Was tun mit nicht übenden und wenig begabten Schülern - außer rausschmeißen??

  • Ersteller des Themas Jeanpaul5
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Wobei ich glaube dass es wirklich schwierig ist, sich absichtlich blöd zu stellen. Vermutlich genauso schwierig, wie sich absichtlich schlau zu stellen...:dizzy:

Letzteres halte ich für fast unmöglich.... kannst es ja mal versuchen. :angst::schweigen::heilig:
Och, ich kenne da genügend Politiker, die das ganz gut können: Viel reden, ohne was zu sagen, bedeutungsschwanger dreinblicken, ohne was zu tun, großspurig anderen permanent ins Wort fallen mit ein paar auswendig gelernten ideologischen Floskeln - das Repertoire an Möglichkeiten ist riesig. Einziger Haken: Vonnöten ist eine entsprechende Persönlichkeitsstruktur - entweder hat man sie oder man hat sie nicht.

Mich absichtlich blöd stellen musste ich mal aus Gefälligkeit einer Studienkollegin gegenüber, mit der ich viel Kammermusik gemacht habe. Im Rahmen ihres Studiums musste diese mit einer Schülerin zusammen eine Kammermusik-Lehrprobe absolvieren, bei der ich den unterweisungsbedürftigen Partner am Klavier abzugeben hatte. Ich hatte die Vorgabe, genügend künstlerische Fehlleistungen zu produzieren, die Gelegenheit zum Eingreifen bieten sollten: Asynchronität, instabile Tempogestaltung, dynamische Missverhältnisse, artikulatorische Reibungen, falsche Akzente, unklare Auftakte und vieles mehr an künstlerischen Unarten - war durchaus ganz unterhaltsam... .

LG von Rheinkultur
 
Das größte Vergnügen ist, ein Genie zu sein - und es als einziger zu wissen.
Als ich mich einmal mit einem grauenhaften Verein als Chorleiter herumgeärgert hatte, stellte ich bei meiner Ankunft zu Hause meiner Lebensgefährtin die Frage aller Fragen: "Warum gibt es so viele Arschlöcher auf der Welt?" - Ihre trockene Antwort darauf: "Ist doch klar - damit Du nicht alleine bist...!"

PS - Eine Minute Dumm stellen erspart oft eine Stunde Arbeit.
So ist es. Früher hatte ich immer Angst vor der Arbeit. Heute könnte ich anderen dabei stundenlang zuschauen.

Es gibt viel zu tun. Fangt schon mal an.

LG von Rheinkultur
 
Habe ich mal im Ballettunterricht an einer Konkurrenz Schule gemacht. War ehrlich gesagt sehr einfach und spaßig. :teufel:

Im Ballett ist das ja auch echt leicht: Einfach nicht so viel Spannung in die Haltung investieren, Chicken-Wings, Hitchhiker-Thumbs und Hamburgers, schon sieht man aus wie ein Anfänger ;-)

Aber am Klavier muß man sich ja absichtilich verkrampfen ...
 
Vielleicht mal ein anderer Ansatz:

Ich war eine Schülerin, die nicht geübt hat. Ich erzähle das jetzt nicht um irgendjemandem Schuld zu geben (die liegt wenn, bei mir) sondern um eine andere Sichtweise zu geben Was man damit macht, ist jedem selbst überlassen:)

Damals
Bei mir zu Hause stand schon immer ein Klavier. Meine Mami spielte sehr gern, viel und gut und so war es ihr ein Anliegen, dass auch die Tochter, wenn sie denn Interesse zeigte, Klavierunterricht bekäme. Das dauerte aber bis ich etwa 10 Jahre alt war und mich selbständig (ich habe die Dateneinträge im Klavierbuch gefunden) durch den ersten Band der Klavierschule von A. Burkard gearbeitet hatte. Ausserdem brachte ich mir selbst die Elise bei (natürlich war das nix, aber in meiner Erinnerung habe ich sie viel geübt und auch halbwegs flüssig spielen können).
Dann bekam ich meine erste Klavierstunde und da meine Elise meinen KL so gar nicht begeisterte (völlig richtig und verständlich) begannen wir mit Bela Bartok, was mich überhaupt nicht begeisterte.
Ich denke am Anfang werde ich noch etwas geübt haben, auch wenn ich mich heute nur wenig daran erinnern kann aber meine Bereitschaft sank in den folgenden Jahren immer weiter. Am meisten störte mich, dass das Klavier bei uns im Eingangsbereich stand und immer das ganze Haus beschallte. Es war unmöglich etwas am Klavier zu tun, ohne dass ich postwendend die Quittung dafür bekam ("Ach Eva, wie schön dass Du mal wieder Klavier spielst"). Es war also nicht so, dass meine Eltern sich nicht bemüht hätten, mich zum Spielen zu animieren. Gespielt/geübt habe ich aber trotzdem nicht. Also übte mein KL viele Jahre mit mir. Dafür schäme ich mich noch heute. Als Kind war es mir aber egal.

