Ravel - Valses nobles et sentimentales unterrichten

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_marion_

Guest
Guten Abend,

ich bin eine Klavierlehrerin aus Bayern und habe ein großes Problem. Ich habe an einer Musikfachschule in Bayern Hauptfach Klavier studiert und arbeite in Teilzeit an einer privaten Musikschule. Dort unterrichte ich vorwiegend Anfänger.

Nun soll ich als Schwangerschaftsvertretung (mindestens) bis zum Sommer 6 weitere Schüler übernehmen. Die ausfallende Lehrerin war so nett, mir die Stücke ihrer Schüler zu geben, damit ich mich darauf vorbereiten kann. 5 Schüler spielen maximal mittelschwere Stücke, mit denen ich sicher zurechtkomme. Aber ein Schüler spielt u.a. die Valses nobles et sentimentales von Ravel, die ich bisher nicht kenne und die meine eigenen pianistischen Möglichkeiten offenbar deutlich überschreiten.

Gibt es hier jemanden, der mir mit den Walzern weiterhelfen kann - d.h. der sie schon mal gespielt oder unterrichtet hat? Ist es überhaupt möglich, Stücke zu unterrichten, die man selbst nicht beherrscht? Und - wie schwierig schätzt ihr die Walzer insgesamt ein?

Liebe Grüße, Marion
 
Aber ein Schüler spielt u.a. die Valses nobles et sentimentales von Ravel, die ich bisher nicht kenne und die meine eigenen pianistischen Möglichkeiten offenbar deutlich überschreiten.
diesen Schüler solltest du an eine/n Kollegen/in delegieren, deren/dessen eigene Spielpraxis nicht mit diesen Ravelwalzern überfordert ist.
nein, man kann keine Stücke unterrichten, die einem selber zu schwer sind und die man selber nie gespielt hat (anders sieht es bei Lehrkräften aus, die dergleichen mal konnten, dann aber aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr selber spielen konnten, z.B. Leon Fleisher)
wie schwer die Walzer sind? wenn ich mich an Wolters richtig erinnere, dann um Stufe 12/13 herum (von 15 Schwierigkeitsstufen) ((aber ich hab das Buch grad nicht zur Hand, kanns nicht nachschauen - ich selber finde, dass die ungefähr auf dem Schwierigkeitsgrad wie die Chopinscherzi sind))
 
Ich bin kein Lehrer, habe aber die Valses gelernt und kann mir nur schwer vorstellen, wie man die unterrichten will, ohne sie selbst zu spielen. Schon das Finden sinnvoller Fingersätze und Aufteilungen ist dabei eine sehr knifflige Aufgabe; ich war froh, dass meine damalige Lehrerin das mit mir erarbeitet hat.

Was die Schwierigkeit angeht - ich finde die Valses technisch deutlich schwieriger als die Sonatine und ebenso deutlich leichter als Gaspard de la nuit. Es gibt allerdings ein paar unangenehm weitgriffige Akkorde, bei denen man nicht arpeggieren kann. Wenn man die nicht greifen kann, hat man verloren. Musikalisch finde ich die Walzer höchst anspruchsvoll; der letzte (Épilogue) ist äußerst schwierig zu pedalisieren und meiner Meinung nach ohne mittleres Pedal unmöglich.

LG, Mick
 
Zuletzt bearbeitet:
Schonmal vielen Dank für eure Hinweise! Dann werde ich mal mit meinem Chef reden müssen und versuchen, den Schüler woanders unterzubringen. Ich befürchte allerdings, dass es an unserer kleinen Musikschule niemanden gibt, der über das nötige Können verfügt.

@rolf: von Chopin habe ich nur ein paar Walzer und Nocturnes gespielt. Die Scherzi waren mir immer zu schwierig. Eine Musikfachschule ist ohne Frage etwas anderes als eine Musikhochschule ...

@mick: die weitgriffigen Akkorde (im ersten Walzer) sind mir auch schon aufgefallen - für meine Hände völlig unmöglich. Aber was genau meinst du mit "technisch deutlich schwieriger als die Sonatine"? Dass man die Valses nicht mit irgendwelchen Sonatinen vergleichen kann, war mir eigentlich klar. Gaspard de la nuit kenne ich nur vom Hören - das soll ja extrem schwierig sein. Spielst du das etwa auch?

