Was ist das Ziel des Übens?

Der Augenblick kann ja gerne verweilen, aber wenn ich weiter will, gehe ich, und der Teufel macht doch sowieso, was er will :D

Ich habe zwei konkrete Ziele beim Üben: Zum einem will ich die Stücke, für die ich übe, besser spielen können und zum anderen arbeite ich daran, meine allgemeinen pianistischen Fähigkeiten zu verbessern. Musik perfekt zu präsentieren, ist aus meiner Sicht eine Idealvorstellung und daher nicht als Übungsziel geeignet.

Zuerst dachte ich ja, daß man unterscheiden müßte, ob jemand für sich selbst oder für ein Publikum übt, aber in Wirklichkeit unterscheiden sich beide ja nur durch die Größe des Publikums. Aber vielleicht sollte man diejenigen separat betrachten, die das Üben als Selbstzweck verfolgen...
 
Mein Ziel des Übens ist, ein Klavierstück zu "spielen", da ich ja genügend geübt habe. Dann fängt ja der Spass richtig an. man kann die Musik so richtig wahrnehmen, weil man das Stück ja gut spielen kann, und nicht mehr üben muß. Jetzt klingt erst alles so richtig, wie man es sich vorstellt.
Diese Ergebnisse sind für mich immer ein Hochgenuß meines Übens. 8-)
 
Neben all diesen wichtigen Gedanken vielleicht noch ein klitzekleines (und nicht unwichtiges) Argument fürs Üben:

... um unsere Gehirnmasse nicht eintrocknen zu lassen und unsere grauen Zellen zu speisen. :D
 
In der Betrachtung "Vier Charaktere - Vier Lebensweisen" (aus seinem "Buch ohne Titel") beschreibt Raymond Smullyan vier Musiker mit unterschiedlichen Üb-Haltungen.

Hier eine von mir verkürzte Zusammenfassung dieses Aufsatzes:

Der erste Musiker klagt ständig darüber, er würde nicht vorankommen, er lerne nicht schnell genug, er habe ein schlechtes Gedächtnis, es fehle ihm an Disziplin usw. usw.Trotz den Selbstanklagen macht er doch Fortschritte, ist aber nie zufrieden und ständig am Nörgeln.

Der zweite ist total begeistert von der Musik, spielt und übt stundenlang, es interessiert ihn garnicht, ob er Fortschritte macht und ob er etwas lernt. Und tatsächlich macht er kaum Fortschritte, jedenfalls stehen die Fortschritte in keinem Verhältnis zu seinem wahren Talent.

Der dritte vereint die negativen Aspekte von Musiker 1 und 2. Er ist negativ eingestellt, findet das Üben langweilig und beklagt seinen Mangel an Energie und Selbstdisziplin. Irgendwann ist er so weit, daß er das Spielen aufgibt, "weil er einfach zu hohe Ansprüche an sich stellt" Es sei witzlos, bloß amateurhaft zu spielen.

Der vierte vereint die positiven Aspekte der ersten beiden. Er spielt aus Freude stundenlang fröhlich und spontan. Manchmal wird er es auch nötig finden, eine bestimmte Passage wieder und wieder zu spielen, aber er würde das nicht als "Üben" oder "Lernen" bezeichnen. Er gleicht einem Hund, dem eine Schale mit einer Mischung aus gutem und schlechtem Fressen angeboten wird. Er beschwert sich nicht über das schlechte Fressen und kritisiert es nicht - er ist viel zu sehr mit dem Heraussuchen der guten Nahrung beschäftigt. Der Hund ist sich seiner Handlungsweise nicht bewußt, er denkt nur an das Futter, das er aussucht.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Ich übe immer um bestimmte Techniken oder Spielweisen zu verfeinern, oder aber einfach weil ich total auf das Stück stehe das ich gerade spiele, dieses für mich sehr anspruchsvoll ist und ich deswegen quasi ein längerfristigeres Ziel habe. Klappt so eigentlich ganz gut^^ Ich denke jeder muss sich da selbst drüber im Klaren sein warum er Klavier spielt, gerade bei Kindern ist es immer ein bisschen schwierig die ans Üben zu bekommen oder deren Motivationsgrundlage zu finden.
 
Er spielt aus Freude stundenlang fröhlich und spontan. Manchmal wird er es auch nötig finden, eine bestimmte Passage wieder und wieder zu spielen, aber er würde das nicht als "Üben" oder "Lernen" bezeichnen. Er gleicht einem Hund, dem eine Schale mit einer Mischung aus gutem und schlechtem Fressen angeboten wird. Er beschwert sich nicht über das schlechte Fressen und kritisiert es nicht - er ist viel zu sehr mit dem Heraussuchen der guten Nahrung beschäftigt. Der Hund ist sich seiner Handlungsweise nicht bewußt, er denkt nur an das Futter, das er aussucht.

Das ist aber ein schönes Gleichnis auf die Frage, wie man das Klavierspiel im Hier und Jetzt mehr genießen kann. Wir sollten es vielleicht spielerischer angehen.
 
