neue Stücke vor dem Üben anhören...?

Stilblüte

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Ich bekam unlängst ein Buch über das Üben allgemein geschenkt.

"Clever üben, sinnvoll proben, erfolgreich vorspielen" von Mark Andreas Giesecke ((Nicht Gieseking!))

Kennt das jemand? Es stand darin, dass es eines der meistverkauften Bücher zu diesem Thema sei.

Ich hab gerade reingelesen.
Schon bei meinem ersten Blick ins Büchlein wären mir beinahe die Augen herausgefallen vor verwunderung: :shock:
Da schreibt der gute Mann doch tatsächlich, dass man neue Stücke vor dem Üben auf CD anhören soll- und zwar so lange, bis man glaubt, sie mitsingen zu können! Erst dann darf mit dem eigentlichen Üben der Noten begonnen werden.
Außerdem bitte die Stücke schön jeden Tag vor dem Spielen hören, am besten noch mehrmals.

Ich entschuldige den etwas vorwurfsvollen Ton, aber ich bin wirklich ziemlich verwundert...
Mein Klavierlehrer redet mir nämlich seit Jahren ein, dass ich bloß keine Aufnahmen anhören darf, auf keinen Fall, ich versaue mir ja meine eigene Interpretation usw....
Der Meister des Buches argumentiert hier so, dass man ja schon während des Hörens der Aufnahme viele neue Ideen entwickelt, wie man das Stück anders ("besser") spielen könnte, und natürlich außerdem Aufnahmen der bekannten Instrumentalisten kennen sollte.
Die Zeit, die man gewinnt, wenn man Stücke übt und sie schon kennt, könnte man dann für das Prima-Vista-Spiel-Üben (was für ein Unwort, stammt natürlich nicht aus dem Buch 8) ) aufwenden.

Da mir diese Ansicht völlig neu ist und ich das noch nie gehört habe, bitte ich dringendst um Meinungen von euch...

Ich persönlich finde diese Art zu üben eigentlich gut, da ich ein Stück innerhalb von Tagen recht gut spielen lernen kann, wenn ich es kenne, dagegen aber um ein Vielfahes länger brauche, wenn ich mir jede Note erst erarbeiten muss....:rolleyes:

Also, was haltet ihr davon, sich neue Stücke vor dem Üben auf CD anzuhören?

Stilblüte
 
Es ist natürlich sehr hilfreich das Stück vorher EINMAL gehört zu haben bevor man es selbst spielt. Dabei natürlich in den Noten mitlesen.

Ich mache das ebenso, wenn ich mit den Noten erstmal nichts anfangen kann. Aber es bis zur "Vergasung" zu hören halte ich für kontraproduktiv, denn, wie Du schon treffend bemerkt hast, fehlt dann da der Raum für eigene Interpretation. Für wichtiger halte ich es dann, die Noten vom Blatt singen zu können.

Gruß,
Sascha
 
Hallo
Also ich höre mir die Stücke grundsätzlich erstmal an bevor ich sie übe zum Teil auch mehrmals und wenn möglich von verschiedenen Pianisten. Da fällt mir dann das üben einfach leichter, weil ich dann sofort merke wenn ich was falsches gespielt hab. Nur sollte man nicht versuchen das zu kopieren was man hört.... für mich ist das nur eine Richtlinie wie man es spielen kann. Schließlich soll man ja auch noch selbst interpretierne können. Also ich finde, dass man sich das Stück das man spielt zumindest einmal anhören sollte, dass man auch eine Vorstellung von dem ganzen hat. Ich perönlich könnte mir bei meinem aktuellen Stück (chopin - g-moll ballade) kaum vorstellen wie man die zu spielen hat.

gruß bechode
 
Das ist eigentlich auch meine Meinung.
Das Üben wird enorm erleichtert (und Fehler vermieden!), wenn man die Töne schon kennt...

Allerdings erarbeitet man sich die Noten dann nicht wirklich selbst, und wer sowieso eine Schwäche hat, "geschriebene" Musik von einer Ebene in die andere zu übertragen und sie in Töne umzuwandeln, (so wie ich zum Beispiel...:roll:) dem wird es so natürlich ganz leicht gemacht...

Stilblüte
 
Man sollte beides machen.

Ein ganz neues Stück einzustudieren, was man noch nie gehört hat, ist gut. Man lernt besser, sich eben solche Stücke anzueignen und hört mehr auf sein Spiel, d.h. man soll auch so hören können, wenn man einen falschen Ton getroffen hat, nicht erst, wenn man die Melodie kennt. Das Ohr erkennt falsche Töne oft, da man ja schon einiges an Harmonik gewöhnt ist und es merkt, wenn ein Ton gar nicht passt :).

