Nach Noten spielen oder auswendig?

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Clavinia

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12. Nov. 2008
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Zunächst möchte ich mal alle Forumteilnehmer ganz herzlich begrüssen und euch schon mal danken für die vielen, vielen tollen und interessanten Beiträge, Fragen und Antworten zu unserem gemeinsamen Hobby/Leidenschaft dem Klavier spielen. Auch ich habe nach 30 Jahren davon träumen, mit 43 Jahren vor einem Jahr nun endlich angefangen und bin absolut glücklich und begeistert vom Klavier spielen. Habe auch von Anfang an mit einem KL gelernt, der sehr zielorientiert ist und mir wirklich auch was beibringen will. Das entspricht vom Prinzip auch meiner Natur und ich bin zufrieden damit. Das heisst aber auch, dass er verhältnissmässig viel zum üben aufgibt. Ich habe immer ca. 3 Stücke und 2 Technikteile in Arbeit. Da ich aus beruflichen Gründen leider nicht wie einige hier im Forum täglich 3-4 Stunden kann, sondern eher maximal 1 Stunde, bin ich mit meinen Aufgaben immer so absorbiert, dass ich wirklich immer nur die aktuellen Sachen spiele und übe. Weiterhin sind wir ja in unserem Alter (und bei mir völlig ohne Vorkenntnisse) in den meisten Fällen (ich weiss, es gibt hier im Forum auch die beneidenswerten Ausnahmen!) nicht so schnell im einspielen der Stücke. Bei mir ist es letztlich so, das ich das Stück lange auswendig kann, bis die Hände zusammen in Takt, Rytmus und Ausdruck so funktionieren wie sie sollen. Nun interessiert mich (nach dieser sehr langen Vorgeschichte!) eure Meinung und Erfahrung zu folgenden Fragen:
1. Geht es euch so, dass ihr von früher gelernten und sicher gespielten Stücken nach einer gewissen Zeit (3-6 Monate) diese nicht mehr einfach so spielen könnt? Auch nicht mehr vom Blatt, nach Noten!
2. Das ihr Stücke besonders gut auswendig spielt, aber sie nicht mehr richtig nach Noten abspielen könnt? Schaffe es momentan nicht Weihnachtslieder vom letzten Jahr im 5-Ton Raum vernünftig (flüssig!) abzuspielen, obwohl ich ja schon eigentlich viel weiter bin.
3. Mein KL es besonders forciert und damit auch besonders zufrieden ist wenn ich viel auswendig spiele, was bei mir auch relativ schnell geht, da ich zwar das Stück zunächst über die Noten lerne, aber das richtige (und vor allem schnelle!) Finden der Tasten am besten geht, wenn man nicht auf die Noten schauen muss. (Gilt zumindestens für mich so!)

Einerseits mache ich wirklich (für mich) schöne und zufriedenstellende Fortschritte, anderseits habe ich das Gefühl, permanent den eigentlichen "Unterbau" zu verlieren, nämlich alle Sachen die ich vorher gelernt und gespielt habe und das ist äusserst unbefriedigend und macht mir auch ein bisschen Angst. Ich komme ja nie zu einem kleinen Repartoir und kann nie etwas perfekt vorspielen ausser meine aktuellen Übungsstücke. Wie schon gesagt, die Übungsaufgaben lassen mir zeitlich nicht die Möglichkeit alle Sachen der Vergangenheit immer wieder zu wiederholen.
Ich bin mir sicher, mein Problem ausführlich genug geschildert zu haben und danke euch schon jetzt für eure Meinungen, Erfahrungsberichte oder ähnliches!
 
hallo clavinia,

zuerst einmal willkommen hier im forum!

1. Geht es euch so, dass ihr von früher gelernten und sicher gespielten Stücken nach einer gewissen Zeit (3-6 Monate) diese nicht mehr einfach so spielen könnt? Auch nicht mehr vom Blatt, nach Noten!
2. Das ihr Stücke besonders gut auswendig spielt, aber sie nicht mehr richtig nach Noten abspielen könnt?

