Was macht das Klavierspiel zur Musik???

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Debbie digitalis

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Hallo miteinander,

ich bin gerade damit beschäftigt, eine Clementi-Sonatine, die ich vor kurzer Zeit abgeschlossen habe, auf "Vorspiel-Niveau" zu bringen!

an manchen Tagen ist das Üben gut, an manchen herausfordernd, an wieder anderen deprimierend und manchmal einfach fragwürdig, d.h. so, dass ich hier mal eine Frage stellen möchte!

Die Sonatine habe ich schon länger in Bearbeitung - sie ist m.E. völlig durchstrukturiert und dementsprechend rasch ihrem Aufbau entsprechend nachvollziehbar! Auch bietet sie meines (Spätanfänger-Erachtens) nach keine allzu großen Schwierigkeiten!

Dennoch: die ganze Sonatine von Anfang an mit dem größtmöglichen Elan und der größtmöglichen Begeisterung zu spielen - das finde ich etwas schwierig!

Das liegt nicht an den (m.E.) wenigen technischen Schwierigkeiten, die sie birgt, sondern an ihrer vermeintlichen Einfachheit!

Z.B. habe ich bei diesem Werk zum ersten Mal die Tücke der Wiederholungen kennengelernt! Wenn ein Satz beim erstenm Durchspielen gut klappt und dieser dann wiederholt werden soll, dann denkt man möglicherweise (unterbewusst) "geschenkt" und dann gibt es die überflüssigen Patzer!

Zum anderen: Wenn ich einen Satz zu lange übe, dann fällt mit viel zu viel dazu ein - ich verzettele mich irgendwie - höre zu lange einzelnen Takten nach und träume mit dieser Musik weiter! Meine KLin sagt dann ganz klar: Strukturieren, für einzelne Takte/Abeschnitte eine bestimmte Übezeit ansetzen, danach etwas anderes spielen/üben - wie soll ich jetzt weiterkommen???


LG

Debbie digitalis
 
Z.B. habe ich bei diesem Werk zum ersten Mal die Tücke der Wiederholungen kennengelernt! Wenn ein Satz beim erstenm Durchspielen gut klappt und dieser dann wiederholt werden soll, dann denkt man möglicherweise (unterbewusst) "geschenkt" und dann gibt es die überflüssigen Patzer!

Zum anderen: Wenn ich einen Satz zu lange übe, dann fällt mit viel zu viel dazu ein - ich verzettele mich irgendwie - höre zu lange einzelnen Takten nach und träume mit dieser Musik weiter! Meine KLin sagt dann ganz klar: Strukturieren, für einzelne Takte/Abeschnitte eine bestimmte Übezeit ansetzen, danach etwas anderes spielen/üben - wie soll ich jetzt weiterkommen???


Liebe Debbie,

was die Wiederholungen angeht, kann man sich fragen, worin ihr musikalischer Sinn besteht.

Die Gefahr besteht, sich evtl. beim zweiten Mal zu langweilen oder das Spiel auf das "Klappen" zu reduzieren ("was hat beim ersten Mal "geklappt", was nicht etc.).

Wozu also so eine Wiederholung? Ich möchte hier keine Antwort geben, sondern nur darauf hinweisen, dass das Thema (oder die Themen) motivisches Material für die folgende Durchführung bietet (bieten) und also für Hörer und Publikum bekannt sein muss, um die weitere Entwicklung verfolgen zu können. Ein zweimaliges Hören ist daher sinnvoll. Dann ist es so, dass du, wenn du in einer fremden Stadt touristisch unterwegs bist, eine besonders schöne Straße o.ä. beim zweiten Mal mit anderen Augen siehst als beim ersten Mal. So ist es auch beim Spielen. Die Exposition zum ersten und zum zweiten Mal zu spielen und zu hören, kann nicht Dasselbe sein. Beim zweiten Mal hört man sie mit "anderen Ohren", weil man sie schon einmal gehört hat. Langweiliger ist sie dadurch sicher nicht. Ein tieferes Verständnis wird im besten Fall die Folge sein.

Es ist nicht immer einfach (z.B. auch bei Mozart nicht!), diese Musik so zu spielen, als komme sie frisch, fast wie improvisiert, daher geströmt, denn man hat ja einige Zeit damit verbracht, sie intensiv zu üben. Die Kunst besteht darin, diesen Moment des "Neuschöpfens" immer wieder zu finden.

