Urteil anderer

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Romantikfreak98

Romantikfreak98

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8. Okt. 2013
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Ich weiß, dass mephdrac vor kurzem einen sehr ähnlichen thread gestartet hat. trotzdem würde ich das Thema noch mal von einer anderen Seite her angehen:

Wie geht Ihr mit dem Urteil möglicher Zuhörer über Euer Klavierspiel um? Wie bekommt Ihr heraus, ob sie es ernst meinen, ob sie Euch nur schmeicheln, oder zu hart kritisieren?

Es ist der Grundsatz eines Freundes von mir, stets alleine zu joggen – nie mit jemand anderem. Warum? Er meint, dass selbst unter guten Freunden eine Art Konkurrenzverhalten aufkommen könnte, dass die Geschwindigkeit des Joggens unfreiwillig erhöht im Laufe der Strecke. Das will er vermeiden.

Gibt es nicht ein ähnliches Konkurrenz-Phänomen beim Klavierspielen? Mir ist aufgefallen, dass Zuhörer, die selbst Klavier spielen (und ungefähr den gleichen Stand haben wie ich) erstaunlich wortkarg sind bei Stücken, die mir (ausnahmsweise) gut gelingen. Klavierstücke hingegen, bei denen ich mich oft verspielt habe, werden gelobt - paradoxerweise. Scheint da nicht die insgeheime Freude darüber durch, dass ich mich verspielt habe und dass der andere vielleicht doch besser ist als ich? Als es umgekehrt war und ich ihm zugehört habe bei Stücken, die ich selbst auch schon gespielt habe, konnte ich es bei allem Wohlwollen nicht verhindern, dass mein innerer Schweinehund sich über jeden Verspieler seinerseits gefreut hat. Ist das nicht blöd? :(

Andererseits: Wie ernst kann ich Urteile von Zuhörern nehmen, die sich nicht nur nicht in Klaviermusik auskennen, sondern oft auch nicht in Klassischer Musik? Ihnen gefällt mein Geklimper fast immer. Ich habe dann stets den Eindruck, dass sie einfach die Tatsache beeindruckt, dass da jemand ist, der Musik selbst produziert – und das finden sie Klasse. Wie gehe ich mit solchen Urteilen um?

Ich meine, ich kann ja auch selbst mein Spiel beurteilen. Ich weiß, welche Schwächen ich habe, wo ich noch üben muss und eigentlich auch wann mir ein Stück mal (seltenerweise) gut gelingt. Wo kann ich mir aber Kritik abholen, zu der ich selbst nicht fähig bin? :D

Ein schönes Wochenende
Tom

P.S.: dieser Bericht scheint meiner Antwort an AHC zu widersprechen. Die wenigen Erlebnisse, auf die ich mich beziehe, verteilen sich jedoch auf viele vergangene Jahre.
 
Wie geht Ihr mit dem Urteil möglicher Zuhörer über Euer Klavierspiel um? Wie bekommt Ihr heraus, ob sie es ernst meinen, ob sie Euch nur schmeicheln, oder zu hart kritisieren?

Wenn man meint, dem eigenen Urteil über sein Klavierspiel vertrauen zu können, verliert das Urteil Anderer per se eigentlich an Bedeutung. Hm, dazu gehört wohl auch, daß man sich selbst, die eigene Leistung, objektiv betrachten kann (sicher nicht gerade einfach...)

Andererseits: Wie ernst kann ich Urteile von Zuhörern nehmen, die sich nicht nur nicht in Klaviermusik auskennen, sondern oft auch nicht in Klassischer Musik? Ihnen gefällt mein Geklimper fast immer. Ich habe dann stets den Eindruck, dass sie einfach die Tatsache beeindruckt, dass da jemand ist, der Musik selbst produziert – und das finden sie Klasse. Wie gehe ich mit solchen Urteilen um?

Du meinst positive Urteile von Leuten, die eigentlich nicht kompetent sind (oder die man nicht dafür hält)?

Ich hab' mich dazu entschieden, mich über solches Lob auch zu freuen, und das anzunehmen. Wieso auch nicht...

