Urheberrechte, Mir platzt langsam der Kragen

  • Ersteller Ersteller Beabarba
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Paß auf, daß Mick Dir auch da keine Konkurrenz macht. Zuzutrauen wär‘s ihm.
Ne, sicher nicht. Für alles, was mit Bau, Autos oder sonstigem Technikkram zu tun hat, brauche ich die Expertise von Fachleuten. Das wird auch so bleiben, denn diese Sachen interessieren mich nicht genügend, als dass ich mich damit näher beschäftigen wollte.
 
Ein sehr guter Beitrag zum Thema, Zeisig! Und ich möchte dazu noch ergänzen, dass diese Anfragen bei uns auch noch jede Menge Arbeit verursachen, da wir das Forum überwachen müssen um nicht selbst mit dem Gesetz in den Konflikt zu kommen. Als Betreiber sind wir nämlich für das Tun hier verantwortlich.

Gruß
Ich hätte noch eine Ergänzungsfrage: wenn schon Vorkriegsnoten und -Ausgaben auch wegen des Zustands nicht verkaufbar sind, wäre es erlaubt, Scans zu verbreiten von Komponisten, die länger als 71 Jahre verstorben sind? Wie lange gilt ein Copyright auf die Ausgaben? Ich würde sie wenigstens gerne für die Nachwelt retten, da es oft Bearbeitungen sind (mein Klavierlehrer bestand immer auf Urtext), die in der historischen Praxis interessant sein können.
 
Es geht bei Aufführungs- Verwertungs- und Bearbeitungsrechten darum, dass der Komponist mindestens seit 70 Jahren tot ist. Bei Noten sieht das anders aus. Wenn ich richtig informiert bin, dürfen Noten dann vervielfältigt werden, wenn das Notenexemplar vergriffen ist und eine Neuauflage der entsprechenden Edition nicht geplant ist. Bei diesen Uralt-Noten dürfte das Einscannen also kein Problem darstellen, solange du damit keinen Kommerz betreibst.
 
Es geht bei Aufführungs- Verwertungs- und Bearbeitungsrechten darum, dass der Komponist mindestens seit 70 Jahren tot ist. Bei Noten sieht das anders aus.
Nein, das ist falsch, auch bei Noten spielen die 70 Jahre eine Rolle. Erklärung siehe weiter unten

Wenn ich richtig informiert bin, dürfen Noten dann vervielfältigt werden, wenn das Notenexemplar vergriffen ist und eine Neuauflage der entsprechenden Edition nicht geplant ist. Bei diesen Uralt-Noten dürfte das Einscannen also kein Problem darstellen, solange du damit keinen Kommerz betreibst.

Es ist erstaunlich, wie viele glauben, dass der Satz "Noten kopieren ist gesetzlich verboten" richtig sei, und dass es davon kaum Ausnahmen gebe. Da haben die Verlage gute Arbeit geleistet.

Die Rechtslage ist weit differenzierter und eigentlich gar nicht so kompliziert, wenn man einmal etliche Neben- und Sonderbestimmungen, die für den Alltag nicht oder nur selten relevant sind, sowie die kommerzielle Nutzung (also u. U. auch die professionelle Aufführung) bei Seite lässt.
Hilfreich ist, sich klarzumachen, dass nicht das Notenbild, sondern der geistige Inhalt, der dahinter steht, für die Dauer des Urheberrechtsschutzes geschützt ist.

Folgendes gilt:

Ist der Komponist (oder Bearbeiter, z. B. bei einem Klavierauszug) weniger als 70 Jahre tot, sind das Werk und also auch die Noten geschützt, sie dürfen also nicht (foto-)kopiert werden, zumindest nicht ohne Erlaubnis der Rechteinhaber. Beispiel:
Im Jahr 2015 war es verboten Noten eines Werkes von R. Strauss zu fotokopieren, auch wenn die Ausgabe von 1900 stammt, im Jahr 2025 ist es erlaubt. Der Urheberrechtsschutz für R. Strauss erlosch am 1.1. 2020, da er 1949 gestorben ist.

