Wann ist ein Stück im Unterricht fertig?

@rolf: ich habe

Zitat von Rheinkultur:
Freilich holen die pianistischen Größen selbst aus dem abgespieltesten Stück jedes Klavierschülers weltweit immer noch Feinheiten und klanglich Exquisites heraus, wozu der Allerweltsklavierspieler niemals annähernd in der Lage wäre. Beispiele: [Kempff-Interpretation der Elise]
Nunja, es gibt doch immer wieder Leute, die in solch Rubato-verschwurbeltem Kitsch unbedingt "Kunst" erkennen wollen. Gerade Beethoven hat doch recht genau bezeichnet, was er meinte. Das mit Sicherheit nicht.

so interpretiert, daß Barbie mit Kempff's Klavierspiel unzufrieden war.
 
Die Interpretation von Kempff pauschal als

Zitat von barbie:

zu bezeichnen, ist schon eine steile These. Kempff macht aus der Melodie eine wunderbare, sehr natürlich klingende Gesangslinie. Da ist überhaupt keine falsche Sentimentalität erkennbar - das ist wirklich große Kunst, zu der nicht allzu viele Pianisten fähig sind.

Was das Rubato angeht: Willst Du behaupten, dass es das zu Beethovens Zeiten nicht gab? Das ist eine vollkommen falsche These - es gibt Berichte von Zeitzeugen, die z.B. ausführlich über das teilweise extreme rubato von W. A. Mozart berichten.

Und jetzt bin ich wirklich gespannt, wo genau der Kitsch sich bei Kempff finden lässt!

LG, Mick
 
Was das Rubato angeht: Willst Du behaupten, dass es das zu Beethovens Zeiten nicht gab?
schweig, Knäblein!
Beethoven machte kein rubato. Er saß in seiner Wiener Stube und hatte nur ein einziges Ziel: ich will der Ken werden. Und da Barbie nun mal jedes rubato als Geschwurbel ablehnte, machte er auch keines (klar, so ein Beethoven konnte und kann ja nicht anders, als eine Barbie anhimmeln etc). Mit anderen Worten: die angeblichen Zeitzeugenquellen, dass Beethoven bei Crescendi gerne etwas retardierte (Czerny) sind natürlich Fälschungen! Beethoven blieb stets stramm im Takt.

...difficile est saturam non scribere :D:D
 

Ob die älteste erhaltene Einspielung eines Werks hier Klarheit schafft? Es handelt sich um seine Violin-Romanze op. 50, eingespielt ein knappes Menschenalter nach seinem Tod - immerhin waren einige wenige Personen, die ihn noch in jungen Jahren kennengelernt haben, seinerzeit noch am Leben:



Klarheit? Ich gebe zu, nicht wirklich.

Mit anderen Worten: die angeblichen Zeitzeugenquellen, dass Beethoven bei Crescendi gerne etwas retardierte (Czerny) sind natürlich Fälschungen! Beethoven blieb stets stramm im Takt.
Nun gut, versuchen wir den Brückenschlag mal anders. Der Beethoven-Schüler Czerny wurde später Liszts Lehrer; und Liszt hat einiges von Beethoven bearbeitet, darunter die "Adelaide" op. 46. Hier gibt es eine späte Einspielung des Busoni-Schülers Egon Petri:



Ganz behutsam hat er die spätromantische Spielpraxis des asynchronen Anschlags zwischen linker und rechter Hand in seine Vortragsweise integriert. Man sollte sich also zum Verständnis vor Augen führen, dass die heute überholt anmutende Spielpraxis keineswegs willkürlich zum Einsatz gelangte oder gar, um Schlampigkeit zu kaschieren. Übrigens hat auch Busoni eine Welte-Mignon-Rolle von diesem Stück eingespielt, allerdings ist die Aussagekraft dieser mechanischen Aufzeichnungen nicht unumstritten. Wer sich intensiver mit historischen Dokumenten befaßt, vermag nach und nach zwischen dem Zeitgeschmack geschuldeten und zeitlosen Elementen zu unterscheiden und den editorischen und künstlerischen Wert dieser Aufnahmen zu erkennen. An anderer Stelle war die Rede von Skrjabin-Einspielungen u.a. durch Neuhaus und Feinberg, deren künstlerische und technische Meisterschaft bis heute praktisch unerreicht blieb, obwohl nach den 1940er- und 1950er-Jahren zahlreiche Folge-Einspielungen auf den Markt kamen. Es empfiehlt sich also nicht, Rubato vorschnell als "Geschwurbel" oder ähnliches beiseite zu schieben. In der Frühzeit der Schallaufzeichnungen ging man gerade bei Gesangsaufnahmen noch drastisch weiter (im heutigen Sinne sicherlich zu weit):