Klavierspieltechnisch hat mir der Klavierunterricht also ziemlich wenig gebracht, ausser dass ich mir in der Schule mit minimalem Aufwand eine ziemlich gute Note in Musik gesichert habe (spricht nicht für die Qualität des Musikunterrichts) und vermutlich auch sonst gewisse Sachen besser verstehen oder in den Kontext setzen konnte.

Und Dann
stelle mein Mann mir vor ein paar Jahren ein Klavier (mit Silent Option, das war immer Bedingung) ins Wohnzimmer und nach mehr als 20 Jahren in denen ich keinen Ton gespielt habe, wollte ich plötzlich wieder, und zwar richtig!
Seit 1.5 Jahren habe ich wieder einen KL und ich spiele die alten Stücke und verstehe so langsam, was ich damals alles nicht geübt und verstanden habe und wieviel mehr als reines Tastendrücken Klavierspielen ist. Jetzt ärgere ich mich über die verlorenen Jahre und verpassten Chancen aber da die Vergangenheit damit auch nicht besser wird, freue ich mich über das, was eben doch hängen geblieben ist. Es ist sicher mehr, als wenn ich die Klavierstunde früher abgebrochen hätte...

Bald
kommen meine Kinder in das Klavieralter und ich kann mir darüber Gedanken machen, wie ich sie vielleicht besser motiviere und ob ich ihnen eine Klavierstunde bezahle, obwohl sie nicht üben....
 
Die Erfahrungen von Clavica treffen auch auf mich zu. Meine Großmutter spielte sehr gut Klavier, meine Oma ebenfalls und meine Mutter ein bißchen. Also gabs nach der Musikfrüherziehung in einer Yamaha -Schule, zu der ich mit meinen Brüdern wöchentlich gekarrt wurde, dann Klavierstunden bei einer Kl sehr alter Schule, mein Bruder u ich haben wenig geübt, immer Angst vor dem Unterricht und natürlich gabs Béla Bartok.
Danach wechselte ich zu einem etwas fortschrittlicheren Lehrer, der mir (ohne Erfolg) auch das Improvisieren beibringen wollte.
Aber - es gab kein silent Klavier und jeder hat zu meinem Spiel Kommentare abgegeben(hör auf zu klimpern, üb gescheit.....)
Dabei hatten wir einen Steinway Flügel ( von der Oma) dem trauere ich jetzt hinterher.
As ganze gipfelte in einem Vorspiel im Musikunterricht, bei dem ich völlig versagte. Mit 15 hatte das Drama ein Ende.Jetzt bin ich 54, habe nur ein Digi, nehme aber seit einem halben Jahr wieder Unterricht und tatsächlich, ich übe, so es die Zeit zulässt jeden Tag und bin dankbar für die Grundlagen und das Wissen, das ich dank der Kindheit habe.
Damals wurden die Stücke auch nie bis zum Können geübt, sondern es kam halt das Nächste Stück dran.
Nächstes Jahr muss ich Vorspielen, eine Nocturnes und jetzt spiele sie immer am Ende des Unterrichts einmal meiner KL vor.
Der nächste Schritt ist nun die Suche nach einem Klavier.
U ich versuche nicht auf die verschwendeten Jahre zu blicken, sondern auf das was noch vor mir liegt

Grüße aus Bayern
Silvvia
 
Ich würde nach den Sommerferien die Preise erhöhen. Wenn die Eltern es freiwillig zahlen, dann ist es ein Schmerzensgeld, ansonsten würde ich dem keine Träne nachheulen, wenn er geht....
 

