Was fehlt(e) euch in eurem Klavierunterricht?

Dass Technik gefehlt hätte, vermutest Du nur, weil keine Etüden oder Fingerübungen dabei waren. Technik ist aber viel mehr. Man kann ohne die genannten Übungen sehr wohl technisch voran kommen. Man merkt es nur nicht so explizit.
 
Was ich schade finde, dass es nie zu einem Abschluss eines Stückes kommt. Irgendwann laufen die Stücke einigermaßen und dann schickt er mir irgendwann unter der Woche per WhatsApp neue Noten zu und es obliegt dann mir zu entscheiden wann ich eines der alten Stücke abschließe und was Neues anfange.
Mein Lehrer pflegt an einem bestimmten Punkt des gemeinsamen Arbeitens immer zu sagen: „Ich sehe, daß Du das Stück musikalisch durchdrungen hast. Du kannst es technisch realisieren, kennst die Fallgruben und weißt, wie man an den Schwierigkeiten arbeitet. Was Du nun damit machst, bleibt Dir überlassen.“ Es gibt durchaus Stücke, die lege ich dann in der Tat dankbar beiseite. Aber meistens arbeite ich noch Wochen bis Monate daran (mal mehr, mal weniger intensiv) und habe ja auch jederzeit die Option, meine Ergebnisse erneut auf den Prüfstand zu stellen. Ich käme mir als erwachsene Schülerin ausgesprochen blöd vor, wenn mein Lehrer bestimmen würde, wann ein Stück „fertig“ zu sein hat. Für Kinder mögen solche klaren Ansagen hilfreich sein. Aber dem Alter sollte man irgendwann entwachsen sein. Nach Ende der Kleinkindbetreuung kommt die Seniorenbetreuung schon früh genug. Die paar Jahre der Freiheit, die dazwischen liegen, sollte man auch ausleben.
 
Dass Technik gefehlt hätte, vermutest Du nur, weil keine Etüden oder Fingerübungen dabei waren. Technik ist aber viel mehr. Man kann ohne die genannten Übungen sehr wohl technisch voran kommen. Man merkt es nur nicht so explizit.
Das ist sicher richtig, auch dass man es nicht bewusst merkt :016: . Wobei: Bei KL 2 waren aber sogar durchaus einige Cramer-Bülow Etüden im Unterricht.

Ich will am Beispiel verdeutlichen was ich meine: Bei meiner Beschäftigung mit Arpeggien (die in 2 aktuellen Stücken vorkommen) entdecke ich gerade die Rotation des Handgelenks und stelle "spielerisch" (das meine ich im Sinne von Ausprobieren) fest, dass es viel schneller, sauberer und vor allem müheloser geht, wenn das Handgelenk minimale Rotationsunterstützung gibt und weiterhin dass Springen der Hand in Positionen durchaus legitim ist. Im Unterricht bei KL 1 habe ich gelernt, dass bei Arpeggien der Daumen maximal zu untersetzen hat und damit endete die Technikunterweisung. Ich will damit nur verdeutlichen, dass ich mir viel Krampf (im Wortsinne) erspart hätte, wenn man mir das vor 40 Jahren mitgegeben hätte. (Die Liste ließe sich fortsetzen.)

kennst die Fallgruben und weißt, wie man an den Schwierigkeiten arbeitet
Der hintere Teil des Satzes ist genau der Punkt. Ich habe nämlich eben zu oft das Gefühl, dass ich nicht weiß wie man an den Schwierigkeiten arbeitet.

Ich käme mir als erwachsene Schülerin ausgesprochen blöd vor, wenn mein Lehrer bestimmen würde, wann ein Stück „fertig“ zu sein hat
Wieder ein Beispiel: Vor ein paar Wochen habe ich hier im Forum ein Stück gepostet bei dem ich aufgrund des Schwierigkeitsgrads zu dem Zeitpunkt so lala zufrieden gewesen war, dass ich es überhaupt irgendwie spielen konnte. Erst durch absolut berechtigte und offene Kritik hier im Forum ist mir nun etliche Wochen später klar, dass das wirklich Mist war und weiteres Üben hat die Sache deutlich verbessert. Damit will ich sagen, dass man als Erwachsener (vlt. gilt das nur für mich ?), genau wie die Kinder schlecht bis nicht beurteilen kann, ob man mit dem aktuellen Stand am Ende der persönlichen Leistungsfähigkeit angelangt ist oder ob noch was zu holen ist. Ein guter Lehrer teilt das mit und fordert ein doch noch etwas weiterzuüben. Diesen Punkt zu erreichen an dem es im Moment beim Schüler nicht mehr weitergeht, dafür braucht's mE Rückkopplung vom Lehrer im Sinne von "Stück ist jetzt (erstmal) abgeschlossen oder eben auch nicht".