Einerseits mache ich wirklich (für mich) schöne und zufriedenstellende Fortschritte, anderseits habe ich das Gefühl, permanent den eigentlichen "Unterbau" zu verlieren, nämlich alle Sachen die ich vorher gelernt und gespielt habe und das ist äusserst unbefriedigend und macht mir auch ein bisschen Angst. Ich komme ja nie zu einem kleinen Repartoir und kann nie etwas perfekt vorspielen ausser meine aktuellen Übungsstücke.

zu deinen obigen fragen: ich habe genau wie du im letzten jahr mit 40 zum ersten mal ernsthaft angefangen, ein instrument zu lernen, und das war dann das klavier.

und ich mache genau die gleichen erfahrungen wie du: mein übungsstück kann ich - wenn es sitzt - auswendig vorspielen, aber alles ältere kann ich nicht (mehr). und ich kann auch die älteren sachen weder auswendig noch halbwegs flüssig vom blatt spielen, sondern muss sie mir nach relativ kurzer zeit des nicht regeläßig gespielt habens wieder neu erarbeiten. nicht ganz natürlich, manches kommt wieder, aber doch sehr mühsam. habe deshalb auch kein repertoire :(.

ich kann nur allen anfängern wünschen, dass die routine mit der zeit kommt, aber ich weiss es nicht :confused:.

lass dich trotzdem nicht ermutigen, alleine das spielen ist doch schon ein wert an sich (sage ich mir jedenfalls :oops:).

viele grüße

lavendel
 
Willommen, Clavinia (du heimlicheMitleserin :D).

Wir haben dieselbe Erfahrung/Background, nur bin ich 5 Jahre älter.
Ich gehe mal der Reihe nach vor:

Da ich aus beruflichen Gründen leider nicht wie einige hier im Forum täglich 3-4 Stunden kann, sondern eher maximal 1 Stunde,
1h Üben pro Tag ist doch toll - das wünschen sich viele! Siehe hierzu auch diverse Forenbeiträge. Mit 1h täglich kommst Du gut voran! Garantiert.

Ich habe immer ca. 3 Stücke und 2 Technikteile in Arbeit.
Hast Du wöchentlich Unterricht? Wenn wir hier von Stücken - nicht von 1- oder 2-Zeilern reden, kommt mir das zuviel vor. Technik mache ich mit meiner KL nur sporadisch, weil wir beide der Ansicht sind, dass man viele Dinge auch an interessanten Stücken lernen/üben kann. An Stücken sind bei mir maximal zwei parallel in Arbeit.

Geht es euch so, dass ihr von früher gelernten und sicher gespielten Stücken nach einer gewissen Zeit (3-6 Monate) diese nicht mehr einfach so spielen könnt? Auch nicht mehr vom Blatt, nach Noten!
Natürlich - wenn Du die Stücke ablegst und nicht permanent pflegst, sind sie weg. Futsch! Ganz normal - zumindest für Auswendigspieler, wie wir beide es sind.

Das ihr Stücke besonders gut auswendig spielt, aber sie nicht mehr richtig nach Noten abspielen könnt? Schaffe es momentan nicht Weihnachtslieder vom letzten Jahr im 5-Ton Raum vernünftig (flüssig!) abzuspielen, obwohl ich ja schon eigentlich viel weiter bin.
Auch da geht es mir genauso. Das ist der Fluch des Auswendigspielens.

besonders zufrieden ist wenn ich viel auswendig spiele, was bei mir auch relativ schnell geht, da ich zwar das Stück zunächst über die Noten lerne, aber das richtige (und vor allem schnelle!) Finden der Tasten am besten geht, wenn man nicht auf die Noten schauen muss. (Gilt zumindestens für mich so!)
Das irritiert mich etwas. Ich weiß ja von meiner KL, dass es vielen schwer fällt, auswendig zu spielen, aber die Notwendigkeit des Notenlernens und Vom-Blatt-Spielens kommt irgendwann! Dass Dein KL das Auswendigspielen weiter forciert, könnte einfach damit zusammenhängen, dass er Blattspiel für später aufspart oder es für ihn (und für Dich) zunächst so bequemer und erfolgreicher ist. Macht ja auch viel mehr Spass, ein Stück richtig gut auswendig zu können und sich ganz der Interpretation widmen zu können, oder?

Einerseits mache ich wirklich (für mich) schöne und zufriedenstellende Fortschritte, anderseits habe ich das Gefühl, permanent den eigentlichen "Unterbau" zu verlieren, nämlich alle Sachen die ich vorher gelernt und gespielt habe und das ist äusserst unbefriedigend und macht mir auch ein bisschen Angst.
Auch hier: Genau das Gleiche erlebt. Lösung: Wir sind erwachsen - also reden wir mit dem KL! Ich habe meiner KL sehr schnell klarmachen können, dass ich ...