Liebe Grüße, Marion
 
@mick: die weitgriffigen Akkorde (im ersten Walzer) sind mir auch schon aufgefallen - für meine Hände völlig unmöglich. Aber was genau meinst du mit "technisch deutlich schwieriger als die Sonatine"? Dass man die Valses nicht mit irgendwelchen Sonatinen vergleichen kann, war mir eigentlich klar. Gaspard de la nuit kenne ich nur vom Hören - das soll ja extrem schwierig sein. Spielst du das etwa auch?

Ich meinte die Sonatine von Ravel, wie @Troubadix schon angemerkt hat. Das ist in der Tat keine Schüler-Sonatine, sondern ein beliebtes Konzertstück. Gaspard de la nuit lerne ich, spiele es aber noch nicht öffentlich. Den ersten Satz (Ondine) will ich im Sommer vielleicht als Zugabe bei einem Konzert spielen; auf das offizielle Konzertprogramm setze ich das bewusst nicht, weil ich es dann spielen müsste. Den Druck will ich mir aber nicht machen. Bis ich Scarbo fertig habe, wird ohnehin noch lange dauern. Den ganzen Zyklus werde ich frühestens 2017 spielen, vielleicht auch noch später. Aber wenn du mehr über Gaspard wissen willst, frag @rolf. Der kann das!

LG, Mick
 
Wie alt ist denn der Schüler? Wenn es an der Musikschule niemanden gibt, der ihn jetzt noch unterrichten kann, könnte er sich ja weiter nach oben orientieren und privaten Unterricht bei einem geeigneten Lehrer nehmen oder versuchen, Jungstudent zu werden (Anmeldefrist an Hochschulen meistens 1. April, Aufnahmeprüfung Juni). Eine Schwangerschaft dauert ja eine Weile, es wäre schade, so lange keinen "guten" Unterricht zu bekommen. In Würzburg ist übrigens auch demnächst Tag der offenen Tür and der Hochschule.

Ansonsten - auch von meiner Seite meine ehrliche Bewunderung, so ganz unumwunden Dinge abgeben zu wollen, für die man sich nicht zuständig fühlt. Das sollte selbstverständlich sein, ist es aber bei weitem nicht. Die meisten Klavierlehrer würden sich (verständlicherweise) über so einen begabten Schüler freuen und ihn so lange wie möglich halten.

Lass uns doch weiter an der Geschichte teilhaben! Herzliche Grüße!
 
Was die Schwierigkeit angeht - ich finde die Valses technisch deutlich schwieriger als die Sonatine und ebenso deutlich leichter als Gaspard de la nuit. Es gibt allerdings ein paar unangenehm weitgriffige Akkorde, bei denen man nicht arpeggieren kann. Wenn man die nicht greifen kann, hat man verloren.
Ein weiterer Aspekt kommt dazu: Das Stück existiert wie z.B. auch La Valse sowohl in Klavierfassung als auch als Orchestersatz. Solche Klaviersätze sind oftmals im Satzbild sehr orchestral angelegt und man spürt auf Schritt und Tritt, dass da noch die eine oder andere Dimension mehr im Raum steht. Ich selbst habe zwar die Orchesterfassung schon an der Celesta gespielt und in einer Kammerfassung den Harfenpart auf das Klavier zu übertragen, aber das zweihändige Original noch nie unter den Händen (eine Originalfassung für zwei Klaviere existiert ebenfalls).

Wenn es an der Musikschule niemanden gibt, der ihn jetzt noch unterrichten kann, könnte er sich ja weiter nach oben orientieren und privaten Unterricht bei einem geeigneten Lehrer nehmen oder versuchen, Jungstudent zu werden (Anmeldefrist an Hochschulen meistens 1. April, Aufnahmeprüfung Juni).
Das wäre eine vernünftige Entscheidung - übrigens erteilt so mancher Hochschullehrer zusätzlich Privatunterricht, den man von Terminen unabhängig erfragen könnte, sofern man sich die vielfach höheren Unterrichtshonorare leistet, die solche Kapazitäten zu verlangen berechtigt sind. Allgemein üblich und ehrenhaft ist es generell, den eigenen Zuständigkeitsbereich einzugrenzen und auch Kontakte zu entsprechend spezialisierten Kollegen zu halten.

Es gefällt mir, dass eine Klavierlehrerin unumwunden zugibt, dass sie etwas nicht kann und dass sie anscheinend Skrupel hat, sich durchzumogeln.
Richtig, niemand muss alle Handlungsbereiche abdecken. Was man selbst beherrscht oder sich mit überschaubarem Aufwand vermittlungsbereit aneignen kann, darf man als vertretbar einschätzen. Die von @rolf angesprochene Ausnahme gehört ebenfalls dazu: Einstmals erstklassige Pianisten können nicht nur weiterhin auf hohem Niveau künstlerische Einsichten vermitteln, sondern sie betreuen auch eine pianistisch fortgeschrittene Klientel, die bereits gestalterische, analytische und handwerkliche Fertigkeiten auf überdurchschnittlichem Level als Zugangsbedingung mitbringen. Da muss man nicht durchgängig alles vor- und/oder mitspielen, sondern kann als Lehrkraft den Unterricht konzeptionell variabler gestalten.

