Unabhängigkeit der Hände

  • Ersteller Ersteller KlavierOpa
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Das Problem von Klavieropa scheint doch zu sein, dass seine Hände nur parallel oder gegenläufig können ... also im Grunde nur gleichzeitig.
Diese beiden Hände sind schwer voneinander abhängig und daher der Wunsch nach Übungen zur Unabhängigkeit.
Dabei geht es nicht um die Art von Unabhängigkeit, die man für 7 über 9 braucht, sondern um die, die jeder Schlagzeuger für einen stabilen 4/4-Takt braucht ... der wirkt nämlich doof, wenn immer alle Viere gleichzeitig aktiv werden (ein weit verbreitetes Problem bei Schlagzeuganfängern).

Die Unabhängigkeit, die hier gewünscht wird, ist also keine echte Unabhängigkeit, sondern eben eine Form der Abhängigkeit. Allerdings ist es nicht die Abhängigkeit der Hände voneinander, sondern eher die Abhängigkeit beider Hände von einem übergeordnetem Prinzip (dem Metrum, der Rhythmik).

Ich werfe einfach mal eine Übung für blutige Schlagzeuganfänger in den Raum, mit der meiner Meinung nach auch Klavieropa sein Problem langsam in den Griff bekommen könnte.

Durch den Keyboard-Unterricht gehe ich mal davon aus, dass die rechte Hand Melodien spielen kann.
Also setzen wir diese Hand auf Diät ... sie soll das Metrum spielen (Einzelton, Akkord). Zunächst keine Wechsel in der r.H. Natürlich fein die Viertel mitzählen.
...
Wenn das stabil klappt, kommt die linke ins Spiel ... die schlägt zunächst nur einen Ton auf der "1" an.
Erster "Meilenstein"!
Die rechte Hand spielt Viertel. Die Linke spielt Ganze.
...
Nun verdoppet man die Frequenz der Linken ... schlägt also auf "1" und "3" an. Rechte Viertel. Linke Halbe.
...
Alles gleichzeitig wollen wir an der Stelle nicht, also fallen die Viertel in der linken aus und wir gehen direkt zum "offbeat". Dafür schlägt die linke auf "2" und "4" an.
Klappt das, dann eventuell mal kurz die Hände abwechselnd (Rechte die Zählzeiten, Linke die "Unds") ... Damit erhöht man, wie oben bereits vorgeschlagen, den Bezugsrahmen von Vierteln auf Achtel. Aber nicht zu lange ... das ist nicht weit von Gleichzeitigkeit entfernt.
...
Die rechte spielt weiter Viertel und die linke versucht sich nun an "Dreierverschiebungen". Sie schlägt also auf der "1" an, zwischen dem 2. und 3. Schlag der Rechten, und auf der "4".
Der Rhythmus der dabei entsteht, sollte jedem bekannt sein ... er geistert seit Jahrzehnten durch die Charts.

An dieser Stelle kann man dann ein ganzes Fass an Einzelübungen basteln. Ich habe oben 3-3-2 genutzt, aber es gehen natürlich auch 3-2-3 ... 2-3-3 und man kann das Konstrukt noch um eine Achtel nach vorn oder hinten verschieben (auch dabei begegnen einem einige alte Bekannte).

Daran kann man sich Monatelang austoben, bis beide Hände stabil sind, und hat doch nur Rhythmik gespielt. Das ganze zu harmoinisieren wäre der nächste Schritt (dann mit Akkorden oder Akkordbrechungen und mit Harmoniewechseln).

Statt Dreierverschiebungen kann man auch mit punktierten Vierteln arbeiten. Z.B. einen Anschlag der linken auf der 1 und 3, aber mit einem Anschlag der linken zwischen dem 2. und 3. Anschlag der rechten. oder andersrum (Anschläge der linken auf 1 und 1u, sowie auf 3 und 3u).
Auch sowas kann man um eine Viertel oder Achtel verschieben.

Und natürlich kann man auch die Schlagfrequenz der rechten Hand von Viertel auf Achtel erhöhen, und das oben beschreibene nochmal durchexerzieren. Das bringt aber eigentlich nichts Neues, da dabei keine anderen rhythmischen Strukturen entstehen (die Motorik macht das gleiche ... es ist nur schneller ... man kann auch einfach das Tempo der Viertel von 60bpm auf 120bpm erhöhen ... das hat den selben Effekt).