Wo kann ich mir aber Kritik abholen, zu der ich selbst nicht fähig bin? :D

clavio-Einspielung, Youtube, etc. ...? :)
 
Ich freue mich über Lob und ärgere mich über Kritik*. Peng aus! :)
 
Gibt es nicht ein ähnliches Konkurrenz-Phänomen beim Klavierspielen? Mir ist aufgefallen, dass Zuhörer, die selbst Klavier spielen (und ungefähr den gleichen Stand haben wie ich) erstaunlich wortkarg sind bei Stücken, die mir (ausnahmsweise) gut gelingen.


Purer Neid. Ist so. Also freu' Dich :D

Aber um das zu versachlichen:

Wer noch lernt, schwebt nicht über den Dingen. Hier wird gehackt und gebissen, Konkurrenzdenken allüberall. Meistens zumindest. Mangels Fachwissen und Erfahrung auch keine guten Rückmeldungen. Vor allem selten ehrliche Rückmeldungen.

Absolut locker wird es mit wirklich guten Musikern. Also Profis. Die haben keinerlei Berührungsprobleme, auch mit Anfängern zusammen etwas zu machen. Von denen bekommst Du auch die ehrlichsten und wertvollsten Rückmeldungen. Hab ich bisher zumindest immer so erlebt.

Aber auch die Rückmeldung von absoluten Laien "Du spielst aber schön", ist ja nun auch nett. Wenn auch nicht fachlich untermauert. Die ganze Pop- und sonstwas-Musikindustrie lebt doch davon.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Das exakteste Feedback über das eigene Spiel erhält man von einer Aufnahme. Das, was man da hört, das ist die Wahrheit.

CW
 
Ich hasse die Wahrheit! :)
 
Wieso das?

So schlimm wird es doch wohl nicht sein.....

CW
 
Ich bekomme jedenfalls jedes mal einen Schreck. :D
 
Ich habe neben Aufnahmen, die ich vertreten kann, auch solche, die schlecht sind. Meine Freunde und meine Frau merken davon gar nichts, selbst wenn ich sie auf die verunglückten Stellen mit der Nase stoße.

Ich finde sie dennoch nützlich. So genau und anschaulich hätte das mir niemand aufzeigen oder erklären können, was ich da für einen Murks zusammengespielt habe.

Dann werden sie gelöscht, bevor sie Erpressern in die Hände fallen....

CW
 
Was eigene Aufnahmen angeht: ist man da immer "zu hart" gegen sich selbst...?
 
Wie sollte ein Feedback aussehen, daß dem klavierspielenden Amateur (Liebhaber!) weiterhilft? Das besserwisserische Aufzählen der falschen Töne gehört sicher nicht dazu (die kennt man meist selber), ebensowenig die Kommentare, daß Horowitz, Pollini etc. das Stück schneller, lauter oder gefühlvoller spielen. Die meisten haben ja nie erfahren, was es heißt, Musik zu machen, welche Schwierigkeiten damit verbunden sind und welche Ängste. Die perfekte Musikkonserve hat das eigene Musizieren weitgehend abgelöst. Und damit sind auch die Umgangsformen verlorengegangen, wie man mit dem "handgestrickten" Musizieren umgeht.

Unsere Ohren sind durch die beliebige Verfügbarkeit musikalischer Hochglanzprodukte verdorben. Hauskonzerte waren früher ein selbstverständlicher Teil bürgerlichen Umgangs. Man musizierte vor allem mehr miteinander (sicherlich meist eher schlecht als recht). Aber wer möchte sich das heute noch antun, wo man doch alles in besserer Qualität auf dem mp3-Player hat?

Ich werde häufig gefragt, warum ich denn zum Klavierspiel des Töchterleins oder der Tante zweiten Grades keine Kommentare ab gebe, wo ich doch vom Fach bin. Ich antworte dann, daß ich es schön finde, wenn Menschen selber Musik machen und den Mut haben, das Erarbeitete zur Gehör zu bringen. Weiß ich denn, wieviel Mühe und Überwindung es den-/diejenige(n) gekostet hat? Und habe ich das Recht, durch einen unbedachten Kommentar (auch wenn er gerechtfertigt wäre) jemandem vielleicht den Boden unter den Füßen wegzuziehen? Ich kommentiere in aller Regel nicht einmal Vorspiele meiner Schüler. Was sollte ich sagen, was nicht schon im Unterricht erwähnt wurde?