1) keine "wertlosen" Übungen, sondern Stücke erarbeiten will, die mich fordern und für die ich auch mal Monate opfere (Stuemperle hier im Forum spricht ganz bescheiden von einer Seite / Monat! Das tröstet in schwierigen Phasen)
2) nichts gegen (zu) leichte Stücke habe, solange ich mich dann lange am Ausdruck "austoben" kann (z.B. Saties Gnossiene#1)
3) ich diese Stücke dann behalten und weiter verbessern will (wofür sonst die ganze Mühe?)
4) die Stücke suchen wir gemeinsam aus und jeder hat ein absolutes Veto-Recht (Das Ergebnis ist in höchstem Maße befriedigend).

Daran orientiert sich das Arbeitspensum. Und bislang fahren wir recht gut damit. Das heißt aber auch, dass z.Zt. kein Stück meines bescheidenen Repertoires länger als 3 Tage ungespielt bleibt! Dieser Zeitraum wird sich natürlich mit zunehmender Erfahrung verlängern. Und wenn die KL meint, dass wieder mal Technik pur notwendig sei, dann folge ich ganz brav. Und wenn morgen "Vom-Blatt-Spiel" angesagt ist, dann werde ich auch dies mit großem Eifer (nicht unbedingt mit Begeisterung) angehen. Aber ich werde nichts lange üben, was ich nicht behalten will!!!

Summa summarum: Es gibt viele, denen es genauso (gut!) geht. Nachdem hier im Forum immer wieder mal die Kompetenz der KL auf den Prüfstand gestellt wird, möchte ich noch eines anfügen, was jüngst einer (war es Sesam?) geschrieben hat: Demut!!! Und ein wenig Vertrauen in die Kompetenz der Lehrer! Nur den Mund aufmachen - das musst Du schon selber!

Hau rein & weiterhin viel Freude!
 
Hallo Clavinia,

mir geht oder besser: ging es ähnlich. Wenn ich ein Stück frisch auswendig gelernt habe, bleibe ich am seltensten mittendrin hängen, weil ich noch die Struktur und die verschiedenen Eselsbrücken im Kopf habe und bewußt mitdenken muss.

Irgendwann im Lernprozeß aber fangen die Finger an, allein über die Tasten zu laufen und das Bewußtsein schaltet sich mehr und mehr aus, bzw. konzentriert sich auf andere Dinge (z.B. die Interpretation). Ich weiß dann streckenweise gar nicht mehr, welche Noten meine Finger eigentlich spielen. Stücke, die ich schon jahrelang in dieser Phase regelmäßig wiederhole, setzen sich im Langzeitgedächtnis fest und gehen so schnell nicht verloren. Lege ich es allerdings zu früh beiseite, dann wird es allmählich immer weiter weg in die hintersten Schubladen meines Hirns verfrachtet und wird im Laufe der Zeit immer schwerer zugänglich. Wenn ich es dann wieder spielen möchte, bleibe ich mal an dieser mal an jeder Stelle hängen und auch die Noten helfen mir nicht spontan weiter. Ich denke, es liegt daran, dass ich das Ding mal automatisiert hatte und gar nicht mehr weiß, wo genau im Notenblatt ich mich gerade befinde. (Allerdings lerne ich nur solche Stücke auswendig, die ich von vornherein nicht so ohne weiteres vom Blatt spielen kann -zumindest nicht im Originaltempo.)

In solchen Fällen hilft dann nur Neulernen. Der Vorteil dabei ist aber, dass man das Stück beim zweiten Lernvorgang viel schneller lernt, weil es ja noch irgendwo in einer Schublade vorhanden ist. Vielleicht kann man es dann sogar besser spielen als vorher, weil einem bei der Wiedereinstudierung neue Erkenntnisse in den Sinn kommen und man selbst ja mittlerweile auch auf einem höheren Niveau spielt.

Trotzdem nervt das ständige Vergessen und wieder Neu-Einstudieren! Ich habe meine Übepraxis daher mittlerweile so umgestellt, dass ich zwar schwerpunktmäßig neue Stücke übe, mich aber trotzdem zwinge, jedes Stück aus meinem Repertoire mindestens 1x in der Woche durchzuspielen und fahre ganz gut damit. Zumindest vergesse ich seitdem deutlich weniger! Auch bei wenig Zeit sollte es möglich sein, z.B. zum Einspielen 2-3 alte Stücke zu spielen um dadurch in 1-2 Wochen alles bisher Erlernte wenigstens 1x gespielt zu haben. An einem Tag der Woche lasse ich übrigens die neuen Stücke ruhen und arbeite dafür an "Baustellen", die sich an den Alten aufgetan haben.