Zwischendurch mal die Rolle der Hände vertauschen. Am Ende soll es egal sein, welche Hand das Metrum hat oder ob dieses überhaupt erklingt.

Dann noch der "Pro-Tipp" ... lass die Hand mit dem Metrum einfach mal weg und "denk" dir das Metrum nur dazu.

Wenn man das ohne Probleme bringt, hat man schon eine recht gute "Unabhängigkeit" der Hände" (die eigentlich keine echte Unabhängigkeit sein soll, sondern nur eine "relative Unabhängigkeit").

PS: Für die oben beschriebenen Übungen (bis auf die Harmionisierung) braucht man übrigens keine Tasten ... das kann man auch auf einer Tischplatte klopfen ... oder auf den Oberschenkeln. Der Wirkung tut das keinen Abbruch.

PPS: @KlavierOpa
Wenn du Fragen zu meinem Geschreibsel hast, immer raus damit.
 
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Dann könnte kein Hobbyspieler/in längere (2-4 Seiten) Bach-Stücke spielen. Wenn Du 100% arbeitest, ein Privatleben hast, und pro Woche ca. 6h übst, sind ein paar Wochen/Monate für ein Präludium mit oder ohne Fuge auch bei Henle 4 ganz schnell rum… Und sich damit auseinanderzusetzen, auch wenn es länger dauert, könnte durchaus befriedigender sein als pro Monat ein TEY-Stück „runterzureissen“. Überspitzt formuliert. Die Realität im Hobbybereich sieht anders aus als bei den Profis.
Hier kam gerade ein Video zum Thema „Dauer für ein neues Stück“ raus:

 
Die genannten Zeiten finde ich aber schon lang.. das kann man ja mal machen, wenn man z.B. aber weiß, in 1-2 Jahren lern ich das Stück vielleicht doppelt so schnell, warum nicht peu a peu das Niveau steigern? Es geht ja hier nicht um super schwere Stücke.
 
Die meisten Schüler üben leider so wenig / unzweckmäßig bzw. sind zum Teil auch so minderbegabt, dass sie auch nach jahrelangem Unterricht nur sehr einfache Stücke relativ schnell erarbeiten können. Diese sehr einfachen Stücke finden sie jedoch, zumal wenn sie bereits erwachsen sind, dann langweilig. Also werden dann im Unterricht doch irgendwelche eigentlich zu schwierigen Stücke durchgenommen. Diese werden dann viele Wochen bis Monate geübt (natürlich wie gesagt entweder zu wenig oder mit "Übemethoden", von denen sie durch den KL eigentlich längst wissen, dass sie völlig ineffektiver Quatsch sind, aber sie machen's trotzdem weiter so), und nachdem man das Stück irgendwann abgehakt hat, dauert es oft nur wenige Wochen, bis das Stück (aufgrund mangelnden musikalisch-technischen Fundamentes) wieder "weg" ist und nicht mehr vorgespielt werden kann. Der typische "ich kann immer nur ein Stück tatsächlich spielen (und das schlecht...)"-Schüler.

Geht es auch anders? Ja, aber nur mit hohem Engagement, gepaart mit hoher Intelligenz und/oder hoher Musikalität. Hier kommt die pädagogische Trickkiste nun mal an die durch den Schüler gesetzten Grenzen.
 
Folgende Punkte waren für mich wichtig und haben mir geholfen:

Ich höre innerlich, wie es klingen soll.

Es ist wichtig, dass man fürs Üben bereit ist (kein Druck, kein Stress, einfach locker bleiben).

Beide Hände kurz einzeln üben, damit das Gehirn die Bewegungsabläufe verinnerlichen kann.

Danach spiele ich gleich (nicht erst am nächsten Tag) beide Hände zusammen. Wichtig ist dabei, dass ich im Kopf genau weiß, was passieren soll. Ich analysiere das Stück, bevor ich es spiele. Ich spiele erst langsam und schaue, an welchen Stellen beide Hände zusammen erklingen. Ich übe jeden Tag kurze Abschnitte und gehe Schritt für Schritt weiter. Am Anfang nicht zu schnell üben!

Bei Improvisationen mag das später etwas anders sein. Dazu kann ich aber (noch) nichts beitragen.

