Was erwartet Ihr von Euren Klavierschülern?

Barratt

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Lernend
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Mir geht es um den


und um Eure Sicht auf das Unterrichtsgeschehen. Damit Unterricht gelingt, sind beide Seiten gefordert. Meistens wird über Eigenschaften/Pflichten/etc. des "Dienstleistenden" philosophastert, der nicht selten unterschwellig als austauschbares Mittel zu einem oft genug diffusen Zweck gedacht wird.

Drehen wir doch mal den Spieß herum und reden darüber, welche Eigenschaften (außer pünktlich zu bezahlen) Ihr Klavierlehrenden von Euren Auszubildenden erwartet, was Euch abgesehen vom Berufsethos motiviert, mit ihnen dauerhaft und engagiert zusammenzuarbeiten.

Ich würde dabei gern den Schwerpunkt auf "Erwachsene" legen. Personen, von denen klar ist, dass sie in diesem Leben keine Pianisten mehr werden, in deren ruhmvoller Vita Ihr irgendwann als "erste Lehrer" aufgeführt werdet und die noch nicht einmal in den Kaderlisten von JuMu auftreten werden. Bei denen alles etwas mühsamer ist als bei Kindern. Unterrichtsverhältnisse, in denen es kein anzustrebendes konkretes Ziel gibt (Aufnahmeprüfung, Abschlussprüfung, JuMu o.ä.)

Warum mich das überhaupt kümmert?

  1. Audiatur et altera pars. :-) "Irgendwas mit Gerechtigkeit." ;-) Wo es K***-Lehrer gibt, gibt es mindestens ebenso viele suboptimale SuS.
  2. Ich habe gesteigertes Interesse daran, dass meine Klavierlehrerin nicht auf die Idee kommt, dass sie ihre Zeit lieber mit etwas anderem verbringt als mit meinen bescheidenen Bemühungen.

Was erwartet Ihr und was schreckt Euch ab oder nervt?
 
Woran liegt das nach Deiner Einschätzung? An der Philosophie des Instituts vielleicht? Kann man mit Easy-Listening heutzutage auf einem JuMu-WB aufschlagen?

Zum letzten Satz: Ja leider, aber es wird wohl nicht für den Bundeswettbewerb reichen!
Zum Niedergang des Niveaus gibt es ganz unterschiedliche Theorien, aber der Urschleim ist vermutlich bei den Altachtundsechzigern zu vermuten, die alle Eigenschaften, die man für das zielgerichtete Lernen eines Instrumentes braucht (Fleiss, Begabung, Durchhaltevermögen, ...) als Sekundärtugenden mit denen man auch ein KZ leiten könne diffamiert haben.
Es geht ja nicht nur um das Lernen eines Musikinstruments, sondern es ist der gesamte Bildungsbereich, der abstinkt!
Wenn man das Abitur Niveau in Mathematik seit den 1970ger Jahren beobachtet, dann kann man sich nur noch die Haare raufen! Vielleicht sollte man sich mal zielgerichtet nach dem Vorbild der USA für alle intellektuell etwas anspruchsvolleren Aufgaben nach motivierten Kräften aus dem Ausland umsehen!
Vorbild wäre da die deutsche Konzertkultur, wo bei den großen Orchestern und in den großen Sälen fast nur noch Ausländer spielen und dies leider oft mit guten Gründen!
 
Wirklich Ausländer oder Deutsche mit Migrations-HG (immerhin 25% inzwischen).

Da die menschliche Gattung wohl aus Afrika stammt, haben wir alle einen Migrationshintergrund!
Es gibt nur wenige 'Biodeutsche' mit einer richtig guten internationalen Karriere!
Es fehlt - auch! - am Personal!
Deutschland war bis zum 2. WK wohl das Musikexportland schlechthin! Überall waren deutsche Musiker spielend und aufbauend (beispielhaft Hindemith in der Türkei) tätig!
 
