Hallo!
Also ich muss aus eigener Erfahrung sagen, dass langsames Üben einen in Sachen Geschwindigkeit (und vor allem Sicherheit) schon sehr weit bringen kann. Ich habe sehr lange Zeit im Ultra-Schnecken-Tempo geübt mit Metronom auf 32 (und tu dies auch immer noch häufig). Aber mir hat es eher wenig dabei geholfen, eine Technik für schnelles Spiel zu entwickeln. Im Grunde habe ich nur weniger optimale Bewegungen verfeinert und perfektioniert, anstatt die wirklich idealen (für mich idealen) Bewegungen zu finden und zu üben.
Was meine Spielweise diesbezüglich revolutioniert hat (ernsthaft) war der Gedanke, nicht alles legato spielen zu müssen. Besser noch: beim langsamen Spielen schneller Passagen einfach gar nichts (!) legato zu spielen, obwohl unter Umständen in den Noten deutlichst legato drinsteht. Ich meine damit kein abgehacktes Spiel, sondern eine besondere Art des "Anschlags" des einzelnen Fingers, eine eigene Technik fürs Schnellspielen sozusagen. Sie klingt wahrscheinlich beim Langsamspielen völlig deplatziert und unmusikalisch. Wenn man aber schnell spielt (und die Technik drauf hat) perlig und differeziert. Der Legatoeindruck entsteht dann, wenn die Töne trotz allem "bogenmäßig phrasiert" werden, es ist vielleicht kein nonlegato im eigentlichen Sinne.
Gezeigt hat's mir mein jetziger Klavierlehrer. Und es funktioniert einfach deshalb, weil beim Spielen einer Taste mit dem Finger nicht zwei Bewegungen verwendet werden (runter und wieder rauf) sondern nur eine: ein schnelles Abziehen der Taste vom vorderen Fingerglied ausgehend, als würde man Krümel auf der Taste entfernen wollen. Im Endeffekt sind es vielleicht weiterhin zwei Bewegungen und die "Kraft" kommt aus dem Fingerwurzelgelenk, das die Hauptarbeit leistet, aber ich brauche für die zweite Bewegung keinen eigenen Impuls. Außerdem beginnt meine Bewegung dadurch automatisch erst von der Oberfläche der Taste aus und nicht schon in der Luft (Ich hab früher für einen stärkeren Ton gerne ausgeholt, oder gemeint ich müsste es). Man muss die Bewegung vorbereiten, indem man den Finger schon an der Taste hat und diese leicht berührt. Und das kann man wunderbar langsam üben: "Andocken" und "Zack" und ab dem Moment ist man bereits frei für die nächste Bewegung. Es ist wie ein Kratzen und die Kontrolle des einzelnen Tons erfolgt nur in dem Bruchteil einer Sekunde, in dem die Taste beschleunigt wird. Dafür dass jeder Finger durch das Abziehen eine ähnliche Lautstärke erzeugt muss man schon sehr üben und experimentieren und der Daumen muss seitlich wegziehen, was allein deswegen schon ziemlich kompliziert ist am Anfang. Und die Finger müssen auf Unabgänigkeit hin trainiert werden. Aber es geht!
Ich habe nicht das Gefühl, dass diese Technik in einem Gegensatz zur "Gewichtstechnik" steht oder eine reine Fingertechnik ist, sie kann mit jeder Arm- und Handgelenksbeweung kombiniert werden.
Sie bietet einfach einen ökonomischeren Umgang mit dem schwächsten Teil unserer Spielapparatur und ich habe es als Befreiung empfunden, mich nicht mehr um die Dauer von einem von acht Tönen pro Sekunde kümmern zu müssen.
Wahrscheinlich machen es viele schon instinktiv so oder kennen diese Technik schon.
Ich wollte trotzdem mal davon berichten.
Gruß
mad