Striche

Dabei seit
5. März 2012
Beiträge
8.065
Reaktionen
9.879
Ich dachte, ich schreibe mal eine Anleitung. Aber anscheinend darf man das nicht, also poste ich das hier. Vielleicht findet es ein Moderator nützlich und verschiebt es.

Es geht um Striche. Und zwar um Striche in der Typografie.

Hintergrund: Striche werden in Texten oft gedankenlos verwendet. Menschen mit einem Sinn für gute Typografie fällt das direkt auf: Sie sehen es, und es stört sie. Allen anderen fällt es "nur" indirekt auf, an den Wirkungen, nämlich der schlechten Lesbarkeit. Typografie ist ja kein ästhetischer Selbstzweck, sondern es ist eigentlich die Wissenschaft von der guten Lesbarkeit. Wer seinem Leser also entgegenkommen möchte, beachtet ein paar typografische Konventionen.

Typografische Unterscheidung: Die Typografie kennt verschieden lange Striche. Aus meiner Sicht sind die wichtigsten der (kurze) Viertelgeviertstrich "-" und der (längere) Halbgeviertstrich "–". Den Viertelgeviertstrich kann ich an der Tastatur direkt eingeben, mit der bekannten Minus-Taste. Für den Halbgeviertstrich haben wir leider keine eigene Taste, aber er hat einen eigenen Zeichencode. Unter Windows kann ich ihn mit Alt + 0150 eingeben (Alt-Taste gedrückt halten und 0-1-5-0 tippen. Beim Loslassen der Alt-Taste sollte ein langer Strich erscheinen). Bei MacOS erzeugt man ihn mit ⌥ + -. Ich weiß leider nicht, ob bzw. wie man direkt den entsprechenden HTML-Befehl – eingeben kann, um in Beiträgen den Halbgeviertstrich zu verwenden. Vielleicht kann @Peter hier weiterhelfen.

Semantische Unterscheidung: In Texten kommen Striche in verschiedenen Bedeutungen vor. In Fließtexten sind das vor allem der Bindestrich und der Gedankenstrich.
  • Ein Bindestrich verbindet zusammengesetzte Substantive, z. B. H-Milch, oder Namen, z. B. Müller-Thurgau. Er wird typografisch als kurzer Strich gesetzt, kann also mit der Minus-Taste eingegeben werden. Er steht ohne Leerzeichen davor und danach.
  • Der Gedankenstrich kennzeichnet einen eingeschobenen Satz – etwa zur Illustration eines Gedankenstrichs – oder eine Gegenüberstellung, z. B. richtig – falsch. Typografisch wird der Halbgeviertstrich verwendet, mit Leerzeichen davor und danach.
Es gibt noch weitere Striche. Interessant ist vielleicht noch der Bis-Strich, also etwa in "Ich übe heute die Takte 40–45". Hier wird ebenfalls der Halbgeviertstrich genutzt, aber ohne Leerzeichen. Spiegelstriche würde man auch mit dem Halbgeviertstrich setzen, wir nutzen hier aber hoffentlich alle die Listenformatierung des Beitrags-Editors.

Auf bessere Lesbarkeit!

P. S.: Beim Schreiben fiel mir auf, dass wir auch bei den Gänsefüßchen eine Baustelle haben. Aber das geht vielleicht etwas zu weit. Vielleicht schaue ich mir das aber auch bei Gelegenheit mal an.
 
Zuletzt bearbeitet:
Solche Beiträge sind Gold wert! Es sollte sie auch zum Thema Sprechen (vs. Schreiben) geben.
Interessant z.B. der Gebrauch von "man". Achtet mal darauf, wenn Leute von sich erzählen, besonders von unangenehmen Dingen.
 
Danke für die positive Reaktion, liebe @Stilblüte.

Zum Gebrauch von "man": Sorry, ich habe es oben auch benutzt. Allerdings sind der Gebrauch des Passiv oder des unpersönlichen "man" Indizien für etwas, da hast Du absolut Recht. Wenn Dich neben der Typografie auch der Ausdruck interessiert, lege ich Dir das Buch "Deutsch für Profis" ans Herz. Ein kleines Bändchen, das dem Interessierten die Augen öffnet. Es enthält einfache Kochrezepte für gute, verständliche Sprache.
 
