Skalenenergetik

  • Ersteller des Themas LankaDivore
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@Bachopin du hast genau das getroffen, was ich hier so umständlich erklären wollte. Hast du irgendeinen Übetipp bzg. der Unterscheidung der Töne beim hören? Wie unterscheide ich einen aussagekräftigen von einem offenen Ton?
 
@ Wie unterscheide ich einen aussagekräftigen von einem offenen Ton?

Bis Bachopin antwortet fange ich schon mal an.

Du kannst einen "festen" Ton von einem "wackeligen" Ton nicht unterscheiden wenn er einzeln gespielt wird. Das wurde hier ja auch schon mehrfach geschrieben.

Wie die Spannungsverhältnisse (vielleicht meint dein Lehrer das mit Energetik?) der Töne zueinander sind ist entscheidend. Dafür musst du Intervalle hören lernen.
Eben auch, wo die Halbtonschritte und damit die Strebetöne liegen (Dass das F in deinem Beispiel viel eher zum E als zum G strebt, hat Bachopin ja schon beschrieben).
 
(Korrigiert mich bitte wenn ich was falsches sage - ich lern gerne dazu):

Die 2 in einer aufsteigenden Tonleiter strebt nirgendwo hin - sie wird hier nur als Durchgangsnote wahrgenommen.
Die 2 kann in einer Tonika als Sekund und(!) Nonenvorhalt benutzt werden allerdings nicht als Leitton zur Tonika, da es sich hier um den Quintton der Dominante handelt - den normalerweise* spannungsärmsten Ton in dieser Funktion und ohne Halbtonschritt zum Grundton.

Auch der 6. Ton wird gerne als Vorhalt benutzt - trotzdem strebt er in einer Tonleiter nirgendwo hin **.

Anders sieht es mit den 4 und 7. Ton aus. Der 7 Ton strebt (durch das Rahmenintervall der großen Septime) zur Oktave.
Die 4, als überm. Quarte zusammen mit der 7 oder in Vorhaltsfunktion mit der 1 oder aber als kleine Septime mit der 5, zur 3.

Interessant bleibt noch die Rolle der 3 - denn sie ist gleichzeitig auch Leitton zur 4, also dem Grundton der Subdominante (Wir erinnern uns - die Tonika ist eigentlich immer Dominante der Subdominante).

Diese Töne erzeugen im richtigen Zusammenhang ein Gefühl von Spannung. Und nach diesem musst Du hören. Dabei solltest Du aber auch die Theorie dahinter kennen.

Ich lege dir dazu das spielen, singen, notieren und lesen von Kadenzen nahe.

Schönen Gruß
Ludwig
___
* dieser Ton wird gerne um einen Halbton erniedrigt/erhöht, um einen zusätzlichen Leitton zum Grundton bzw. Terz zu haben
** Anders sieht es aus, wenn dieser Ton erniedrigt wird - es entsteht ein verminderter Septakkord
 
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Man nehme etwa das h, das im E-Dur Dreiklang ein Quintton ergibt oder aber im G Dominantseptakkord Teil der verm. Quinte f-h).


ist denn f-h eine Quinte?

Hier haben zwei KL nicht gegen diese Aussage protestiert. Vielleicht habe ich ja bei den Intervallen etwas falsch verstanden. Aber ich halte f-h für einen Tritonus bzw. eine übermäßige Quarte.
 
F-H ist in der Tat eine übermäßige Quarte. Es wäre dann eine verminderte Quinte, wenn es F-Ces oder Eis-H lauten würde. War wohl ein Flüchtigkeitsfehler bei Ludwig, eine enharmonische "Verwechslung"..;-).. Tritonus so oder so...
 
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Hi,

mein Beitrag bezog sich nur auf die Spannungsverhältnisse der Töne innerhalb einer Tonleiter/Skala und nicht bei harmonischen Fortschreitungen oder Funktionen.

Ich dachte darum geht's. ;-)

Das ist mMn auch wichtig, daß man erstmal die Spannungen innerhalb einer Tonleiter hört (Energetik ;-) )

Ich finde auch jeder Ton hat eine spezifische hörbare Qualität.

Wenn man jetzt noch die möglichen 7 Tonleitern betrachtet, dann werden diese Charakterisierungen nochmal subtil verändert.

