ungewohnte Interpretationen

K

kristian

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Die Diskussion zu L. Zilbersteins Rachmaninov Prelude verleitet mich dazu, mal eine Sammlung (und Diskussion) über ungewohnte Interpretationen zu eröffnen. Manche erschließen sich vielleicht nach mehrmaligen Hören, andere nie, aber sie liefern oft einen neuen Blickwinkel auf bekannte Stücke.

Es werden wohl meist Interpretationen namhafter Künstler herauskommen, die anders durchaus können, aber wohl nicht wollen. Wenn Ihr also solche Interpretationen kennt, die Kritiker aus der Fassung bringt, oder eine Wettbewerbsjury die Hände über dem Kopf zusammenschlagen läßt, dann mal her damit.

Mein Anfang:
Glenn Gould und Mozart, Klaviersonate A-Dur (KV 331)
Wie Gould mit dem Skalpell Mozart seziert.

Maria Yudina und Mussorgsky, Bilder einer Ausstellung
Ihre rhythmischen Abweichungen geben der Baba Yaga anstelle eines Gesichtes eine richtige Fratze.
 
Glenn Gould ist wohl der Paradepianist für so eine Sammlung. ;) Zum Beispiel mit folgenden Interpretationen:
  • Beethoven - Appassionata (extrem langsam gespielt! Der erste Satz dauert, glaube ich, allein ca. 15 min.)
  • Prokofieff - Klaviersonate Nr. 7 - Precipitato (klingt bei keinem anderen so wie bei Gould! Aber mir gefällts! 8))
  • Mozart - a-Moll-Sonate, KV 310 (fast grotesk!)
Grüße von
Fips
 
Der Trauermarsch der 2.Sonate von Chopin gespielt von Kissin :)

Extrem langsam, extreme dynamische Kontraste. Ich finde, wenn man sich darauf einlässt, ist es großartig :)

lg marcus
 
Es werden wohl meist Interpretationen namhafter Künstler herauskommen, die anders durchaus können, aber wohl nicht wollen. Wenn Ihr also solche Interpretationen kennt, die Kritiker aus der Fassung bringt, oder eine Wettbewerbsjury die Hände über dem Kopf zusammenschlagen läßt, dann mal her damit.

Karajan & Arrau: Tschaikowskis Konzert b-Moll - die Intention ist, diesen Reisser zu spielen, als sei er von Schumann :) (klingt aber sehr schön)

Gould: Beethovens Sonate op.111 das allegro con brio ed appassionato aberwitzig gerast

Gould: Brahms Ballade op.10 Nr.1 quälend langsam

Horowitz in Moskau: das Schubert-Impromptu (mit den Variationen) - das ist absichtlich nicht für die CD freigegeben, aber auf dem Video ist es

Horowitz: Schumanns Kinderszenen - laut Boulez "was der Alte da macht, das darf man nicht" :D

Gruß, Rolf

(nur Klaviersachen oder auch anderes?)
 
@rolf : Klavier ist doch nur das halbe Leben. Anderes geht natürlich auch

Gould und Beethoven, die nächste: Mittelsatz von op. 14/2, laut Kaiser halbiert er da fast das Tempo im Vergleich zum üblichen.
 
MIr fällt da spontan ein: Richters Schubert!!

Die große D 960 Sonate! wahnsinnig langsam, aber sehr medittiv, trotzdem unpassend. finde ich
im übrigen: gould scheint nicht nur ungewöhnliche interpreationen von sich zu geben, sondern diee auch zumögen: er meitnte dieser Schubert von Richter habe ihm gezeigt, dass schubert doch schön sein kann :D
die ohren dieser genies müsste man mal haben!
 
MIr fällt da spontan ein: Richters Schubert!!

Die große D 960 Sonate! wahnsinnig langsam, aber sehr medittiv, trotzdem unpassend. finde ich
im übrigen: gould scheint nicht nur ungewöhnliche interpreationen von sich zu geben, sondern diee auch zumögen: er meitnte dieser Schubert von Richter habe ihm gezeigt, dass schubert doch schön sein kann :D
die ohren dieser genies müsste man mal haben!

Natürlich! Richter mit Schubert. Das gehört absolut hierher. Zu nennen wäre auch seine Interpretation der G-Dur-Sonate, D. 894. Der erste Satz dauert 26 min.!!! Ich finde es bemerkenswert, diese Musik so langsam und meditativ zu spielen. Meiner Meinung nach nicht unpassend, sondern nur sehr fordernd für den Hörer. Wenn man sich da nicht Zeit nimmt und wirklich "hineinhört" in die Musik, hält man es kaum aus.

