Musiktheorie zu Chopin Walzer op. 69 Nr. 2

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bmygdala

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9. Sep. 2009
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Hallo bmygdala,

natürlich kann ich dir in der harmonischen Analyse weiter helfen, nur habe ich die Erfahrung gemacht, dass das, wenn man es nicht gewöhnt ist, mit Harmonien und Akkorden analytisch zu arbeiten, erst langfristig vorteilhaft für die Sicherheit ist. Anfangs ist Harmonielehre für die meisten verwirrend, aber natürlich finde ich es toll, dass du daran arbeiten willst. Was hast du denn für Vorkenntnisse? Weißt du schon, was Tonika, Subdominante und Dominante sind, hast du Erfahrungen mit Tonarten, Dreiklängen etc.?

Dieses Stück ist in h-moll und du kannst als erstes versuchen, die h-moll-Tonleiter und dann die Grundkadenz h-moll, e-moll, Fis-Dur zu spielen. Ist das neu für dich oder schon klar?

Um die Sicherheit bei den Akkorden zu erhöhen, kannst du, falls du es noch nicht gemacht hast, auch die Akkorde einmal (nicht zweimal wie notiert) ohne den Basston auf der "1" spielen. Du wechselst also vom Akkord in Takt 1 direkt in den Akkord in Takt 2 etc. . Das dient zwar auch dem Fingergedächtnis, ist aber vielen eine zusätzliche Hilfe. Aber vielleicht hast du das schon gemacht?

Liebe Grüße

chiarina
 
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Hi chiarina,
dank Dir für die Anregungen. Das mit den Kadenzen ist neu für mich, und die h-moll-Tonleiter muß ich auch nachschauen. Ich erinnere mich noch dunkel an harmonisch/melodisch, welcher Typ wäre das denn hier oder spielt diese Unterscheidung keine Rolle?
Das mit den Akkorden werde ich ausprobieren, das ist eine schöne Idee.
Lieben Gruß,
bmygdala

Hallo bmygdala,

am besten nimmst du erstmal die melodische Molltonleiter - die geht allerdings rauf anders als runter:

h,cis,d,e,fis,gis,ais,h aufwärts

h,a,g,fis,e,d,cis,h abwärts (wie die natürliche moll-Tonleiter).

Aber das findest du bestimmt auf Internetseiten, die auch hier im Forum schon erwähnt wurden.

Dieses "ais" bei der Aufwärts-Tonleiter ist deshalb so wichtig, weil es die Terz der Dominante (Fis-Dur) darstellt und sich als Teil dieser Dominante nach "h" zur Tonika h-moll hin wieder auflöst. Und dieses "ais" wirst du recht oft im Walzer finden - es ist häufig ein Zeichen dafür, dass gerade die Dominante gespielt wird, die immer eine gewisse Spannung hat und sich zur Tonika hin auflösen will. Diese Spannung wird noch verstärkt, indem man zusätzlich die Septime der Dominante hinzufügt - es entsteht und klingt ein Dominantseptakkord mit den Tönen fis,ais,cis,e. "e" ist also die Septime. Diesen Akkord wirst du also häufig im Walzer finden, allerdings in ganz unterschiedlichen Reihenfolgen - mal kann das "ais" im Bass sein und die restlichen Töne im Akkord, mal kann das "fis" im Bass sein, es müssen auch nicht alle Töne komplett vorhanden sein.

Wenn du willst, spielst du also erst mal die Tonika h-moll (h,d,fis), dann die Subdominante e-moll (e,g,h), die Dominante Fis-Dur (wegen dem Auflösungsbestreben jeder Dominante zur Tonika hin muss jede reguläre Dominante einen Leitton haben, in diesem Fall das "ais" - also ist jede Dominante in Dur, egal ob die Grundtonart in moll oder Dur ist) mit Septime (fis,ais,cis,e) und dann wieder die Tonika, diesmal kannst du sie mal in einer sog. Umkehrung spielen, also fis,h,d. Dabei wird die Reihenfolge der Töne verändert.

Auch wenn dies nur eine vorläufige Kadenz ist, reicht sie zur groben Orientierung erstmal aus.

Jetzt kannst du versuchen, alle Dominantakkorde im Chopin zu finden, sie zu spielen und zu untersuchen, wie verändert ihre Anordnung/Reihenfolge manchmal sind und wie anders sie dann auch klingen. Das Gleiche dann bei der Tonika etc. So bekommst du eine bessere Orientierung, das hoffe ich wenigstens :p .

Viel Erfolg beim Entdecken und viele Grüße

chiarina
 
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Hi,

ich versuche mich gerade an diesem Stück, weil es mir sehr gefällt. Ich kann es nun mittlerweile so halbwegs auswendig. Anscheinend ist es aber nur im Fingergedächtnis und dieses läßt mich zuverlässig im Stich, läßt sobald der Streßlevel steigt wenn ich das Stück vorspielen möchte.