LG von Rheinkultur
 
Wie alt ist denn der Schüler? Wenn es an der Musikschule niemanden gibt, der ihn jetzt noch unterrichten kann, könnte er sich ja weiter nach oben orientieren und privaten Unterricht bei einem geeigneten Lehrer nehmen oder versuchen, Jungstudent zu werden (Anmeldefrist an Hochschulen meistens 1. April, Aufnahmeprüfung Juni).

Der Schüler ist Anfang 20. Soweit ich weiß, hat er schon mal eine Aufnahmeprüfung gemacht, wurde aber nicht angenommen. Jetzt studiert er irgendwas anderes. Jungstudent kann er also nicht mehr werden.

Für mich ist das ein echtes Dilemma, denn mein Chef will mit Sicherheit vermeiden, dass der junge Mann sich von der Musikschule (einem privaten Unternehmen) verabschiedet. Aber ich kann die Valses auf keinen Fall unterrichten, ich habe mich heute morgen ein wenig daran versucht. Leider ziemlich erfolglos, für mich ist Ravel ein Buch mit sieben Siegeln. Die Hände greifen dauernd irgenwie ineinander, ich verknote mir da komplett die Finger. Ich bin beinahe sicher, dass sogar meine frühere Lehrerin auf der Musikfachschule mit diesem Stück an ihre Grenzen gekommen wäre. So virtuose Literatur sollte wirklich nur von Konzertpianisten unterrichtet werden. Und da ich das nicht bin und mein Schwerpunkt der Gruppenunterricht für Anfänger ist, muss ich das nun schonend meinem Chef beibringen und hoffen, dass es keine größeren Konsequenzen für mich hat.

Liebe Grüße und besten Dank für Eure Unterstützung,

Marion
 
Für mich ist das ein echtes Dilemma, denn mein Chef will mit Sicherheit vermeiden, dass der junge Mann sich von der Musikschule (einem privaten Unternehmen) verabschiedet. Aber ich kann die Valses auf keinen Fall unterrichten, ich habe mich heute morgen ein wenig daran versucht. Leider ziemlich erfolglos, für mich ist Ravel ein Buch mit sieben Siegeln. Die Hände greifen dauernd irgenwie ineinander, ich verknote mir da komplett die Finger. Ich bin beinahe sicher, dass sogar meine frühere Lehrerin auf der Musikfachschule mit diesem Stück an ihre Grenzen gekommen wäre. So virtuose Literatur sollte wirklich nur von Konzertpianisten unterrichtet werden. Und da ich das nicht bin und mein Schwerpunkt der Gruppenunterricht für Anfänger ist, muss ich das nun schonend meinem Chef beibringen und hoffen, dass es keine größeren Konsequenzen für mich hat.

Hallo Marion,

dieses Dilemma sehe ich überhaupt nicht. Die "Gefahr", dass dieser Schüler die Musikschule verlässt, ist doch viel größer, wenn er im Unterricht bemerken würde, dass Du diesbzgl. überhaupt nicht kompetent bist und er trotzdem dafür zahlen muss. Wäre ich Dein Chef, würde ich das offene Wort von Dir begrüßen. Das zeugt doch nur davon, dass Du Deine Arbeit ernst nimmst.

Eine kleine Anmerkung sei mir noch gestattet: Dass man als studierte Klavierlehrerin die hier genannten Werke von Ravel nicht kennt, das ist mir ehrlich gesagt ein Rätsel. Ist nicht böse gemeint;-).

LG
Christian
 

Hallo Marion,

Eine kleine Anmerkung sei mir noch gestattet: Dass man als studierte Klavierlehrerin die hier genannten Werke von Ravel nicht kennt, das ist mir ehrlich gesagt ein Rätsel. Ist nicht böse gemeint;-).

LG
Christian

Eine Musikfachschule (es gibt sie, glaube ich, nur in Bayern) ist im Grunde genommen kein Studium. Es ist eine Ausbildung, die zwei Jahre dauert (Vgl: Musikhochschule: Bachelor mindestens drei Jahre). Was man dort lernt und was man mit der Ausbildung der Fachschule machen kann: siehe wikipedia.
Der Niveau-Unterschied zu einer Musikhochschule dürfte ganz enorm sein.
Ich finde es anerkennenswert, dass die Faden-Erstellerin dies auch klipp und klar im Eingangspost sagt.
 
