelnen Stimmen und auch innerhalb einer Stimme eine sehr wache Artikulation und Phrasierung, um hervorgehoben und verständlich gemacht zu werden (und müssen natürlich vom Interpreten auch erkannt werden). "Schläft" hier der Interpret, klingt diese Musik wirklich schnell langweilig und wenig verständlich.

Schläft er jedoch nicht kann man als Zuhörer einem munteren Gespräch zwischen den einzelnen Stimmen lauschen, was wirklich sehr schön sein kann.
 
Chopins "Polonaise Blankenese" wird meist schlecht gespielt, ist aber dennoch jedermann verständlich.
 
Chopins "Polonaise Blankenese" wird meist schlecht gespielt, ist aber dennoch jedermann verständlich.

Leider ist Chopin zu früh verstorben. Es gibt leider keine Welte-Mignon-Einspielung und so sind wir hinsichtlich Interpretation ganz auf uns gestellt. Gottlieb Wendehals hat zumindest eine Interpratationsgrundlage geliefert, an deren Popularität sich andere Interpretationen orientieren sollten. Ein ganz großer Wurf. Gerade die Konzentration auf die wirklich wichtigen Teile dieses Werkes machen diese Version für nahezu jedermann fassbar.

Grüße
Häretiker
 
Ganz schlechtes Beispiel für ein interessantes Phänomen.
Wann macht 'man' den Interpreten verantwortlich und wann den Komponisten, wenn es nicht gefällt!?

Wenn ich die Komposition nicht mag, kann der Interpret so gut sein wie er will.

Wenn ich ein Stück mag, kann auch eine schlechte Interpretation unter Umständen trotzdem gefallen.
Dasist vor allem der Fall, wenn man (noch) keine bessere Interpretation kennt.

Mir geht es dann teilweise so, dass ich erst hinterher merke, wie schlecht die erste gehörte Interpretation war und dsss das Stück ja noch genialer als zunächst gedacht ist.

Bei der Interpretation finde ich Objektivität teils noch schwerer als bei der Komposition, zumindest auf dem Niveau konzertierender Profis.
Trotzdem würden mir wahrscheinlich die meisten zustimmen, wenn ich sage, die Appassionata von Glenn Gould ist schlechter als die von Claudio Arau.
 
Wenn ich die Komposition nicht mag, kann der Interpret so gut sein wie er will.

...mir geht es da ähnlich. Ich habe schon oft versucht, mich in die Welt von Heiller oder Messiaen hineinzudenken und zu fühlen... und auch wenn gute Organisten ihr Können zum Besten geben und ich die Qualität dieser Kompositionen auch durchaus zu schätzen weiß, bleibt es, wie es ist: es ist nicht meine Welt.

Prinzipiell lasse ich mich aber gerne überraschen, wenn es um die Interpretation eines Stückes geht und freue mich, vor allen Dingen bei Werken, die ich wunderbar finde, wenn es möglichst viele unterschiedliche davon gibt, man also die Möglichkeit hat, ein Werk auch mal anders zu beleuchten. Interessant finde ich dabei auch die unterschiedlichen Perspektiven und Haltungen, die man dann als Spieler, aber auch als Zuhörer dazu einnehmen kann.
 
Zuletzt bearbeitet:

Also, die Appassionata von Beethoven gehört doch zu seinen tollsten Klavierwerken überhaupt... ;-) *)

Ein "Beethoven" reinsten Wassers. Aber wir haben ja SOO viel Musik, da finden alle Töpfe ihre passenden Deckelchen... ;-)

Ich gehöre auch zu denjenigen, denen sich eine Komposition hauptsächlich durch eine gute Interpretation (Aufnahme) erschließt. Und den meisten Klassik-Hörern wird es wohl ähnlich ergehen.

Ich habe es mehr als einmal erlebt, dass eine "Mauerblümchen-Komposition" in der Hand eines Interpreten von Weltspitzenklasse zu einem unvergeßlichen, und oft genossenen, Erlebnis wurde.

Aber dann eben NUR in dieser einen speziellen Aufnahme.

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*) das Problem ist allenfalls, dass sie noch nie ein Interpret in der notwendigen Tiefe interpretiert hat. Da wäre mal Handlungsbedarf...
 
Und zur Demonstration, dass die Appassionata nur heiße Luft ist (nicht meine Meinung), ist die Gould-Einspielung vielleicht sogar geeigneter...

Es ist immer leichter durch sein Spiel zu "beweisen" , dass ein Stück schlecht ist, als dass ein Stück gut ist. Ich kann auch jederzeit 'beweisen', dass ich kein Deutsch kann, oder nicht singen, oder ...
Viel schwieriger ist es zu zeigen, was für ein phantastischer Komponist Haydn war.
 
Ich erkenne mit zunehmendem Alter vor allem, an wie viel guter, reizvoller, hübscher Musik ich bisher achtlos vorüber gegangen bin. Es ist des Entdeckens kein Ende. Ich stelle bei mir eine große Alterstoleranz fest. Allerdings mehr gegen Kompositionen als gegen Interpreten.
 
Ich werde mal einen speziellen Faden aufmachen zu einem Teilthema des hier aufgeworfenen.
Wann macht man den Interpreten, wann den Komponisten für Nichtgefallen verantwortlich?
 
Ich habe es mehr als einmal erlebt, dass eine "Mauerblümchen-Komposition" in der Hand eines Interpreten von Weltspitzenklasse zu einem unvergeßlichen, und oft genossenen, Erlebnis wurde.

Aber dann eben NUR in dieser einen speziellen Aufnahme.

Ich weiß nicht woran es liegt, vielleicht an der Konzentration. Den Effekt kenne ich nur live, nicht von einer egal wie guten CD-Aufnahme.
Mauerblümchen ist allerdings auch relativ. Für den einen sind vielleicht schon so mancher Nocturne oder Beethovensonaten, die nicht Op. 13, 27,2, 53, 57, 106 oder 111 sind, Mauerblümchen, andere ziehen ihre Grenze ganz woanders.
 

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