Klimperline
 
@ klimperline: Toll, dass sich so viele mit den gleichen Themen rumschlagen. Das tröstet und hilft. Danke!

Ein Hinweis für alle in ähnlicher Situation: Ultra-langsames Spiel (ein Ton alle 2-3 Sek) verfestigt das Stück in Hirn und Fingern. Wenn man das einige Male geschafft hat, kann man es auch etwas länger ruhen lassen.

Und grundsätzlich werden die Zeiträume immer länger, was das "Ruhen-Lassen" betrifft. Nach vier Monaten Kla4 war ich 5 Tage Skifahren. Danach habe ich 3-4 Tage zum Wiederlernen gebraucht. Nach 11 Monaten "Erfahrung" war ich eine Woche im Urlaub und es hat gerade mal einen halben bis 3/4 Tag gedauert, um wieder auf den alten Stand zu kommen.

Es geht voran. Freuen wir uns auf die Zukunft (egal, ob die Finanzmärkte zusammenbrechen:confused:).
 
Wolfgang, verarscht Du mich?
 
Aaaaah - stand auf der Leitung. Danke, Wolferl!
 
Einerseits mache ich wirklich (für mich) schöne und zufriedenstellende Fortschritte, anderseits habe ich das Gefühl, permanent den eigentlichen "Unterbau" zu verlieren, nämlich alle Sachen die ich vorher gelernt und gespielt habe

Das werden Dir zwar Profis besser erklären können, aber der Unterbau besteht nicht daraus, alle bisher geübten Stücke noch zu können, wie soll denn das gehen? Nach 4-5 Jahren hast Du vielleicht an die 200 Stücke gespielt (gehe jetzt mal von mir aus), wie willst Du die alle behalten? Das, was Du an den Stücken gelernt hast, ist Dein "Unterbau"!

Zitat von Clavinia:
Ich komme ja nie zu einem kleinen Repartoir und kann nie etwas perfekt vorspielen ausser meine aktuellen Übungsstücke. Wie schon gesagt, die Übungsaufgaben lassen mir zeitlich nicht die Möglichkeit alle Sachen der Vergangenheit immer wieder zu wiederholen.

Bei den vielen Stücken ist doch immer mal eins dabei, was Dir am Herzen liegt/lag. Wenn Du das, nachdem Du es "abgelegt" hast, jede Woche einmal durchnimmst, also prüfen, ob es noch auswendig sitzt, wenn nicht, auffrischen und üben, dann könntest Du schon sukzessive ein kleines Repertoire aufbauen. Das meiste sitzt nach dem neu Auffrischen sogar noch besser! Und im Endeffekt dauert es immer nur ein paar Minuten, die man dafür aufwenden muss.

Klavirus
 

@lavendel:
Und wieso spielst Du sie nicht regelmäßig? Ernste Frage!

@ fisherman: ernste antwort: weil mein "repertoire" mittlerweile so "groß" ist, dass ich es nicht schaffe, neben meinen umfangreichen hausaufgaben jedes stück alle zwei/drei tage zu spielen, auch wenn ich jeden tag zwischen einer und zwei stunden übe. ich hole sie halt am wochenende und im urlaub wieder hervor und fange fast neu an. gestern zum beispiel hab ich "des pas sur la neige" von debussy wieder rausgekramt, was ich wegen reise und hausaufgaben sicher vier wochen nicht mehr angeschaut habe, und da bin ich in zwei stunden mit mühe einmal durchgekommen. was nicht heisst spielen, sondern lediglich noten wiederfinden. weiss nicht, ob die stücke zu schwer oder ich zu vergesslich bin :D. gekonnt hab ichs jedenfalls mal.

lavendel
 
Oje, da muss ich mir aber was überlegen, wenn ich mal soweit bin.
Aber ich glaube, "Die Freuden des Klavierspiels" irgendwo die Lösung gelesen zu haben ...:confused:
 
[...] da bin ich in zwei stunden mit mühe einmal durchgekommen. was nicht heisst spielen, sondern lediglich noten wiederfinden. weiss nicht, ob die stücke zu schwer oder ich zu vergesslich bin [...]
Keine Sorge, das ist ein ganz normaler Prozeß. Es dauert seine Zeit, bis derartig komplizierte Prozesse, wie sie beim Klavierspielen stattfinden, im Langzeitgedächtnis verankert werden. Ein stück, das ich mir frisch angeeignet habe und dann (aus welchen Gründen auch immer) sechs Wochen beiseite lege, ist für meinen Kopf und meine Finger erst einmal wieder neu. Interessant ist doch der Vegleich: Wie viele Stunden brauchtest Du beim ersten Kennenlernn, um Dich durchzukämpfen? Und nun schaffst Du es schon in zwei Stunden! Wenn du das Stück jetzt noch einmal gründlich ducharbeitest und es ein halbes Jahr liegen läßt, wirst vielleicht nur noch eine Stunde brauchen, um Dich durch die Noten zu fressen.