Grüße von
Fips
 
Brahms 1. Klavierkonzert mit Gould und Bernstein. Ansprache von Bernstein vor Beginn, in der er sich von der Interpretation von Gould distanziert. Tempo dann extrem langsam.
Irgendwo habe ich das auf Cassette, finde es nur nicht.

Gruss
Moderato
 
Beethoven Sonate op.111, gespielt von Vitaly Margulis.

eine einzige Sonate, und die braucht eine ganze CD !!!...

allegro: Viertel 120
arietta: punktiertes Achtel = 40
Var.1-3: punktiertes Achtel = 40
Var.4-Schluß: punktiertes Achtel ca. 28 (!!!sic)

dazu ist auf der CD noch ein Essay über das Tempo bzw. die Temporelationen in der op.111 Sonate (sogar mit Messungen, wie es andere spielen...)

allerdings: gespielt ist das großartig, ungeheuer expressiv!

Der Grund für die Verlangsamung nach der 3. Variation ist kompliziert: Arietta und Var.1 stehen im 9/16 Takt, dann folgt Var. 2 im 6/16 mit der Anweisung l´istesso tempo (im selben Zeitmaß, also Takt = Takt), dann Var.3 im 12/32 Takt (wieder l´istesso tempo), ab Var.4 wieder 9/16 Takt aber ohne l´istesso tempo im Autograph, woraus Margulis schließt, dass von hier an Tondauern aus 12/32 gelten müssen.

Uhde erläutert, dass der 9/16 Takt ab Var.4 dieselben Proportionen wie die Arietta haben müsse, schreibt sogar eine Tabelle der Taktsysteme des Variationensatzes.

wie auch immer: Taktdrittel = 40 und später exotische ca. 28 ist schon enorm bis extrem langsam! und ich wiederhole gern: das ist fantastisch gespielt!!!

(ich finde: zu langsam. mir gefällt das mit Czernys und Moscheles´ Metronombezeichnungen, die beide angeblich von Beethoven persönlich kennen wollen - Taktdrittel = 60-63)

Gruß, Rolf
 
Ich habe diese Aufnahme schon in einem anderen Thread erwaehnt: Pogorelich Mozart-Sonaten (besonders K. 283) -- ich finde sie eigentlich ziemlich interessant (wenn auch sehr extrem). Nicht allen Reviewern auf amazon gefaellt's ebenso gut:

[...]Everything here is reduced to extremes, presto become prestissimo, andante adagio and there is far too much staccato. I found myself aching from some long lined legato playing after listening to this terrible performance, which might help me into the underlying "geist" of these pieces.[...]
 

Karajan & Arrau: Tschaikowskis Konzert b-Moll - die Intention ist, diesen Reisser zu spielen, als sei er von Schumann :) (klingt aber sehr schön)

Gould: Beethovens Sonate op.111 das allegro con brio ed appassionato aberwitzig gerast

Gould: Brahms Ballade op.10 Nr.1 quälend langsam

Horowitz in Moskau: das Schubert-Impromptu (mit den Variationen) - das ist absichtlich nicht für die CD freigegeben, aber auf dem Video ist es

Horowitz: Schumanns Kinderszenen - laut Boulez "was der Alte da macht, das darf man nicht" :D

Gruß, Rolf

(nur Klaviersachen oder auch anderes?)

Brahms 10/1 von Gould gefaellt mir im gegensatz zu manchem anderen von ihm ziemlich gut. Schlimm ist neben dem Mozart auch manches von Bach, z.B. die CD-Aufnahme der E-Dur-Fuge aus WTK2 -- abgehackt runtergerattert, ganz furchtbar. Im Gegensatz dazu gibt's ein Video von ihm (auch auf Youtube), wo er die Fuge fast halb so schnell und viel, viel ueberzeugender spielt.

Horowitz' Schubert aus Moskau -- Du meintest den, oder?
http://www.youtube.com/watch?v=8YWcVO9Mncw
 
Jetzt krame ich den Faden mal wieder hervor:

Andrei Gavrilov's interpretation des f-moll Nocturne op. 55 Nr. 1 von Chopin

An ein ruhiges Nachtliedchen ist da jedenfalls nicht daran zu denken.

Auf seiner Homepage unter Downloads zu finden:
http://www.andreigavrilov.com/87866.html
 

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