Ich finde es anerkennenswert, dass die Faden-Erstellerin dies auch klipp und klar im Eingangspost sagt.

Das finde ich auch! Ich verstehe halt nur nicht, dass man sich beruflich mit Klaviermusik beschäftigt und die Klavierwerke von Ravel nicht kennt. Ich behaupte keineswegs, dass man z.B. den Gaspard spielen können muss, um zu unterrichten.
 
Das finde ich auch! Ich verstehe halt nur nicht, dass man sich beruflich mit Klaviermusik beschäftigt und die Klavierwerke von Ravel nicht kennt. Ich behaupte keineswegs, dass man z.B. den Gaspard spielen können muss, um zu unterrichten.

Also einfach mal, um sich ein Bild zu machen:

Bei der Eingangsprüfung muss man z.B das Weihnachtsoratorium Bach zuordnen können und die Zauberflöte Mozart. Bei der praktischen Prüfung Klavier sollte man z.B. Beethoven, op. 49, eine Bach-Invention (zweistimmig) und Schumann, Album für die Jugend u.Ä. spielen können. (Beispiele für Anforderungen, die man sich auf der HP einer Schule runterladen kann.)

Jetzt kommen zwei Jahre Ausbildung dazu - das ist nicht soo viel.

Ich sage alles das übrigens ohne jegliche Arroganz! Und ich finde den Schultyp interessant! Die Absolventen scheinen durchaus Arbeit zu finden.
Wissen tue ich das Ganze deswegen, weil ich mich mit Blick auf jemand in der Familie im letzten Jahr ein wenig informiert hatte.
 

Die Ausbildung nennt sich Studiengang Klassik. Aber ihr habt Recht - von einem Hochschulstudium ist das geforderte Niveau weit entfernt. Das wird auch sofort klar, wenn man mal vergleicht, welches Repertoire bei den Eignungsprüfungen verlangt wird.

Das finde ich auch! Ich verstehe halt nur nicht, dass man sich beruflich mit Klaviermusik beschäftigt und die Klavierwerke von Ravel nicht kennt. Ich behaupte keineswegs, dass man z.B. den Gaspard spielen können muss, um zu unterrichten.

Ich unterrichte ja eigentlich nur Anfänger (maximal bis zum 3. Jahr) - mit großer Klavierliteratur komme ich da gar nicht in Berührung. Es ist eher eine Art von musikalischer Früherziehung am Klavier. Da steht die pädagogische Arbeit mit Kindern ganz klar im Vordergrund. Eine Englischlehrerin an der Grundschule muss ja auch nicht Ulysses im Original kennen und verstehen und kann trotzdem eine gute Lehrerin sein.

Liebe Grüße, Marion.
 
Für mich ist das ein echtes Dilemma, denn mein Chef will mit Sicherheit vermeiden, dass der junge Mann sich von der Musikschule (einem privaten Unternehmen) verabschiedet.
Um das zu vermeiden, hat dein Chef gar keine andere Wahl, als eine Lehrkraft mit entsprechender Praxis für diesen Schüler bereit zu stellen oder ihn an eine solche zu vermitteln. Offenbar war deine bis zum Sommer pausierende Kollegin dazu in der Lage, scheint aber die einzige solche (für schwierige-virtuose geeignete) Lehrkraft im Fach Klavier an eurer Musikschule zu sein.

Meiner Ansicht nach sollte dein Chef diesem Schüler reinen Wein einschenken, d.h. ihn an eine andere Lehrinstitution zu vermitteln, mit der Option nach den Sommerferien wieder zu seiner gewohnten Lehrerin zurück zu kommen. (Kurzfristig eine externe Lehrkraft wegen nur eines Schülers wird er nicht finden) Ein erwachsener Schüler wird das nötige Verständnis für diese Situation haben (kleine private Musikschulen können keine zahlreichen virtuosen Lehrkräfte auf Vorrat parat halten)

Und auch von meiner Seite Hochachtung für deine ehrliche Entscheidung, diesen Schüler wegen seines Repertoires besser nicht selber zu unterrichten: das ist sehr redlich von dir.
 
mein Schwerpunkt der Gruppenunterricht für Anfänger ist
An dieser Stelle möchte ich einmal sagen:
1. Guter Anfängerunterricht ist etwas sehr Anspruchsvolles, was längst nicht alle Klavierlehrer bieten können, und "virtuose Lehrkräfte" schon gar nicht automatisch drauf haben.