Mein KL pflegt oft zu sagen: "Fertig wirst Du mit einem Stück sowieso nie." Das ist richtig, aber die persönlichen Fähigkeiten gelangen bei jedem Stück zu einem Ende und darum geht's mir.
 
Solange Du Hilfestellung brauchst, um die musikalische Durchdringung und technische Bewältigung zu leisten, ist der Lehrer wichtig. Aber genauso wichtig ist die Erziehung zum selbstkritischen Hinhören. Ebenso kann der Lehrer Dein eigenes Körpergefühl nicht ersetzen. Er kann versuchen, Dir mit Bildern und Übungen den Weg zu weisen. Das Erarbeiten mußt Du selber leisten - mitunter ein mühsamer und durchaus schmerzlicher Prozeß. Die Arbeit des Schülers beschränkt sich halt nicht darauf, die richtigen Tasten zur rechten Zeit herunterzudrücken. Zur Kunst (im Profi- wie im Amateurbereich) braucht es Selbständigkeit und Eigenverantwortung. Darauf sollte ein Lehrer hinarbeiten: sich überflüssig zu machen.
 
Ich möchte eine kleine Umfrage starten, die da lautet: Was fehlt oder fehlte euch [rückblickend] in eurem Klavierunterricht?

1) der Hinweis auf metronomgestützte Geschwindigkeitssteigerung als Übemethode. Ich musste das Rad dann später selbst neu erfinden, als ich mich autodidaktisch an schwere und sehr schwere Stücke gemacht habe - und ohne die metronomgestützte Geschwindigkeitssteigerung wäre mein Erfolg dabei völlig undenkbar gewesen.

Ausserdem noch andere gewisse Hinweise für effizientes Klavierüben (stets entspannte Hand und Finger, und dergleichen).

2) Eine Liste all der schönen Klavierstücke, die es so gibt, mit Schwierigkeitsgrad. Zum erforschen und reinhören beispielsweise auf Youtube oder spotify.
 

Wenn man hier so liest wie oft die Technik im Unterricht fehlt dann hab ich den Eindruck, dass wir uns das alle nur einbilden und man das gar nicht braucht - ja, es Technik gar nicht gibt.

Oder?

Schön wär's...

Warum bringen Lehrer das oft nicht bei?
Ich habe die Vermutung, dass sie es selbst in Kindheitstagen gelernt haben und es einfach so verinnerlicht haben, dass sie nun der Meinung sind, dass das mit der Zeit kommt.
Vllt haben sie es vergessen, dass auch sie das mal aktiv beigebracht bekommen haben.
 
Ich vermute eher, dass Technik mehr oder weniger häufiger deshalb im Unterricht keine Rolle spielt, weil das Beharren der Lehrer auf das richtige Erlernen einer guten Technik manchmal (oder häufig?) bei Schülern Widerstände und Unmut hervorrufen kann. Man muss ins Detail gehen, das Klavierspiel muss unterbrochen werden, kleine Stellen müssen mehrmals wiederholt werden, falsche Bewegungsabläufe müssen korrigiert werden - das alles ist für die Schüler mühsam und kann ermüdend wirken, wenn der Lehrer keine Perspektive vermittelt. Aber auch der Lehrer hat damit mehr Arbeit: Er muss genau beobachten, seinen Sachverstand gezielt einsetzen und muss dabei gleichzeitig die Motivation der Schüler aufrechterhalten. Das ist für die Lehrer anstrengender als das ganze Stück oder größere Abschnitte durchspielen zu lassen und darüber ein bisschen zu labern.
 
Ich drehe den Spiess mal um (weil es noch nicht zur Sprache kam). Was mir besonders gut gefällt.