@Musikanna
Zur Mutter meines Vaters sagten wir "Großmama" das also ist die Großmutter, zur anderen - Mutter meiner Mutter Oma. War verwirrend, ich gebs zu
 
(...)
Bald
kommen meine Kinder in das Klavieralter und ich kann mir darüber Gedanken machen, wie ich sie vielleicht besser motiviere und ob ich ihnen eine Klavierstunde bezahle, obwohl sie nicht üben....
Schnapp dir lieben Kleine, offeriere ihnen eine Vergleichsrechnung: so viel kostet ein Jahr Klavierunterricht, so viel Smartphone plus fettem Vertrag kriegt man für dasselbe -- dann stelle sie vor die Wahl: ziemlich sicher wird es dann bei dir mehr Klingeltöne als Klaviertöne geben, und die Kindlein werden freudig üben... ;-);-):schweigen::-D:-D:-D
(du hast Humor genug um nicht buhu-du-kennst-meine-Kindlein-nicht zu toben) :drink:
 
Ich lese da eher draus: Bitte auf gar keinen Fall Bartók, liebe KL, wenn euch etwas an euren Schülern liegt:-D.

Der war mir 1000x lieber als das unsägliche "Sonatinen-Album". Nur meine Nachbarin nebenan, die verstand den nicht. Nachbarin: "Du spielst ja schon sehr schön Klavier., aber in der letzten Zeit spielst Du so viele falsche Töne!" Ich, damals 12: "Das ist Bartok, das muss so sein!"

Grüße
Häretiker
 
@pianochris66
Bin nicht sicher, dass das Problem bei mir alleine Bartok war. Ich glaube, ich war auch enttäuscht, dass anscheinend alles, was ich da autodidaktisch gelernt hatte nix taugte und ich nochmal ganz von vorn anfangen musste. Das der Bartok mir dann (nach der eingängigen Elise) zu fremd war, kam dann einfach noch dazu.
*grin* Und natürlich, eine knapp 10jährige Übeaversion mit dem Bartok zu erklären, ist vielleicht auch etwas übertrieben :)

@rolf
Das mit dem Humor habe ich nach dem 2. Kind aufgeben. Seitdem bin ich Realist. Gelächelt wird nur noch zu Weihnachten und hohen Feiertagen, - damit die Kinder auf den Photos dann schöne Erinnerungen haben.

Das Problem ist aber trotz Humor existent. Wie bekomme ich mein Kind zum Üben und wieviel Übezeit kann ich verlangen und durchsetzen? In meinem Bekanntenkreis habe ich alles, von lauten Schrei- und Schimpftiraden, um das Kind zum Üben zu bewegen (mit mässigem Erfolg) bis hin zu der Entscheidung: "die Sache dem Musiklehrer zuständigkeitshalber zu übergeben" gesehen. Vorherrschend ist der Ansatz: "es muss kindgerecht sein", und "das Kind soll Spass haben und sich entwickeln können".
Ob das die Werte sind, die ich meinen Kindern vermitteln will, weiss ich nicht.

Nun denn, kommt Zeit kommt Rat. Ich bin gespannt. :)
 
@Clavica
"Wie bekomme ich mein Kind zum Üben?"
Wenn es da ein Parentrezept geben würde...das gilt fürs Klavierspielen wie für das zusätzliche Üben für schwächere Fächer.

Einer meiner Erziehungsansprüche bei meinen Söhnen war: breite Bandbreite im Angebot aber kein "Hobbyhopping".
Es galt grundsätzlich, dass über die erste "keine Lust weil das wird ja anstrengend" Phase hinaus das (von ihnen gewählte) Hobby Pflicht und nicht nur Spaß war. Das war immer vorher abgesprochen.

Beim Klavier ist keiner hängen geblieben, aber die Grundlagen waren da und beide spielen, auf unterschiedlichem Niveau, Gitarre.
Dier ersten Enkel werden gerade ans Klavier herangeführt. Allein das ist für mich ein Zeichen, daß es es "wert war" sich auch mal herumzuärgern.