Ist der Komponist länger als 70 Jahre tot, sind seine Werke gemeinfrei und die Noten dürfen überall gespielt, aufgenommen, gesendet, bearbeitet und eben auch kopiert werden.
Eine Ausnahme besteht für wissenschaftliche Ausgaben, die können unter bestimmten Voraussetzungen 25 Jahre lang ab Erscheinen geschützt sein. Die Anforderungen für diesen Schutz sind aber sehr hoch und spielen in der Praxis selten eine Rolle.
Beispiel:
Eine Ausgabe einer Mozart-Sonate von 1999 oder früher darf man immer kopieren.
Eine Ausgabe von 2001 auch, sofern sie nicht grundlegende, durch lange Forschung gewonnene neue Erkenntnisse gebracht hat - etwa in der Art, dass beim Alla turca in jedem Dur-Teil noch drei Triangeln und zwei Kontrafagotte von Mozart vorgesehen waren, und diese Erkenntnis nun zum ersten Mal im Druck erscheint. Dinge wie z.B. Änderungen an der Artikulation reichen in der Regel nicht, wobei das aber im Streitfall letztlich ein Gericht entscheiden müsste, wann die wissenschaftliche Arbeit so hoch zu bewerten ist, dass der Schutz von 25 Jahren eintritt.
Außerdem gibt es noch das besondere Urheberrecht der Verlage von 25 Jahren für eine editio princeps (also die Erst- bzw. Neuausgabe eines niemals oder lange nicht gedruckten Werkes). Das gilt auch für lange verstorbene Komponisten.

Fazit:
Das Kopieren von Noten ist also in der Regel erlaubt, wenn das Urheberrecht 70 Jahre nach Tod des Komponisten abgelaufen ist. Es ist egal, wann und von wem die Noten gedruckt wurden.


Hier zwei Seiten, die die Rechtslage darlegen:
etwas kompakter:

und etwas ausführlicher:
 
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Echt? Wenn das so wäre, dass es egal wäre, von wem die Noten gedruckt wurden, könnte man doch auch Henle-Ausgaben von Stücken lange verstorbener Komponisten auf IMSLP hochladen. So weit ich weiß ist das aber nicht der Fall, und sicherlich aus gutem Grund.
 
Echt? Wenn das so wäre, dass es egal wäre, von wem die Noten gedruckt wurden, könnte man doch auch Henle-Ausgaben von Stücken lange verstorbener Komponisten auf IMSLP hochladen. So weit ich weiß ist das aber nicht der Fall, und sicherlich aus gutem Grund.
Henle wird behaupten, dass sie wissenschaftlich aufwendig hergestellte Urtextausgaben herausgeben und ihre Ausgaben dadurch unter das Urheberrecht fallen. Portale wie imslp werden es nicht auf einen Rechtsstreit ankommen lassen, ob dieser Urheberrechtschutz in jedem Einzelfall wirklich besteht.
Auffällig ist ja, dass Verlage immer wieder neue "Urtextausgaben" auf den Markt bringen, auch von Werken, die sie in guten Ausgaben schon lange auf dem Markt haben.
Ob und wann z. B. Fingersatzbezeichnungen schon ein Urheberrecht begründen können, weiß ich nicht, bzw. ob das schon gerichtlich geklärt wurde. Wenn außer den Fingersätzen auch noch zahlreiche Erläuterungen etc. mit abgedruckt sind, ist das natürlich wieder geistiges Eigentum des Herausgebers.
 
Das Zauberwort bei Portalen wie IMSLP dürfte die "geschäftliche Nutzung" sein. Die muss ja nicht zwingend gegen Entgelt erfolgen.
Umgekehrt ist es aber auch so, dass die Verlage immer wieder auch Neuausgaben herstellen, die dann wiederum Leistungsschutz gem. Wettbewerbsrecht Ausgabe genießen. Die legal arbeitenden Portale müssten das zumindest prüfen und mglw. weisen sie solche Beiträge dann auch ab?
 
