Schmerzen im Mittelfinger

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Sonne

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31. März 2020
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Hallo zusammen!

ich studiere im ersten Semester Klavier und habe seit ca. drei Monaten Probleme mit meiner rechten Hand. Anfang Januar traten Schmerzen im Grundgelenk des Mittelfingers auf, die sich zu einer allgemeinen Schwäche des Fingers und später der ganzen Hand entwickelt haben. Die Finger wirken beim Spielen stark überspannt und eine Streckung der Finger, insbesondere des Mittelfingers fällt mir rechts viel schwerer als links. Mitte Februar ist nun noch ein Tremor aufgetreten, der beide Hände betrifft. Wenn ich eine Taste gedrückt halte, wird das Zittern an dem Finger verstärkt. Das betrifft rechts den Zeigefinger und den Ringfinger und links den Mittelfinger. Das ist sehr verwunderlich, da meine Beschwerden ja eigentlich im rechten Mittelfinger sitzen. Mit den Symptomen war ich schon bei zwei Neurologen, die keine Ursache finden konnten. Ich hatte auch schon eine osteopathische Behandlung, die leider ebenfalls keine Besserung gebracht hat. Die Osteopathin äußerte den Verdacht, dass die Beugemuskulatur am rechten Unterarm überspannt sein könnte.

Ich habe in den letzten Monaten sehr auf ein entspanntes Spiel geachtet und spiele darüber hinaus nicht mehr als 3 Stunden pro Tag mit ausreichend Pausen. Ich habe auch schon zwei Wochen ganz auf das Spielen verzichtet, ohne Wirkung. Leider finde ich nicht wirklich einen Zusammenhang zwischen dem Spiel und meiner Hand, da die Probleme recht willkürlich auftreten. Manchmal spüre ich sie schon bei einer Tonleiter, an anderen Tagen erst bei einem schnellen Satz einer Haydn Sonate. Und an machen Tage habe ich die Probleme auch im Alltag...

Hat jemand von euch schon mal ähnliche Probleme gehabt? Oder/und habt ihr vielleicht Ideen, woran das liegen könnte?

Liebe Grüße!
 
Inwieweit wärst Du bereit, die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass es sich um einen psychosomatischen Prozess handelt?

Und wenn ja, wärst Du bereit, hier ein bisschen zu erzählen, inwieweit Themen wie "Druck", Ehrgeiz, Perfektionismus usw. für Dich eine Rolle spielen?

Ich sage nicht, dass dort die eigentliche Ursache liegen MUSS; es würde mich lediglich überhaupt nicht wundern. Selbstverständlich kann es durchaus auch lediglich an täglich mehrstündigem falschem Körpergebrauch liegen; nach dem, was ich über die Jahre alles so kennengelernt habe, ist das aber die unwahrscheinlichere Variante.
 
Oder/und habt ihr vielleicht Ideen, woran das liegen könnte?

Nebelstochern: Es könnte von weiter oben kommen. Ein Unterarmuskel könnte einen Hauptnerven "drücken", im Ellenbogengelenk könnte eine Engstelle sein, oder man müsse noch weiter oben nach Blockaden schauen. Du erwähntest aber, dass Du bereits osteopathisch behandelt wurdest. Dabei müsste es eigentlich aufgefallen sein.

Solche diffusen Störungen könnten theoretisch bereits beim Nervenaustritt aus der HWS ihre Ursache haben. Aber auch hier: Das hätte der Neurologe eigentlich festgestellt.

Leider bist Du kein Normalmensch, sondern angehende Profimusikerin. Es hängt etwas ab von Deiner uneingeschränkten Funktionstüchtigkeit. :angst: Dein Körper gibt Dir ein Feedback, das man ruhig als Warnung interpretieren sollte. Ich drück Dir die Daumen, dass Du Deine Funktionstüchtigkeit in den Griff bekommst.
 
bin weder Fachmann für Musikpädagogie noch für Medizin, von daher auch von mir nur ein Stochern im Nebel: wären eventuell die Feuchtwanger-Übungen etwas für dich? Als Klavierstundent(in) hast Du sicherlich schon davon gehört.
Feuchtwanger soll ja mit seinen Übungen so einigen Profis mit Problemen geholfen haben.
 
wären eventuell die Feuchtwanger-Übungen etwas für dich?
Daran habe ich auch gedacht. Allerdings unbedingt nur unter medizinischer fachkundiger Anleitung.