Das vermeintliche "Vergessen" beinhaltet nämlich auch eine Chance. Bei der ersten Aneignung ist man häufig so mit technischen Aspekten beschäftigt, daß man manche musikalischen Strukturen und melodisch-harmonischen Verläufe überhaupt nicht wahrnimmt. Bei den folgenden Aneignungs-Vorgängen tritt der manuelle Aspekt immer mehr in den Hintergrund und der Blick (das Ohr) wird frei für die Musik.

Also laß Dich nicht entmutigen. Ich glaube übrigens nicht, daß Dein Repertoire technisch zu schwer ist, es ist allerdings musikalisch recht anspruchsvoll.
 
Interessant ist doch der Vegleich: Wie viele Stunden brauchtest Du beim ersten Kennenlernn, um Dich durchzukämpfen? Und nun schaffst Du es schon in zwei Stunden!

das ist schon richtig. ich glaub, zum ersten lernen hab ich zwei oder drei wochen gebraucht, da sind zwei stunden wirklich nicht viel. dafür hatte ich dann gestern noch ein erfolgserlebnis anderer art. ich hatte im juli mal ein stück von kuhnau, das hab ich nie für mich halbwegs befriedigend hingekriegt, obwohl ich es sehr schön fand. hab ich gestern rausgekramt und plötzlich ging es - ganz langsam, vom blatt, aber es kam mir garnicht mehr unüberwindlich vor. das fand ich toll!

nein, und ich lasse mich auch nicht ernsthaft entmutigen. es ist für mich nur eine neue erfahrung, dass so etwas wie das klavierspiel eben nicht nur mit fleiss und ehrgeiz zu erreichen ist. da lerne ich dann wieder demut und vetrauen, dass es schon wird.

lavendel
 
Das Gehirn vergißt fast nichts

Soeben bei wissenschaft-aktuell gefunden, paßt zu unserem Thema über Lernen und Vergessen:

Gehirn vergisst fast nichts

Auch wenn wir manchmal glauben, etwas vergessen zu haben - wie man Auto fährt, die Reihe der Edelgase oder die wichtigsten Geschichtsdaten -, unser Gedächtnis bewahrt fast alles auf
Das Vergessen scheint eine subjektive Empfindung zu sein. In Wirklichkeit aber vergisst das menschliche Gehirn nur wenig, wie jetzt Neurobiologen des Max-Planck-Instituts nachweisen konnten. Demnach deaktiviert das Gehirn nur vorübergehend solche Gedächtnisinhalte, die nicht mehr ständig benötigt werden. Es löscht sie nicht, schreiben die Wissenschaftler im Wissenschaftsmagazin "Nature". Das erklärt, warum man das Fahrradfahren nie wirklich verlernt - und weshalb auch vergessen geglaubtes Faktenwissen oder verschüttete Erinnerungen wieder auftauchen können. "Da eine einmal gemachte Erfahrung vielleicht später noch einmal gebraucht wird, scheint das Gehirn ein paar Nervenfortsätze sozusagen 'auf Vorrat' zu behalten", erklärt Mark Hübener vom Max-Planck-Institut für Neurobiologie. Damit bezieht er sich auf feine Fortsätze der Nervenzellen, die beim Erlernen neuer Informationen oder Vorgänge ausbilden. Steht eine Information an, für die es zwischen zwei Nervenzellen noch keinen Verarbeitungsweg gibt, so wachsen von der einen Zelle feine Fortsätze auf ihre Nachbarzellen zu. Bildet sich am Ende eines Fortsatzes eine spezielle Kontaktstelle, eine Synapse, so kann der Informationsaustausch beginnen - Neues wird gelernt. Löst sich der Kontakt wieder auf, meint der Mensch, das Gelernte vergessen zu haben.
Doch in Experimenten konnte nun das Team um Mark Hübener feststellen, dass ein Großteil einmal gebildeten Nervenfortsätze bestehen blieb, auch wenn das Individuum meinte, die betreffenden Informationen vergessen zu haben. Diese Erkenntnis trägt zum Verständnis der grundlegenden Vorgänge beim Lernen und Erinnern bei. Das Wiedererlernen ist also tatsächlich einfacher als das Erlernen von ganz Neuem. So könnte man in Abwandlung des Sprichworts sagen: Was Hänschen nicht lernt, kann Hans immer noch lernen. Aber Hans wird sich schwerer damit tun, wenn er nicht darauf zurückgreifen kann, was er als Hänschen gelernt hat.
 