Meine 7-jährige geht seit seinem Jahr zum Geigenunterricht, 30 Minuten Einzelunterricht.
Ich finde es großartig, dass die Lehrerin ihre Schüler schon nach wenigen Wochen (auch die Kleinsten!) zum ersten Vorspiel auf die Bühne stellt. Im ersten Jahr hatte sie zu verschiedensten Anlässen Auftritte. Das Highlight war die Teilnahme an einem Weihnachtskonzert mit 500 Zuhörern.
Erst war ich skeptisch ob es für mein extrem schüchternes Kind ok ist. Aber sie hat so viel Selbstvertrauen gewonnen und findet die kleinen Konzerte mittlerweile richtig toll.

Ich denke mal dass man auch beim Klavier Gelegenheiten für (öffentliche) Vorspiele schaffen kann. In Altenheimen sind kleine und große Musiker immer gerne gesehen. Auch zur Weihnachtszeit werden sich bestimmt Möglichkeiten für kleine Konzerte/Vorspiele finden lassen.
 
Ich vermute eher, dass Technik mehr oder weniger häufiger deshalb im Unterricht keine Rolle spielt, weil das Beharren der Lehrer auf das richtige Erlernen einer guten Technik manchmal (oder häufig?) bei Schülern Widerstände und Unmut hervorrufen kann.
Ich vermute, daß es vielfach auch daran liegt, daß die Schüler nicht willens oder in der Lage sind, die technischen Erfordernisse unter der Woche ohne Aufsicht zu trainieren. Da kann der Lehrer noch so intensiv im Unterricht daran arbeiten - ohne Training und ohne eine gehörige Portion selbstkritischen Hinhörens, Hinschauens und und die Bereitschaft, seinen Körper zu spüren, wird das nichts. Die Arbeit an der Technik ist harte Arbeit, und wenn man, weil‘s doch so schön läuft, anfängt zu schlampen und wohlmöglich in die alten Bewegungsmuster zurückfällt, ist die Arbeit von Wochen und Monaten für die Katz. Ich weiß selbst davon aus leidiger eigener Erfahrung ein Lied davon zu singen.
 
Hello,

Was mir von Angang an gefehlt hat und immer noch fehlt: Musiktheorie, Harmonielehre, Analyse der Stücke. Mein KL hat zwar richtig Ahnung davon, wenn er aber was erklärt, geht das für mich viel zu schnell.
Er springt dann auch immer gleich vom ursprünglichen Thema in weiterführende. Nachdem ich dann die Brauen hochziehe und "mhm" sage kommen wir wieder zum Stück und vor allem Artikulation und Technik zurück.
Bei ein paar Stücken hab ich doch ein paar Sachen verstanden (Bach Inventionen, ...) und es gibt im Netz dazu massig Informationen zu Analyse etc..
Mittlerweile weiß ich doch ein paar Sachen die ich mir selbst erarbeitet habe. Ist halt seine Schwäche das er das nicht so gut rüberbringen kann. Sonst ist er großartig. Passt schon.

- Länger laufender Unterricht über viele Jahre, als Wiedereinsteiger etc.

Seit ich angefangen hab seit 6 Jahren mit demselben Lehrer.

- Wie lange dauern oder dauerten eure Unterrichtseinheiten (30 / 45 / 60 - wöchentlich, 14-tägig...)

Wöchentlich, 50 min. Mit Ferien da in städtischer Musikschule.

- Wie alt wart ihr (ca.) zu Anfang und ggf. Ende des Unterrichts?

mit 34 angefangen.

- Wo / bei wem hattet ihr Unterricht? Also z.B. Musikschule (öffentlich/privat?), Privatlehrer, Verwandte, Nachbarn, Kirchenmusiker...

öffentliche Schule, toller Lehrer

- Auf was für einem Instrument fand euer Unterricht sowie euer häusliches Üben statt?

in der Schule auf Schimmel K189 Flügel
zu Hause zuerst nur VPC1, dann kleines Pfeiffer Klavier, jetzt Shigeru SK2 <3 <3
 
