Schubert Impromptu Nr. 2 As-Dur

  • Ersteller des Themas Hans Borjes
  • Erstellungsdatum

da Ubik es gerade angesprochen hat:
Bei Schubert sind in einem Stück sehr viele emotonale Stimmungen
(cmoll Sonate:floet:), die es zu spielen gilt.Denk dir einfach mal "das ist jetzt
prickelnde Vorfeude" o.ä. und dein Spiel ändert seinen Charakter wie von selbst,
du musst dann nur noch den entscheidenen Schritt machen und nach dem Klang
dich mehr oder weniger in die eingeschlagene Richtung bewegen.
Oh, noch gar nicht erwähnt, dein Anschlag gefällt mir sehr.
 
So, inzwischen hab ich mit den Arpeggien begonnen. Leider sind die aber noch nicht veröffentlichungsreif. Aber: die erste Seite klingt inzwischen auch anders, so daß ich Euch daran teilhaben lassen wollte.

 
Ich schreibe einfach, was mir beim Hören aufgefallen ist, ich hoffe, es ist irgendwie hilfreich.

Zunächst ist der Rhythmus noch immer ein Problem: Die Achtel und die Auftakte kommen teilweise zu früh. Es scheint dem Stück irgendwie der innere Pulsschlag zu fehlen. Vielleicht wäre es gut, beim Spielen die Viertelschläge innerlich mitzuzählen. Wenn das damit gleichzeitig geht, die Oberstimme in Gedanken mitzusingen, umso besser.
In Takt 3 und Analoga kann man ein wenig Rubato einsetzen, das würde ich aber genau in die andere Richtung tun: Ich hab' das Gefühl, du verzögerst dort manchmal ein bisschen; ich würde eher vom zweiten Viertel an ein wenig beschleunigen, wie ein Bergsteiger, der die letzten Schritte zur Hütte am c'' noch einmal etwas schneller macht, um sich dann dort auszuruhen. ;)

In Takt 7 und 15 spielst du die punktierte 8tel + 16tel, fast, als wären es die doppelten Notenwerte. Mir ist noch aufgefallen, dass bei dir in Takt 7 die zweite Viertel in dem Takt am lautesten ist und du von dort zum dritten Viertel hin schon mit dem Descrescendo beginnst. Da wäre zu überlegen, ob man nicht das Descrescendo bloß auf das Des beschränkt, denn irgendwie ist doch das Es auf dem dritten Taktschlag der Höhepunkt der Phrase.

Der Mittelteil muss wirklich noch dynamisch intensiver werden. Der Anfang (übrigens ist die Pause davor vielleicht ein weniges zu kurz - du spielst eher bloß non-legato als eine wirkliche Pause) wirkt geradezu zaghaft. Mein Lehrer hat gemeint, ich soll mir das als kräftige Hornstöße denken. Und das Staccato fehlt ja ganz - meint deine Klavierlehrerin, dass in Anbetracht des sempre legato am Anfang die Staccatozeichen hier den Akkorden eher eine Art Nachdruck verleihen sollten, anstatt dass man sie, sagen wir, auf die halbe Dauer verkürzt?

Vor allem ab Takt 23 ist wichtig, der Bass leiser bleibt, wo nämlich die Bassoktaven liegenbleiben und darüber der Wechsel zwischen diesen ffz und den Pianostellen stattfindet. Ist der Bass zu wuchtig, verschluckt er die Pianostellen noch. Der sollte also die ffz - die irgendwie noch fehlen - nicht mitmachen.
In Takt 26 spielst du da am Ende nicht zwei Achtel. Die erste Note ist zu lang, die zweite zu kurz, und das Staccato fehlt auch wieder. Aber in Anbetracht der Betonung (wenig Kontrast zum folgenden Akkord) habe ich hier besonders die Vermutung, dass ihr das eher als Betonung des Akkords interpretiert. Die Halbe sollte man wohl immer noch länger machen, auch wenn du die Verzierung danach nicht so schnell spielst.

Und noch eine Kleinigkeit zum Vorletzten Takt beziehungsweise seinem Analog 8 Takte davor: Da wirkt die Artikulation irgendwie unsicher. Die ersten beiden haben extra einen Bogen, die sollten also deutlich legato sein, im Unterschied zu den folgenden beiden. Ich sag' das freilich nicht, weil du es nicht wüsstest, sondern nur, um deine Aufmerksamkeit konkret darauf zu lenken.

Ich finde, insgesamt braucht es einfach noch mehr Struktur. Es klingt ein wenig so, als ob du dich im Singen der Oberstimme verlieren würdest... :)
 
Hhm, willst Du meine ganz ehrliche Meinung wissen, kleines Cis? Das ist mir alles zu musiktheoretisch. Ich weiß ja, daß ich wahrscheinlich nie der exakte Rhythmiker werde. Und in dieser Menge kommen von meiner KL eigentlich nie Verbesserungsvorschläge, wahrscheinlich, weil sie weiß, daß ich immer nur ein paar davon auf einmal verarbeiten kann.

Vor kurzem hab ich das Stück auf ihrem Flügel gespielt, und sie hat es so belassen. Ich nehme an, sie will vielleicht später nochmal tiefer einsteigen, wenn ich mehr Erfahrung durch andere Stücke gesammelt habe. Vor nicht allzu langer Zeit hat Walter das Impromptu auf meinem Flügel gespielt. Mir ist natürlich aufgefallen, daß es ganz anders klang. Aber was soll ich machen, meine musikalische Entwicklung ist auf dem Stand, auf dem sie eben ist. Ich höre, daß eine Interpretation anders ist, aber ich kann es oft nicht identifizieren, was nun anders war.

