"Unspielbares" bei Chopin/Schumann

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endlich ehrliche Worte aus dem Mund Berufener!

(Gleichsam als kleiner Nachtrag zu meinem alten Übezeit Faden)

durch rolfs link zum Henle Verlag im anderen Faden bin ich auf - für mich - ÄUSSERST beruhigende Interviews mit großen Pianisten zu Chopin und Schumann gestoßen:

Paul Badura-Skoda:

"die letzten 1 1/2 Seiten der Fantasie op17 sind fast unspielbar"

Christian Zacharias:

"es gibt Stücke und Stellen bei Chopin, die horrend schwer zu spielen, ja nahezu unspielbar sind."

Andras Schiff

"die Schumann Toccata ist halsbrecherisch schwer, fast unspielbar,habe sie als junger Mann als Herausforderung gespielt, heute kann ich das nicht mehr."

Angelica Hewitt:

"nie spielen würde ich die Schumann Toccata, einfach deshalb,weil ich sie nicht spielen kann"

sogar der Technik-Meister Marc André Hamelin gibt zu:

"bei Chopin und Schumann gibt es stachlige Probleme,die, wenn sie nicht durch viel harte Arbeit (!) gelöst werden, es der Musik schwer machen hindurchzuscheinen."

(wohl gemerkt, er spricht da noch nicht von Transzendetaletuden,Gaspard oder Danse russe...)

also wohl doch nix mit 3 Stunden am Tag bisserl rumklimpern und dann das Leben genießen;) die arbeiten (und studierten) auch hart wie unsereins in unseren Brotjobs...

na, da sieht der Tag ja schon viel freundlicher aus, wenn sogar DIE Probleme haben :p
 
Hi Kreisleriana ;)

hmm..diese Aussagen wollen mich nicht so ganz beruhigen, denn weder Badura-Skoda, noch Zacharias, noch Schiff sagen ( natürlich ), dass die Werke WIRKLICH unspielbar sind. Sie sagen: "Fast". ( Also schaffen sie sie. Das möchten sie ausdrücken, m.E. )

Angela Hewitt sagt dies allerdings nicht. Sie sagt, sie kann die Toccata nicht spielen: Das muss sie aber zumindest vorher festgestellt haben, indem sie sie ausprobiert hat. Insofern hier: Beruhigend, wenn auch nicht sooo sehr, denn ein ABM oder Cziffra ist sie ja nun ( glaub ich zumindest ) auch nicht. ( Ebenso wie die oben genannten drei, und daher würd ich gern mal ABM, Cziffra und Horowitz hören, zu "unspielbaren Sachen", vermute aber, dass da leeres Blabla a la "ich kann das und das fast nicht ", ( nat. damit es andere ausprobieren und scheitern ) ODER aber gar nichts bei rauskommt. Die konnten nämlich alles.

Zumindest technisch.

Was wohl auch für Hamelin gilt, der hier aber durch seine AUssage allein eine etwas "übergeordnete" Stellung vermitteln möchte, folglich also erklärend ( was manchmal unnötig ist - viele wissen selbst, wie stachelig diese Probleme sein können ) sich hier darbietet.

Also...ich weiß nicht. ;) Hewitt wäre mir da am sympathischsten. : Stück klappt nicht, aus was für Gründen auch immer - und WIRD auch nicht GESPIELT. Probleme zu hart - Aus.