Das Zauberwort bei Portalen wie IMSLP dürfte die "geschäftliche Nutzung" sein. Die muss ja nicht zwingend gegen Entgelt erfolgen.
Umgekehrt ist es aber auch so, dass die Verlage immer wieder auch Neuausgaben herstellen, die dann wiederum Leistungsschutz gem. Wettbewerbsrecht Ausgabe genießen. Die legal arbeitenden Portale müssten das zumindest prüfen und mglw. weisen sie solche Beiträge dann auch ab?
Ich denke, die Portale haben weder personell noch finanziell die Kapazitäten für Rechtsstreitigkeiten. Wenn also ein Verlag seinen Anwalt einen entsprechenden Brief schreiben lässt, werden sie nachgeben.
Und da ja, wie Du schreibst, auch das Wettbewerbsrecht eine Rolle spielen kann, werden die Portale kein Risiko eingehen wollen und generell von Verlag X oder Y keine Noten auf ihren Seiten akzeptieren.
 
Echt? Wenn das so wäre, dass es egal wäre, von wem die Noten gedruckt wurden, könnte man doch auch Henle-Ausgaben von Stücken lange verstorbener Komponisten auf IMSLP hochladen. So weit ich weiß ist das aber nicht der Fall, und sicherlich aus gutem Grund.
Eine kurze Suche zeigt, dass auch der Henle-Verlag nicht den "guten Grund" hat, das Hochladen seiner Noten generell zu verbieten,
z.B. hier:
Was auffällt ist allerdings, dass die Fingersätze "removed" wurden, wahrscheinlich um in keine urheberrechtlichen Streitigkeiten zu gelangen.
Aber es ist eindeutig: Die Noten können vervielfältigt werden, da Debussy schon über 70 Jahr tot ist.

Hier eine Übersicht von Henle-Noten bei imslp:
 
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Wobei auf imslp gelegentlich der Disclaimer kommt, dass die Noten zwar in den USA und Kanada, aber nicht in der EU lizenzfrei sind. Kann man das dann getrost ignorieren?
 

Wobei auf imslp gelegentlich der Disclaimer kommt, dass die Noten zwar in den USA und Kanada, aber nicht in der EU lizenzfrei sind. Kann man das dann getrost ignorieren?
Das ist z.b. bei den Schubert Moments musicaux der Fall (https://imslp.org/wiki/Moments_musicaux,_D.780_(Schubert,_Franz) da steht sogar Non-PD US, Non-PD EU. Das könnte an den nicht entfernten Fingersätzen von Gieseking liegen. Solange Du aber keinen schwunghaften Handel damit betreibst, sehe ich keine Gefahr.
 
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Hier eine Übersicht von Henle-Noten bei imslp:
Interessant ist auch, dass Teile der wissenschaftlichen Henle-Gesamtausgabe der Werke Haydns und Brahms' auf imslp verfügbar sind, allerdings nur die, die vor 1999 erschienen sind, also länger als die 25 Jahre, die für den Verlagsurheberrechtsschutz gelten:
 
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Überraschung! Hier geht es um verschiedene Werke, die unterschiedlichen Schutz genießen:
  • Die eigentliche Komposition.
  • Der Notensatz (Layout).
  • Die Fingersätze.
  • Bei Liedern kommt noch der Text dazu.
 
Mein Umgang mit dem Urheberrecht sieht folgendermaßen aus:
"kostet Geld? ... wird garnicht erst gelernt!".

Als Komponist veröffentliche ich grundsätzlich nur als "creative commons". Wer das Nutzen will, der soll das tun ... ich wünsche mir lediglich eine Danksagung mit namentlicher Erwähnung, wenn meine Musik für die Entwicklung eines Stückes eine wichtige Rolle gespielt hat.
Ich werde aber niemanden auf horrende Summen verklagen, nur weil der EINE Kopie davon gemacht hat.

Ganz Allgemein zum Problemfeld leichtes kopieren.
Wo kommt die Möglichkeit dafür denn her? Warum hat man von der Schallplatte (die wirklich schwer in gleicher Qualität zu kopieren war) auf CDs umgestellt ... also auf einen Datenträger, der auf schnelles kopieren ausgelegt war.
Es war billiger zu produzieren, und man konnte für CDs die gleichen Preise aufrufen, wie für LPs ... das dürfte die Gewinne der Rechteverwerter in die Höhe getrieben haben.
Bis dann alle irgendwie die Möglichkeit hatten, CDs zu brennen und man dabei kaum Qualitätsverluste hinnehmen musste. Nun hatte man einen billig zu produzierenden Datenträger, den leider jeder kopieren konnte. Doof irgendwie.
Also hat man auf Downloads gesetzt ... MP3s hochzuladen ist NOCH billiger, als eine CD zu produzieren ... und der User hat sich das dann als Kopie besorgt. Eine Zeit lang hatten alle meine Bekannten riesige Musiksammlungen auf ihren Privat-PCs ... 150gb und mehr waren keine Seltenheit ... und eigentlich mussten alle zugeben, den Großteil davon nch nie laufen gehabt zu haben.