Um mir ein faires, fundiertes und detailliertes Urteil zu erlauben (ich rede wohlgemerkt über musizierende Liebhaber!), muß ich eine Menge wissen über den musikalischen Werdegang, über Stärken und Schwächen - also all über das, was man zu Beginn eines Unterrichtsverhältnisses herausarbeitet. Aber das war mit dem Vorspiel ja gar nicht intendiert. Deswegen: NO COMMENTS!
 

Man musizierte vor allem mehr miteinander (sicherlich meist eher schlecht als recht). Aber wer möchte sich das heute noch antun, wo man doch alles in besserer Qualität auf dem mp3-Player hat?

Auch die tollste Aufnahme kann das Gefühl gemeinsamen Musizierens nicht ersetzen. In meiner Jugend hatte ich Leute, mit denen ich zusammen Gitarre gespielt und gesungen habe. Was für ein Glück das war, ahne ich heute: ein gemeinsamer Musikgeschmack war da, ähnlicher Hintergrund des Könnens, die "Chemie" hat gestimmt usw. ... finde das mal, wenn Du es suchst... ;)

Um mir ein faires, fundiertes und detailliertes Urteil zu erlauben (ich rede wohlgemerkt über musizierende Liebhaber!), muß ich eine Menge wissen über den musikalischen Werdegang, über Stärken und Schwächen

Es sei denn, man ist einfach von etwas begeistert, wie z.B. von einer clavio-Einspielung... dann kann man das auch sagen, finde ich... aber negative Kritik würde ich auch nur sehr selten anbringen...
 
[...]
Gibt es nicht ein ähnliches Konkurrenz-Phänomen beim Klavierspielen? Mir ist aufgefallen, dass Zuhörer, die selbst Klavier spielen (und ungefähr den gleichen Stand haben wie ich) erstaunlich wortkarg sind bei Stücken, die mir (ausnahmsweise) gut gelingen.[...] Wo kann ich mir aber Kritik abholen, zu der ich selbst nicht fähig bin? :D

Hi Romantikfreak,

zunächst einmal grundsätzlich, da Du nach Einzelmeinungen gefragt hattest in der Eingangsfrage:

Ich selbst nehme nur dann - negative - Kritik für "bare Münze", wenn mir ein Kritiker aktiv und eigenhändig in Darstellung und Klang sein - seiner Meinung nach besseres - Konzept eines von ihm negativ bekrittelten Werkes direkt am Klavier zeigen kann. Geschieht das nicht, ordne ich solche Kritiker als Napfkuchen ein. -

Man beachte: Auch wenn solch ein Kritiker spielen würde wie Horowitz persönlich, muss das a ) noch lange nicht heißen, dass MIR seine Herangehensweisen gefallen, und b ) würde ich SOFORT seinen Arbeitsaufwand zu meinem in Vergleich setzen - und dabei kommt zu 100 % heraus, dass sich dieser NICHT lohnt, zumindest hier auf Clavio sehe ich keinen neuen Horowitz. Noch nichtmal ansatzweise. Größtenteils sehe ich Redner, die das, was sie reden, auch abgetippt oder angelesen haben könnten, ohne Klavier spielen zu können. Behaupten kann man im Web vieles. Gezeigt wird meist wenig.-

Zu diesen Napfkuchen ist folgendes zu sagen: Sie passen genau in die "Konkurrenz" - Schiene, die Du erwähnst. Die Klaviererei ist ein Pflaster der allerhärtesten Sorte, viele Leute stecken viel Geld da hinein - und in die dazugehörenden anzuberaumenden Dinge wie : "Gute Instrumente / Unterricht / Fortbildungen / Studium" , und da ist es ganz klar, dass solche Leute - auf Deutsch gesagt - AUSTICKEN, wenn jemand dies alles nicht bezahlt und trotzdem so gut ist, dass er zwar nicht Horowitz ist, aber dass sein Status ( der durch besondere Fähigkeiten, statt durch bare Münze erworben wurde ) - so ist, dass die BESONDEREN AUFWENDUNGEN, die die anderen ( also die Napfkuchen ) erbringen MÜSSEN, zwar recht gute Ergebnisse zeitigen ( allerdings ebenfalls keine Horowitze, sondern maches mal höchstens - Witze ), aber den IMMENSEN Zusatzaufwand gegenüber dem, der ihn nicht erbringt, aber dennoch gut genug ist, NICHT RECHTFERTIGEN.