Generell empfehle ich die Konsultation eines musikmedizinischen Fachmenschen aus dem Dunstkreis von Prof. Dr. Eckart Altenmüller. Vielleicht kannst du über ihn die Empfehlung für jemanden bekommen, der in deiner Nähe arbeitet. Allerdings weiß ich von jemandem mit fokaler Dystonie, dass er für Behandlungen regelmäßig 300 km durch Deutschland fahren muss. Aber einen Versuch ist es sicherlich wert.
 
Liebe Sonne,

ich empfehle dir unbedingt, Ärzte und Therapeuten aufzusuchen, die sich auf die Behandlung von Musikerkrankheiten spezialisiert haben und sich damit auskennen!

Das sind z.B.:

1. die Dispokinesis (auf den link klicken, daraus folgendes Zitat):

  • "Zielgruppe
    • Musikpädagogen, Instrumental- und Gesangslehrer
    • Professionelle Musiker, einschließlich Dirigenten und Sänger
    • Musikstudenten
    • Sprecher und Schauspieler
    • Fortgeschrittene Instrumental- und Gesangsschüler
    • Tänzer

    Die Dispokinesis bietet Lösungswege bei folgenden Indikationen:
    • Verspannungen und Schmerzen
    • Atem-, Ansatz- und Stimmprobleme
    • Funktionelle, schmerzhafte oder entzündliche Syndrome des Bewegungsapparates
    • Fokale Dystonie
    • Ermüdung beim Spielen
    • Fehlender Überfolg
    • Überbelastung
    • Ausdruckshemmungen
    • Auftrittsängste"
2. Die Musiker-Ambulanz der Musikhochschule Hannover (Altenmüller): https://www.immm.hmtm-hannover.de/de/start/

3. eine ähnliche medizinische Einrichtung in Bad Neustadt: https://www.campus-nes.de/aktuelles...gen-eine-spezielle-behandlung-benoetigen.html

4. Habt ihr an der Musikhochschule auch Angebote von Alexandertechnik und Feldenkrais? Das könnte dir auch weiterhelfen.

Haben die Neurologen auch die Möglichkeit einer beginnenden fokalen Dystonie in Betracht gezogen und daraufhin untersucht?

Es ist auf jeden Fall sehr gut, dass du schnell reagierst und dir Hilfe holst! Ich drücke dir sehr die Daumen, dass das Problem gelöst wird, auch wenn es vermutlich etwas dauert. Viel Glück und Erfolg, auch bei der Suche nach Hilfe!

Liebe Grüße

chiarina
 
Vielen lieben Dank für die ganzen Ratschläge!

@hasenbein: Ich kann mir schon vorstellen, dass die Psyche eine Rolle spielt. Ich denke viele Musiker sind mit den Themen vertraut, wie Perfektionismus und auch der ständige Vergleich. Meine Probleme wurden in den Semesterferien noch einmal deutlich stärker, was dem ja eigentlich entgegen steht. Aber ich arbeite durchaus auch an diesen Themen, ich finde es einfach furchtbar schwer über die Psyche Schmerzen zu verändern...hast du damit Erfahrungen gemacht? Oder haben die anderen vielleicht Tipps wie man mit Ängsten der Art umgehen kann?

@chiarina: ich suche bereits nach einer Musikerambulanz, leider werden zur Zeit keine Termine vergeben, auch nicht beim Facharzt (wegen Corona..). Ich hoffe sehr, dass es keine fokale Dystonie ist. Wisst ihr, ob es da quasi erste Hilfe Tipps gibt, wenn man das nicht untersuchen lassen kann (der zweite Neurologe wollte mich schon gar nicht mehr untersuchen, wegen des Sicherheitsabstandes)? Feldenkrais schaue ich mir gerade an :)

@Barratt: das ist interessant, kennst du dich aus mit der Behandlungsweise in so einem Fall? Vielleicht die Triggerpunkttherapie?

