Sonate Nr. 32 Op. 111 von Beethoven

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na klar, und eine Triole sind drei Leute, die gerade...

rooolf....:D

und ich möchte mit meinem Humor keinesfalls ernsthafte Diskussionen über die Sonate abwürgen.

Hauptsache, niemand kommt daher und behauptet, daß Beethoven bei Op. 111 von jemand anderem abgeschrieben habe, so wie das seinerzeit im Liszt-Sonate-Faden passiert war :roll::D:D
 
Was mich bei dieser Sonate wirklich fasziniert, ist, wie viele ausgebildete klassische Pianisten daran scheitern, den einfachen triolischen Rhythmus im Thema als solchen wiederzugeben. Dadurch, dass in klassischen und barocken Sätzen scharfe Punktierungen so üblich sind, fällt es vielen wohl unheimlich schwer, das zu spielen, was dort steht - und das betrifft keineswegs nur Pianisten, die die Sonate technisch nicht beherrschen ...

Was die Notation angeht, denke ich, dass der eigentliche logische Fehler ist, dass der Anfang des Satzes als 3/8 notiert sein müsste, aber in 9/16 steht. Bei 3/8 würde stets der Nenner angeben, welche Noteneinheit gerade in eine Triole aufgespalten wird. Zunächst sind das Achtel (in den Noten punktierte Achtel im Thema und in der ersten Variation), dann Sechzehntel (in der zweiten Variation) und schließlich Zweiunddreißigstel (in der "Boogie"-Variation). Dann ist die Vorschrift "L'istesso tempo" auch vollkommen eindeutig, da der Bruch stets nur um zwei erweitert wird.

Natürlich kann man sich ja auch denken, dass "L'istesso tempo" bedeuten soll, dass die drei Grundschläge pro Takt stets gleich lang bleiben.
 
Ich habe ja schon berichtet, dass ich kürzlich in Wien ein sehr schönes Erlebnis mit dieser Sonate dank Kissin hatte. Er ließ sich für den zweiten Satz ganze 21 Minuten Zeit und trieb mir die Tränen in die Augen. Auf Youtube gibt es ein Video von einem anderen Konzert, aber leider in sehr schlechter Qualität, für einen Eindruck reicht es aber.

Evgeny Kissin Beethoven sonata 32 op.111 - YouTube
 
Hi all,

um an diesen "boogie"-Teil anzuknüpfen - gleich wie langsam oder schnell das sein muss (ein paar Versionen haben wir ja schon gehört, Kissin, Kocsis und Gulda z.B.) , fielen mir ein paar diffuse Sachen ein, und zwar, inwieweit Beethoven SOLCHE RHYTHMEN (und ich möchte DOCH behaupten, dass das zu seiner Zeit ziemlich, wenn nicht VÖLLIG neu war) bereits in anderen, früheren Sonaten "vorausgeahnt" hat.

Nun sind es ja 32 Sonaten, und ich habe sie mir nicht alle genügend angesehen. Einige aber doch etwas genauer, darunter fällt die Appassionata und die Waldsteinsonate, und ganz speziell in diesen beiden Sonaten gibt es jeweils eine Stelle, die, finde ich, von Interesse ist, denn auch diese Stellen sind glaub ich ZIEMLICH neumodisch, und ich würde sie gerne mal von Jazz-, Blues- und Boogie-Leuten hören, vielleicht von Fats Waller oder solchen Kalibern.

Hier die Stellen, die ich meine, zusammen mit der Frage: "Hat Beethoven sowas wie in op. 111 vorausgeahnt oder nicht - und wenn ja, dann: Auch in anderen Sonaten ?"

Stelle Waldstein:

waldzitat.jpg


Stelle Appassionata:

appzitat.jpg


LG, Olli !
 
Was die Notation angeht, denke ich, dass der eigentliche logische Fehler ist, dass der Anfang des Satzes als 3/8 notiert sein müsste, aber in 9/16 steht.
das ist einerseits richtig (!), auch Uhde hat darauf hingewiesen - aber andererseits wäre dann die schöne Notation zu Beginn der vierten Variation (die überbundenen 16tel-Akkorde, die ja eigentlich Achtel sein müssten) nicht so ganz möglich ((Beethoven schreibt die nicht grundlos so))
 
das ist einerseits richtig (!), auch Uhde hat darauf hingewiesen - aber andererseits wäre dann die schöne Notation zu Beginn der vierten Variation (die überbundenen 16tel-Akkorde, die ja eigentlich Achtel sein müssten) nicht so ganz möglich ((Beethoven schreibt die nicht grundlos so))

Och, das ginge doch auch in 3/8, wenn es sein müsste. Sechzehnteltriolen in der rechten Hand und Vierundsechzigstel-9-olen (Nonolen?) in der linken. Obwohl das schon recht viele Balken sind. Aber eigentlich wollte ich nur den Anfang in 3/8 haben. Die vierte Variation folgt der mathematischen Progression der ersten drei ja nicht mehr.