Hallo,

wie heißt es doch so schön: "Der Weg ist das Ziel"! Und um die buddhistische Betrachtungsweise vollkommen zu machen: im Studium wurde uns von den Profs dringend angeraten, "Die Kunst des Bogenschießens" zu lesen, was sich u.a. mit Zen-Meditation beschäftigt.
Außerdem wurde in den letzten Jahren vom VdM (Verband deutscher Musikschulen) recht häufig die Fortbildung "Üben im Flow" angeboten ( Yannik, du liegst also voll im Trend:D) .
Also, lasst uns doch entspannen und der schönen Klänge Ton genießen :D

Viele Grüße

chiarina
 
Der vierte vereint die positiven Aspekte der ersten beiden. (...) Er gleicht einem Hund, dem eine Schale mit einer Mischung aus gutem und schlechtem Fressen angeboten wird. Er beschwert sich nicht über das schlechte Fressen und kritisiert es nicht - er ist viel zu sehr mit dem Heraussuchen der guten Nahrung beschäftigt. Der Hund ist sich seiner Handlungsweise nicht bewußt, er denkt nur an das Futter, das er aussucht.

hallo,

leider geht aus Deiner Zusammenfassung nicht hervor, welcher von den Vieren die meisten Fortschritte macht - oder sollte suggeriert sein, dass der Vierte der Sieger in dieser Disziplin ist?

wie auch immer: wenn ich an "sitz, Platz, Fuß, Gassi gehen" denke, so kommt mir der Hundsvergleich am Napf etwas sonderbar vor... :D nicht dass man am Ende gar mit Halsband und Leine üben sollte...

aber mal Scherz beiseite: kannst Du das Buch empfehlen? Was gibt´s noch an Informationen über dieses Buch?

ich kann mich mit keinem der vier vorgestellten "Typen" identifizieren - ich brüte lange über den Noten, wälze das im Kopf hin und her, und erst danach wird´s am Klavier geprobt und ist dann meist recht bald für mich spielbar, d.h. die meiste Zeit "übe" ich nicht am Klavier.

(((für mich bedeutet "üben" lediglich die lästige Notwendigkeit, mich an "schwierig zu exequierende" Stellen zu gewöhnen - ansonsten probiere, probe oder experimentiere ich am Klavier - insofern müsste ich für die anfängliche Frage die Antwort geben: das Ziel des Üben ist für mich, schwierige Stellen zu bewältigen und letztlich als "schwierig" zu beseitigen; manchmal kann das ziemlich lange dauern...)))

Gruß, Rolf
 
off-topic

wie heißt es doch so schön: "Der Weg ist das Ziel"!

unter dieser Voraussetzung sollte es geboten sein, jedes Stück, das man spielen möchte, beiseite zu legen bevor man es wirklich kann... :D

...wollte Gott, alle Militärs hätten so gedacht: man hätte zwar mobilisiert, wäre auch in Schlachtordnung angetreten -aber dann wäre man wieder heimgegangen, weil das Ziel (sich mörderisch hauen) ja obsolet ist :D
 
unter dieser Voraussetzung sollte es geboten sein, jedes Stück, das man spielen möchte, beiseite zu legen bevor man es wirklich kann... :D

Na ja, wenn man den Weg wirklich zu Ende geht, könnte es ja sein, dass man dort ankommt, wo man eventuell auch hin wollte;) .

...wollte Gott, alle Militärs hätten so gedacht: man hätte zwar mobilisiert, wäre auch in Schlachtordnung angetreten -aber dann wäre man wieder heimgegangen, weil das Ziel (sich mörderisch hauen) ja obsolet ist :D

:tuba: Applaus...!!!
 

Die Ausführungen von Heydnspaß finde ich ganz schön. Dann noch für sich von allem ein bisschen genommen und gut gemixt, sollte man das Ideal finden können. Man kennt sich selber doch am besten. Die Vorlieben und auch die Schwächen. Wenn man die auch noch berücksichtigen würde, sollte man den Weg, also den eigenen Weg finden können. :cool:
LG Jörg
 
unter dieser Voraussetzung sollte es geboten sein, jedes Stück, das man spielen möchte, beiseite zu legen bevor man es wirklich kann... :D

...wollte Gott, alle Militärs hätten so gedacht: man hätte zwar mobilisiert, wäre auch in Schlachtordnung angetreten -aber dann wäre man wieder heimgegangen, weil das Ziel (sich mörderisch hauen) ja obsolet ist :D


Wenn das Üben zur kriegerischen Auseinandersetzung wird, sollte man jedenfalls unbedingt versuchen, einen Waffenstillstand zu erreichen 8)
 
Wenn das Üben zur kriegerischen Auseinandersetzung wird, sollte man jedenfalls unbedingt versuchen, einen Waffenstillstand zu erreichen 8)

wenn es dahin gerät, hast Du sicher recht, denn das Geübte ist meist besser armiert als der/die Übende, und das ist dann ja etwas ungerecht in der Verteilung :) insofern sollten in solchen Fällen weiße Fahnen parat sein.
 

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