Aber auch mal zu hören, wie Pianisten spielen ist wichtig. Man lernt dadurch erstmal überhaupt zu hören. Auf die Musik und nicht auf die Technik zu achten. Und dann versucht man selber, mehr Musik zu machen und sich nicht einfach damit abgeben, dass man ein Stück technisch drauf hat.
Platz für eigene Interpretation ist immer noch da, wenn man sich mehrere Interpretationen eines Stückes anhört. Dann kann man sich eine eigene entwickeln. Das geht aber auch, wenn man sich das Stück nicht angehört hat. Man sollte aber dann Bezeichnungen wie Dolce beachten, weil sonst was ganz anderes rauskommt, als es der Komponist beabsichtigt hat ;).

Insgesamt geht eben beides. Und zwar in gesundem Ausgleich.
 
Ein ganz neues Stück einzustudieren, was man noch nie gehört hat, ist gut. Man lernt besser, sich eben solche Stücke anzueignen und hört mehr auf sein Spiel, d.h. man soll auch so hören können, wenn man einen falschen Ton getroffen hat, nicht erst, wenn man die Melodie kennt. Das Ohr erkennt falsche Töne oft, da man ja schon einiges an Harmonik gewöhnt ist und es merkt, wenn ein Ton gar nicht passt :).

Mir geht es oft so, dass ich ein Stück spiele und die Noten usw. schon recht gut kann.
Ab und an höre ich mir die CD an, und plötzlich fällt mir auf, dass der Pianist einen Ton anders spielt als ich, oder dass eine Stelle andrs klingt als bei mir.
Schaue ich nach, habe ich (meistns ich :D) tatsächlich einen Fehler beim Üben gemacht.
Ohne eine Aufnahme wäre mir das aber nicht aufgefallen, und diese kleinen Fehler sind oft so versteckt, dass sie nicht mal meinem Klavierlehrer auffallen ((obwohl der die Stücke selbst schon gespielt hat und sie eigentlich kennen müste...tsssss...))

Was meint ihr nun, sollte man die Stücke anhören, die man tatsächlich übt und richtig vorbereitet, und das Blattspiel und "Selbsterarbeiten" an leichtern Stücken nebenher trainieren, oder lieber einfache Stücke anhören und schwere selbst erarbeiten...?

Wahrscheinlich ist hier wieder die gute Mischung das Beste...

Stilblüte
 
Hallo Stilblüte,

ich bin gerade dabei, beides zu erfahren.

Vor ein paar Wochen habe ich ein Stück geübt, das ich zuerst auf einer CD gehört hatte und es üben wollte, weil ich es so schön fand.
Das heisst, ich kannte es in- und auswändig bevor ich auch nur eine Note gesehen hatte.
Das war zum üben sehr praktisch fand ich, denn ich hörte sofort, wenn ich einen Ton falsch spielte und wusste genau in welchem Tempo und Rhythmus ich spielen musste.
Was nicht so gut war: ich spielte wirklich fast nur nach Gehör und nicht nach Noten. Wenn ich dann mal rausflog, kam ich nur schwer wieder rein, weil ich keinen Schimmer hatte, wo ich mich in dem Stück überhaupt gerade befand. Und selbst wenn, dann konnte ich die Noten nicht so schnell finden.

Jetzt übe ich gerade ein Stück, das ich noch nie im Leben vorher gehört hatte.
Ich muss jede einzelne Note erarbeiten, üben, üben, üben. Ich bin aber auch sehr genervt und habe Mühe mit dem Rhythmus.
Meine Lehrerin bringt mir (hoffentlich) heute abend mal eine Version auf CD mit, damit ich es mal hören kann. Vielleicht geht es dann besser.

Ich finde die erste Methode VIEL besser!!!!
Allerdings wohl, weil sie einfacher ist..... das gebe ich zu.

Das erste Stück habe ich aber so gut wie schon wieder vergessen. Müsste, um es spielen zu können, noch mal fast alles wieder von vorne anfangen.
Bin gespannt, ob es bei diesem Stück von jetzt anders ist, weil ich viel intensiver an den Noten arbeiten muss.

Also, meine Empfehlung ist auch eher für eine gute Mischung.
Am besten, so zwei, drei mal hören, damit man ein Gefühl bekommt, und dann hat man noch genug Freiraum zum selber interpretieren.

Liebe Grüsse
Astrid
 
Ich halte es für sehr sinnvoll, Stücke einmal anzuhören, bevor man sie einstudiert. Zum einen kann man so sehen, wie bestimmte Stellen gespielt werden können, wenn man sich manchmal völlig unsicher ist.