Die Feuchtwanger Übungen klingen auch sehr spannend, auch die Taubman Klaviertechnik, allein traue ich mich da nicht wirklich ran, ich habe Angst es noch schlimmer zu machen, wenn ich allein meine Technik ändere...
 
ich suche bereits nach einer Musikerambulanz, leider werden zur Zeit keine Termine vergeben, auch nicht beim Facharzt (wegen Corona..). Ich hoffe sehr, dass es keine fokale Dystonie ist. Wisst ihr, ob es da quasi erste Hilfe Tipps gibt, wenn man das nicht untersuchen lassen kann (der zweite Neurologe wollte mich schon gar nicht mehr untersuchen, wegen des Sicherheitsabstandes)?
Vorerst würde ich das Üben auf ein Minimum reduzieren.
Eine zuverlässige Diagnose ist jetzt das Wichtigste.
Versuch mal, Dr. Altenmüller zu kontaktieren und zu fragen, ob du ihm ein Video von deinen Händen am Klavier schicken kannst für eine erste Beurteilung und weitere Ratschläge.
Was Bewegungsstörungen bei Musikern betrifft, hat er sicherlich die meiste Erfahrung in Deutschland.
Siehe hier:
https://www.immm.hmtm-hannover.de/de/institut/personen/eckart-altenmueller/
 
Zuletzt bearbeitet:
Oder haben die anderen vielleicht Tipps wie man mit Ängsten der Art umgehen kann?
Ich versuche es mal:

Es kann schon helfen, wenn man für sich selbst klärt, ob das Klavierspiel die einzige musikalische Berufstätigkeit sein soll, oder ob auch andere Bereiche des großen Spektrums der Musik für einen selbst in Frage kommen.

Wenn man alles nur auf eine Karte setzt, ist man als Gesamtpersönlichkeit viel verletzlicher, viel schneller irritiert und verunsichert, falls es mal nicht so klappt wie man möchte (Unzufriedenheit, Konkurrenzdruck). Je breiter man aufgestellt ist bzw. je eher man selbst bereit ist, sich auch auf andere musikalische Bereiche einzulassen, desto weniger entstehen Ängste, wenn einer der vielen Bereiche einen gerade nicht zufriedenstellt. Ich habe Schulmusik studiert und fand es immer gut, eben nicht nur ein Hauptfach zu haben, von dem dann wirklich alles abhängt.

Und auch der Beitrag Nr. 251 von @Rheinkultur zeigt, welche beeindruckenden „alternativen Wege“ es im Musikbereich geben kann: https://www.clavio.de/threads/covid-19-und-klavierunterricht.27280/page-13#post-737978

Das bedeutet nun nicht, dass du unbedingt in einem anderen Bereich als dem Klavierspiel arbeiten sollst, aber ich vermute, dass du wesentlich entspannter ans Klavierspiel herangehst, wenn du auch andere Optionen für dich zumindest nicht ausschließt.
 
das ist interessant, kennst du dich aus mit der Behandlungsweise in so einem Fall? Vielleicht die Triggerpunkttherapie?

Ich habe es so verstanden, dass Faszien mobilisiert werden. Meine Probleme in der linken Hand resultieren von degenerativen Veränderungen der HWS. Das hat mir ein Radiologe aufgrund von MRT-Bildern mal auf den Kopf zugesagt (erstaunlich deshalb, weil die Bilder eigentlich aus einem ganz anderen Grund gemacht wurden und er von der linken Hand gar nichts wusste). Deshalb mach ich in Absprache mit der Osteopathin täglich einige recht albern anmutende Übungen :girl:, die gezielt bestimmte Muskelgruppen im HWS-Bereich kräftigen. Sobald ich damit schlampere, setzen die Probleme mit der linken Hand wieder ein, also sehe ich einen signifikanten Zusammenhang.

"Schmerzen" hatte ich aber nie, nur Taubheit bzw. Ansteuerungsprobleme. Das kann bei Dir völlig andere Ursachen haben.

Wenn man alles nur auf eine Karte setzt, ist man als Gesamtpersönlichkeit viel verletzlicher, viel schneller irritiert und verunsichert, falls es mal nicht so klappt wie man möchte (Unzufriedenheit, Konkurrenzdruck). Je breiter man aufgestellt ist bzw. je eher man selbst bereit ist, sich auch auf andere musikalische Bereiche einzulassen, desto weniger entstehen Ängste

Daran musste ich auch denken. Sonne, ich hätte kein echtes Vertrauen mehr in die Funktionstüchtigkeit meines Gerippes, wenn schon so früh solche Probleme auftreten. Ich würde mir noch ein zweites Standbein aufbauen, um nicht auf Gedeih und Verderb einer fragilen Konstitution ausgeliefert zu sein. Irgendwas, was Du später vielleicht mit Deiner Pianistik verbinden kannst. Verwaltungsrecht, Wirtschaftsrecht, Betriebswirtschaft oder so etwas, was Dich für die Leitungsebene an Musikschulen qualifiziert. Nur mal als Gedanke. :-)

Gute Besserung!
 

