"Missing Link" zwischen Klassik und Jazz...? ;)

  • Ersteller des Themas Dreiklang
  • Erstellungsdatum

Dreiklang

Dreiklang

Dabei seit
14. Nov. 2010
Beiträge
9.986
Reaktionen
1.275
Hallo liebe Clavios,

ich bin auf diese Aufnahme gestoßen:



und mein spontaner Eindruck war: das ist ein Bindeglied zwischen Klassik und Jazz. Keine echte Klassik mehr - aber auch noch kein echter Jazz.

Irgendwie genau dazwischen ;)

Solche Eindrücke hängen natürlich auch stark davon ab, wie ein Interpret so etwas spielt (und Kate Liu macht die Sache ja schon sehr gut).

Vielleicht kennen andere ja auch ähnliche Musikstücke.

(Avner Dorman ist ein zeitgenössischer israelischer Komponist, geboren 1975 in Tel Aviv)

Viele Grüße
Dreiklang

p.s. als "Missing Link" bezeichnete man früher gerne das "Fehlen" eines Zwischengliedes in der Evolution zwischen Menschen und Affen. Ich meinte damit natürlich nicht, daß irgendeine Musikrichtung "affig" wäre.
 
Naja... da klingt ein wenig Gershwin durch, aber das wars dann auch. Imho ist Bach der erste Jazzer. Peng. Aus ;-)

Erschießt mich doch ;-)

 
hmm - wie definiert ihr euch denn den Jazz?

nur weil etwas variiert wird, wirds ja noch kein Jazz. Und nur weil da Harmonien gespielt werden, die in der Klassik nicht vorkommen, heißt das ja auch nicht, dass es sofort Jazz wird, weils in der Klassik nicht mehr passt.

Ich hab selbst Probleme mit der Definition des Jazz - aber vielleicht habt ihr da ja ein paar Ideen, wenn ihr Bach schon zu#nem Jazzer macht...

Schönen Abend :)
 
Skrjabin ist bei dieser Thematik ein heißer Tipp. ;)

Viele Grüße!
 
hmm - wie definiert ihr euch denn den Jazz?

Vielleicht gibt's dazu kompetentere Leute als mich, aber: was Klassik ist, ist ja relativ klar: rhythmische Ordnung, klare Schönheit, teilweise bis ins Hochkomplexe und Hochvirtuose gehend.

Der Jazz ist etwas ---- hm, der das nicht unbedingt mehr haben will. Eine Art Lebenseinstellung, die ich als ein wenig alternativ bezeichnen würde, das Spiel mit Rhythmen, mit Freiheiten. Neudeutsch vielleicht: Coolness... keine Fliege und Frack im Konzert, sondern Schlabberklamotten, ne Fluppe im Mundwinkel, vielleicht auch was selbstgedrehtes ;)

(hasi wird mich steinigen ob dieses Klischees - oder auch nicht ;) )

Und dann noch der sehr schwer zu verstehende Begriff des "Swing". Swing ist das, was Jazz haben muß. Mit etwas Übung kann man es dann hören, wenn Jazz welchen hat, aber ihn selbst zu machen ist um einiges schwieriger (ich selbst spiele aber keinen Jazz, nicht daß sich "Legenden" bilden ;))

Rein technisch betrachtet, solche Mittel wie Schleiftöne, und der sehr wichtige "Offbeat".

Jazz - am besten, man hört ihn, um ihn zu verstehen. Wenn einem klar wird, wie klasse Brad Mehldau hier spielt (!)

Brad Mehldau Trio - No Moon - YouTube

dann ist man wohl auf dem besten Weg, Jazz zu verstehen...

Viele Grüße
Dreiklang


p.s. und trotzdem packt auch der coolste Jazzer am Wochenende seine Familie in den oberspießigen Großraum-Van und fährt mit ihnen ins Grüne
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Tja - die Defintion von Jazz... vermute, da haben sich schon andere die Zähne ausgebissen.
 
Es gibt viele Komponisten, die sich mit Jazz beschäftigt haben oder beschäftigen. Eines der herausragendsten Beispiele ist sicherlich Nikolai Kapustin, ganz tolle Musik aber halt ausnotiert. Insofern kein Jazz da beim Jazz das charakteristischste Merkmal die Improvisation ist.
 
da beim Jazz das charakteristischste Merkmal die Improvisation ist.

Ohne den Jazz schlechtreden zu wollen, aber mehrere, meiner Meinung nach, wirklich gute Jazz-Aufnahmen, die ich habe, wirken alles andere als "mal eben so hinimprovisiert". Ich habe eher den Eindruck, das ist alles manchmal nicht weniger genau durchgeplant als ein klassisches Stück. Man bedenke auch das Risiko: immer und in jedem Rahmen (Wettbewerbe etwa) wird es wohl nicht funzen, sich einfach hinzusetzen und mal eben irgendwas zusammen zu improvisieren.

