Überforderung/Blockade überwinden

Welche Berechtigung hat dein Gefühl der Unfähigkeit, dich so runterzuziehen?

Sieh, ich bin unfähig. Ich kann nicht fliegen. Immer wenn ich es versuchte, musste ich erneut meine Knochen zusammensortieren, was ich auch nicht so richtig gut kann. Es kam schon vor, da hatte ich dann an einer Hand vier und an der anderen sechs Finger. Damit konnte ich nicht mal Klavier spielen, also noch weniger gut als im wachen Erleben.
 
Bin ich echt die Einzige, die eine Runde jammern als Kraft spendend erlebt?
@beo Ist das Gejammer vorbei, wenn es Kraft gespendet hat, oder wird es zum Dauergenörgel? Und wie lange dauert es vom Jammerbeginn bis zur Kraftspende?
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Eine noch unbewältigte Stelle in einem sehr anspruchsvollen Klavierwerk wie op.53 Waldstein ist kein Grund zum jammern, sondern Anlass, sich konstruktiv mit einem offenbar an dieser Stelle ans Licht gelangten Defizit zu befassen. Ganz herzlos grob gesagt: irgendwas ungenügend spielen und das ungenügende nicht selber erkennen, das ist kein Beinbruch - aber mimimi machen, wenn man das deutlich gezeigt kriegt und dafür keine Streicheleinheiten erhält, das ist ... unschön. Also besser nicht jammern und nölen, sondern das Defizit beseitigen!
 
@Muck Ich kann das nachfühlen. Solche Stunden gibt es. Die Enttäuschung über sich selbst, die Frustration, das Schwarzsehen. Es macht dich fertig, daß du in deiner Leidenschaft nicht weiterkommst, daß da plötzlich eine Mauer steht, die dich nicht durchläßt. Alles düster.
Daß dich das so fertig macht, daß du dir solche Gedanken machst, reicht allein aus um zu wissen: du wirst die Mauer überwinden. Das Tief wird dich eine Weile beschäftigen. Du wirst mit einer neuen Haltung an das Problem herangehen und entdecken, wie es zu lösen ist. Kann ein bisschen dauern, aber ist ja noch Zeit.
Ich bin einundvierzig. Ich habe spät angefangen, Klavier wirklich zu üben. Immer wieder stoße ich auf Probleme, die ich dann tatsächlich durch ein Ändern der Technik (geistig, motorisch und so fort) bewältige. Das kann mit Frust verbunden sein oder nur mit Zeit. Ich spiele nicht gut, aber dieses stete Arbeiten und Überwinden immer neuer Rätselaufgaben ist allein schon ein Zweck, für den sich das Üben lohnt. Das ist nicht nur eine Betätigung, sondern eine Auseinandersetzung, mit dem Stück und sich selbst, und du kennst sicher auch die großen Momente, die das Gegenteil sind von dem, was du am Samstag erlebtest.
In einer ähnlichen Situation wie deiner half mir, die Einstellung zum Unterricht zu ändern. Was wir dort treiben, ist nicht mehr oberste Priorität; ich erlaube mir durchaus, fremdzugehen, andere Sachen zu spielen, und dann ist das Unterrichtsstück eben nicht nach ein paar Wochen fertig, sondern erst nach ein paar Monaten. Dem Lehrer ists egal, der freut sich so oder so. Und schimpft und doziert und maßregelt (und lobt), aber das soll er auch, dafür bekommt er schließlich "die Kohle", wie er sagt.

Also immer ran, nich!
 
...vielleicht hatte der Lehrer an dem Tag auch nur schlechte Laune. Ist ja auch nur ein Mensch. Du solltest versuchen drüberzustehen, sofern es nicht übertrieben wird. Allerdings ist es schwer nachzuvollziehen wie es sich tatsächlich abgespielt haben könnte. Denn wie so oft im Leben, der Ton macht die Musik.
Worüber ich persönlich jedoch nachdenken würde, ist die Erwartungshaltung des Lehrers und die Meine. Passen diese nicht zueinander, dann würde ich auf gar keinen Fall bei diesem Lehrer bleiben.
Aber generell finde ich schon, sich ab und an eine dickere Haut zuzulegen schadet wirklich nicht. Du siehst ja selber wie anstrengend es sein kann, wenn man nicht in der Lage ist, etwas an sich abprallen zu lassen.
Jedenfalls hoffe ich, Du schaffst es aus dem Loch zu klettern und gestärkt aus der Situation zu gehen.
 
...man kann sich (mit küchenpsychologischem Eifer) lange und ausführlich mit Befindlichkeiten und allerlei sonstigem befassen - eine Handvoll 16tel wird dadurch nicht bewältigt.