Hallo,

lies dir mal auch das hier durch, dort findest du vieles:

https://www.clavio.de/forum/professionell-klavierspielen/9729-wie-kriegt-man-werke-konzertreif.html

Harmonielehre ist schon wichtig, um eine Komposition zu durchdringen, aber zum sicher Spielen gehört noch mehr zu :)
 
:D

Das wohl eher nicht. Aber du kannst beispielsweise die Begleitung mal einzeln mit der rechten Hand üben.

Und die Melodie einzeln mit der linken.

Somit schaffst du dir ein völlig neues Spielgefühl.

Und neue Übemethoden zu finden ist immer gut, weil man dann die Gewohnheit durchbricht.
 
Ich hol diesen Thread wieder aus der Versenkung, weil ich eine Frage dazu hab.
Chopin Waltz Op.69 No.2 (Ashkenazy) - YouTube (mit Noten)
Wieso wird in Takt 7 ein "Eis" notiert und nicht einfach ein "Fis" mit Auflösezeichen, also F. Und wieso in Takt 8 ein Auflösezeichen zum "Eis", das brauchts doch eigentlich gar nicht, weil die Erhöhung eh nur bis zum Taktende gilt.

Hat das was mit schönerem Notenbild zu tun, vielleicht mit der Symmetrie zum Bass, wo ein "Gis" steht? Oder mit anderen Klavierstimmungen, sodass das früher anders klang. Oder gar kein bestimmter Grund weil man eh beides schreiben kann? Oder war diese Schreibweise in der Romantik "in"?
Ich finde es etwas gewöhnungsbedürftig beim Lesen/Spielen.
Danke für Info.
 
Es liegt schlicht und einfach daran, dass es ein höher gestelltes E und eben kein F ist (genau so wie es sich in Takt 2 um ein höher gestelltes A und nicht um ein tiefer gestelltes H handelt). Das Auflösungszeichen einen Takt später dient nur zur Erinnerung, dass es hier nicht mehr erhöht ist. Es könnte auch weg gelassen werden.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:

Nein, weil es kein F ist. Du musst das im Kontext der Tonart und Harmonie sehen.
 
Naja, Fis mit Auflösezeichen halt.
 
Es handelt sich an der Stelle um eine Doppeldominante in Form eines verkürzten Septnonenakkordes. Der wird zwar recht originell und unerwartet zur Subdominante (mit sixte ajoutée) weitergeführt, was aber nichts daran ändert, dass es sich um einen erweiterten Cis-Dur-Dreiklang handelt. Und Cis-Dur besteht nunmal aus den Tönen cis-eis-gis.

Das Auflösungszeichen im nächsten Takt ist absolut sinnvoll - eben, weil die Nicht-Auflösung der Doppeldominante an der Stelle überraschend erfolgt. Ein Pianist mit guten Kenntnissen der Harmonielehre würde an der Stelle beim Blattspiel sonst vermutlich zögern. Nach strengen Regeln der Vorzeichensetzung ist es natürlich redundant - aber guter Stil ist das Auflösungszeichen allemal.

LG, Mick
 
Danke Mick, das ist mehr als ich erwartet hab. Mit meinen Kenntnissen der Harmonielehre wäre ich da nicht draufgekommen :)
 
Lotusblume, da tun sich ja Welten auf. Danke für die interessanten und hilfreichen Ausführungen. Das muss ich zerst mal durchdenken.
 
"Schnitzel Budapester Art" solls anscheinend geben.
 
wie typisch ist die Zigeunertonleiter für den Polen Chopin? ;)
Doppeldominante, wie mick erklärt hat.
 
Modi sind ziemlich typisch. Chopin nur mit der Riemann'schen Harmonielehre erklären wollen finde ich zu westlich-klassisch.

Besonders in den Mazurken findet man immer wieder Anklänge an eine Volksmusik, die von der Dur-Moll-Tonalität erstaunlich weit entfernt ist. In den Walzern allerdings weniger.

Um an der diskutierten Stelle ein "Budapester-Moll" :-) zu hören, fehlt mir die übermäßige Sekunde als melodischer Schritt. Die Umkehrung des Intervalls (verminderte Septime) ist zwar vorhanden, aber eingebettet in eine latente Zweistimmigkeit und dadurch melodisch nicht auffällig. Für mich klingt das deshalb recht zwingend nach Doppeldominante. Eine gewisse Exotik bekommt die Stelle allerdings wegen der ungewöhnlichen Fortführung.

Aber es ist durchaus möglich, diese Stelle anders zu hören - individuelle Gewohnheiten spielen da sicher eine entscheidende Rolle. Chopins oft ambivalente Harmonik ist ja ohnehin ein besonderes Merkmal seines Genies.

LG, Mick
 

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