Wer haftet für gerissene Saiten?

Dies ist ja eine Frage des Verschuldens. Es muss diesbezüglich dem Klavierstimmer nachgewiesen werden, er hätte fahrlässig gehandelt (Du redest ja selber davon, dass er "versehentlich" eine Saite zerreißt). Dies stellt darum regelmäßig eine Schwierigkeit dar, da eine Saite reißen kann, wenn Sie marode ist. Deshalb kann hier regelmäßig nicht der §823 (1) BGB (Schadensersatzpflicht) herangezogen werden. Darum ist die Schuldfrage nach dem Hergang zu beurteilen.
 
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wenn du deiner KFZ-Werkstatt sagst: mein Keilriemen quietscht, stellt den mal straffer, und er reißt dabei: glaubst du, dass die Werkstatt dir einen neuen Riemen zahlen müsste?
 
na ja, das würde ja dann darin gipfeln, dass der Stimmer sagt: es könnten Saiten reißen. Das passiert nur dann nicht, wenn man das Instrument neu besaitet. Soll ich es neu besaiten oder lieber erst gar nicht stimmen?

Das finde ich unrealistisch. Saiten können immer reißen, da kann der Stimmer überhaupt nichts für. Es sei denn, er ist im ersten Lehrjahr und hat noch arge Hörprobleme mit den unteren Oktaven. Ich hab damals auch die eine oder andere Saite gefetzt weil ich einfach nicht gehört habe, dass ich schon zu hoch war und meinte, es müsste noch höher sein. Aber Saiten reißen auch aus anderen Gründen: Materialschwäche, Grat an der Silie oder Agraffe etc. pp. Oder auch einfach nur, weil das Instrument ewig nicht gestimmt wurde. Wer ist daran Schuld? Der Stimmer jedenfalls nicht.

Meiner Meinung nach sollte nur derjenige für etwas haften, was er schuldhaft herbeigeführt hat. Und das ist bei gerissenen Saiten jedenfalls nicht der Fall. Und das ist auch allgemeiner Konsens in der Fachwelt. Ich habe noch nie gehört, dass ein Stimmer für eine gerissene Saite aufkommen musste. Und auf Risiken hinweisen tue ich auch nur, wenn ich ein Instrument hoch auf 440 Hz stimme, das vorher viel zu tief stand.

FAB, wie siehst du das denn mit der KFZ-Werkstatt? Würdest du von denen einen neuen Keilriemen erwarten? Ich nicht. Ich hatte mal den ADAC gerufen wegen irgendeinem Motorproblem, was die dann notdürftig geflickt hatten. Auf meine Frage, was denn schlimmstenfalls passieren könnte, antwortete der Techniker: das Hinterrad abfallen:D:D
 
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OK, für mich ist klar: Der, der die Saite zerstört, muß auch dafür sorgen, daß das wieder in Ordnung gebracht wird (logisch). Der Klavierspieler hat ja die Saite nicht zerrissen und kann auch nichts dafür. Und wenn der Stimmer den Kunden nicht über Haftung und eventuelle Risiken belehrt hat, muß er das logischerweise selber bezahlen (oder seine Versicherung, sofern sie das macht).

Rechtlich gesehen ist das leider so nicht möglich. Nach der deliktischen Haftung ist immer derjenige Schuld, der Körper, Eigentum, Freiheit, oder Gesundheit eines anderen widerrechtlich und fahrlässig verletzt. Er muss dich als Kunden nicht auf die Haftung und eventuelle Risiken belehren, weil man regelmäßig davon ausgeht, dass marodes Material bei einer Stimmung brechen kann. Wenn dies bei einem neuen Instrument passieren würde und dies am Besten in den ersten 6 Monaten, sodann könntest du die Nacherfüllung gem. §439 BGB vom Hersteller verlangen. Gegen den Klavierstimmer wird deshalb im Normalfall, also ohne, dass ihm ein deliktisch fahrlässiges Handeln nachgewiesen werden kann, kein Schadensersatz geltend gemacht werden können.
 
FAB, was machst Du, wenn der Stimmer vor Deinem Instrument steht, ohne sein zutun eine Saite reist, dem Stimmer ins Gesicht schnallzt und dieser 8 Wochen arbeitsunfähig ist?