Das ist der ganze Casus, der dem ganzen Gelaber zugrunde liegt, das z.B. bereits gegen Ende des Wetzikon-Threads begann und sich LEBENSLANG fortsetzen wird.

Zum Glück jedoch kennen alle beteiligten ihre Positionen - und schlussendlich kann ich nur persönlich sagen, dass diese Animositäten aus der Menschheitsgeschichte ( höchstwahrscheinlich ) erwachsen sind, denn dort zählten nur Leute, die a ) etwas konnten, was b ) zwar anderen nicht gefiel, da diese es nicht konnten bzw. nicht ohne besonderen Aufwand sich aneignen konnten, oder aber c ) gar nicht zeigen konnten, d ) im Gegensatz zu den Leuten unter a ) .

Nun muss man natürlich bei den "Napfkuchen" selbst noch Unterscheidungen treffen: Manche sind grobmotorisch ausgebildet, zum Beispiel als Maurer. Diese werden zunächst immense Schwierigkeiten haben, feine und feinstmotorische Aktivitäten ( wie etwa eine C-Dur-Tonleiter weich und sanft und schnell mit 1-2-3-4-5-4-3-2 zu spielen ) zu schaffen. Da sie das nicht schaffen, beziehungsweise ihnen der Zugang zu solchen Dingen ( und weiteren ) somit für extrem lange Zeit des Übens und Aneignen-Versuchens verwehrt bleibt, möglicherweise auch länger, da meist auch ein intellektuelles Defizit vorherrscht ( z.B. Verständnis von Überlegungen aus Texten usw. ) werden diese Leute - in relativ tumber Weise - ebenfalls eher negative Kritiken anbringen bei Leuten, die so etwas KÖNNEN.

Es wird so lange so sein, dass Leute, die etwas KÖNNEN, ( vor allem dann, wenn diese nicht sonderlich viel Aufwand für dieses Können benötigen ) , sich meist negativer Kritik gegenübersehen, die aus Missgunst erwächst ( denn die anderen mussten schwer ackern und werden DOCH keine Meister ) , bis die Menschheit reif genug dafür ist, gerechte Meinungen zu bilden, die sich dazu noch auf GENAUESTER Recherche von Hintergründen ( backgrounds ) und evtl. auch auf dem Zurateziehen bereits zuvor eingeholter, relevanter, Meinungen und dem Abwägen begründen.

Dazu ist, wie gesagt, die Menschheit noch LANGE nicht reif, und so bleibt es vielfach bei Kritikern, die nichts zeigen können. Die muss man akzeptieren - und wenn sie es zu arg treiben, dann genügt die eine einzige Frage:

"Und wo ist DEINE Aufnahme, Herr Witz ? ( das -Horo lass ich weg, bis Du sie gezeigt hast. ) " - und schon ist Feierabend mit dem Schwachsinn. Was sogar hier auf Clavio mehrfach belegt ist. Funzt 100% ig.

Klingt hart, aber so läuft der Hase. Bis man ihn zur Strecke bringt. Dann läuft er nicht mehr.

Rät, mit LG, Olli ! ;)
 
Ja Olli, was Du vom Urteil Anderer hältst, ist hinlänglich bekannt. :D
 
Ja Olli, was Du vom Urteil Anderer hältst, ist hinlänglich bekannt. :D

Da sei Gott vor, dass ich mich jemals BEURTEILEN lasse, dazu noch von wildfremden, virtuellen Forums-Profilen. Denn ein Urteil kann nur ein Richter sprechen, und den sehe ich hier weit und breit nicht. Daher geht es wohl eher um den Begriff "Kritik", und die ist hlfreich und gut, wenn sie aus vernünftigen Beweggründen und auf Augenhöhe stattfindet.