Trotzdem sind gute Jazz-Aufnahmen sicher eine enorme Leistung.

Und trotzdem gibt's diese "Improvisation" im besten Sinne (eine Mucke mit der Band zusammen spielen, nur aufgrund der bisherigen Erfahrungen miteinander und weitestgehend "ungeplant") wohl sicher.
 
Ohne den Jazz schlechtreden zu wollen, aber mehrere, meiner Meinung nach, wirklich gute Jazz-Aufnahmen, die ich habe, wirken alles andere als "mal eben so hinimprovisiert". Ich habe eher den Eindruck, das ist alles manchmal nicht weniger genau durchgeplant als ein klassisches Stück. Man bedenke auch das Risiko: immer und in jedem Rahmen (Wettbewerbe etwa) wird es wohl nicht funzen, sich einfach hinzusetzen und mal eben irgendwas zusammen zu improvisieren.

Trotzdem sind gute Jazz-Aufnahmen sicher eine enorme Leistung.

Und trotzdem gibt's diese "Improvisation" im besten Sinne (eine Mucke mit der Band zusammen spielen, nur aufgrund der bisherigen Erfahrungen miteinander und weitestgehend "ungeplant") wohl sicher.

Hallo Dreiklang,

dann höre Dir mal die alternate takes von Aufnahmen an, die es nicht auf die Erstveröffentlichung von Schallplatten gebracht haben. Da gibt es unzählige Beispiele, bei denen bei einer Aufnahmesitzung mehrere takes eines Stückes gemacht wurden die sehr unterschiedlich sind und alle aufgrund ihrer Qualität direkt veröffentlicht hätten werden können. Da hörst Du ganz genau, was abgesprochen ist und wie in den einzelnen Chorussen improvisiert wird. Selbst große Musiker, die einen sehr hohen Anteil von einstudierten Passagen haben (z.B. Oscar Peterson war ja so einer) spielen nie ein Stück genau gleich. Das eine Grundabsprache über z.B. Tonart, Tempo, Reihenfolge und Länge der Soli erfolgen muss sollte klar sein, hat aber nichts mit einstudiert zu tun.

LG
Christian
 
Selbst große Musiker, die einen sehr hohen Anteil von einstudierten Passagen haben (z.B. Oscar Peterson war ja so einer) spielen nie ein Stück genau gleich.

Nun gut, das kann man für Klassik-Pianisten ja ebenfalls sagen, daß es niemals wirklich "gleich" klingt. Aber Du redest sicher von kleinen Variationen in der Struktur. Das Dumme ist, daß wir auch bei diesen Variationen nicht wissen können, ob diese nicht etwa "geplant" sind ;) Damit sich etwas immer jazzig-improvisiert-verschieden anhört, muß man zunächst mal wissen, wie genau man es früher spielte, damit man nicht nochmal das gleiche macht. Wir sehen es einem Jazz-Musiker nicht an der Nase an, wann und ob er wirklich "improvisiert" ;)

Manche tun's vielleicht, manche nicht, manche manchmal schon oder auch nicht...
Und, meine Güte: sicher gibt's auch ein paar "ehrliche Improvisierer" unter den Jazzern ;)

Fürchte, sehr viel mehr kann ich dazu leider auch nicht sagen...
 

Lieber Dreiklang, ich gebe es auf, Du willst mich nicht verstehen:D
 
Doch Christian, ich verstehe Dich schon ;)

Allerdings hatte ich ganz vergessen gehabt, daß diese Kontroverse beim Jazz ("Alles immer total improvisiert, oder vielleicht doch nicht?") wohl nicht so ganz neu ist...

was meinst: wollen wir sie damit abschließen?
 
Dennoch erspare ich Dir nicht die nachfolgenden Beispiele und bitte Dich, sie Dir auch anzuhören

Aber gern ;) Nun gut, die Unterschiede im Detail herauszufinden, wird mir jetzt zuviel Arbeit sein... mir erscheint das allerdings eher wie so eine normale "Recording Session", wo man eben versucht, gute Schallplattenaufnahmen zusammen zu bekommen.

Das tun Klassiker ja auch (mehrmals probieren etc.). Gould hat sogar Aufnahmen selbst "zusammengeschnitten" im Studio, allerdings nicht weil er Technikmängel übertünchen wollte, sondern weil er musikalisch wohl ein wenig perfektionistisch veranlagt war.

Ich frage mich sowieso gerade, wo Improvisation anfängt und wo sie endet. Ich improvisiere ja selbst auch ein wenig, allerdings nur auf niedrigem Niveau. Trotzdem habe ich beim Spielen immer so eine Art "Plan", denke ein kleines Stück voraus, lasse mir einfallen zu welchen Dingen ich als nächstes greife, oder was man am Instrument als nächstes tun könnte.