Na klar:
Du zahlst ihm seinen Verdienstausfall sowie Schmerzensgeld für die entstandene Narbe, denn schließlich ist es ja DEIN Klavier und DU als Eigentümer bist dafür verantwortlich, dass niemand durch DEINE Sache zu Schaden kommt.
Also immer verantwortungsbewust alles Saiten auf eventuelle Schwachstellen kontrollieren, bevor Du grob fahrlässig die Gesundheit des Stimmers gefärdest, in dem Du ihn an Dein marodes Klavier stellst.
 
@ Klavierbaumeister, Genau meine Worte :)

@FAB: Du kannst auch einfach mich fragen, studiere D-NL Recht und arbeite im Inkassounternehmen ;)
 
Ich frag mich nun echt, was das mit Dummheit zu tun hat...
 

Huch, Ich wusste gar nicht, dass Clavio auch eine Kindergartenabteilung hat :rolleyes:

marcus
 
Hhm bei unserm alten Klavier sind dem Klavierstimmer gleich drei Saiten gerissen:(.Allerdings war es für mich klar das wir selbst die Kosten tragen.Es handelte sich um ein uraltes Schimmelklavier das wahrhaftig schon bessere Zeiten gesehen hat.Ausserdem hat der Klavierstimmer auch reichlich Reperaturen durchgeführt die er uns nicht alle in Rechnung stellte:rolleyes:
 
Wenn man einen Sachverständigen bemüht und der tatsächlich herausfinden kann, daß die Saite durch grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz des Stimmers gerissen ist, ist der Streitwert vermutlich hoch genug, um damit vor Gericht durch mehrere Instanzen zu gehen. Fragt sich nur, ob der Richter die Verhältmismäßigkeit der Mittel hier gewahrt sieht und ob sowas überhaupt beweisbar ist.

Ansonsten sieht es doch so aus, daß der Klavierbesitzer den Stimmer beauftragt hat, eine Arbeit durchzuführen, bei der bestimmte Dinge aller Sorgfalt zum Trotz einfach passieren können. Der Stimmer könnte auch einen Schwächeanfall bekommen, hält sich am Stimmhammer fest, rutscht ab, schlägt sich an den Tasten die Zähne aus, die dadurch auch beschädigt werden (die Tasten) und der Teppich muß wegen der Blutlache in die Reinigung - vielleicht reißt sogar eine Saite dabei und der Stimmhammer schlägt gegen eine teure Vase. Kaum ein Gewerbetreibender sichert sich nicht in seinen Geschäftsbedingungen gegen Schäden ab, die nicht durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit entstanden sind. Ärzte haben sogar einen Kittelbonus, mit dem sie aus Dummheit guten Willen machen können (aber das ist eigentlich unfair und gehört nicht hierher, aber wer sich das ausgedacht und durchgesetzt hat, muß auch gerissen gewesen sein).

Ein einfacheres Beispiel aus der privaten Haftpflichtversicherung: A sieht, daß B umzieht und greift sich einen Spiegel, trägt den bis zum Umzugswagen und stolpert - Spiegel kaputt. Seine Haftpflichtversicherung wird zahlen obwohl er sieben Jahre Pech haben wird (vielleicht die neue Versicherungsprämie). Wenn B ihn aber darum gebeten hat, den Spiegel zu tragen, ist Bs Hausratsversicherung zuständig. Analog könnte man A als den Klavierstimmer und B als den Eigentümer des Klaviers sehen und es würde mich micht wundern, wenn Versicherungen das genauso beurteilen. Da nun Versicherungen mit die besten Juristen haben, die ihre Meinungen sogar mathematisch beweisen können, ist das ein guter Anhalt, um diese Situation zu beurteilen.

PS: Jura ist garnicht so uninteressant, aber man darf nichts persönlich nehmen. Stattdessen muß man generalisieren und den anderen erklären, warum sie recht haben aber eigentlich noch nicht so richtig wissen, was sie denken (gilt sowohl für die Klienten wie auch für die Gegner) - und nie die Rechnung vergessen :)
 
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Ja, mir ist mal eine Baßsaite gerissen, was definitiv auf Materialermüdung zurückzuführen war. Ging auf meine Rechnung, da ich den Eigentümer nicht belehrt hatte.

selber schuld. Nicht die fehlende Belehrung, sondern dass du die Saite freiwillig bezahlt hast. Machst du das nebenberuflich und bist Autodidakt?