... Oder Chorleitung oder Musikwissenschaft oder ...
 
@Stefan379: Prof. Altenmüller ist leider erkrankt und wird erst wieder im Mai arbeiten...aber ich bin schon dabei, einige Mails zu verschicken...

@Demian: das ist auf jeden Fall sinnvoll, denke ich...ich studiere auch tatsächlich mit pädagogischem Hintergrund, was mir auch sehr am Herzen liegt und woraus die Hälfte meines Studiums besteht. Gerade das macht es aber auch schwierig, denn ich studiere trotzdem auch ganz normal in einer Klavierklasse (kein Lehramt). Dadurch habe ich ständig den Leistungsdruck durch den Vergleich mit Pianisten, die viel mehr Zeit für ihr Instrument haben und auch andere Ziele verfolgen. Jeder geht zwar seinen individuellen Weg und trotzdem ist es unangenehm, mit Studenten auf einer Bühne zu stehen, die viel mehr Erfahrung haben.

@Barratt: könntest du mir bitte, bitte die Übung etwas näher beschreiben??
Und dazu, dass mein Körper sich so früh meldet: sagen wir mal so, ich gehe ja nicht den klassischen Weg eines Pianisten. Ich habe sehr spät angefangen zu spielen, erst knapp zwei Jahre vor dem Studium und habe einfach sehr schnell gelernt. (Davor habe ich ein anderes Instrument gespielt..) Das geht vielleicht kognitiv, aber der Körper braucht einfach die jahrelange Übung und auch eine Technik, die sich an den Entwicklungsstand anpasst. Die meisten Studenten spielen wohl schon über 10 Jahre, wenn sie an die Hochschule gehen.
 
habe ich ständig den Leistungsdruck durch den Vergleich mit Pianisten, die viel mehr Zeit für ihr Instrument haben und auch andere Ziele verfolgen. Jeder geht zwar seinen individuellen Weg und trotzdem ist es unangenehm, mit Studenten auf einer Bühne zu stehen, die viel mehr Erfahrung haben.
Eine der wichtigsten Erkenntnisse des Studiums war bei mir, nicht ständig nach links und rechts zu schauen, sondern (fast) nur auf meinen eigenen Weg. Klar, das muss man erst lernen.

Zu deinem letzten Satz: Ich würde es an deiner Stelle genau andersherum betrachten: Du hast alles viel schneller gelernt als die anderen, die schon mehr Erfahrung haben.

Es könnte dir wirklich helfen, den Blickwinkel zu verändern.
 
@Sonne , tauchen die Beschwerden auch auf, wenn Du Dein "anderes", erstes Instrument spielst?
 
Eine der wichtigsten Erkenntnisse des Studiums war bei mir, nicht ständig nach links und rechts zu schauen, sondern (fast) nur auf meinen eigenen Weg.

Dem kann ich beipflichten. Vergleiche können hilfreich sein, aber auch in Sackgassen führen. Und nicht vergessen, @Sonne Du hast die Aufnahmeprüfung ja bestanden und studierst. Das bedeutet demnach, dass Du über entsprechende Grundlagen verfügst. Du musst Dich und Deine Leistungen also nicht kleinreden. Das ist allerdings etwas, das man nicht von jetzt auf gleich verinnerlicht.
 
Vielen Dank, da habt ihr vollkommen recht. Es fällt mir dennoch schwer, das aus diesem Blickwinkel zu betrachten. Die Zuschauer wissen ja nie den Hintergrund. Aber das führt jetzt hier zu weit...

@schmickus: nein, da halte ich in der betroffenen Hand einen Bogen :) Ich denke, es sind die Fingerbewegungen beim Klavierspiel, die bei mir Beschwerden verursachen.
 
Ok, Deine linke Hand ist offensichtlich Fingerbewegungen drückender Art gewöhnt, für Deine rechte Hand ist das vollkommen ungewohnt. Plötzlich soll die arme Hand ein tägliches professionelles Arbeitspensum aushalten. Und weil Du noch nicht lange, aber viel spielst, haben sich ungesunde Bewegungsmuster eingeschlichen. Drücken? Dein Klavierlehrer dachte wahrscheinlich:"Ach, das läuft ja prima mit Sonne, die lernt ja total schnell!" und hat nicht pingelig genau auf Deine Bewegungen geachtet.
Was tun: Feuchtwanger-Übungen können nützen, aber Du brauchst wahrscheinlich jemanden, der sich Deine Spielbewegungen ganz genau ansieht und korrigiert.
 

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