- Klavierunterricht von ca. 17 bis ca. 18.5 Jahren, nachfolgend nach sechs Jahren Violin-Unterricht bei demselben Lehrer - beendet, als die Uni-Vorbereitungen begannen,
- Doppelstunden 2x45 min einmal die Woche nachmittags
- Ort in einer kath. Kirchengemeinde oben im Gemeindehaus, wo der Musiklehrer die Bude angemietet hatte
- er im Hauptberuf Konzertmeister-Violinist an einer Städt. Bühne
- Klavier im Unterricht irgendein halbwegs brauchbares Hochklavier, erinnere mich nicht mehr, die Räumlichkeiten abends auch für Chorproben des Kirchenchores genutzt
- Klavier zuhause ein 110er oder 112er Euterpe, unterste Liga des damaligen Konzerns Bechstein-Baldwin
- Defizit die Theorie; alles, was nicht zwischen die Deckel der "Einführung in die Klassiker"; Lienau, und in die ersten beiden Heller-Bände passte, fand schlicht nicht statt.
- Defizit weiter, das vollständige Ablehnen des KL, als ich den Maple Leaf Rag entdeckte. Das war ihm sowas wie "Negermusik"... Damit auch war dann finito palaver.
- Später habe ich nur noch einmal eine Doppelstunde KU bekommen, in Würzburg bei einer jungen Dame, die mir beibog, dass ich für Chopins Nocturnes etc. unbedingt Fingersatz brauche ... :-D War sehr instruktiv. Hat vom Ruhrgebiet nach Berlin zu den Clavioten den Umweg über WZ durchaus gelohnt.
 
Mein erster KL war ein älterer Herr, der keinen Bock mehr hatte. Er klappte das Übungsheft auf, zeigte auf ein Stück und spielte das demonstrativ mit einer Hand obwohl es für Anfänger für 2 Hände gedacht war. Beim nächsten Unterricht konnte ich es nicht, und er wunderte sich da es doch nur 4 Takte waren. Ich hab bei dem gar nix gelernt, leider merkte ich das erst nach dem Vertrag, so dass ich widerwillig die 3 Monate Kündigungsfrist noch absitzen musste. Mit 0 Erfolg und 0 Spaß.

Bei meiner nächsten KL blieb ich dann etwa 3 Jahre. Der Unterricht war anfangs ok, immer wieder Theorie und eben Spiel, was mir gut gefiel. Irgendwann nach 2 Jahren merkte ich, es geht nicht wirklich weiter. Einen roten Faden um mich auf ein anderes Level zu bringen, konnte ich auch nicht mehr feststellen. Einem Anfänger etwas beizubringen klappte noch ganz gut, als ich ein gewisses Niveau erreichte, erschien mir der Unterricht bei ihr nicht mehr wirklich hilfreich. Ich bin mittlerweile der Meinung, ich kann mir die Stücke die ich spielen will alleine beibringen. Am Ende war es so, dass ich zum Unterricht ging, es vorspielte, und ich genau wusste wo ich noch üben muss, dafür brauch ich keinen KL. Mir helfen wie ich diese Stelle besser und schneller üben kann konnte sie mir nicht geben. Das verstehe ich auch, am Ende muss jeder für sich üben, dass kann kein KL der Welt einem nehmen. Aber das war dann der Punkt wo ich mir sagte, dass kann ich auch alleine zu Hause.
 
Aber sollte gerade dies nicht eine der Kernaufgaben von KLs sein?
Von daher verstehe ich nicht, wie du dafür Verständnis zeigen kannst
Ich kenne das nur so, dass ich mit Stücken erstmal warm werden muss. Sprich wissen muss, wie die Akkorde sind, wie die Fingersätze etc. Dazu benötige ich Zeit. Jetzt habe ich ein neues Stück bekommen, übe das 7 Tage lang, und in einer Woche sitze ich wieder dort, und kann es natürlich noch nicht flüssig spielen. Woran liegt es? Natürlich daran, dass ich noch mehr lernen muss, und das es Zeit dauert bis sich die Abläufe im Gehirn setzen und festigen. Das ist einfach so, und kann mir auch kein KL reinzaubern. Daher hab ich Verständnis dafür, dass mir auch die/der beste und motivierteste KL der Welt diesen Lernprozess nicht abnehmen kann. Wo ich das verinnerlicht habe, und mir die Tipps meiner KL immer flacher und weniger hilfreich vorkamen, kündigte ich eben. Ich hab das ja auch klipp und klar angesprochen und nicht irgendeinen Quatsch vorgeschoben. Ich sehe mich auf einem Niveau, auf dem ich mir zutraue, die entsprechenden Stücke selbst beizubringen. Wenn ich dann irgendwann wieder an meine Grenzen stoße, werde ich bei der Wahl der nächsten KL darauf achten, direkt ein Fach höher ins Regal zu greifen.
 

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