Immerhin war Adelina Patti noch zu Lebzeiten der beiden Söhne Mozarts geboren... .

LG von Rheinkultur
 
*lol* - wer hat die denn aufgestellt? Du etwa?

hat SIE ihre provokante These zu beweisen.
Aha. Nach deinen allgemeinen Beweislastregeln müsste der Erstbehaupter zunächst mal beweisen, daß das Kempffsche Machwerk [Zitat]Feinheiten und klanglich Exquisites[/Zitat] enthält, wozu [Zitat]der Allerweltsklavierspieler niemals annähernd in der Lage wäre.[/Zitat]

Ich denke, dieses Geschwurbel kriegt so mancher Allerweltspianist gebacken. Und ich behaupte nicht mehr als der Erstbehaupter, nur halt das Gegenteil.
Im Übrigen brauche ich keinen Beweis. Ich habe halt die nötige Hörerfahrung, um das Thema abschließend zu beurteilen. ;-)
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Ich habe halt die nötige Hörerfahrung, um das Thema abschließend zu beurteilen. ;-)

Am Selbstbewußtsein mangelt es ja schon mal nicht... ;)

Der Witz ist: ein einzelner kann durchaus mal Recht haben, auch wenn sechs andere erfahrene Leute das Gegentum behaupten, so etwas gibt's...

Aber in diesem Fall stelle ich meine eigene Hörerfahrung dagegen: Kitsch in der bezeichneten Einspielung von Kempff: njet...

... aber gut, daß endlich mal jemand kommt, und mit den irrgläubigen Meinungen der hier versammelten Musikliebhaber mal so richtig aufräumt.... :D:D
 
*lol* - wer hat die denn aufgestellt? Du etwa?


Aha. Nach deinen allgemeinen Beweislastregeln müsste der Erstbehaupter zunächst mal beweisen, daß das Kempffsche Machwerk [Zitat]Feinheiten und klanglich Exquisites[/Zitat] enthält, wozu [Zitat]der Allerweltsklavierspieler niemals annähernd in der Lage wäre.[/Zitat]

Ich denke, dieses Geschwurbel kriegt so mancher Allerweltspianist gebacken. Und ich behaupte nicht mehr als der Erstbehaupter, nur halt das Gegenteil.
Im Übrigen brauche ich keinen Beweis. Ich habe halt die nötige Hörerfahrung, um das Thema abschließend zu beurteilen. ;-)

Und ich habe die nötige Lebenserfahrung, um zu wissen, was ich von Beiträgen wie diesem zu halten habe :)
 
[...] In der Frühzeit der Schallaufzeichnungen ging man gerade bei Gesangsaufnahmen noch drastisch weiter (im heutigen Sinne sicherlich zu weit):



Immerhin war Adelina Patti noch zu Lebzeiten der beiden Söhne Mozarts geboren... .[...]



Zu Adelina Patti gibt es m.E. noch zusätzlich einiges zu sagen, das interessant ist.

Abgesehen davon, dass sie mit Louis Moreau Gottschalk auf Konzertreisen ging, als sie noch ganz jung war ( - so 13 etwa, und zu diesem Zeitpunkt, als sie sich entschloss, die Reise mitzumachen, sie bereits 6 Jahre Auftrittserfahrung überall in den USA hatte - ) , ist mit dem Namen "Patti" eine weitreichende Familie von hervorragenden Musikern verbunden, und Adelina Patti wurde als "Jahrhundertsängerin" angesehen.