Was spricht denn gegen eine nüchtern sachliche Bestandsaufnahme?
op.53 ist ein ziemlicher Brocken, sie ist mit op.57 die virtuoseste Beethovensonate der mittleren Schaffensperiode. Um sie überhaupt mit Erfolgsaussicht anfangen zu können, muss man eine gehörige Menge an Voraussetzungen mitbringen. Andernfalls wird nix draus! Mindestens Beethovens manuelles Kompendium, die 32 Variationen WoO 80 mit allen ihren Finessen, sollten souverän vorspielreif verfügbar sein (und das ist nicht wenig, die werden gerne bei Prüfungen im Klavierstudium verwendet) - und selbst damit wird op.53 noch sehr viel Arbeit machen.
Ein paar schnelle Beethoven-16tel im Tempo irgendwie fehlerfrei zu bringen, das genügt noch lange nicht: sie müssen mit dem angemessenen Klang gebracht werden - daran haben viele viel Arbeit!
(Bessere Voraussetzungen hat man, wenn man sich auf pianistischem ProfiNiveau befindet, doch auch dann hat man an der Waldstein noch vieles zu üben und zu feilen)

Kurzum: die gewählte Aufgabe ist schlichtweg zu groß, zu anspruchsvoll, um Zeit mit mimimi & Co. zu verplempern! Und wenn man voll berufstätig ist, dann wird sich die Übungszeit leider auf viele kürzere Übungseinheiten statt auf einige intensive massiv verlängern. Das ist nicht optimal für so einen Brocken.

Wenn man wie @Muck auf durchaus gehobenem Amateurniveau unterwegs ist und eine Lehrkraft hat, die einem den Waldsteinbrocken cum grano salis zwar zutraut, aber rechtzeitig schon in den ersten paar Takten deutlich und unnachgiebig (!!) auf Defizite in Details aufmerksam macht und diese nicht durchgehen lässt a la "blabla das wird schon", dann - Achtung!! - sind das sehr positive Bedingungen, um langfristig und gewinnbringend an der Sonate zu arbeiten und an ihr viel zu lernen! Das sollte man sich nicht mit mimimi-Geheule und Befindlichkeitsquengelei kaputt machen!!
 
Vielleicht kurze Bilanz:
Ich wollte wirklich nur ein bisschen jammern. Die Tränchen hatte ich letzten Samstag vergossen, geschrieben erst Dienstag, weil ich echt nach 1-... Takten abgebrochen habe und total verkrampft war. Ich hab mich glaub ich wieder gefangen. Außerdem haben meine nicht klavierspielende Freunde leider überhaupt kein Verständnis.... ("was will der denn, du willst doch kein Konzertpianist werden ", "warum macht dich das fertig, du spielst doch für dich", "der KL ist böse, du spielst doch zur Entspannung, was soll der Stress ").

@Alter Tastendrücker , du hattest recht. Ich hab gerade ne Stunde geübt. Dabei hab ich mir im Vorfeld erst mal Gedanken gemacht was ich kann. Rein manuell weiß ich ja was ich mache. Also hab ich die Noten weggepackt, entspannt gespielt und einfach zugehört (ohne Stimmen im Kopf). Dann ein bisschen mehr aus der Schulter gespielt, tiefer in die Tasten gegangen und noch so ein paar Kleinigkeiten, und es ist viel besser geworden. Ich muss mal schauen, ob ich das zukünftig auch umsetzen kann. Denn oft kommt wirklich- meist wenn ich ein Stück zu 90% beherrsche - so eine krampfartige Verbissenheit, die überhaupt nicht hilft.
 
Denn oft kommt wirklich- meist wenn ich ein Stück zu 90% beherrsche - so eine krampfartige Verbissenheit,
@Muck der Ehrgeiz, etwas richtig zu machen, ist produktiv - der verbissene Ehrgeiz "Vollgas auf den letzten Metern muss doch drin sein, verdammt noch mal" ist kontraproduktiv.

"Die letzten Meter", sozusagen das "von 90 auf 100%", sind viel schwieriger als das hinarbeiten zu den 90%. Umso störender ist jetzt alles kontraproduktive!
 

@Muck willst du lediglich den Kopfsatz oder alles spielen? Das Rondo-Finale hat ein paar richtig schwierige Abschnitte (die komplette Coda und die Triller, sowieso die Oktavglissandi werden gerne "bejammert")
 
Für mich ist in diesem Thread ganz klar die konstruktivie Kraft des "Jammerns" erkennbar. Ich habe die starke Vermutung hätte @Muck versucht, das mit sich alleine aus zu machen, wäre es deutlich schwerer aus dem Loch raus zu kommen. Es ist eben so, dass für die meisten von uns der Dialog mit anderen sehr hilfreich ist, wenn uns mal was quer kommt.
 
@Muck willst du lediglich den Kopfsatz oder alles spielen? Das Rondo-Finale hat ein paar richtig schwierige Abschnitte (die komplette Coda und die Triller, sowieso die Oktavglissandi werden gerne "bejammert")
Mal schauen. Geplant ist erst mal der 1. Satz. Allerdings hat mein KL mit mir schon mal die Okatavglissandi angeschaut und ich mich zart daran versucht. Soweit ich ihn verstanden habe würde ich zuerst mit denen beginnen, bevor ich mit dem 3. Satz beginnen sollte. Aber bis dahin ist eh noch Zeit... Ich kämpfe noch ein bisschen mit der Heilung meines 4. Fingers (Phlegmone, 5 Wochen außer Gefecht). Die Geläufigkeit war überraschend schnell zurück, aber an der Kraft hat es gefehlt. Die ist jetzt fast vollständig zurück, aber tatsächlich werden 4/5 nachts noch steif und das Gefühl ist noch nicht wie früher. Aber laut Orthopäde alles normal, würde halt noch Wochen dauern..
 