Zum anderen erleichtert es das Lernen des Stückes vermutilch erheblich, weil man nicht nur nach den Noten geht (die benutzt man zum Spielen), sondern auch nach dem Gehör (mit dem man den Melodieverlauf vermutlich leichter auf dem Instrument nachbilden kann).

Außerdem kann man sich die Interpretation wohl nicht wirklich versauen. Man könnte besimmte Stellen ähnlich oder gleich interpretieren, aber was ist daran verkehrt? :confused:

Letztendlich gefällt einem die eine oder andere Variante doch immer besser und nach der kann man doch auch gerne gehen. Wenn einem eine bestimmte Interpretation gefällt, wieso sollte man sich diese nicht anhören und nachspielen dürfen? Und wenn man das Stück dann ein wenig anders interpretiert und es einem so besser gefällt, spielt man es eben so.

Ich halte es allerdings für übertrieben, ein Stück mitsingen können zu müssen, um sich daran versuchen zu dürfen. Aber für einen ersten Höreindruck und eine erste Interpretationsgrundlage bei unsicheren Stellen ist es doch wohl sehr gut geeignet.
 
Ich lerne ein wenig anders, aber vielleicht auch deshalb weil die Stücke noch nicht ganz so schwer sind.
Da ich erst seit kurzem Klavierunterricht habe und bis dahin autodidaktisch gelernt habe, erarbeite ich mir ein Stück zunächst ohne es zu kennen.
Spiele HS, lerne den Fingersatz und erst wenn ich dabei über Probleme stolpere, mit dem Rythmus oder mit der zu wählenden Geschwindigkeit, höre ich mir eine oder mehrere Aufnahmen des Stückes an.
Dabei fallen mir dann auch Notenlesefehler auf und das HT lernen fällt mir dann gerade an den schwierigen Stellen leichter.

Mir würde das Selbstständige erarbeiten fehlen, wenn ich vor Beginn eine Aufnahme hören würde und zum Teil würde ich mich dann an manches Stück vielleicht gar nicht herantrauen, weil es mir zu schwierig erscheint das Stück mit solcher Perfektion zu meistern.
Habe ich es mir erstmal selber erarbeitet ist das Zutrauen den "Feinschliff" hinzubekommen größer.

Aber wie gesagt bin ich auch noch ziemlicher Anfänger und kann nicht beurteilen wie es mit sehr schwierigen Werken aussieht.

Gruß,
Hyades
 
Ich find's besser, wenn man unbeeinflußt an neue Stücke rangeht. Man ist dann viel mehr gezwungen, nach dem Sinn der sich hinter den Noten versteckt, zu forschen. Wenn man das Stück dagegen vorher von einem "Profi" gespielt anhört, ist man von vorneherein in eine bestimmte Richtung gelenkt. Ganz davon abgesehen, daß man das Tempo nie und nimmer hinkriegt, wodurch eine Menge Frust entstehen kann, der absolut nicht nötig wäre.
 

Ich finde die erste Methode VIEL besser!!!!
Allerdings wohl, weil sie einfacher ist..... das gebe ich zu.

Astrid: Ich würde sagen, es ist nicht unbedingt einfacher, sondern du hast hier ein Talent!
Wir haben ja schon so oft darüber geschrieben und diskutiert, dass es manchen Menschen leichter fällt, vom Blatt zu spielen, anderen, nach Gehör zu spielen.
(Natürlich gibt es auch beneidenswerte Menschen, die beides können...).
Einerseits sollte man natürlich auf sein Können aufbauen, andererseits "Defizite" ausbügeln...

Ich denke, es gibt zwei große Nachteile, die das "abhören" von neuen Stücken mit sich bringt:

Zum einen die Erleichterung beim Üben, die insofern ein Nachteil ist, als dass man das selbstständige Erarbeiten kaum trainiert.

Und zum anderen eben jene Beeinflussung durch eine pianistische Aufnahme.

Dazu fällt mir aber gerade folgendes ein:
Es ist doch wohl ein Unterschied, wer sich eine Aufnahme anhört und aus welchem Grund.
Für jemanden, der nicht so erfahren ist, vielleicht sogar für die meisten, die nicht Musik studiert haben, dürfte es reichlich schwierig sein, ein Stück ohne jegliche Hilfestellung zu interpretieren.
Sie hätten dann vielleicht eine eigene Interpretation, die für sie schön und gut ist, die aber möglicherweise völlig gegen den Stil der Musik oder des Komponisten oder dem Sinn des Stückes verstößt.
Eine grobe Richtung, in die sie sich wenden können, wäre doch hier angebracht, oder?