Im Übrigen, Peter, hattest Du schon verstanden, dass ich beim Begriff "Anderer", den Du da hingetippt hattest, durchaus unterscheide, oder nicht ? Ich hatte andernorts mal gesagt ( zumindest soweit es MICH betrifft ) : Mehrere von meinen Dingen, die ich so über die Jahre aufgenommen habe, sind bereits kritisiert worden, weit, bevor der erste Gedanke an Dein "Clavio" überhaupt dem Geburtskanal entsprang, Peter. Und zwar gab es da POSITIVE, und auch NEGATIVE Rückmeldungen UND im Anschluss daran absolut tolle Gespräche und Schriftwechsel - und zwar nicht mit virtuellen Kaspern, die nix zeigen können, Peter, hm, sondern von Leuten, bei denen jeder NORMALE Mensch Angst hätte, ein "c" auch nur anzugucken. ( Allerdings soweit es meinen Freund betrifft: unbegründet !! )

Der lustige Punkt an der Sache ist also der, dass Kritiken, die ich AKZEPTIERE, bereits stattgefunden haben, bevor Du die erste Rolle Dachpappe verlegt hast, nehme ich an. Und so kannst Du Dir ohl vorstellen, dass mir insgesamt negative Aussagen ( und zum Teil auch positive, falls sie in Geseiher enden ) - ABSOLUT NICHTS bedeuten, jedoch macht es mir Spaß, zuzuschauen, wie viele "Profis" hier Sonaten einspielen. -

Und vor allem, so denke ich, wird es mir demnächst auch mal Spaß machen, mir irgendeinen Vogel rauszupicken, um mal...zur TAT zu schreiten. Und das bedeutet: Mich auf KRITISIER-EBENE zu begeben.

Das wird spannend, und unvergessen. Da kannst Du sicher sein, denn bisher war ich a ) höchst selten überhaupt am Kritisieren von IRGENDWAS, nachweislich schreibe ich da fast nie, und b ) werde ich mich natürlich nur auf dem Kritisier-Level bewegen, den ich auch selber vorweisen kann, hm, Peter. Ich denke, da werd ich demnächst mal schauen. Und c ) habe ich nachweislich NIEMALS jemanden unfreundlich kritisiert, sondern IMMER aufbauend, und m.E. motivierend.

Das wird also eine ganz neue Erfahrung, wenn ich selbst mal schreibe. Und damit es gerecht ist, werde ich mich im Tenor und Tonus an den mir entgegengebrachten Kritiken orientieren. Hat aber Zeit. Alles mit Geduld.

LG, Olli !
 
Als erwachsener Spät-Wiedereinsteiger gestatte ich mir den Luxus, auf jegliches "Urteil anderer" dankend zu verzichten. Ich plane keine Zweitkarriere als (für Geld öffentlich auftretender) Pianist und muss daher weder perfekt noch wenigstens besser als alle anderen sein.

Gleichwohl bin ich ehrgeizig (ich kann leider nicht anders!!!) und bereit, viel zu investieren (Zeit, Mühe, Geld), um möglichst schnell möglichst gut zu werden. Konstruktive Kritik (also eine Kritik mit Verbesserungsvorschlägen, am liebsten inkl. Vormachen) ist mir daher stets hochwillkommen, denn sie bringt mich voran. Deshalb wäre ein reines Autodidakten-Dasein nichts für mich, und ich brauche regelmäßiges Feedback sowie "Tipps und Tricks" vom Profi.

Zum aktuellen Zeitpunkt ist mir vor allem wichtig, dass meine Lehrerin zufrieden ist mit meinen Fortschritten. Sie kann am besten beurteilen, auf welchem Niveau ich Ende April letzten Jahres gestartet bin, welche Stärken und Schwächen sich herauskristallisiert haben und mit welchem Erfolg ich letztere beackere.

Mir ist auch nicht unwichtig, was mein jüngerer Bruder anlässlich seiner leider seltenen Besuche äußert - mein spätberufener Einstieg in die Klavieristik hat uns überraschend sehr viel näher gebracht als all die Jahrzehnte zuvor.