Gruss
 
es geht auf Weihnachten zu, man wird bald vom Himmel hoch singen dürfen.
davon ich sing´ und sagen will geht komplett die ganze Tonleiter abwärts, alle Töne streben "energetisch" nach unten, stabile wie wackelige...
...Teufelszeugs...
:-D:teufel::drink:
 
Hi,

mein Beitrag bezog sich nur auf die Spannungsverhältnisse der Töne innerhalb einer Tonleiter/Skala und nicht bei harmonischen Fortschreitungen oder Funktionen.

Ich dachte darum geht's. ;-)

Das ist mMn auch wichtig, daß man erstmal die Spannungen innerhalb einer Tonleiter hört (Energetik ;-) )

Ich finde auch jeder Ton hat eine spezifische hörbare Qualität.

Wenn man jetzt noch die möglichen 7 Tonleitern betrachtet, dann werden diese Charakterisierungen nochmal subtil verändert.

An Spannungsverhältnisse ohne harmonischen Kontext glaube ich nicht. Wenn man eine unbegleitete Melodie hört, ergeben sich die Spannungsverhältnisse allein aus den Harmonien, die man (bewusst oder unbewusst) innerlich mithört. Als Experiment kannst du ja mal modale Melodien hören (z.B. aus der Gregorianik) - da wird es mit den Spannungsverhältnissen schon sehr schwierig. Bei atonalen Melodien hört es dann ganz auf. Oder hörst Du etwa Spannungsverhältnisse in einer 12-Ton-Reihe? Ich nicht.

Insofern halte ich den Begriff "Skalenenergetik" für einen ziemlichen Blödsinn.

LG, Mick
 
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Natürlich gibt es auch in der Modalität Spannungsverhältnisse!

Denn Modalität ist ja nicht atonal, sondern es gibt einen - nicht nur theoretischen, sondern auch ganz konkret so empfundenen - Grundton!
 
Hi,

Hasenbein hat es ja schon kurz und prägnant formuliert. ;-)

An Spannungsverhältnisse ohne harmonischen Kontext glaube ich nicht.
Klar, aber man kann den harmonischen Kontext auch so reduzieren, daß es nur noch die Tonleiter/Skala ist (die übrigens auch alles weitere schon beinhaltet ;-) ).

Wenn man eine unbegleitete Melodie hört, ergeben sich die Spannungsverhältnisse allein aus den Harmonien, die man (bewusst oder unbewusst) innerlich mithört.
MMn muß man da aber wirklich aufpassen. Ich höre auch Harmonien, aber es muß einem klar sein, daß diese Harmonien sich nur bei einer Melodie nicht eindeutig ergeben und harmonisch eigentlich alles denkbar ist.
Du kannst zB eine "normale" Melodie, die sozusagen einen Subdominante/Dominante/Tonika Wechsel "fordert", auch völlig umdeuten und zB als Melodie im Harmonie-Raum von Oberton-Harmonien (9, 11, 13er-Akkorde) auffassen.

Auch der harmonische Puls (Wechsel pro Takt, 1/2, 1/4, etc. ..) ist erstmal überhaupt nicht definiert und je nach Stil ist alles möglich.

Oder da wo man harmonisch eine Spannung mit Auflösung hört, kann man durch andere Harmonien umdeuten und umkehren.

Insofern halte ich den Begriff "Skalenenergetik" für einen ziemlichen Blödsinn.
Ich finde den Begriff auch nicht gut, da Energie bei Klängen nicht korrekt definiert werden kann, sondern nur esoterisch gedeutet wird.

Gruß
 
Bei atonalen Melodien hört es dann ganz auf. Oder hörst Du etwa Spannungsverhältnisse in einer 12-Ton-Reihe? Ich nicht.
Arnold Schönberg hat einen Versuch in dieser Weise unternommen, indem er in einem Vortrag über die Variationen für Orchester op. 31 die zugrunde liegende Zwölftonreihe ausharmonisiert hat. Heraus kam ein interessant anzuhörendes Artefakt, das stilistisch beim späten Gustav Mahler anzusiedeln war, aber letztlich kaum eine Klärung dieser Frage ermöglicht. Denn Ziel dieser Kompositionstechnik ist ja gerade die möglichst klare Loslösung von zentraltönigen Bindungen. Leider gibt es von diesem Abschnitt des 1931 im Reichssender Frankfurt gehaltenen Vortrag offensichtlich keine Aufnahme im Netz.