Das Problem ist ja auch nicht das Auswendiglernen - sondern das Erinnern. Das Gehirn vergisst fast nichts, das heißt aber nicht, dass man sich an alle Informationen im Gehirn sofort wieder erinnern kann.

koelnklavier hat es ja bereits gut beschrieben: Wenn man ein fertig gelerntes Stück zur Seite legt und nach einem halben Jahr nochmal rannimmt, lernt man es in einem Bruchteil der Zeit (wenn man vorher zwei Wochen gebraucht hat vielleicht in 2-3 Tagen). Wenn man das dann neu gelernte Stück wieder ein halbes Jahr liegen lässt, lernt man es beim nächsten Mal vielleicht schon an einem einzigen Tag neu, auch wenn man dachte, dass es jetzt völlig vergessen sei. Und nach einem weiteren halben Jahr? Vielleicht ist alles noch absolut bewusst im Gehirn, man braucht nichts nachzulernen und hat das Stück für immer drin.

So in etwa hat Bernhard es auf pianostreet.com beschrieben. Natürlich verlangt es viel, ein Stück ein halbes Jahr nicht anzurühren, gerade, wenn man es endlich gemeistert hat. Aber wenn der Lohn der Arbeit ein festes Repertoire ist - und man hat ja sonst sicher noch genug Stücke, die man spielen kann, außerdem sagt ja niemand, dass man das Stück direkt nach dem Lernen weglegen muss, man kann ja durchaus einige Wochen oder Monate seinen Spaß damit haben - nur vor dem Neulernen würde ich ebenfalls eher eine längere Pause von einigen Monaten bis einem halben Jahr einlegen.
 
Hallo Fisherman
ja ich habe einmal wöchentlich Unterricht. Wenn ich von ca. 3 Stücken rede, ist es natürlich so, dass ich an diesen Stücken teilweise mehrere Wochen arbeite und teilweise manchmal wirklich auch nur 3 Zeilen die Woche schaffe. Die meisten Sachen die ich lernen muss, gefallen mir super gut (bin da ziemlich pflegeleicht!). Durch manche Sachen habe ich mich durchgekämpft, aber eingesehen, dass diese Stücke mich technisch weiter bringen. Ich denke mein KL hat (s)eine spezielle Unterrichtsphilosphie (wie wohl jeder andere KL auch!) und ich bin sehr zufrieden damit und vertraue ihm auch total. Leider denke ich dass es besser ist nicht soviel über KL-Methoden oder Unterrichtsinhalte zu schreiben, weil es garantiert viele andere mit völlig konträren Ansätzen gibt, die aber sicher auch ihre volle Berechtigung haben und wahrscheinlich sind Diskussionen darüber nicht besonders sinnvoll.

Möchte vielleicht noch kurz ein aktuelles Erlebnis erzählen.. Wir denken ja wahrscheinlich immer alle wir sind nicht gut, können noch fast nichts oder viel zu wenig zum Musik machen .....(ich könnte das fast erfunden haben...) Jetzt haben wir einen 6-tägigen Saxophon-Schnupperkurs gemacht und der Sax-Lehrer hat absolut keine Rücksicht darauf genommen das ich ja nur wenig konnte und auch noch nie mit anderen gespielt habe. Er hat mir Blues- und Balladenbegleitakkorde beigebracht in kürzester Zeit und ich musste/konnte einfache Saxophonimprovisationen begleiten. Ich war zwar schweissnass, aber das Musik machen mit anderen war wirklich sensationell und ich war weiss Gott nicht perfekt... Wollte euch das nur mal erzählen, falls es ja ausnahmsweise mal jemanden mit einem kleinen Motivationloch gibt....

In diesem Sinne bleibt alle schön spielfreudig.......
 
Hi,

zum ursprünglichem Topic fällt mir noch ein, da es darüber immer wieder Glaubenskriege gibt:

Man sollte natürlich beides pflegen und können:
Das Auswendig und das vom Blatt Spielen.

Gruß
 

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