Man hat der Öffentlichkeit (freiwillig) immer günstigere und einfachere Wege eröffnet, um an Musik zu kommen ... und nun versucht man diese Wege via Urheberrecht wieder zu schließen.
Man könnte auch einfach zur Schallplatte zurückkehren, und das Problem wäre gelöst ... die meisten günstigen Digitalisierungssysteme dafür sind einfach nur Murks ... das merkt wohl jeder, der mal versucht hat, Schallplatten zu digitalisieren ... analog (Plattenspieler-> Box -> Microfon(e) -> DAW -> .wav, .mp3 oder welches digitale Ausgabesignal man gerne haben möchte) funktioniert das noch am zuverlässigsten.

Man hatte Lösungen, mit denen das straffe Urheberrecht gut umzusetzen war ... aber die waren einem eben nicht profitabel genug. Aber "billiger zu produzieren" bedeutet eben auch "einfacher zu kopieren".
Mein Mitleid mit der Rechteverwertungsindustrie geht gegen Null.
 
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Überraschung! Hier geht es um verschiedene Werke, die unterschiedlichen Schutz genießen:
  • Die eigentliche Komposition.
  • Der Notensatz (Layout).
  • Die Fingersätze.
  • Bei Liedern kommt noch der Text dazu.
Es fehlt noch: die zum Teil aufwendige wissenschaftliche Arbeit der Herausgeber, die nötig ist, um den Notentext überhaupt zu erstellen, also Ausfindigmachen, Beschaffung, Vergleich, Auswertung aller verfügbaren relevanten Quellen etc..
Da das eine hochspezialisierte, zeitaufwendige Arbeit ist, ist das der Hauptkostenfaktor besonders bei Neu- oder Erstausgaben.
 
Als Komponist veröffentliche ich grundsätzlich nur als "creative commons". Wer das Nutzen will, der soll das tun ... ich wünsche mir lediglich eine Danksagung mit namentlicher Erwähnung, wenn meine Musik für die Entwicklung eines Stückes eine wichtige Rolle gespielt hat.
Wer von der Musik ökonomisch überleben will/muß, wird Deine Haltung schwerlich teilen. Selbstverständlich darf jeder seine Arbeitskraft (bzw. die Resultate derselben) verschenken, aber das bitteschön nur freiwillig. Alles andere fällt unter die Kategorien „Diebstahl, Enteignung“. Ich finde es unredlich, eine intellektuelle Arbeitsleistung zu erschleichen, um das Geld dann anderweitig für materielle Güter auszugeben. (Dort ist ein Diebstahl nämlich viel offensichtlicher.) Ich habe großen Respekt vor denen, die (wo auch immer) freiwillig und unentgeltlich tätig sind, sei es im realen Leben oder indem sie im Internet ihr Wissen bereitstellen.
 
Mein Mitleid mit der Rechteverwertungsindustrie geht gegen Null.
Meines auch. Es ist sicher richtig, Urheberrechte zu konstatieren - zu Mozarts Zeiten gab es keine. Und es ist richtig, sie dann auch zu schützen.

Die Frage ist nur, wie umfassend dieser Schutz denn sein soll und wie lange er dauern soll.

Ich wünsche Paul McCartney noch ein langes Leben. Aber er ist auch schon achtzig oder so. Das bedeuted, er wird innerhalb der nächsten zwanzig Jahre sterben - sagen wir mal 2045. Dann haben schon drei Generationen McCartneys von ihm profitiert, falls niemand enterbt wird. Der Schutz läuft dann, wenn Sir Paul schon im Himmel ist, noch weitere 70 Jahre bis in 's Jahr 2115. Macht noch einmal knapp drei Generationen.

Üppig, üppig.

CW
 
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