Irgendein Problem " an kompetente Dritte zu übergeben" um seine Ruhe zu haben, halte ich für suboptimal, was das Ergebnis angeht.
Ich weiß leider, wovon ich da rede, weil auf anderem Gebiet bei mir "abgekippt" wird. Wenn Kinder das Interesse der Eltern im Hintergrund spüren, sind die Ergebnisse meiner Erfahrung nach einfach besser.

Den Humor und das Lachen findet man übrigens bei den Enkeln ganz entspannt wieder! ;-)

LG Barbara
 
Ich gehöre zu den - im Forum vermutlich nicht allzu häufigen vertretenen Personen - die aus dem Klavierunterricht geflogen sind. (Das führt regelmäßig zu erstaunten Reaktionen von Leuten, die mich kennen: "Waaas, Du bist rausgeflogen?")

Was hätte man machen können, um mich zum Üben zu ringen? Vermutlich gar nichts. Es kommt, wie es kommt. Songs auf der Gitarre zu begleiten war mir mit 14 Jahren wichtiger, es war cooler. Fairerweise muss ich hinzufügen, dass mir das u.a. deswegen sehr leicht fiel, weil ich im Klavierunterricht immerhin gelernt hatte, was ein Quintenzirkel ist. Damit und mit einem einigermaßen ordentlichen Gehör kann man jeden Popsong begleiten.

Klar, bei meinem Wiedereinstieg habe ich es bedauert, nicht mehr getan zu haben. Aber die Vergangenheit ändert man nun einmal nicht.

Bei den eigenen Kindern haben wir - nichts gemacht außer zu ermutigen. Ergebnis: Beide sind ihrem Instrument jeweils 12 bzw. 13 Jahre treu geblieben. Der eine auch aufgrund einer pädagogisch begnadeten Geigenlehrerin, die mit ihm als Kind, als pubertierendem Jugendlichen und als jungem Erwachsenen klar kam und irgendwie die zeitweiligen Übedefizite so auffing, dass er am Ende bei Francks Violinsonate landete.Nicht schlecht für jemand, der wenig übt.

Der andere kommentierte später einen Lehrerwechsel so: "X konnte mit meinem Nichtüben entspannter umgehen als Y." (Wir haben beide für sehr gute Lehrer gehalten.)

Was ich damit sagen will: Es klappt oder nicht. Und wenn nicht, ist es kein Drama. Es gibt Schlimmeres auf der Welt als Kinder, die den Instrumentalunterricht wegen Faulheit hinschmeißen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Auch ich zeige mein Verständnis dafür, daß das zu einem Motivationsverlust führte - ich habe mich durch den Band 1 des Mikrokosmos hindurchgearbeitet in der Hoffnung, alsbald schönere Werke spielen zu können; aber zum Glück warnten mich andere hier im Forum vor den weiteren Bänden.
Andererseits müssen wir feststellen, daß du vor dem Unterricht fleißig geübt hast: wie sonst hättest du einen Band einer Klavierschule durcharbeiten können? Daß das Ergebnis deinem folgenden Lehrer nicht gefiel, ist was anderes.
Folglich laste ich es diesem Lehrer an, daß du letztlich vollständig die Motivation verloren hast: bei der riesigen Auswahl an Unterrichtsmaterialien hätte er umsteigen können, und somit deine Motivatrion aufrecht erhalten.
Um auf die im Thread-Titel gestellte Frage zurückzukommen: Rausschmeißen? Ja, klar. Und zwar so einen Lehrer.
Hoffentlich reagierst du korrekt, wenn es deinen Kindern im Musikunterricht so ergeht.
 
@Sven
Ich war vielleicht 10 Jahre alt. Da ist das mit der Motivation noch so eine Sache und durchaus Mitaufgabe des Lehrers.

ABER

Ich habe nie gesagt, dass es die Schuld von Bartok oder von meinem damaligen KL war, dass ich nicht geübt habe. Vielleicht wäre meine Klavierkarriere anders gelaufen, wenn der Anfang anders gewesen wäre. Wahrscheinlich aber nicht. Dafür ist die Sache mit dem Üben zu komplex. Ausserdem ist es doch völlig klar, dass das, was sich da eine sicher nicht im Ausnahmebereich talentierte 10 Jährige autodidaktisch zusammenfingert der Korrektur bedarf und ein Neuanfang benötigt wird. Das ist immer mit einer gewissen Frustration verbunden.
 

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