Noch Zwei Gedanken zum Pedalgebrauch:
Ich finde es gut, wenn man sich daran orientiert, was dem Komponisten zur Verfügung stand und was er selbst für richtig gehalten hat. Wofür man sich dann entscheidet, bleibt einem selbst überlassen.
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, daß man viel lernt, wenn man konsequent versucht, Stücke erstmal ohne Pedal zu spielen - auch die, bei denen Pedal schon aus spieltechnischen Gründen (gehaltene Töne etc.) erforderlich ist. Daraus ergibt meiner Meinung nach auch ein besseres Verständnis dafür, wie und wo im Stück man Pedal am besten einsetzt.
Ich stimme dir voll und ganz zu!
Natürlich bleibt es jedem frei, so zu tun, als handelt es sich bei Bach um einen Komponisten aus der romantischen Periode, und beim Klavier Pedal und Rubato einsetzen bis der Arzt kommt.
Erstmal ein paar Fakten:
Bei den Orgeln ist es so, dass der Klang und das Konstruktionsprinzip einer barocken Orgel sich total von einer romantischen Orgel unterscheidet.
Während eine barocke Orgel dafür sorgt, dass sich die Register verschmelzen, aber nicht die Töne, erlaubt sie ein sehr gutes Durchhören der polyphon geprägten Barockmusik.
Bei einer romantischen Orgel verschmelzen prinzipbedingt die Töne, aber nicht die Register. Dies erlaubt eine schöne Klangestaltung durch aktive Registrierung und das legen von ineinanderfließenden Klangteppichen, wie sie für die romantische Musik, z.B. Mendelssohn, Brahms, Reger, Viernne, gewünscht war.
Es steht jedem frei (und oft wegen vorhandener Orgel nicht änderbar), auf einer barocken Orgel (Tonkanzellenwerk) romantische Musik oder auf einer romantischen Orgel (Registerkanzellenwerk) barocke Musik wiederzugeben, aber das tut der innewohnenden Struktur der Musik nicht besonders gut.
Was hat das übertragen auf das Klavier zu sagen? Bach's Klaviere waren sehr viel stärker perkussiv als unser Klavier, dessen kann man sich ja erst mal bewußt machen, ob das einem was für die Interpretation sagt.
Jeder kann interpretieren wie er will, aber es sei mir gestattet, meine Meinung zu sagen:
- barocke Musik ist m.E. besser durchhörbar, wenn die einzelnen Stimmen herausgearbeitet werden
- dies funktioniert mit gut gewählter Artikulation besser als mit viel Pedaleinsatz (siehe analoges Orgelbeispiel). Gerade bei Fugen haben die verschiedene Stimmen unterschiedliche Tonlängen, je mehr Pedaleinsatz, umso mehr verschwindet dieser Artikulationseffekt und die Tonlängenunterschiede. Polyphone Musik wird damit zwar nicht von den Noten, aber vom Klangbild in eher homophone Musik, mit Klangflächen, gewandelt.
Wer barocke Musik romantisieren will, ist ja ok. Man sollte sich wenigstens dieser Fakten bewußt sein. Ich für meinen Teil möchte lieber stärker unterscheiden in barocke und romantische Musik bzgl. der Interpretation - ich mag übrigens beide Richtungen sehr gern, aber jede auf ihre eigene der Musikstruktrur passende Art.