LG, Olli ;)
 
Ich glaube, die Chopinetüden werden unterschätzt. Wenn man sie perfekt spielen will, sind das wirklich hoch anspruchsvolle Werke an die Technik. Man könnte meinen, sie seien gar nicht so schwer, weil es eben auch als noch weniger fortgeschrittener Klavierspieler schon möglich ist, einige davon so zu spielen, dass es schön klingt. Was aber noch nicht bedeutet, dass man dann das herausgeholt hat, was Chopin vermutlich haben wollte, die Leichtigkeit, Gleichmäßigkeit, Durchsichtigkeit, gewisse Bögen und Zusammenhänge, Dynamikverhältnisse, Geschwindigkeit, Artikulation usw. sind dann noch nicht richtig ausgereift. Die Musik ist trotzdem so gut, dass man nicht zwangsläufig alles bis zum (bitteren) Ende durchkneten muss, um ein befriedigendes Ergebnis zu erzielen.
Das mag bei anderen Stücken anders sein. Die kann man eben nicht schon "vorher" spielen, sondern erst dann, wenn man jenes gewisse sehr hohe Level schon erreicht hat. Da kann man sich halt nicht irgendwie drüber- bzw. durchmogeln wie bei vielen Stellen bei Chopin, bei denen es gar nicht auffällt, wenn man Tempo, Rhythmus, Phariserung etwas verändert, Pedal dazutut usw. (zb in den Balladen).

Ich fände es schon erstaunlich, wenn sich auch bekannte Pianisten nur bei allerhöchsten Schwierigkeitsgraden anstrengen müssten. Sicher bedeutet auch für die die Coda der 4. Chopinballade einige Arbeit und Übezeit. Im Unterschied zu den meisten anderen gelingt es ihnen aber, in dieser Übezeit ein so gutes Ergebnis zu erzielen, dass man hinterher meint, für sie wäre alles ganz einfach.
Womit sie dann auch genau den Effekt erzeugen, der einen guten Pianisten ausmacht :-)
 
Ich glaube, die Chopinetüden werden unterschätzt. Wenn man sie perfekt spielen will, sind das wirklich hoch anspruchsvolle Werke an die Technik.

in dem Interview erwähnte A.Schiff auch die ersten Et.op 10 und meinte Chopin müsse sehr spezielle Hände gehabt haben, denn das läge äußerst unbequem in der Hand, tja da hat er schon irgendwie recht...:-)
 

Solange das Wörtchen "fast" davorsteht, kann ich jede Aussage tolerieren. Interessant wird es, wenn jemand dieses Wörtchen wegläßt ;)

Aber sollte man mit Pianistenaussagen nicht vorsichtig sein? War es Brendel (?), der einmal sagte: die Kreuzgriffe in der Pathetique seien einfach höllisch?

Ob das jeder andere Pianist zwangsläufig auch so sehen tut?

Wenn man sie perfekt spielen will, sind das wirklich hoch anspruchsvolle Werke an die Technik.

das gilt m.E. für viele Stücke... wenn man "den letzten Rest Amateurklang" herausbekommen möchte, können wohl auch eher einfache Stücke ziemlich schwierig werden...
 
Was mir bei alldem bisher Gesagten auffällt:

Oben hatten wir ja nun Beispiele, wo Pianisten gesagt haben: "kann ich fast nicht" oder: "kann ich überhaupt nicht".

Gibts eigentlich auf dieser Welt auch mal irgendeinen, der sagt: "Ja, kann ich ?"

Ich befürchte : Nein, denn dann käme er ja in diese "Perfektions"-Zwickmühle. Die nächste Frage, die ihn dann ereilen würde, wäre: "Können Sie denn das auch PERFEKT ??".

LG, Olli !
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:

Kleinen Augenblick, lieber Dreiklang ;)

Ich meinte natürlich nicht Leute, die sagen "kann ich" - und dann nichts zeigen.... :D:D

Sondern ich meine BELIEBIGE Profipianisten, die z.B. schonmal ein Stück aufgenommen haben, oder in einem Konzert gespielt haben, aber DENNOCH nicht ein einziges Mal sagen: "Kann ich".

Die meine ich. Und die gibts LEIDER nicht, meines Wissens. Außer, Horowitz hat glaub ich EIN MAL gesagt, dass er die Oktavenstelle in Op. 53 Chop. l.H. stundenlang kann. Wenigstens der hatte Mumm. ABER auch er hat nicht gesagt, dass er ein Stück "Kann".