2. Einen Gruppenunterricht, der keine "geteilte Unterrichtsstunde" ist zu erteilen, ist höchst anspruchsvoll und verdient Respekt und sogar Bewunderung. Ich habe eines von zwei Jahren in der Hochschule Gruppenunterricht gegeben und kann darum sagen, dass das eine ganz besondere Vorbereitung, viel Zeit, Wissen, Erfahrung und besondere Fähigkeiten braucht und man das nicht "einfach so" mal macht. Wirklich guter Gruppenunterricht ist im Anfangsunterricht ggf. sogar besser als Einzelunterricht, je nach Schüler. Wir hatten Lehrprobenschüler im Gruppenunterricht, die auch weiterhin unbedingt zusammen Unterrichtet werden wollten, obwohl sie auch Einzelunterricht hätten erhalten können (kostenlos, da Lehrprobenschüler).

Dass sie nun keinen Ravel kennt, ist eher für sie selbst schade, weil sie so viel wunderschöne Musik noch nicht gehört hat. Aber ich als Pianistin kenne auch noch nicht alle großen Sinfonien, Chorwerke, Opern usw., weil es einfach so wahnsinnig viel Musik gibt - und schon gar nicht kenne ich alle aktuellen Klavierschulen für den Anfangsunterricht...

Marion, nochmals von meiner Seite auch Respekt dafür, wie ruhig und klar du bei den teilweise etwas provozierenden Beiträgen hier bleibst!
 
Ich unterrichte ja eigentlich nur Anfänger (maximal bis zum 3. Jahr) - mit großer Klavierliteratur komme ich da gar nicht in Berührung. Es ist eher eine Art von musikalischer Früherziehung am Klavier. Da steht die pädagogische Arbeit mit Kindern ganz klar im Vordergrund. Eine Englischlehrerin an der Grundschule muss ja auch nicht Ulysses im Original kennen und verstehen und kann trotzdem eine gute Lehrerin sein.
Es handelt sich also um eine Spezialisierung auf ein bestimmtes Unterrichtsniveau, das sich an dem orientiert, was mit den vorhandenen Schüler(inne)n vernünftig realisierbar ist. Was angeboten wird, ist auch drin - und das ist absolut in Ordnung und gut so. Kritisch würde es, wenn sich eine Diskrepanz zwischen Wollen und Vollbringen ergibt und sich die Lehrkraft für etwas bezahlen lässt, was sie gar nicht vermitteln kann. Das ist hier nicht der Fall, da ja mit offenen Karten gespielt wird. Ehrlichkeit ist letztlich für alle Beteiligten sinnvoll.

Guter Anfängerunterricht ist etwas sehr Anspruchsvolles, was längst nicht alle Klavierlehrer bieten können, und "virtuose Lehrkräfte" schon gar nicht automatisch drauf haben.
Und vergessen wir nicht: Die Profis von heute sind die Schüler von gestern und die Anfänger von vorgestern. Aus ihnen wäre nichts geworden, wenn sie nicht in jeder künstlerischen Entwicklungsphase eine geeignete Persönlichkeit ernst genommen und sorgfältig gefördert hätte. Heute tragen die Profis diese Verantwortung, damit sich auch morgen und übermorgen Qualität durchsetzen kann. Entscheidend ist nur, dass jeder am richtigen Ort zur richtigen Zeit das richtige tut.

LG von Rheinkultur
 
[...] Dass man als studierte Klavierlehrerin die hier genannten Werke von Ravel nicht kennt, das ist mir ehrlich gesagt ein Rätsel. [...]
Wo fängt die musikalische Allgemeinbildung an? Wo hört sie auf? Wenn ich sehe, welch profundes Wissen @mick, @Rheinkultur, @Gomez de Riquet an den Tag legen, da werde ich ganz still vor Ehrfurcht. Vielleicht sollten wir ja bei denen den Maßstab anlegen für das "was man weiß, was man wissen sollte". Und wer da nicht mithalten kann, was hat derjenige hier im Forum noch zu suchen?

Ich habe vielmehr Respekt vor @_marion_, weil sie den Mut hat, zu ihren Grenzen zu stehen (anstatt wie viele meiner Kollegen 'rumzueiern und Schaum zu schlagen). Sie hat sich ans Forum gewandt, weil sie Rat suchte. Sie auf diese Art von der Seite anzumachen, halte ich gelinde gesagt fürt taktlos.
 

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