Am revolutionärsten wäre es doch gewesen, einfach nur eine einzige '3' am Anfang des Themas zu schreiben und alle anderen Taktvorgaben auszulassen. Damit wäre alles ja auch schon alles gesagt.

Interessant wäre es doch gewesen, den Triolenrhythmus als gleichmäßige Sechzehntel aufzuschreiben und "Shuffle" vorzuschreiben, wie das in vielen Songbooks vorkommt. :D
 
Die vierte Variation folgt der mathematischen Progression der ersten drei ja nicht mehr.
und wie verträgt sich diese interessante Beobachtung mit der Tatsache, dass ab einschließlich der vierten Variation die meisten (aufeinanderfolgenden) Töne je Takt auftauchen? wie war das mit der mathematischen Progression? ;):)
Var. 3 "Boogie" maximal 24 Noten je Takt
ab Var. 4 27 Noten je Takt (sogar in einem Takt noch mehr)

Beethoven wählte die 16tel als Zählzeiten natürlich innerhalb der Gewohnheiten triolischer Ordnungen (also jeder Takt dreigeteilt) und die übersichtlichste Notation ist tatsächlich der Verzicht auf die offensichtlichen Triolenzeichen, was ja später z.B. bei Liszt völlig üblich war - nur zu Beethovens Lebzeiten war diese reduzierte Notation ungewohnt. Aus diesem Grund finden sich z.B. in der vierten Variation 32stel-Triolen (ohne Triolenzeichen) neben normalen 64steln.
...der von Bülow hatte das schon genügend erklärt...
 
Ich greife diesen zehn Jahre alten Thread wieder auf, weil ich vor einigen Tagen auf folgendes Buch gestoßen bin:
Arno Lücker: op. 111. Ludwig van Beethovens letzte Klaviersonate. Takt für Takt. 313 Seiten Wolke Verlag 2020. ISBN978-3-95593-123-0.
Es gibt etliche Abhandlungen, Analysen und literarische Annäherungen an diese Sonate (oder zumindest den zweiten Satz). Zu nennen wären A.B. Marx, H. Schenker, Th. Mann.

Lückers Buch geht zurück auf eine 335teilige (!) Artikelserie in der nmz, in der er jeden Takt einzeln analysiert. Eine ungewöhnliche und auf den ersten Blick befremdliche Vorgehensweise. Aber Lücker ist ein (auch in Sachen Musiktheorie) sattelfester Musiker und Musikwissenschaftler, der weiß, was er tut. Er analysiert nicht einfach die Strukturen gemäß dem Motto: hier Tonika, dort Dominante, Modulation nach x ... Er macht deutlich, was die harmonischen und melodischen Strukturen für den weiteren Verlauf bedeuten, nicht nur mit musikwissenschaftlicher Terminologie, sondern er beschreibt sinnfällig und anschaulich, wie Beethoven Spannung aufbaut und sie auflöst (oder auch nicht), Erwartungshaltungen, die beim Hörer geweckt, aber nicht unbedingt erfüllt werden. Lücker zieht Parallelen zu anderen Werken Beethovens und der Musikgeschichte generell. Vieles, was man beim Hören mehr ahnend empfindet, vermag Lücker namhaft zu machen, und das nicht in trockenem Theorie-Jargon.

Das Buch macht Lust, es am Klavier zu lesen, in jedem Augenblick klanglich nachzuvollziehen, was Lücker beschreibt. Und damit bin ich auch schon beim "Wermutstropfen": Um die Notenbeispiele am Klavier nachvollziehen zu können, ist das Druckbild zu klein, die 313 Seiten werden durch eine unsägliche Leimbindung zusammengehalten. Ich bin versucht, das Buch auseinanderzurupfen, die Seiten (widerrechtlich) zu scannen und auf mein Tablet zu laden ...

Ich bin mit der Lektüre erst bei Takt 18, also am Ende des Maestoso-Anfangs angekommen, und bereits um Einiges schlauer. Gespannt bin ich auch schon auf die Analyse des zweiten Satzes. Was ich aber dort wahrscheinlich vergeblich erhoffe: den Stein der Weisen, wie man die vermaledeiten Trillerketten gegen Schluß meistert.

Ob Herr Lücker sich auch noch die anderen Beethoven-Sonaten in dieser Weise vornimmt. Es wäre zu wünschen. Eine entsprechende Wunschliste, was mir unter den Nägeln brennt, hätte ich auch schon ...
 


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