Vielleich hätte ich dazu sagen sollen, daß dies eine besondere Einspielung sein soll, die nicht mit normalen Maßstäben gemessen werden darf. Sie soll eigentlich nur eins ausdrücken: :kuss:
 
Hhm, willst Du meine ganz ehrliche Meinung wissen, kleines Cis? Das ist mir alles zu musiktheoretisch. Ich weiß ja, daß ich wahrscheinlich nie der exakte Rhythmiker werde. Und in dieser Menge kommen von meiner KL eigentlich nie Verbesserungsvorschläge, wahrscheinlich, weil sie weiß, daß ich immer nur ein paar davon auf einmal verarbeiten kann.

"Theoretisch" ist das, was Cis sagt, definitiv nicht, aber es ist vielleicht eher eine Kritik für Fortgeschrittene. Wenn ich deine Aufnahme höre, denke ich ungefähr dasselbe. Allerdings ist das wohl wirklich noch ein bisschen viel in diesem Stadium, wie du schon andeutest.

Ich glaube, bei dir ist es so, dass du in Sachen Klang- und Dynamikkontrolle wirklich schon Beachtliches kannst für die relativ kurze Zeit, die du spielst. Die Rhythmuskontrolle hinkt allerdings noch hinterher. Darauf würde ich mich konzentrieren, denn dein Spiel kann nicht viel besser sein als dessen schwächste Komponente. Deshalb ist es wichtig, dass die "Einzelteile" sich ungefähr gleich schnell entwickeln. Ich spreche da auch und vor allen Dingen aus eigener Erfahrung.

Mach einfach weiter, dann wird dir auch die Kritik von Cis früher oder später nützen!
 
Hallo Hans Borjes,

Kleines Cis' Kritik ist vermutlich einfach zu detailliert für dich und deine Ansprüche. Ich möchte hier nur einen einzigen Punkt nennen, der mir auch bei anderen Einspielungen von dir aufgefallen ist (und den Kleines Cis auch genannt hat): der Pulsschlag und der darauf aufbauende Rhythmus. Du hast stellenweise einen gut spürbaren Puls in dem Stück, aber dann setzt dieser manchmal plötzlich aus oder du halbierst ihn und spielst rhythmisch frei.
Ich weiß ja, daß ich wahrscheinlich nie der exakte Rhythmiker werde.
Das würde ich so nicht sagen. Es ist auch hier eine Frage der Übung und der Entwicklung. Puls und Rhythmus sind wichtige Komponenten, sie bilden quasi die Basis, auf der sich die Musik strukturiert aufbaut. Deshalb wäre es vielleicht eine gute Idee, sie speziell und auch unabhängig vom Klavier zu üben. Aber sieh das als Anregung. Ich halte es eben für wichtig.

Ansonsten kann ich nur wiederholen, was ich schon einmal gesagt habe. Nämlich, dass ich insgesamt eine gewisse Wärme in deinen Interpretationen spüre. Das mag durch den Klang deines Bösendorfers bedingt sein, aber es kommt mir so vor, als ob es auch durch deine "klangbewusste" Spielweise kommt. Und das gefällt mir sehr gut.

Grüße von
Fips
 
Hallo kleines Cis, Chaotica und Fips7,

Eure Beiträge weisen alle auf einen Punkt, bei dem ich offensichtlich Defizite habe: Takt, Puls, Rhythmus. Meine KL geht ja auch immer wieder darauf ein, hat aber offensichtlich noch nicht den Dreh gefunden, mir dieses Mysterium der Notation wirklich begreiflich zu machen.

Meine Saxophonbegleitung spielt auch in einer Sambatrommelgruppe, und sie sagt, sie habe durch das Trommeln ihre rhythmischen Talente verfeinert. Zur Veranschaulichung hat sie neulich das Stück, das wir zusammen spielen, das Wiegenlied von Schubert, genommen und ein lineares Zeitraster gezeichnet. Ich sollte dann Kreuze dort einzeichnen, wo der jeweilige Ton beginnt. Was für ein Spaß! Es hat mich zwar nicht umittelbar weitergebracht, aber es hat mir gezeigt, daß der Zeitablauf in der Notenschrift eine nichtlinear verzerrte Achse ist. Die Takte sind nicht alle gleichbreit notiert, Takte, die mehr Noten enthalten, erscheinen breiter und wirken optisch länger, dauern aber nicht länger. Innerhalb eines Taktes das gleiche Dilemma: wenn eine Anzahl von Noten darin vorkommt, kann man mitnichten sofort mit dem Auge erkennen, wie Proportionen der Tondauern zueinander stehen; zumindest ich kann das nicht. Was ich inzwischen begriffen habe, ist, daß ein gedachter Spielpositionsanzeiger, der über die Noten läuft, seine Geschwindigkeit ständig ändern würde. Über eine punktierte halbe Note würde er ganz langsam laufen und über eine Sechzehntelnote schnell. Leider ist das ganze überhaupt nicht intuitiv. Und es ist ja auch nur der Deutungsversuch der Notenschrift. Wenn man sie denn deuten kann, dann bleibt ja immer noch die Schwierigkeit diese umzusetzen, mit Zählen und anderen Tricks, die mir keinen Spaß machen. :-?

Für den ultimativen Trick, die Rhythmik in den Noten einfach zu sehen und dann zu spielen, bin ich sehr zu haben...
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Ich weiß nicht, ob es Dir was helfen wird, aber bei mir ist es so, dass ich rhythmisch exakter spiele, wenn ich während des Spielens mitzähle. Das kann entweder still sein oder wirklich laut.

Beim Impromptu bietet sich dann meistens ein "1 2 3" bzw. wenn die Vorschläge kommen ein "1 2 3 und" an.
 

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