Ein tragisches Thema. Nachdem Deutschland vor vielen Jahrzehnten sich der Juden entledigt hat, hat es einen wichtigen Teil seiner Kultur verbrannt.
Unserem Land fehlt der Sinn für das Schöne, es fehlt die Erkenntnis, daß Begabtenförderung sich nicht nur auf die MINT-Fächer allein beziehen darf, es fehlt die Erkenntnis, daß Ausbildung an Hirn und Hand und Herz einen Menschen erzieht, der Verantwortung übernehmen kann.
Wir leben in einer Gesellschaft der Unverbindlichkeit, wenn jemand einen Fehler macht, ist es garantiert jemand anders Schuld. Selbst die Frage nach einem bedingungslosen Grundeinkommen impliziert nicht den Gedanken: Ja, woher kommt das Geld denn her, das allen einfach so gezahlt werden soll? Sind wir im Paradies?
Ich freue mich über jeden Schüler, der sich heutzutage darauf einlässt, eine schwierige Stelle immer wieder zu üben, bis sie klappt. Und belohnt wird er durch ...Musik.
Daß Einsatz sich lohnt, ist gerade extrem unmodern.
Ey, Alte, chill mal wieder.....
okee.....
 
Ach, da isser ja wieder. Ich hatte ihn schon fast vermisst, den Kulturpessimismus. ;-)
 
@mberghoefer , wie meinst Du das?
Das ist nicht korrekt, diese Frage der Finanzierung ist zentral und wird m.E. auch so behandelt
Ich denke hierbei nicht an die politischen Gremien, die sich Gedanken machen, sondern an das gemeine Volk, das gerne über jede Art von Politik schimpft, aber sein eigenes Gehirn gerne auf Sparflamme laufen läßt....
 
@DonMias , Du hast Recht und heulen bringt nichts, aber manchmal will es aus einem heraus.
Und dann wasche ich mir die Hände und geh an die Arbeit!:-)
 
@Tastatula

Vor einigen Wochen habe ich mich schon reichlich gewundert, als ich erfuhr, dass jemand sein Abitur in Musik (Neigungsfach, also 4stündig in BaWü!) mit Tiersen bestritten hat. Gut, vielleicht hat sie noch weitere Stücke gespielt.

Unser Sohn hat vor knapp 10 Jahren in der mündlichen Prüfung Musik (zweistündig, kein Neigungsfach) die Violinsonate von Cesar Franck (bzw. Auszüge davon, weil auch noch Theorie dazu kam) gespielt. Das fand ich angemessen.
 

es fehlt die Erkenntnis, daß Begabtenförderung sich nicht nur auf die MINT-Fächer allein beziehen darf, e

Das Problem liegt viel tiefer, wir sollten uns nicht mit den MINT Fächern auseinander dividieren lassen!!
Die haben nämlich das gleiche Problem!
Übrigens sieht es auch bei der Beherrschung von Fremdsprachen (auch ein arbeitsintensives Feld!) nicht gut aus!
Nicht einmal die sichere Aussicht auf ein gutes Gehalt bringt unseren biodeutschen Nachwuchs in breiter Front dazu ernsthaft zu arbeiten! Wenn Arbeit (Mathematik oder Üben, oder was auch immer!) drin ist, dann ist es schon nicht mehr so sexy! Wir sollten als Musiker gemeinsam mit den MINT Pädagogen gegen diese Kultur- und Bildungskatastrophe kämpfen!!
 
Ach, da isser ja wieder. Ich hatte ihn schon fast vermisst, den Kulturpessimismus

Das ist kein Kulturpessimismus!!
In Skandinavien, in Frankreich, in Italien, in Bereichen Südamerikas, in Kanada, ..... und vor allem in Russland und weiten Teilen Asiens gibt's diese Haltung eher nicht! Es ist Deutschland-Pessimismus!
Selbst die Aussicht auf Millionen-Gehälter bringt unsere Fussballer nicht dazu, so zu arbeiten, dass sie über die Vorrunde einer WM hinauskämen!
 
Selbst die Aussicht auf Millionen-Gehälter bringt unsere Fussballer nicht dazu, so zu arbeiten, dass sie über die Vorrunde einer WM hinauskämen!

Komisches Beispiel.
- Frankreich, Spanien und Italien sind auch in der Vorrunde ausgeschieden (2002, 2010, 2014)
- ist davor auch passiert (1950 mir England, 1966 mit Brasilien)
- vor vier Jahren hat es ja offensichtlich gereicht - was hat sich inzwischen geändert?

