Rachmaninov Prélude op. 23 Nr. 8

Stilblüte

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Hier kommt eines meiner liebsten Préludes (neben Nr. 9), nämlich Nummer acht in As-Dur.


View: https://youtu.be/UxhV1exgzUk


Dieses Prélude habe ich vor ein paar Jahren schon einmal halbherzig zu üben begonnen (wegen der Stelle 0:44-1:11), war dann aber doch "zu faul", es ganz zu üben. Es hat mich einige Überwindung und Arbeit gekostet, die Töne zu lesen und auswendig zu lernen. Das liegt, wie auch beim voranstehenden c-moll, wieder daran, dass der Klaviersatz die ganze Zeit beinahe gleich bleibt. Das finde ich besonders schwierig zu merken. Außerdem hat dieses Prélude im Vergleich zu den anderen eine etwas merkwürdige Form - eine Art "A B C A' B' - Coda", oder so ähnlich - und fühlt sich relativ lang an. Die meisten anderen Préludes bestehen aus Anfang-Höhepunkt-Ende, A B A oder A A' A'' etc., also weniger komplizierter Form.

Die Teile B und B' (man könnte auch D sagen... je nach Auffassung) hören sich beim ersten Anhören und Durchspielen ziemlich schräg an - chromatisch und mit alterierten Akkorden etc., "fortschrittliche Harmonik". Aber auch dort steckt Logik drin, die man mit der Zeit entdeckt :005:

Rein pianistisch bzw. technisch finde ich dieses Prélude sehr anspruchsvoll. Eigentlich spielt man zwar nur gebrochene Akkorde, allerdings auf eine Art und Weise, die selten vorkommt und deutlich unbequemer, oder sagen wir lieber, ungewohnter ist, als sie zunächst aussieht. Man hat in der rechten Hand dadurch zwei Ebenen, von denen nicht ganz eindeutig ist, welche die führende bzw. die Melodie ist (man mag mir gerne widersprechen). Eine davon, die Mittelstimme, ist zwar mit extra Notenhals gekennzeichnet. Die sich aus den obersten Tönen ergebende Oberstimme kann man dennoch nicht einfach ignorieren. Hinzu kommt die dritte (zeitweise auch vierte) Ebene in der linken Hand, die auch teilweise einiges zu tun hat.

Die "Lösung" für dieses hakelige Stück Musik lag schließlich darin, einfach deutlich schneller zu spielen. :003: Manchmal glaubt man, das ginge nicht, aber häufig ist das ein Irrtum. Und bisweilen löst ein bisschen Geschwindigkeit manches Problem in Luft auf... Die Metronomangabe von Rachmaninov ist jedoch kaum ausführbar, sowohl technisch wie musikalisch.

Wie dem auch sei - dieses Prélude erhält durch seine Absonderlichkeiten in Klaviersatz und Harmonik einen so zauberhaft schwebenden Charakter, so eine Zartheit, harmonische Leckerbissen und melodisches Können, dass es für mich zu den besondersten aus op. 23 gehört. Leider habe ich es noch nie irgendwo im Konzert gehört (wie allerdings die meisten anderen auch nicht :010:).

Es gibt übrigens einen kleinen Lesefehler an einer Stelle, tut mir leid - das passiert mir schonmal, wenn die Takte so lang sind, dass ich vergesse, was am Taktanfang für Auflösungszeichen stehen. Wer ihn findet, bekommt einen Orden :005:

LG Stilblüte
 
Wunderschön, ich liebe vor allen die Brillianz welche Du in den Stücken hervorzauberst .:super:
 
Da ist kein Lesefehler, denn Du liest ja gar nicht!:004:
Was mir an deinem Spiel so gefällt, ist, daß es immer, mit jeder Note gefühlt ist, und Du nie die technisch anspruchsvollen Stellen sich selbst überlässt, wie man es bei anderen so oft hört. Das gibt Deiner Musik eine besonders duftige Note. Wunderschön!
 
Die Metronomangabe von Rachmaninov ist jedoch kaum ausführbar, sowohl technisch wie musikalisch.
Wieso hat R. diese Metronomangabe gemacht ist die Preisfrage. In dem Tempo ist das Stück für den Zuhörer nicht mehr transparent akustisch auflösbar. Für mich bedeutet das ''so schnell wie möglich'' also Presto. Ich habe über 15 verschieden Cd-Aufnahmen der Prèludes. Alle spielen es langsamer. Die alte Boosey & Hawks Ausgabe hat sie und die neue auch, also wohl kein Druckfehler. Da rätsele ich seit vielen Jahren darüber.
 
Mir begegnen immer wieder Metronomangaben, die ich für ungenau halte. Jüngst auch bei den "Gargoyles" von Liebermann. Dort gibt's zusätzlich sogar noch eine Zeitangabe in Minuten - und die fällt viel länger aus, als sie laut Metronomangabe sein dürfte...

Vielleicht ist manchmal eher eine "Geste" gemeint als ein absolutes Tempo? Ganz am Anfang kann man Rachmaninovs Tempo noch u.U. erreichen, weil da die Harmonik und Melodik noch übersichtlich gehalten sind. Später muss man beiden in ihrer Entwicklung mehr Zeit einräumen. Dadurch schwankt das Tempo im Absoluten möglicherweise ziemlich Stark, weil man oft "Bremsen" muss. Die "Geste" dass es schnell, luftig, glitzernd und etwas undurchschaubar ist (nicht in der Verständlichkeit der Musik, sondern in ihrer Bauart und Konstruktion - ein kluger Kniff, finde ich), bleibt erhalten.
 

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