LG von Rheinkultur
 
Natürlich gibt es auch in der Modalität Spannungsverhältnisse!

Möglicherweise. Aber sie sind weit schwächer als das Spannungsverhältnis V-I, das die wesentliche Grundlage der abendländischen Musik in der Zeit von ca. 1600 bis ca. 1900 bildet.

Auch in dieser Dur-/Moll-tonalen Zeit haben allerdings nicht einzelne Skalentöne eine bestimmte "Energie" oder "Spannung" - der Spannungsgehalt eines Tones hängt immer vom rhythmisch-harmonischen Kontext ab. Entscheidend ist nämlich die Harmonie, die aus dieser Epoche nicht wegzudenken ist, auch nicht in der Einstimmigkeit:

Beispiel.png

Es kommt zweimal der angeblich spannungsarme oder "stabile" Grundton c' vor. Aber wie unterschiedlich ist der Spannungsgehalt tatsächlich! Bei (1) handelt es sich um einen Quartvorhalt der Dominante. Diese Harmonie ist in dieser kurzen Phrase zweifellos vorhanden, auch, wenn sie nicht als Akkord erklingt. Die melodische Kadenzbildung lässt keine andere natürlich wirkende Deutung als T (Auftakt), S6, D4-3, T oder kleine Varianten davon zu. Und schon haben wir ein ernstes Problem mit der Skalenenergetik: Das h (7. Stufe) als Auflösung des Vorhaltes wirkt stabiler als der Grundton c' unmittelbar davor.

Denken wir dieses Beispiel modal, beispielsweise dorisch und fügen als Vorzeichen 2 b hinzu. Wir stellen fest, dass es nun keine eindeutige, als natürlich empfundene Harmonisierung mehr gibt. Die Melodie wirkt seltsam ziellos, denn ohne Dominantspannung gibt es keine wirklich zwingenden Fortschreitungen. Selbst die alten Meister der homophonen Kantionalsätze vor Beginn des Dur-/Moll-Zeitalters haben das intuitiv gewusst und bei dorischen Schlussbildungen die Terz der 5. Stufe praktisch immer erhöht. Ein klares Indiz dafür, dass nicht die Stufe auf der Skala für den Energiegehalt eines Tones verantwortlich ist, sondern Harmonie und Rhythmus die wesentlichen Ursachen von Spannung und Entspannung sind.

Bei der Gregorianik tritt an Stelle der Harmonie die Textmelodie. Den Grundton empfinden wir deshalb als entspannt, weil sich die Stimme am Ende eines Satzes dahin senkt. Dass keinesfalls die Stufe einer Skala dafür verantwortlich ist, beweist z.B. der sogenannte "6. Ton" (hypolydisch): Die Skala entspricht einer Dur-Tonleiter, aber der Ruhepunkt (Finalis) ist nicht die erste Stufe dieser Tonleiter, sondern die 4. Stufe. Ein offener Widerspruch zur angeblichen "Skalenenergetik"!

In moderner, tonaler und atonaler Musik ohne Dur-Moll-Harmonik gibt es ebenfalls keine vorbestimmten Energiegehalte einzelner Töne. Die frühere Dominantspannung wird hier durch etwas anderes ersetzt; entweder durch rhythmische Konstrukte, Dissonanzen unterschiedlicher Schärfe, Klangfarben, Polyphonie unterschiedlicher Komplexität etc. - aber grundsätzlich kann jeder Ton des zugrundeliegenden Materials jeden Grad von Spannung bekommen.

Ich bleibe dabei: "Skalenenergetik" ist möglicherweise etwas für Esoteriker. Für Musiker eignet sie sich ganz sicher nicht.