Was deinen zweiten Punkt angeht, ist doch nichts Schlechtes darin, sich zu versenken und zu träumen. Es scheint dir ein Bedürfnis zu sein - warum nicht! Ich würde allerdings klar unterscheiden zwischen dieser Art zu üben und zwischen klaren Zielen, die du dir bei der Vervollkommnung dieses Stücks setzt. Vielleicht stellst du dann fest, dass du gar keine Lust mehr hast, die entsprechenden Stellen zu üben, weil du sie schon kannst. :D Offensichtlich schweift ja deine Aufmerksamkeit immer wieder ab.

Wenn du aber Verbesserungsbedarf siehst, mach dir genau klar, WAS du üben willst und richte deine Übeweise danach.

Im Übrigen ist es nicht verkehrt, das ganze Stück auch mal in verschiedenen langsamen Tempi durchzuspielen (mit Wiederholungen) und dabei auf all die Dinge zu hören, die man auch im endgültigen Tempo realisieren will.

Viel Spaß und liebe Grüße

chiarina
 
Ich würde dazu raten, bei den Wiederholungen auch bewusst zu versuchen, den Ausdruck erneut schön zu gestalten anstatt daran zu denken, dass es hoffentlich beim zweiten Mal ebenfalls klappt. Oder alternativ etwas Neues mit einzubringen, z. B. Phrasierung oder Artikulation zu varieren. Oder auch die Wiederholungen weglassen, falls die Stücke den meisten Zuhören bekannt sein sollten. Als Clementi sie komponierte, gab es ja noch nicht so viele CDs und Youtube...

Wenn Du beim Üben abschweifst und Dich nicht mehr konzentrieren kannst, mach' vielleicht eine Pause oder übe etwas anderes.
 
Es ist nicht immer einfach (z.B. auch bei Mozart nicht!), diese Musik so zu spielen, als komme sie frisch, fast wie improvisiert, daher geströmt, denn man hat ja einige Zeit damit verbracht, sie intensiv zu üben. Die Kunst besteht darin, diesen Moment des "Neuschöpfens" immer wieder zu finden.

Wenn du aber Verbesserungsbedarf siehst, mach dir genau klar, WAS du üben willst und richte deine Übeweise danach.

Im Übrigen ist es nicht verkehrt, das ganze Stück auch mal in verschiedenen langsamen Tempi durchzuspielen (mit Wiederholungen) und dabei auf all die Dinge zu hören, die man auch im endgültigen Tempo realisieren will.


chiarina

Liebe chiarina,

vielen Dank für deine ausführliche Antwort! Was du zum Sinn von Wiederholungen sagst ist interessant und einleuchtend. Für mich sind Wiederholungen eben immer noch eine gewisse Herausforderung an meine Aufmerksamkeit beim Spielen - vielleicht auch, weil ich einfach noch nicht so viele umfangreichere Werke (z.B. Sonaten und Sonatinen) bisher gespielt habe.

"Die Musik so zu spielen, als komme sie frisch, fast wie improvisiert, dahergeströmt": das ist für mich momentan glaube ich noch das Schwierigste. Ich habe die Sonatine ja jetzt schon einige Zeit in Bearbeitung und dabei habe ich mich offenbar auch ein wenig an meine eigene Spielweise gewöhnt. Da ich mittlerweile den Eindruck habe, dass die Sonatine für meine Verhältnisse gut sitzt und flüssig läuft, habe ich mir soeben mal zu Vergleichszwecken eine schöne Aufnahme der Sonatine auf youtube angehört.

Das war recht lehrreich: Ich habe entdeckt, dass ich einige Passagen noch viel schöner und interessanter gestalten könnte, mit denen ich bisher eigentlich recht zufrieden war. Auch konnte man aus dieser Aufnahme recht gut diese "frische" Spielweise heraushören - im Vergleich dazu hört es sich bei mir stellenweise eher wie "hundertmal geübt" an.

Jetzt habe ich jedenfalls durch das Anhören dieser Aufnahme noch einige Anregungen, ein paar Dinge bis zur nächsten Klavierstunde zu verbessern!

LG

Debbie digitalis
 

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