@ Pathetique: Hatte Brendel mal Scarlattisonaten aufgenommen ? Weiß da jemand was von Euch ? ( ich meine natürlich nicht irgendwelche, sondern z.B. Longo 449, oder ein oder 2 andere, die mir zu 100% noch einfallen würden..)

LG, Olli !


Nachtrag: @Rolf @VH: ROFL :D
 
@LMG
Ich bin heute zufällig auf dieses Video gestoßen

Kissin sagt darin zwar nicht direkt er kann diese Sachen spielen, er sagt aber sehr wohl er hat sich damit beschäftigt, und hat sie gespielt. In dem Video ist Kissin noch recht jung, und ich denke man darf annehmen das Kissin noch nie in seinem Leben musikalisch Kompromisse ein gehen hat müssen:D:D
LG frnci
 
Sondern ich meine BELIEBIGE Profipianisten, die z.B. schonmal ein Stück aufgenommen haben, oder in einem Konzert gespielt haben, aber DENNOCH nicht ein einziges Mal sagen: "Kann ich".

Die meine ich. Und die gibts LEIDER nicht, meines Wissens. Außer, Horowitz hat glaub ich EIN MAL gesagt, dass er die Oktavenstelle in Op. 53 Chop. l.H. stundenlang kann. Wenigstens der hatte Mumm. ABER auch er hat nicht gesagt, dass er ein Stück "Kann".

da bin ich jetzt überfragt ;) Man weiß wohl von Pianisten, bei deren Konzerten zwar die Kritiker begeistert, sie selbst es aber nicht waren.

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Ich meine mal gehört zu haben, wie Lang Lang sagte: "Ich bin ein Perfektionist". Wenn ich den manche Sachen so spielen höre, kann ich da quasi, aus meiner Warte gesehen, nur zustimmen...
 
@frnci: Thxx ;) ... muss aber erst Entsperrungsplugin saugen, bin nicht mit Hauptrechner on !

Solange glaub ich Dir einfach ;)

LG, Olli !
 
LOL, Dreiklang ... :D

@ "interessant":

Aaach, eigtl. nur deswegen, weil...naja sagen wir lieber:

Wie will denn jemand beurteilen, ob ein Stück perfekt ist, UND: welches sind die Kriterien für "Perfektheit" ? Dass VH im Rach 3 zwischendurch mal aufspringt ??- und vor allem: WER beurteilt das ?

Insofern ist dann überhaupt kein Stück perfekt, und ja, Stilblüte hat vollkommen Recht dann, wenn sie sagt:

"Es ist schwierig, Chopinetüden perfekt zu spielen." Ich helf Euch etwas: Es ist dann unmöglich.

LG, Olli !
 

interessante "Begrifflichkeiten"... die perfekte Einspielung dürfte es vermutlich nicht geben. Sieht man den Begriff aber aus seiner Historie heraus (von lat. perfectum = 'vollendet', im Sinne von: 'fertig'), so dürfte es schon mal die eine oder andere 'perfekte' Aufnahme geben.

Weiters, gibt es Aufnahmen, die so atemberaubend/innovativ/einzigartig/unwiederholbar/unübertrefflich sind, daß es im Grunde naheliegend ist, dieses Stück gar nicht mehr anzufassen bzw. einspielen zu wollen - weil man sowieso nicht heranreichen kann oder wird.

Auch dies könnte man - wenn man so wollte - als eine perfekte Aufnahme bezeichnen.

In der Musik gibt es keine "Meßgeräte" für musikalische Schönheit. Das ist bereits der erste Punkt, an dem eine mögliche Frage nach Perfektion scheitert. Selbst wenn es Meßgeräte gäbe, müßte man sich fragen: ab wann, oder wann, ist etwas "perfekt" (zum Beispiel: eine Autolackierung).
 

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