Nehmen wir mal ... einen Standard-08/15-Septakkord. Der hat eine gewisse Spannng.
Mozart: Den muss man auflösen, den muss man auflösen! Wir müssen in die Tonika-Oase!
Wagner: Der Tristan-Akkord löst sich letztendlich auf ... in einen Septakkord. Da ist immer noch Spannung, wird aber halbwegs als Ruhepunkt empfunden, da vorher noch mehr Spannung herrschte.
Debussy: Interessante Klangfarbe. oh, die kann ich auch verschieben ... und dann ganz woanders hingehen! Funktionsharmonik, kann man machen, muss man aber nicht.
B.B.King: Hey, ich kann auf allen Stufen einen Septakkord spielen. Der will sich auch gar nicht auflösen.
"Manchmal ist es auch auf 'ne Art 'ne Frage, wie man damit umgeht, Du."
- unbekannter Müsli
Grundsätzlich habe ich bei Musik das Gefühl, dass sie irgendwo im Grenzland zwischen Ordnung und Chaos wohnt. Reines Chaos, da können wir uns nicht zurecht finden. Reine Ordnung kann langweilig sein. Dazwischen, da ist es spannend. Allerdings ist der Bereich für alle nicht gleich, manch einer wird bei einem Charlie-Parker-Solo oder Coltrane-Solo nur noch eine chaotische Abfolge von Tönen hören, ohne Ordnungsprinzip. (Zu einem McCoy-Tyner -Solo fragte mich ein Arbeitskollege: "Weiß er, was er da spielt?" Ich: "Er weiß, was er da spielt. ich weiß, was er da spielt. ich weiß, dass er weiß, was er da spielt." Arbeitskollege: "Hm, für mich das reines Chaos ...")
Emotional einen packen, ja, das kann und soll Musik leisten.
Das tut aber auch "Ein Überlebender aus Warschau".
Und i.d.R. packt mich Mozart nicht. Die Wiener Klassik war nie so das Meinige. Ich habe zwar mittlerweile einen etwas anderen Blickwinkel (dank "Klassik unfrisiert"), aber die Tatsache, dass ich Musik verstehe impliziert nicht, dass ich sie hören mag. Wenn ich die Wahl hätte zwischen einem Konzertabend 'Mozart und Haydn' oder einem Konzertabend 'Rautavaara und Ligeti', würde ich zu R&L nehmen.
Hier noch ein wenig Ligeti:
https://www.youtube.com/watch/?v=txMWXvD8kL4
Grüße
Häretiker