Ich kämpfe noch ein bisschen mit der Heilung meines 4. Fingers (Phlegmone, 5 Wochen außer Gefecht)
@Muck besser wäre, das erstmal vollständig auszukurieren. Der rechte 4. hat auch im 1.Satz viel zu tun. (Ich nehme an, das war/ist bei der rechten Hand)

Nützlich wäre im Rondo, vorab schon mal mit der linken Hand die verschiedenen Begleitfiguren und die 16tel-Triolen zu üben in der Zeit, in der die rechte Hand noch geschont werden sollte. (Wenn die l.H. schon viel im voraus kann, kommt man leichter ins Finale rein!) ((Sofern der rechte 4. Finger auskuriert werden muss))
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich darf und soll spielen. Die Heilung würde einfach Wochen dauern, die Ärzte waren sogar überrascht, wie schnell es besser geworden ist. Ich geh mal davon aus, dass durch die tiefe Schnibbelei im Finger (Sehne ist nicht verletzt), jetzt das ganze halt braucht. Aber ich hab mich echt zu 100% an die ärztlichen Vorgaben gehalten, da bin ich kein Risiko eingegangen. Hab in der Zeit an der linken im 1. Satz gearbeitet und jetzt halt wieder an der rechten. Brahms ging zB ganz lange nicht, damit kann ich erst jetzt langsam wieder anfangen. Wird schon...
 
Ich werde so etwas in meinem Leben wohl nie spielen können, aber ich finde es trotzdem interessant, hier zu den Herausforderungen mitzulesen und höre mir die Waldsteinsonate aus diesem aktuellen Anlass jetzt auch öfter an. Magst du uns nicht in einem eigenen "Waldstein-Faden" mitnehmen auf deine vermutlich noch länger währende Reise durch die Tücken dieses Stücks? Ich finde, da darf dann auch mal gejammert werden und ich finde es auch als Anfänger interessant, die Tiefen und Untiefen so eines Stücks in der Bearbeitung zu beobachten.
 
Welchen triftigen Grund gibt es, ausgerechnet die Waldsteinsonate zu spielen - dieses maßlos überschätzte Werk eines maßlos überschätzten Komponisten? Allein der Titel "Sonate" ist ein schlechter Witz. Wusste Beethoven nicht, dass Sonaten im 19. Jahrhundert vier Sätze haben? Wo bitte ist das Scherzo - oder wenigstens ein kleines Menuett? Und was hat es mit dem vollkommen belanglosen zweiten Satz auf sich, der ungefähr soviel Eigenständigkeit besitzt wie eine unverheiratete Frau in finsteren arabischen Emiraten? Nein, das ist bestenfalls eine Sonatine, die in einem Anfängeralbum gut aufgehoben wäre!

Schon deshalb, weil sie auch in der Anfängertonart C-Dur daherkommt. Und nicht nur das. Der erste Akkord, den jeder Hanswurst auf dem Klavier lernt, ist der C-Dur-Akkord in enger Lage. Was macht Beethoven? Er lässt diesen Akkord 13mal nacheinander erklingen (eigentlich sogar 14mal - der erste ist irgendwie abhanden gekommen). Nun kann man natürlich einwenden, dass auch größere Geister C-Dur Akkorde wiederholt haben. Mozart beispielsweise beginnt sein kunstvollstes Klavierkonzert (KV 503) immerhin auch mit 12 C-Dur-Akkorden. Aber der Unterschied ist gewaltig. Während es Mozart gelingt, mit rhythmischer Variation und einer erkennbaren Melodik dem banalen C-Dur die Langeweile auszutreiben, lässt Beethoven den Akkord unverändert und in stupider Achtelrepetition ein ums andere Mal in die Tastatur dreschen. Dümmer geht's nicht! Entweder war er besoffen (was bei ihm bekanntermaßen kein Ausnahmezustand war) oder im fiel wirklich nichts ein (was ebenfalls kein Ausnahmezustand war: sein berühmtestes Werk beruht schließlich auch nur auf einem penetrant wiederholten Triller e-dis).

Selbst im häufig gelobten Finalsatz dieser "Sonate" versagt Beethoven die Phantasie. Anstelle von Originalität ein trivialer Wechsel T-D-T-D-T-D - praktisch das Elisen-Motiv in Harmonie gewandet. Und als ihm im weiteren Verlauf des Satzes gar nichts mehr einfiel, klaute er die "Musik", die seine Zugehfrau beim Putzen der Klaviatur erzeugte und gab sie als originelles Glissando für seine eigene aus. Schäbig, nichts als schäbig!

Liebe @Muck, ärgere dich nicht weiter. Dieses Machwerk ist es wirklich nicht wert!
 
Ich hatte mal eine Klavierlehrerin, die ähnlicher Meinung war. Für sie begann der interessante Beethoven erst mit op. 101.
 

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