Sehr viel anders wird es auch auf einem höheren Niveau nicht ablaufen. Eigentlich ist es mir ziemlich egal, ob und wieweit ein guter Jazz nun improvisiert ist oder nicht, oder wo das anfängt und wo das endet.

Hauptsache es gefällt mir eben. Bin neulich mal am Fluß zügig spazieren gegangen, und neben anderen Sachen auch einen guten Jazz im Ohrknopf - und das hatte wirklich was ;)

Übrigens, der zweite Link (alternate take) gefällt mir am besten.

Viele Grüße
Dreiklang
 
Meine Meinung:
Jazz ist für mich "improvisiertes Crossover". Es beinhaltet und vermischt so ziemlich alle Musikgenre und lässt sich eben nicht so einfach klassifizieren. Die Grenzen zu Klassik, Rock, Pop, R&B, lateinamarikanischer Musik...was weiß ich noch alles... sind oft fließend oder eben auch klar abgesteckt. Das Spektrum ist riesig, Jazz ist nicht gleich Jazz.
Bleibt die Frage, woran ich denn Jazz überhaupt erkenne? Hmm, am Rhythmus und den Harmonien, vermute ich. Aber auch nicht immer. Frank Sinatra oder Chicaco hätte ich z.B. nicht als Jazz eingeordnet, hätte ich es nicht schwarz auf weiß gelesen.
 
Vielleicht kennen andere ja auch ähnliche Musikstücke.

Mei, i hob mal Anfang der 90iger Jahre ähnlichen Unsinn verzapft (daher auch die miserable Aufnahmequalität), aber frag mi ned was mi dabei g`ritten hat - entweder zu viel g`suffa oda z´wenig:
:D :D :D :D

Viele Grüße

Styx

Nachsatz: der (2m Ibach) Flügel hatte einen Gußplattenbruch, daher ist die Stimmumg nicht so schön
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Zitat von Dreiklang:
z.B. Wiki (ich hatte ähnliches mal auf ner LP-Hülle gelesen):

Sinatra: Der Jazz-Sänger

Als einer der ersten Interpreten der Populärmusik ließ Sinatra – der als einen seiner wesentlichsten Einflüsse oft Billie Holiday bezeichnet hatte – Jazz-Elemente in seinen Gesang einfließen. Dies charakterisierte seinen persönlichen Stil, während anderen Interpreten wie Bing Crosby solche Improvisationen fremd blieben, und unterschied ihn auch von zahlreichen anderen Croonern. Unter Jazz-Puristen in Zuhörerkreisen ist Sinatras Stellenwert als Jazzsänger zwar umstritten, allerdings ist Sinatras Rang unter den professionellen Jazzmusikern dafür umso höher. Es gibt kaum einen namhaften Jazzmusiker, von Oscar Peterson über Lester Young und Stan Getz zu Miles Davis, der sich nicht entsprechend darüber geäußert hat, wie sehr Sinatras Aufnahmen seinen Stil beeinflusst haben – und bezeichnenderweise sind es vor allem berühmte Instrumentalsolisten, die sich so äußern. Besonders Miles Davis, den Sinatra nie persönlich traf, brachte es auf den Punkt: „Was ich für mein Instrument an Phrasierungstechnik gelernt habe, das verdanke ich zu einem sehr großen Teil den Aufnahmen von Frank Sinatra.“
Sinatra arbeitete über Jahrzehnte hinweg mit prägenden Vertretern des Jazz zusammen. Am Beginn standen Künstler wie Harry James, Joe Bushkin oder Buddy Rich, später kam die intensive Kooperation mit Count Basie hinzu, mit dem Sinatra mehrfach auf Tournee ging, unter anderem beim Newport Jazz Festival (1965) auftrat sowie drei Schallplatten und zwei TV-Sendungen einspielte. Als herausragend wird Sinatras Arbeit mit Red Norvo und dessen Quintett betrachtet (1959/60), wobei sich Sinatra in einem auf Platte veröffentlichten Mitschnitt aus Australien als genuiner Jazzinterpret erwies, der sämtliche Stilelemente etablierter Jazzsänger für sich adaptieren konnte. Dort wurde auch Sinatras Talent zum Scat-Gesang offenbar. 1967 spielte Sinatra ein Album mit Duke Ellington ein, wo sich der Sänger als konzentrierter und disziplinierter Interpret sowie kongenialer Partner erwies. Über viele Jahre hinweg erstreckte sich auch Sinatras Arbeit mit Ella Fitzgerald, mit der er gemeinsam in Konzerten und TV-Shows auftrat. Fitzgerald sollte 1993 auch auf Sinatras Duets-Album mitwirken, was jedoch durch ihren schlechten Gesundheitszustand verhindert wurde. Weitere Partner Sinatras bei Konzerten waren Sarah Vaughan und George Shearing.
Sinatras Album L.A. is My Lady von 1984 brachte den Künstler noch einmal mit wesentlichen Vertretern des Jazz zusammen. Unter der Leitung von Quincy Jones arbeitete Sinatra u. a. mit Ray Brown, George Benson, Randy Brecker, Michael Brecker, Lionel Hampton, Jerome Richardson, Steve Gadd, Jon Faddis, Ralph MacDonald, Bob James, Frank Foster, Frank Wess, Buddy Collette, Major 'Mule' Holley und Urbie Green zusammen. Dabei spielte Sinatra Standards wie How Do You Keep the Music Playing, Teach Me Tonight, It's Allright With Me, Mack the Knife, Until the Real Thing Comes Along, Stormy Weather, If I Should Lose You, A Hundred Years From Today und After You’ve Gone ein. Im Rahmen der Sinatra-Diskografie wurde dieses Album lange eher geringschätzig betrachtet, doch unter Jazz-Fans errang Sinatra damit großen Ruhm.