Unter meinen Freunden und Bekannten ist niemand, der nicht selbst früher mal ein Instrument gespielt hätte (meist sogar Klavier) oder noch aktiv spielt. Lustiger Weise habe ich davon erst erfahren, als ich ihnen irgendwann mal erzählte, dass ich angefangen habe, Klavier zu spielen. Von daher auch noch mal der Schwenk zurück zu dem anderen Thread: Aus welchen Gründen auch immer - Hobbyspieler scheinen fraglos davon auszugehen, dass sich niemand dafür interessiert, und halten die Klappe. Seit ich mich "geoutet" habe, bin ich plötzlich von Hobbymusizierenden umgeben, denen ich das ehrlich gesagt gar nicht zugetraut habe... trockene Intellektuelle zumeist, so wie icke, die sich heimlich, still und leise, fast verschämt, zu ihren kleinen Alltagsfreuden bekennen... Kollegen meines Mannes, die in einem Streichquartett spielen... oder auch am Klavier dilettieren... oder eine alte Schulfreundin, die ich alle Jubeljahre mal sehe, und die auch gerade für sich entdeckt hat, dass sie ihre Restkenntnisse aus der Kindheit/Jugend im Alter von Mitte Vierzig wieder reaktivieren möchte ... schon lustig. :)
 
Lieber Olli,

vorab: ist "Napfkuchen" ein Kompliment oder eine Beleidigung? Der kann sehr lecker schmecken! :p Und ich möchte hier alle vorhandenen und nicht vorhandenen Maurer in Schutz nehmen, die hier - wenn ich es recht verstanden haben - ungerechtfertigt unter den Verdacht intellektueller und feinmotorischer Defizite geraten.

Ich für mich habe eine ganz andere Einstellung: ich möchte so spielen, dass das Werk, das ich spiele, in irgendeiner Weise verstanden wird, wozu es noch nicht einmal musikalische Bildung braucht. Ich möchte, dass das Werk, vermittelt durch mein Spiel, eine Saite in einem Menschen anklingen lässt, dass es berührt, in welcher Form auch immer. Und daher ist mir die Meinung ganz besonders von Menschen, die nicht viel oder gar nichts von Musik verstehen, sehr wichtig. Es geht nicht um "Können", es geht nicht um meine Leistung, es geht um die Musik und dem, was sie in Menschen auslöst. Das interessiert mich! Natürlich interessiert mich auch die Meinung von Fachleuten, aber das ist dann eine andere Ebene.

Was Fachkollegen angeht, habe ich die Erfahrung gemacht, dass man besonders viel auch von Nicht-Klavierspielern lernen kann. Wie stützt ein Sänger seine Stimme, wie formt er eine Phrase, wie hält er den Spannungbogen? Wie entwickeln Streicher die Töne, wie feine Unterschiede gibt es bei ihnen in der Artikulation? Was also ein Sänger oder Streicher zu meinem Spiel sagt, interessiert mich außerordentlich! Denn ich will ja auch auf dem Klavier singen können, muss die Töne, die nach dem Anschlag leiser werden, in meiner Vorstellung formen.

Ich lerne gern dazu und deswegen interessiert mich die Meinung anderer Leute immer. Das Wort "Urteil" würde ich für mich aber nicht akzeptieren - es hat sowas von Richter und Guillotine - ein Urteil fällt man.

Liebe Grüße

chiarina

P.S.: Mit meinen Schülern rede ich immer über Vorspiele. Sie kosten doch auch Vorbereitung und für Vorspiele bereitet man sich in der Regel besonders vor (absichern .....). Wir reden dann immer gemeinsam, was gut geklappt hat und was nicht und die Gründe darüber. Davon kann man doch viel auch für die nächsten Vorspiele lernen und solche Gespräche laufen immer sehr angenehm ab - wir sind doch nicht in der Schule oder in einer Prüfung. Meine Schüler würden es, so glaube ich, merkwürdig finden, wenn wir gar nicht drüber sprechen. Es war doch eine intensive und aufregende Situation für sie, bei der sie meine volle Unterstützung haben. Man kann dann auch wunderbar als Lehrer das aufgreifen, was einem wichtig ist - dann merken die Schüler, dass mich ein paar Verspieler sowas von gar nicht interessieren.
 
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