Grüße
Häretiker, der eigentlich Fußballagnostisch ist
 
Vor einigen Wochen habe ich mich schon reichlich gewundert, als ich erfuhr, dass jemand sein Abitur in Musik (Neigungsfach, also 4stündig in BaWü!) mit Tiersen bestritten hat. Gut, vielleicht hat sie noch weitere Stücke gespielt.

Unser Sohn hat vor knapp 10 Jahren in der mündlichen Prüfung Musik (zweistündig, kein Neigungsfach) die Violinsonate von Cesar Franck (bzw. Auszüge davon, weil auch noch Theorie dazu kam) gespielt. Das fand ich angemessen.

Liebe Klafina,

aktuell in Hessen: Frühlingssonate von Beethoven, Mozart Sonate KV 331, kein Tiersen. :-D

Liebe Grüße

chiarina
 
In Bayern gibt es im Musik-Abi Pflichtstücke, die 6 Wochen vorher bekannt gegeben werden. In meinem Jahrgang hatte man die Wahl zwischen 2. Hindemith-Sonate, Mozart KV 333 (jeweils die Kopfsätze) und irgendeinem Chopin-Nocturne (weiß ich nicht mehr). Dazu ein Wahlstück aus einer anderen Epoche und ein Prima-Vista-Stück (das war in meinem Fall ein langsamer Satz aus irgendeiner Sonate von C.P.E. Bach).

Man hätte als Wahlstück prinzipiell TEY spielen können, aber eine gute Note hätte man damit definitiv nicht erreicht, weil der Schwierigkeitsgrad deutlichen Einfluss auf die Bewertung hat.
 
In meinem Jahrgang hatte man die Wahl zwischen 2. Hindemith-Sonate, Mozart KV 333 (jeweils die Kopfsätze) und irgendeinem Chopin-Nocturne (weiß ich nicht mehr). Dazu ein Wahlstück aus einer anderen Epoche und ein Prima-Vista-Stück (das war in meinem Fall ein langsamer Satz aus irgendeiner Sonate von C.P.E. Bach).

Hattest Du den Klavierunterricht in der Schule als Teil des Lehr -Angebots ?
Wenn ja, dann ist ja alles gut!
Wenn nein, dann prüft und bewertet also die Schule Kompetenzen und Fähigkeiten, für deren Zustandekommen sie keinerlei Anteil hat! Das finde ich moralisch und möglicherweise auch rechtlich problematisch!
 
Hattest Du den Klavierunterricht in der Schule als Teil des Lehr -Angebots ?
Wenn ja, dann ist ja alles gut!
Wenn nein, dann prüft und bewertet also die Schule Kompetenzen und Fähigkeiten, für deren Zustandekommen sie keinerlei Anteil hat! Das finde ich moralisch und möglicherweise auch rechtlich problematisch!

Ich war an einem musischen Gymnasium (allerdings nur bis zur 10. Klasse; mein Abi habe ich als Externer gemacht). Dort gab es für jeden neben dem regulären Musikunterricht auch Instrumentalunterricht. Man konnte darauf verzichten - musste dann aber nachweisen, dass man mindestens 45 Minuten Privatunterricht pro Woche hatte.

Es gab auch in jedem Halbjahr ein benotetes Vorspiel, auch das mit Pflichtstück, Wahlstück und Prima Vista-Aufgabe.
 

Ich!:-D

Ja, ich gebe zu: Ich habe mit TEY angefangen.:teufel:
Damals mochte ich nur eine handvoll klassische Stücke. Hat sich mit der Zeit etwas geändert. Mindestens 3 Hände voll - Tendenz steigend.
Hat sicherlich auch was damit zu tun dass man sich erst mal in die Materie "reinhören" muss. Wenn man das erste mal Thrash Metal gehört hat denkt man auch es ist nur ein Grundrauschen im Radio. Und in der "modernen" Kultur ist für den Klassikbereich wenig Platz geblieben.
Welcher Jugendliche möchte schon gerne zu Bach abrocken...:thinking:

Ich freue mich über jeden Schüler, der sich heutzutage darauf einlässt, eine schwierige Stelle immer wieder zu üben, bis sie klappt.

Danke! :-D
Freust du dich auch wenn die Stelle trotzdem noch nicht klappt?:konfus:
 

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