Chicaco ist ja nun bekanntermaßen eine Jazzrockband.
Bei der ersten LP, die ich gehört hatte (keine Ahnung welche, die heißen ja alle gleich, müsste aber Chicaco II (1979) gewesen sein), konnte man dies auf dem Plattencover lesen inkl. der Genre, aus der die einzelnen Musiker kamen (viel Klassik). Nach dem ich es gelesen hatte, hörte ich es auch (z.B. bei "25 Or 6 To 4").
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:

Ja Peter, das ist wirklich interessant. Ich hätte Chicago ohne zu zögern in die Pop-Ecke gestellt, und Sinatra in die Schublade "Amerikanische Unterhaltungsmusik" gesteckt (oder etwas böser: "Amerika-Schnulze").

Das wirft eine interessante Fragestellung auf: warum...? Dann bin ich dahinter gekommen: weil die Dinge, mit denen sie Evergreens gemacht haben, die die Zeiten überdauern, und die im Radio auch heute noch immer mal wieder gespielt werden, genau das dann eben sind.

Mit Chicago verbinden die meisten Leute diese Sachen wie "You're the Inspiration", "Glory of Love", "Hard to say I'm sorry" usf., also die späten Alben, mit Sinatara vielleicht "Something Stupid" (das sind allesamt schöne Sachen, finde ich). Oder wer kennt nicht Sinatras "New York, new York", "Strangers in the Night" oder "My Way"?

Jetzt kann man sich überlegen, ob man lieber das künstlerische Gesamtwerk betrachtet, inklusive der ganzen musikalischen Entwicklung, oder das, was von den Leuten nach vielen Jahren "übrigblieb" ;)

Ich neige fast zum Letzteren.

Zu Chicago als "Jazzrockband": allein im englischen WP ist nur noch die Rede von "Rockband". "Jazzrock" führt allerdings weiter zum Begriff "Fusion", und hier ->Bekannte-Fusion-Alben findet sich so ziemlich alles mögliche - aber Chicago nicht, und auch nicht Peter Cetera.

Nun gut - ein Vorbild an Konsistenz und Sinnhaftigkeit ist Wiki ja nicht immer, aber als gute Arbeitsgrundlage taugt es allemal.

Daß Jazz-Puristen die Einordnung von Sinatra in Richtung Jazz eher ablehnen, wundert mich nicht. Und daß Jazzgrößen sich gern mit Sinatras Nähe zum Jazz schmücken, wundert mich auch nicht - Sinatra hatte eine enorm hohe Popularität, und Jazz ist trotz allem noch so etwas wie eine "Nische". Aber das habe ich mir jetzt nur mal so zusammenfabuliert.

Und damit nochmal zurück zu der Frage "Was ist Jazz"...? Nun, ich mache mir das recht einfach. Das, was berühmte und bekannte Jazzmusiker und Jazzgrößen machen - das ist Jazz. Damit ist man immer auf der sicheren Seite.

Bei allem anderen... und ich gebe Dir völlig recht: die vielfältigen Einflüsse, Entwicklungen, Vermischungen in den verschiedenen Musikstilen existierten und existieren. Auch wenn ich in Chicago's Evergreens die jazzigen Ursprünge, den zwanglosen und entspannten Umgang mit Melodien vielleicht, mit der Lupe suchen müßte...

Schönen Gruß
Dreiklang

P.s. da kann man mal wieder sehen... ich dachte, das würde so ein "ein-Post-Faden" werden, und dann wurde es doch so interessant... Man weiß wirklich nie, in welche Richtung Fäden gehen.
 

Zurück
Top Bottom