LG, Mick
 
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Ich bleibe dabei: "Skalenenergetik" ist möglicherweise etwas für Esoteriker. Für Musiker eignet sie sich ganz sicher nicht.
Aida beginnt in a-Moll und endet in Ges-Dur
Walküre beginnt in d-moll und endet in E-Dur
Tristan beginnt in a-Moll und endet in H-Dur

Grundtöne sind offenbar auch nicht immer so stabil... Und gestört hat das bislang kaum einen (ich weiß niemanden, der ernsthaft wegen der Tonart der Aida-Finales heult und jammert)

@mick hat das sehr schön erklärt: die "Spannungsverhältnisse" der (Tonleiter)Töne resultieren primär aus dem impliziten harmonischen Kontext. Diesen haben wir seit Jahrhunderten als Hintergrund, was man leicht daran merken kann, dass ein harmloser Trugschluß immer als Abweichung wahrgenommen wird. (wer das nicht glaubt, der spiele alle meine Entchen in C-Dur, aber unterlege den Schlußton mit dem Trugschluß As-Dur - das hört jeder als Abweichung)

Kurzum: in unseren gebräuchlichen Dur-Moll Skalen steckt die jahrhundertealte Tradition der Kadenzharmonik. Die aus dem jeweiligen harmonischen Kontext entstehenden "Spannungen" zwischen Tonleitertönen resultieren einzig aus der impliziten Harmonik. Um das zu begreifen, benötigt man keine Esoterik und keine wunderlichen Begriffskapriolen wie "Skalenenergetik"...
 
die "Spannungsverhältnisse" der (Tonleiter)Töne resultieren primär aus dem impliziten harmonischen Kontext.
Aber auch aus den Intervallen, oder? Also wenn ich das Intervall einer großen Septime sukzessiv anschlage entsteht ein ganz anderes Gefühl von Spannung (das schon fast eine Weiterführung zur Oktave erzwingt) als wenn ich eine reine Quinte genommen hätte.

Oder zählt das dann als impliziter harmonischer Kontext im Sinne von Dominante zur Tonika?
 
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Aber auch aus den Intervallen, oder? Also wenn ich das Intervall einer großen Septime sukzessiv anschlage entsteht ein ganz anderes Gefühl von Spannung (das schon fast eine Weiterführung zur Oktave erzwingt) als wenn ich eine reine Quinte genommen hätte.

Oder zählt das dann als impliziter harmonischer Kontext im Sinne von Dominante zur Tonika?

Grundsätzlich sind in dur-/moll-tonaler Musik dissonante Intervalle auflösungsbedürftig und erzeugen deshalb das Gefühl von Spannung. Aber wie diese Spannung abgebaut wird, ist immer eine Frage des harmonischen Umfelds. Eine große Septime kann durchaus zwingend nach unten aufgelöst werden:

Beispiel.png

LG, Mick
 
Grundsätzlich sind in dur-/moll-tonaler Musik dissonante Intervalle auflösungsbedürftig und erzeugen deshalb das Gefühl von Spannung. Aber wie diese Spannung abgebaut wird, ist immer eine Frage des harmonischen Umfelds.
Alles klar, mit entsprechender Harmonisierung sieht das natürlich ganz anders aus :-)

Aber was ich meine: In einer simplen Dur-Tonleiter aufwärts befindet sich ja das Rahmenintervall der gr. Septime, das normalerweise das Weiterführen in den Grundton erzwingt.
Daher ist in dieser (aufsteigenden) Tonleiter auch ein gewisser Spannungsgrad enthalten - Gerade wenn ich Ton 1 bis 7 spiele würde ja jeder den 8. Ton erwarten, der sie hört.

Dies hat natürlich nichts damit zu tun, dass die einzelnen Töne oder Intervalle jedes Mal feste Spannungen erzeugen, sondern damit, dass sie in einer (auf/absteigenden) Tonleiter (bedingt durch die Dissonanzen in den Rahmenintervallen) im harmonischen Kontext so stehen, dass die entsprechende Spannung erzeugt wird - oder?
 
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Alles klar, mit entsprechender Harmonisierung sieht das natürlich ganz anders aus :-)

Aber was ich meine: In einer simplen Dur-Tonleiter aufwärts befindet sich ja das Rahmenintervall der gr. Septime, das normalerweise das Weiterführen in den Grundton erzwingt.
@Ludwig gucksdu Aida Finale, findest du große Septime und Tritonus :-) und nicht nur das :-)
(und guck und hör ganz genau: der Guiseppe, der hatte das drauf!!!)
 

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