Außerdem stimmt es auch nicht, dass man ohne Aufnahme völlig frei interpretiert, da ja der Klavierlehrer (soweit man einen hat) sehr viel in die Interpretation "reinredet", und einem einiges vorschreibt. Was ja nicht unbbedingt falsch sein muss; irgendwie muss ja gelernt werden, wie an so ein Stück rangegangen werden muss...

Stilblüte
 
Hallo Stilblüte,

ich habe das Buch auch. Ich habe es gelesen, als ich mit entzündetem Bauch nach einer Blinddarmoperation erneut im Krankenhaus lag und eben nicht üben konnte:(
Na, ja, habe es dann halt nur "theoretisch" gelesen und bei der einen Sache mir dann gedacht, ok, weiß ich schon, oder bei der anderen, gut zu wissen, werde ich demnächst mal bewusster so machen.
Was das Hören der Aufnahmen betrifft, habe ich für mich entschlossen, dass ich mir erst eine Aufnahme anhöre, wenn ich für mich schon meinen Weg gefunden habe. Erst dann möchte ich andere Interpretationen hören und zwar am besten von unterschiedlichen Pianisten.
In diesem Zusammenhang fällt mir übrigens ein anderes, wie ich finde, besseres Buch ein: "Mentales Training für Musiker" von Renate Klöppel. Sie würde dir nämlich nicht raten, sich vor dem Spielen Aufnahmen anzuhören, sondern das Stück zuerst mental zu üben. Das habe ich wiederum schon des öfteren probiert und die Erfahrung gemacht, dass sich das Stück dann viel besser verinnerlicht. In dem Buch wird beschrieben, wie man so was gut üben kann. Es ist ein sehr praktisch angelegtes Buch, das ich nur weiter empfehlen kann.

Viele Grüße,
Pianika
 
Man, Haydnspaß ich hätte das nicht besser sagen können!

Gruß Chief
 
Ich will die neuen Stücke auch vorher einige Male anhören. Meist von verschiedenen Interpreten, das ist ganz erhellend. Die Noten muss ich trotzdem erarbeiten, aber es hilft ungemein, wenn man so ungefähr im Kopf hat, um was es bei dem Stück geht.

Am hilfreichsten ist es, dabei die Noten mitzulesen, finde ich.
 
Ganz davon abgesehen, daß man das Tempo nie und nimmer hinkriegt, wodurch eine Menge Frust entstehen kann, der absolut nicht nötig wäre.

wie recht du hast, Haydenspass!!!
Gestern habe ich nun die CD von meiner Lehrerin bekommen. Da ist dann gar nicht nur "mein" Walzer drauf sondern es ist eine Sammlung von Chopin-Walzern.

Zum Glück ist das Tempo nicht soooo schnell, das könnte ich vielleicht noch so annähernd hinbekommen, aber ich habe ein anderes Stück entdeckt, das ich fast nicht wiedererkannt habe. Zwei Mädchen hatten das damals an dem Schülerkonzert vorgespielt und ich war sehr beeindruckt. Jetzt auf der CD wird es sicher 10x so schnell gespielt!!! In so einem Fall, wenn das eins von meinen Stücken wäre, das würde mich sicher total frustrieren!!!

Für mich nehme ich die CD jetzt, um den Rhythmus zu erkennen und ein bisschen flüssiger spielen zu lernen. Mal sehen, was draus wird....

Liebe Grüsse
Astrid
 
Ich finde auch, dass viele Profis die Stücke so runterrattern... die spielen teilweise so schnell, so schnell kann ich garnicht mithören ;-). Meist ist es auch etwas langsamer viel schöner.
 
@ Netti: ich komme nicht mal mit, wenn ich die Noten vor der Nase habe :confused:

Gruss
Astrid
 
Tempo, Tempo

Hallo,
da kann ich euch Recht geben. Mir kommen auch manche Interpreten so vor, als wenn sie mit den Stücken(Walzer von Chopin) auf der Flucht wären. Vielleicht haben sie auch einen Drang, zu zeigen wie schnell sie doch spielen können. Gefällt mir häufig auch nicht, wenn zu schnell gespielt wird.

Gruß Hartwig.
 
Ich finde es auch absolut furchtbar, wenn die Stücke so entstellt werden, weil die tollen Pianisten ihr Können beweisen müssen.
Oft hört sich das ja noch einigermaßen gut an, aber das absolut abschreckendste Beispiel ist: Martin Stattfeld, ital. KOnzert, 3. Satz
Ich hätte das fast nicht anhören können.

Stilblüte
 

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