Ergänzung: Ich habe für Mac OS gefunden, wie man den Halbgeviertstrich eingibt, und das im Eröffnungspost ergänzt. Ich hoffe, es ist korrekt – ausprobieren kann ich es nicht.

Mehr geheime Eingabetricks hier: Typefacts
 
Danke für die Zusammenfassung. Ich versuche mich seit Studentenzeiten daran zu halten. Zu der Zeit habe ich meine Arbeiten mit LaTeX erstellt und mich nebenbei auch mit Typographie beschäftigt. Dort gibt es dann die Zeichen "-", "--" und (als Geviertstrich) "---", was ziemlich eingängig ist und ohne Ziffernkombinationen auskommt.
In meinem heutigen Beruf treffe ich den Halbgeviertstrich auch eher selten an.
 
Zu der Zeit habe ich meine Arbeiten mit LaTeX erstellt und mich nebenbei auch mit Typographie beschäftigt. Dort gibt es dann die Zeichen "-", "--" und (als Geviertstrich) "---", was ziemlich eingängig ist und ohne Ziffernkombinationen auskommt.

Ja, TeX könnte aber auch einen numerisch eingegebenen Halbgeviertstrich verarbeiten. Die ganzen Translitterierungsmöglichkeiten sind bei TeX viel besser durchdacht als etwa bei Word. Polytonisches Griechisch etwa ist bei letzterem eine Plage, wogegen Eingabe von Beta- oder Ibycus-Code in Tex funktioniert wie normales Tippen.
 
[KLUGSCHEISSMODUS]
Die HTML-Entity für den Halbgeviertstrich lautet – (nicht —). Die Entity — steht für den Geviertstrich und ist nur im Englischen als Gedankenstrich üblich.
[/KLUGSCHEISSMODUS]
 
Weiß jemand, wie man den Halbgeviertstrich auf einem Android-Tablett eingibt?
 

Wenn ich eine Textverarbeitung benutze, ist diese so eingestellt, dass die Strichlänge automatisch entsprechend der Verwendung von Leerzeichen angepasst wird. Im Beitragseingabefeld des Forums funktioniert das leider nicht, obwohl es Autokorrekturfunktionen gibt. Vielleicht kann man das anpassen.
 
Beim Schreiben fiel mir auf, dass wir auch bei den Gänsefüßchen eine Baustelle haben. Aber das geht vielleicht etwas zu weit.
Ach was! das Wichtigste zuerst: Anführungsstriche „ “ und das Zeichen für Zoll sind zwei verschiedene Dinge. Und: Im Deutschen stehen die ANführungsstriche unten und die Abführungsstriche am Ende oben. Ist doch nicht so schwer.
 
Wuhahah - ist das echt so? Und dann gibt es Leute, die im Ernst behaupten, Windows sei das bessere System ...?
Davon abgesehen was nun besser oder schlechter ist: Die Eingabe von Unicode über ALT kann sehr bequem sein, wenn man die für sich wichtigen Zahlen auswendig weiß. Ansonsten lassen sich auch bei Windows entsprechende Hilfsprogrämmchen aktivieren.
Ebenso eine Dauerbaustelle: der (Deppen-)Apostroph! :puh::heilig:
Ja! Eine Anleitung dafür hätte mich viel mehr interessiert als "Halb- /Viertelgeviertstrich"* – ich mache den -auch aus Bequemlichkeit immer- falsch.

Ansonsten sei bemerkt, dass es die "Webtypografie" dem typografischen Satz der Schreibmaschine entspringt und man dort eben nur begrenzte Möglichkeiten hatte. Trotzdem war es möglich, über Jahrzehnte die Dokumente gut lesbar zu halten. Insgesamt halte ich die damit einhergehende Vereinfachung (z.B. amerikanische oder französische Anführungszeichen) für einen guten Trend, auch wenn einem Typografen dabei die Augen schmerzen. :-)

* WTF, ich höre / lese dieses Wort zum ersten mal. :-)
 

Zurück
Top Bottom