Ich mache pro Jahr etwa 300 Stimmungen und mir reißen vielleicht 1-2 Saiten pro Jahr, mal mehr mal weniger. Manchmal auch nur bei einem Instrument mehrere Saiten. Ich hatte noch nie das Problem, dass der Kunde meinte, ich solle die zahlen.
 
Na dann hast Du einfach Glück gehabt.
Das Saiten reißen ist doch auch ganz normal. Gerade beim Stimmen, wenn die Saiten einfach stärker belastet werden.

Dazu fällt mir noch eine kleine Geschichte von letzter Woche ein. Da bekam ich gegen abend noch einen Anruf, das einer Pianistin beim Üben für das Konzert am abend eine Saite gerissen ist. Also hingefahren und ersetzt!
Bist Du da dann auch der Meinung das Sie die Saite selbst zahlen müsste?
Wie ist es z.B. bei den Instrumenten in den Hochschulen, da reißen fast Wöchentlich irgendwo Saiten, einfach weil die Instrumente viel bespielt werden. Sollen es da dann die Stundenten bezahlen, die spielen ja auch drauf!
 
Für den betreffenden Flügel liegt auch ein Gutachten für eine Überholung vor. Dort ist die Neubesaitung des Basses mit angegeben.
Ja, ich mache das quasi nebenberuflich, und mir ist bislang noch nie eine Saite beim Stimmen gerissen, selbst nicht bei Instrumenten mit völlig verrosteten Saiten (komplett schwarzbraun) oder bei einem Schrottklavier in einer Kneipe, wurde rund 30 Jahre nicht gestimmt, mußte ich 2x vorstimmen/ordentlich überziehen.
Wenn das bei einem Klavier mit relativ neuer Besaitung auftritt würde ich die Schuld an einem Saitenriß eher bei demjenigen sehen der die Neubesaitung eventuell nicht fachgerecht (fehlerhafte Saitenberechnung, Kerben in der Saitenoberfläche beim Biegen der Anhangschlaufe etc.) durchgeführt hatte; aber auch ein Materialfehler ist da nie auszuschließen. Genauso ist es aber möglich, daß ne neue Saite durch technische Unzulänglichkeiten am Klavier (Grat oder unzureichende Ansenkung an der Stimmwirbelquerbohrung, scharfe Kante in einer Agraffe etc.) schon vorzeitig ihr Leben aushaucht.

Bei älteren Instrumenten sind mir nicht nur beim Stimmen sondern auch bei normalem Spiel schon Saiten krepiert, jedenfalls ist bei fachgerechter Arbeit der Klavierstimmer der Letzte den irgendein Verschulden trifft es sei denn er hätte nen Hörfehler und überzieht die Saite (und die sind eigentlich ziemlich gutmütig) viel zu stark. Dann allerdings würdest Du schon mit dem Stimmergebnis selbst kaum zufrieden sein.......

@Klavierbaumeister, Dein Begriff "autodidaktischer Schwarzarbeiter" ist ne herrliche Umschreibung ;) ; solange man dieses wie ich früher gegen einen Naturalienobulus in Form von einer (auch dringend nötigen) Tasse Kaffee pro 45 min Arbeitszeit macht ist aber auch nichts Verwerfliches dabei da keine Gewinnabsicht besteht. Abgesehen davon hatte ich gegenüber Euch Profis den Vorteil zur Bedingung machen zu können, daß nervige Kinder und bellende Hunde in dieser Zeit die Location zu verlassen haben.......:p
 
gestern habe ich dieses Klavier gestimmt. Irgend so ein Spacko meinte wohl dass es weiß besser aussähe. Und weil er besonders gründlich sein wollte, hat er das Wirbelfeld und somit teilweise auch die Saiten und Hämmer gleich mitgespritzt :D :D Meine Kunden hatten es in dem Zustand vor 20 Jahren gekauft und dann wieder schwarz lackiert.

Wie auch immer: ausnahmsweise habe ich die Kunden darauf hingewiesen, dass durchaus Saiten reißen könnten :D Um ehrlich zu sein hatte ich damit gerechnet, dass alle Saiten reißen werden, sobald man den Wirbel bewegt (egal in welche Richtung). Aber nein, keine einzige Saite ist gerissen. Unglaublich!
 

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Das nenne ich doch mal fachmännisch ausgeführte Lackierung :D
 

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