Es gab also mindestens:

Die Eltern ( Salvatore und seine Frau , hab Namen jetzt nicht so schnell gefunden ), Salvatore war Impresario, aber beide Eltern waren bekannte Sänger. Donizetti hatte speziell etwas für die Mutter geschrieben ( Stimme ) .

Die Impresario-Aktivitäten waren aber nicht erfolgbehaftet, so dass beide Eltern die Hoffnung voll und ganz auf ihre Kinder setzten.

Als da sind:

Die Jüngste: Adelina Patti. Hervorragende Sängerin.

Amalia Patti. Gute Mezzosopranistin. Sie heiratete Max oder Maurice Strakosch ( Angaben divergieren ), Max war zeitweise der Manager von L.M. Gottschalk. Beide Brüder waren als "Strakosch Brothers" bekannt. So wurden die Musiker-Schicksale der Gottschalk-Family und der Patti-Family miteinander verlinkt / verbunden, was in der Historie immer mal wieder bedeutend wird. Aber hier zu weit führen würde.

Carlotta Patti. Sehr gute Pianistin und sehr gute Sopranistin. Konnte wegen Lähmung eines Beines zwar nicht mehr in Opern auf der Bühne auftreten, aber gab sensationelle Konzerte ( Gesang ).

Carlo Patti. Jüngerer Bruder von Adelina. Violinvirtuose.

Außerdem noch mindestens drei nicht näher benannte (Halb-) Geschwister aus der ersten Ehe der Mutter.

Man sieht also: Eine wahre Dynastie und Flut an hervorragenden und zumindest damals, wohl berühmten, wenn nicht weltberühmten Leuten.

LG, Olli !

PS.: Angaben zusammengestellt aus: Starr: Bamboula.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
ich möchte mich entschuldigen. Hab grad nochmal kurz reingehört und muß sagen:

ein zu Ton gewordenes Stück exquisitester Anschlagskultur, das der Meister hier auf das Elfenbein herniederbringt. Dankbar empfange ich dieses Zeugnis tiefen Empfindens, das in der Musikgeschichte seinesgleichen sucht. Eine Offenbarung. Ein Meilenstein. Hier zeigt sich einmal mehr, daß nur der wahre Könner imstande ist, die feinsten Nuancen eines Meisterwerks geistig zu durchdringen. Der gemeine Laie mit seinen dicken Wurstfingern hingegen dürfte nie und nimmer die intellektuellen Kapazitäten sein Eigen nennen, von einer derart gelungenen Interpretation auch nur zu träumen.

Ein echter Kempff halt.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Schwingt da möglicherweise eine ganz kleine Prise Sarkasmus mit...? :)

Wie auch immer: was mich persönlich gestört hat, war der Begriff "Kitsch", nichts weiter. Und dazu habe ich meine Meinung geäußert, und damit soll's dann für mich auch gut sein.

Für alle anderen Dinge: da können sich andere mit befassen, wenn sie wollen...
 
Die Jüngste: Adelina Patti. Hervorragende Sängerin.

Amalia Patti. Gute Mezzosopranistin. Sie heiratete Max oder Maurice Strakosch ( Angaben divergieren ), Max war zeitweise der Manager von L.M. Gottschalk. Beide Brüder waren als "Strakosch Brothers" bekannt. So wurden die Musiker-Schicksale der Gottschalk-Family und der Patti-Family miteinander verlinkt / verbunden, was in der Historie immer mal wieder bedeutend wird.
Freilich darf man nicht vergessen, dass die Patti-Aufnahmen (es gibt noch weitere) in den Jahren 1905 und 1906 entstanden sind, als sie sich längst von der Bühne zurückgezogen und das sechzigste Lebensjahr lange hinter sich gelassen hat. Es kursiert diese Aufnahme im Netz, die nicht von Adelina Patti stammt:



Auch weitere angebliche Einspielungen aus der aktiven Zeit (Mapleson-Zylinder 1897 etc.) gehören ins Reich der Legenden und auf der oben verlinkten Einspielung singt Lucette Korsoff (1876-1955). Moritz Strakosch (älterer Bruder von Max Str.) war wie Bruckner ein Sechter-Schüler in Wien, so dass auch Bezüge zum deutschsprachigen Kulturbetrieb existierten.

LG von Rheinkultur
 

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