Tipps für den Wiedereinstieg nach 10 Jahren

VictorP

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12. Nov. 2021
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Liebe Musikfreunde,

da es sich nicht um eine Anfängersituation im engeren Sinne handelt, hoffe ich mal, dass ich mit dem Thema hier im richtigen Unterforum bin, ansonsten bitte ich um eure Nachsicht. Vielleicht kann ich euch kurz meine Situation schildern:

In meiner Schulzeit hatte ich bis zum Abitur insgesamt sechs Jahre Klavierunterricht, der mir sehr viel Freude gemacht hat - das ist nun ca. ein Jahrzehnt her und seitdem habe ich das Klavier nie ganz aufgegeben, aber es ist mit der Zeit doch sporadischer geworden. Mein zunehmend kaputteres Clavinova aus den 90ern mag seinen Teil dazu beigetragen haben, dass ich mich je nach Laune mal alle paar Tage darangesetzt habe, manchmal aber auch wochen- oder monatelang gar nicht. Doch der Mangel an einem adäquten Instrument ist mittlerweile endlich behoben und seit der Nachfolger im Wohnzimmer steht, steigt die Lust, mein altes Hobby wieder richtig in Angriff zu nehmen.

Also habe ich mir ein paar Werke herausgesucht, die ich gerne höre und die mir weder allzu leicht noch überfordernd erschienen: Mozarts KV 331, dazu die drei Scarlatti-Sonaten K105, K126 und K175. Obwohl ich durchaus vorangekommen bin, spüre ich doch, dass meine Finger mit der Zeit träge geworden sind, besonders beim Rondo alla Turca und Scarlattis K175. Bzw. um es präziser auszudrücken: Meine 5. Finger sind träge. Bei der besagten Scarlatti-Sonate gibt es z.B. diese berühmten Cluster, bei denen 4. und 5. Finger der rechten Hand einen Triller spielen (e-f, später fis-g). Die bekomme ich partout nicht hin. Den Triller wegzulassen oder einen Ton aus dem Cluster, um so den 3. und 4. Finger für den Triller freizuhaben, ist natürlich keine zufriedenstellende Lösung. Beim Rondo alla Turca stockt es (Überraschung!) im mittleren Teil und auch hier liegt es an der Unbeweglichkeit des 5. Fingers.
Darüber hinaus fallen mir allerdings auch Arpeggi schwer, besonders mit der linken Hand.


Daher meine Frage an euch: Wer kann mir Übungen empfehlen, die meine eingerosteten Finger wieder beweglich machen? Womit beginne ich da am besten? Vielleicht hilft auch Dehung? Und da ich mich die nächste Zeit nicht nur auf staubtrockene Etüden und Fingerübungen beschränken will: Was könnte ich an "richtigen" Werken aus dem Bereich des Barock, der Frühklassik oder der Klassik*** anstelle des Genannten spielen, das mir ein hörbares Erfolgserlebnis verschafft? Am Ende mache ich das ja zum Spaß und zur Entspannung, nicht um eine Karriere als Konzertpianist zu starten.

Für jede Anregung bin ich dankbar. Einen angenehemen Abend wünscht VictorP.

***Kein Affront gegen die "Romantiker", aber mein Herz schlägt für das 18. Jahrhundert, plus minus.
 
Zunächst: Ich glaube nicht, dass der Finger matt ist, sondern hauptsächlich kann Dein Gehirn ihn nicht so ansteuern, wie es passend wäre. Nach einer gewissen Zeit Üben stellt sich das meistens wieder her.
Und außerdem ist es bei Scarlatti nicht die 5, sondern die gefesselte 4, die Dir ein Problem bereitet.
Du könntest zunächst mal entweder nur die Oberstimme, dann mit Triller und dann mal nur den Cluster, und das ohne Triller spielen. Du wirst merken, dass Dir der Triller ohne die anderen gefesselten Finger leichter fällt.
Probiere abzuwechseln, mal Oberstimme mit Triller, mal Cluster mit Oberstimme ohne Triller, dann versuchst Du den Triller immer, auch bei den Clustern. Wenn es nicht gut geht, dann wieder Triller alleine, ganz leichtfüssig, nicht zuviel in den Triller hineindenken.
Meiner Erfahrung nach spielen die meisten Menschen Triller zu laut, weil sie sich vor ihnen fürchten. Die Leichtigkeit ist aber das Zauberwort.
Als Choreographie hilft Dir an dieser Stelle nicht die Drehung, sondern eine Rotation von Speiche gegen Elle.
Du schüttelst also die Hand leicht.
 
Ich kann nur motivieren. Ich bin selbst Wiedereinsteiger. Habe 10 Jahre nicht mehr gespielt und in Erfurcht vor dem gigantischen Berg an Arbeit immer wieder kalte Füße bekommen. Letztes Jahr im Herbst hat es mich dann gepackt. Ich hab einfach angefangen, mit einem viel zu schweren Stück nach der langen Zeit aber es hat mich gepackt. Das war das wichtigste. 2 Monate später einen grandiosen Lehrer von der Uni gefunden, Flügel gekauft, täglich bis zu 6h neben Vollzeitbeschäftigung geübt. Habe in dem halben Jahr 6 Stücke neu gelernt, zuletzt das 3. Scherzo und hänge jetzt in Schumann Sonate.

Fazit:
- geh es an ohne viel zu überlegen
- suche dir sofort einen guten Lehrer
- spiele was du wirklich willst
- achte peinlich genau auf Überlastungserscheinungen (!)
- analysiere nicht permanent „früher“ vs.“ jetzt“ es kommt von allein zurück wenn du Unterricht nimmst und mit Herz dabei bist. Gib deinen Synapsen genügend Zeit :))


Viel Freude! Aus vollem Herzen wünsche ich dir :)
 
Daher meine Frage an euch: Wer kann mir Übungen empfehlen, die meine eingerosteten Finger wieder beweglich machen? Womit beginne ich da am besten? Vielleicht hilft auch Dehung?
Wie schon angedeutet wurde, der Fokus auf Finger ist wahrscheinlich zu eng, wenn nicht sogar falsch.

Konkrete Tipps für jemanden, der schon länger Unterricht hatte und im Selbststudium besser werden will:

1.
Klavier-Choreographie, von Seymour Bernstein

Hat mir trotz jahrelangen Klavierunterrichts in der Jugend noch einmal ziemlich die Augen geöffnet, was man eigentlich schon im Unterricht hätte beigebracht bekommen müssen, oder damals nicht verstanden hat.

2.
Um konkret an Stücken mittels Tutorial zu arbeiten:
(es gibt zahlreiche kostenlose Videos bei Youtube um sich mal umzuschauen.)

3.
Nicht glauben, dass man (allein) durch Trainieren der „Finger“ weiter kommt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Fang nicht mit den Stücken an, die am oberen Ende dessen lagen, was du mal konntest. Das kann schnell frustrierend oder überfordernd sein.
Und versuche auch nicht sofort das Endtempo zu erreichen.
Ich habe jetzt keine konkrete Literaturempfehlung, aber ich bin eine begeisterte Stöberin bei imslp.org und bisher immer fündig geworden. Da gibt es auch leicht spielbare Stücke.
 

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