Wenn die innere Vorstellung stimmt und ich locker bleibe, klappt es auch mit beiden Händen.

Den Begriff Unabhängigkeit finde ich in diesem Zusammenhang nicht ganz passend, da die Hände für mich kein Gegeneinander darstellen. Sie sprechen miteinander. Der Gedanke, dass jede Hand etwas völlig anderes macht, führt meiner Meinung etwas in die Irre. Aber das ist meine persönliche Meinung.

Ich sehe beide Hände eher als ein Team. Jedes Teammitglied hat zwar eigene Aufgaben, aber nur gemeinsam entsteht etwas Schönes. Wenn beide Teammitglieder gut zusammenspielen, klingt es schön :).

Einen schönen Sonntag euch allen!
 
Den Begriff Unabhängigkeit finde ich in diesem Zusammenhang nicht ganz passend, da die Hände für mich kein Gegeneinander darstellen. Sie sprechen miteinander. Der Gedanke, dass jede Hand etwas völlig anderes macht, führt meiner Meinung etwas in die Irre. Aber das ist meine persönliche Meinung.
Völlig richtig!

Der Gedanke, man müsste zwei (oder gar mehr) unabhängige Dinge beim Klavierspiel tun, ist einer der schädlichsten Glaubenssätze, die man haben kann.

Vielmehr muss man immer nach der mentalen Auffassung des zu Spielenden suchen, die es einem ermöglicht, es so weit wie möglich als EINE Sache aufzufassen.

Zusammenhängend damit der absolut irrige Gedanke "ich muss nur die eine Hand erstmal ganz doll üben, damit meine Finger das dann total drin haben, so dass ich auf die Hand dann nicht mehr achten muss und mich dann beim Zusammenspiel der Hände ganz auf die andere Hand konzentrieren kann". Ein leider unausrottbares Grauen!

Als Anfänger muss man IMMER so früh wie möglich beide Hände zusammen spielen (Einzelspiel nur als so kurz wie möglich zu haltende eventuelle Einstiegsphase nach Bedarf, um Fingersatz usw. zu klären), und zwar eben immer mit der korrekten mentalen Auffassung, dass zu jedem Zeitpunkt EINE Schallwelle erklingt, die halt aus den verschiedenen von links und rechts gespielten Tönen (sowie ggf. durch das Pedal weiterklingenden) zusammengesetzt ist.

Unabhängigkeit wird erst bei ganz bestimmten Stellen fortgeschrittener Musik ein tatsächliches Thema.
 
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@Pianessa, @hasenbein,
Grundsätzlich gebe ich Euch recht, daß der motorische Teil des Klavierspielens ein Interagieren von linker und rechter Hand ist. Aber für ein effizientes Teamplay ist es halt auch wichtig, daß jeder einzelne seine Rolle (Aufgabe) möglichst perfekt beherrscht. Choreographie fängt bei den einzelnen Gliedmaßen an.

Für mich (!) ist schon wichtig, daß ich mir, je nach Komplexität der Stücke, neben dem Klangbild auch erst einmal Klarheit verschaffe, welche Bewegungsabläufe in jeder Hand sinnvoll sind. (Im Zusammenspiel mag sich dann noch manches anders gestalten.) - D.h. nicht stunden- und tagelanges ausschließliches einzeln Spielen, aber immer wieder heikle Passagen in jeder Hand auf ihre „Mikromotorik“, ihren präzisen Bewegungsablauf hin zu überprüfen.
 
Und mir hilft es, wenn ich immer mal wieder die Hände einzeln spiele, aus dem "Autopiloten" raus zu kommen und mir wieder bewusst zu machen, was ich da eigentlich tue.
 
Die genannten Zeiten finde ich aber schon lang.. das kann man ja mal machen, wenn man z.B. aber weiß, in 1-2 Jahren lern ich das Stück vielleicht doppelt so schnell, warum nicht peu a peu das Niveau steigern? Es geht ja hier nicht um super schwere Stücke.
Bei mir kommt das ganz gut hin. Neben 100% -Job etc. und bei mehreren Stücken parallel. Ich empfinde auch, dass ich für die längeren, schwereren Stücke länger brauche. Musikalischer Durchblick und wirklich schöne Ausführung dauern einfach. Von „zu schwer“ rät er ja auch ab, dann lieber noch warten.
 

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